The Roost – Angriff der Fledermäuse

 
  • Deutscher Titel: The Roost - Angriff der Fledermäuse
  • Original-Titel: The Roost
  •  
  • Regie: Ti West
  • Land: USA
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Tom Noonan (The Horror Host), Karl Jacob (Trevor), Vanessa Horneff (Allison), Sean Reid (Brian), Wil Horneff (Elliot), Barbara Wilhide (May), Richard Little (Elvin), John Speredakos (Officer Mitchell), Larry Fessenden (Tow Truck Driver)


Vorwort

Vier junge Leute – Elliot, seine Schwester Allison, beider Kumpan Trevor und Brian, ein alter Freund, zu dem der Kontakt aber irgendwie weitgehend abgebrochen ist und den speziell Trevor für eher unnützen Ballast hält – sind auf dem Weg zur Hochzeit eines weiteren Kumpels. Akuter Stau auf dem Highway hat zur verhängnisvollen Entscheidung, auf eine gottverlassene Nebenstraße, die offenkundig direkt ins Herz von Nirgendwo führt, auszuweichen. Mit den üblichen Folgen… als eine suizidal veranlagte Fledermaus beachtlicher Größe gegen die Windschutzscheibe klatscht, steuert Trevor (womöglich aber hauptsächlich wegen Allisons kleiner Panikattacke) die Kalesche direktemang und unwiderruflich in den Straßengraben. Was nun? Nach ausgiebiger Ratlosigkeit trottet die Viererbande los, um in der Pampa nach Anzeichen für Zivilisation zu suchen. Tatsächlich stolpern sie über ein Farmhaus – natürlich ohne zu ahnen, dass das dort wohnhafte ältere Ehepaar längst von Fledermäusen getötet wurde. Ergo macht keine alte Sau auf. Brian wird zickig und verweigert weitere fußgängerische Betätigung. Trevor und Elliot wollen noch ein bisschen weiter erkunden und werden tatsächlich von einem Streifenbullen aufgelesen, dieweil Brian, der gerade noch nur auf der Veranda sitzen wollte, abenteuerlustig wird und den Schuppen (in dem die Farmer gemeuchelt wurden) einer Augenscheinsprüfung unterziehen will. Trevor und Elliot kommen mit dem Cop zurück, dem die Sache spanisch genug vorkommt, um selbst mal im Schuppen nachzukucken.

Wenig später ist der Uniformträger tot – von Fledermäusen gepiesackt vom Schuppendachboden gefallen – und Brian spurlos verschwunden. Trevor wäre nun sehr dafür, mit der Bullenschleuder das Weite zu suchen und Brian als betrüblichen, aber unvermeidbaren Kollateralschaden hinzunehmen, doch die Geschwister haben noch einen Funken Anstand im Leib und wollen den Vermissten suchen. Abhauen wäre aber besser gewesen, denn wie sich rasch herausstellt, verwandeln sich die Fledermausopfer nach kurzer Wartezeit in fleischfressende Untote der insgesamt doch deutlich unfreundlichen Art…


Inhalt

Überraschung Überraschung. Nein, nicht „Überraschung“ im Sinne von „überraschend guter Film“, sondern im Sinne von „überraschend bei mir aufgeschlagen“. „The Roost“ ist nämlich Bestandteil des, tätää, Überraschungsfilmpakets, das man derzeit (Stand November 09) beim DVD-Anbieter Epix für einen Spottpreis ordern kann. Ich, immer dabei, wenn’s für kein bis wenig Geld einiges bis viel an Silberscheiben abzustauben gibt, hatte zwar die latente Befürchtung, bei meinem Glück zwölfmal Attack of the Killer Hog zu bekommen, aber bis auf die Doublette von Armee des Jenseits (kam nämlich sowohl als standalone-Disc als auch im Rahmen einer 3er-Sammel-DVD namens „Horror Collection 2“, der rein zufälligerweise auch der hier zu besprechende Film angehört) und einen Kinderfantasyfilm, für den ich aber schon ein Opfer habe, bin ich mit der Ausbeute ganz zufrieden.

Nun gut. Wie „zufrieden“ kann man sein, wenn einem aus dem Paket auch ein Ti-West-Film entgegenfällt? Ich habe zwar auf dem diesjährigen FFF keines seiner beiden dort vorgeführten Werke gesehen, aber die Publikumsreaktionen auf „Cabin Fever 2“ (der nach radikaler post-production-Bearbeitung auf 70 Minuten Restlänge wohl noch einigermaßen schmerzfrei durchgeht) und speziell „House of the Devil“ (als „old-school-80er-Horror-Hommage“ angekündigt) lassen mich vermuten, dass ich Mr. Wests persönlicher bester Freund vermutlich nicht auf Anhieb werde. Sollte ich dann bei einem älteren (Baujahr 2005) Film des Großmeisters mehr Glück haben?

Produziert von Larry Fessenden (The Last Winter, „Wendigo“, I Sell the Dead) erfreut uns Ti West in Dreifachfunktion als Autor, Regisseur und Editor mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm. Wie leider eher Regel denn Ausnahme bei debütierenden Jungfilmemachern im Genrebereich fiel West allerdings nur eine ausgesprochen abgegriffene Plotte ein, die bestenfalls dadurch ansatzweise zu „punkten“ vermag, dass sie Elemente aus Tierhorror und Zombiefilm unbeholfen zu verbinden versucht (wobei man sagen muss – wenn die erste Assoziation, die mir bei Betrachtung eines Films in den Sinn kommt, „ah, wie in Virus Undead“ ist, ist das nun wieder nichts, worauf man als Writer/Director sonderlich stolz sein sollte. Wenigstens war Ti West früher dran). Wobei „Virus Undead“ aber wenigstens mit seinem Vogelgrippe-Schmonzes eine leidlich erträgliche Begründung dafür lieferte, wieso die vom wilden Affen Gebissenen, äh, vom kranken Vogel Infizierten zu Zombies werden – „The Roost“ sagt streng genommen nicht mal „ist halt so“, sondern lässt uns den Zusammenhang raten (auch, weil West in der Auftaktphase seines Films sowas ähnliches wie „suspense“ bemüht und uns nicht *zeigt*, was mit dem alten Farmerehepaar passiert). Anstelle irgendeiner Backstory, die das Geschehen in einen größeren Kontext setzt, bleiben wir also bei dem im Genre ebenfalls nicht gerade neuen Mikrokosmos vierer doofer Hohlbratzen (allerdings in der chauvinistenunfreundlichen Aufteilung 3 Jungs 1 Mädel, die, sobald ich das Weltkaisertum erlangt habe, gesetzlich verbieten werde), die doof in der Gegend rumfahren, rumlaufen und rumsitzen, sich gegenseitig anmachen (wobei die Gruppendynamik ein wenig dadurch konterkariert wird, dass West den hauptsächlichen Konfliktherd Brian als ersten aus dem Spiel nimmt) und dann halt, sobald die Sache endlich mal ins Rollen kommt (und das dauert… und dauert… und dauert) zu Zombie-Chow werden. Ich verlange ja im Allgemeinen nicht viel, bin relativ leicht zu unterhalten, aber kann man diese Story nicht mal wenigstens ein *bisschen* variieren? Ich wäre ja schon damit zufrieden, wenn Ti West einigermaßen taugliche Charaktere schreiben könnte (woraus man zwanglos schließen kann – er kann’s nicht). Da bei dem überschaubaren Ensemble auch die body-count-Möglichkeiten begrenzt sind (auch wenn man die Figuren technisch gesehen zweimal abmurksen kann, schließlich kommen sie ja als Zombies wieder), schleppt sich das rudimentäre Nichts von Geschichte mühselig über die knapp abendfüllende Laufzeit – erst in den letzten fünfzehn-zwanzig Minuten kommt der Horrorfan, der bis dahin allenfalls zu Tode gelangweilt wurde, einigermaßen auf die Kosten. Wem’s nur nach Blut und Splatter dürstet, kann sich die ersten gut fünfzig-fünfundfünzig Minuten sparen (das scheint ziemlich auf einer Linie mit dem bereits referierten „House of the Devil“ zu liegen).

Das Tragische ist, dass der Streifen zwar mit 77 Minuten charmant kurz ist, aber Ti West sich eines Kunstgriffs bedienen muss, um überhaupt auf diese Laufzeit zu kommen. „The Roost“ spielt sich nämlich als „Film-im-Film“, will sagen, der Streifen simuliert einen typische Wochenend-Spätabend-US-Dorfkabelsender-„Horror-Host“-Ausstrahlung (a la Vampira oder Elvira), d.h. eine gute Viertelstunde schlägt West mit Host-Segmenten tot – ein paar Minuten am Anfang, eine Unterbrechung vor dem Schlussakt und eine Abmoderation, alles „stilecht“ in schwarz-weiß (wobei das s/w zu gelackt ist – das hätte man der Stimmung halber ein wenig „verschlechtern“ sollen)und in gothischer Schauerkulisse. Für die eigentliche Geschichte von „The Roost“ (der Titel bedeutet übrigens soviel wie „Schlafplatz“ im zoologischen Sinne) hat West daher gerade mal gut über ein Stündchen Zeit und schafft es trotzdem, keinerlei Flow, keine Spannung (was natürlich in erster Linie daran liegt, dass uns die Charaktere nicht im geringsten interessieren), kein Tempo aufzubauen, muss mit nichtssagenden Dialogszenen, die keine Bedeutung haben, Zeit schinden (wen interessieren tiefschürfende Betrachtungen über den Bräutigam der Hochzeit, zu der die Gruppe reist, wenn der Kerl abseits eines abgebrochenen Handytelefonats sonst im Film nicht auftaucht?). Die Kameraführung ist langweilig, das Set-up der Scares (hihi) und Splattereffekte öde und uninspiriert – das ist alles auf dem Niveau ambitionierterer Amateure, aber noch weit entfernt von professionellem Filmemachen.

Wären da nicht zwei-drei Ideen (ob sie gut sind, darüber lässt sich streiten), wäre „The Roost“ komplett für die Tonne – das Gimmick des Films-im-Film ist zumindest in der Form noch nicht so dagewesen, und zwischendurch gibt’s immer mal wieder sekundenkurze Phasen, in denen das Bild schwarz-weiß wird (vermutlich soll das „schlechtem Empfang“ symbolisieren. Ein bissl statisches Rauschen wäre in der Hinsicht aber effektiver und realistischer gewesen), ganz lustig ist auch der Gedanke, parallel zur Filmhandlung in den ersten 20-30 Minuten ein Radiohörspiel (das hören unsere Helden über Autoradio), selbstredend ein Grusel-Hörspiel (das nebenher auch noch die Besetzungsliste etwas ausdehnt), abzuspulen – blöd nur, dass nach all dem, was wir von diesem Hörspiel mitbekommen, es wesentlich spannender und interessanter klingt als der eigentliche Film… Der singuläre Geniestreich des Streifens, der „The Roost“ dann auch vor der kompletten Belanglosigkeit rettet und zumindest auf die Gefilde des unterdurchschnittlichen Torfs hievt, der ist allerdings wirklich super – kurz vor Beginn des Schlussakts finden sich Elliot und Allison in einer ruhigen Ecke der Scheune zusammen und drohen ernstlich einen Charaktermoment zu haben; an dieser Stelle unterbricht der Host (in der sicheren Erkenntnis, dass Ti West keine Charakterszene schreiben könnte, wenn sie ihm auf der Oberlippe tanzen und ihm die Nasenhaare einzeln ausrupfen würde) den Streifen, äußert sein Missfallen über diese Entwicklung, spult den Film zurück (Haneke-Einfluss. Yeah!) und lässt Elliot bei passender Gelegenheit eine andere Entscheidung treffen (anstatt sich zu Allison zu gesellen, sucht er lieber nach kernwaffentauglichem Material o.ä. Waffen). Ich gebe zu, da war ich nicht gänzlich unbeeindruckt…

In den letzten 20 Minuten wird dann auch solide gesplattert – nicht spektakulär, aber technisch akzeptabel (wobei sich die Effektemacher keine unlösbaren Aufgaben stellen, ein paar klaffende Wunden, ein bisschen halbseidenes Untoten-Make-up, ein wenig Kunstblut). Die Fledermäuse stammen zumindest teilweise aus dem Rechner und sehen für das vermutete Budget des Streifens (viel mehr als 100.000 Dollar kann das Ding unter keinen Umständen gekostet haben) manierlich aus.

Der „Star“ des Films ist ausgerechnet der Host, Tom Noonan („Arac Attack“, „RoboCop 2“, „Heat“, „Last Action Hero“), ein passabler character player, der die Aufgabe, die diversen Host-Segmente mit einer gewissen over-the-top-Attitüde zu gestalten, leider ausgesprochen uncharismatisch gestaltet – sagen wir’s so, der Cryptkeeper aus „Tales from the Crypt“ wirkt deutlich lebendiger, und der ist ’ne Puppe. Die Teenie-Hohlbratzen werden ausgesprochen ausdruckslos gemimt von Karl Jacob („In Justice“), Sean Reid („I Sell the Dead“) und dem real-life-Geschwisterpaar Vanessa und Wil Horneff („The Shining“, TV-Remake), die peinlicherweise trotz der leiblichen Verwandschaft keine gesteigerte Chemistry verbindet. Sind halt irgendwelche einigermaßen gutausehender Pappnasen (mit Ausnahme von Jacob, der Brille sei dank so etwas wie den Nerd-vom-Dienst spielen muss), aber keiner von ihnen „can act his way out of a wet paper bag“, wie der Anglophile so schön sagt. John Speredakos („I Sell the Dead“, „Wendigo“) bringt in seinem kurzen Auftritt als Cop ein wenig Pep in die Sache, aber wird viel zu schnell abserviert. Wer auf Larry Fessendens im Vorspann groß angekündigten Beitrag hofft, wird bitter enttäuscht, denn der Maestro absolviert nicht mehr als einen vielleicht dreißigsekündigen Cameo-Auftritt mit zwei Lines kurz vor Ultimo.

Bildqualität: Von Drei-Filme-auf-einer-DVD-Scheiben erwartet man technisch nicht viel und wird hier nicht enttäuscht. Die s/w-Sequenzen sehen anständig (wenn auch zu „neu“) aus, der eigentliche Film (der übrigens konsequent in Dunkelheit spielt), präsentiert in non-anamorphem ca. 1.78:1-Letterbox, ist arg grobkörnig, michig, immerhin einigermaßen scharf, der Kontrast noch passabel, Defekte oder Verschmutzungen sind nicht zu verzeichnen.

Tonqualität: Ausschließlich deutscher Ton in Dolby Digital 2.0. Die Qualität der Synchro ist, rein sprechertechnisch gesehen, besser als erwartet. Dynamik ist was anderes, aber für den Film reichts.

Extras: Nüsch.

Fazit: Ich hab’s für Ti West ja befürchtet – er ist wohl doch ein weitgehend talentfreier Schnarchzapfen, bei dem’s mehr oder weniger an allem fehlt. Er kann keine guten Geschichten erfinden, keine Charaktere schreiben, einem lahmen Script (kein Wunder, wenn’s das eigene ist) kein Tempo aufpropfen, keine Spannung verleihen. „The Roost“ ist immerhin als halbseidene Zombie-Geschichte etwas besser als anderer Semi-Amateur-Schotter aus den Staaten wie The Tenement, Halloween Party oder Hellbound – Book of the Dead, zumindest halbwegs anständig gefilmt und dank des Gimmicks der „Late Night Horror Show“ hat der ganze Schmu sogar noch die Ausrede, sich selbst nicht sonderlich ernst zu nehmen (auch wenn der „Film-im-Film“ an sich straight, völlig ironiefrei und ohne absichtliche Lacher gespielt ist) – der Kniff mit dem „Zurückspulen“ (ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass West Hanekes Funny Games kennt) ist im hiesigen Kontext sogar recht amüsant. Das allein rechtfertigt natürlich nicht die Zeit, die man mit einem nichtssagenden, belanglosen, banalen und abgesehen von diesem kleinen Trick völlig unoriginellen Heuler verschwendet, aber – es geht schlimmer (wie auf der gleichen DVD eindrucksvoll der italienische Semi-Amateur-Pseudo-Lovecraft „Armee des Jenseits“ beweist). Mit viel Sympathie und unter schlechtem Gewissen zwei DVDs, die wirklich nur auf der Tatsache basieren, dass es deutlich unterprivilegiertere Gülle gibt (wenn auch nicht unbedingt deutlich langweiligere).

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


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