The Ring Thing

 
  • Deutscher Titel: The Ring Thing
  • Original-Titel: The Ring Thing
  •  
  • Regie: Mark Schippert
  • Land: Schweiz
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    Edward Piccin (Fredi), Gwendolyn Rich (Grmpfli), Leo Roos (Almgandhi), Sebastian Arenas (Rackaroll), Armin Arnold (Pupsi), Ralph Vogt (Schleimli), Jörg Reichlin (Sauraus), Julia Nakamoura (Heidi)


Vorwort

Hoch über den Wolken, während einer Dienstreise, plant der leicht trottelige Bankangestellte Fredi den großen Schritt – er will endlich seiner Angebeteten (und Vorgesetzten) Heidi den Antrag für den Bund für’s Leben machen, ungeachtet der Tatsache, dass Heidi ihn berechtigterweise für eine Niete hält. Blöderweise landet der teure Verlobungsring beim Rehearsal in der Flugzeugtoilette und beim Bergungsversuch des kostbaren Klunkers kommt es zu leichtem Strukturunwillen seitens des Aeroplans. Folge: Fredi samt Toilette steigen unfreiwillig in luftiger Höhe aus… Fredi überlebt den Absturz wider Erwarten, landet aber in einem seltsamen hochalpinen Land (Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten europäischen Bergnationen wären reeeein zufällig), wo alle Welt sofort hinter seinem Ring her ist. Nach der unerfreulichen Begegnung mit einer finsteren und ringklauenden Gestalt kommt Fredi im „Telehobbie“-Land wieder zu sich, wo der weise Zauberer Almgandhi schywzerdütschen Tacheles redet… Fredis Ring ist zufälligerweise genau jener, den der böse Erzschuft Sauraus (dessen Armee aus gar grässlichen „Uruk-Kühen“ besteht) braucht, um seinen teuflischen Plan, die gesamte Welt mit Käsefondue zu überbacken, umzusetzen. In Ermangelung anderer Alternativen sei es daher Fridos (für einen gewissen „Frido“ halten nämlich alle Beteiligten unseren verhinderten Helden) heilige Pflicht, den Ring erstens mal zurückzuerobern und zweitens im Berge Chronos zu zerstören. Widerwillig, aber wenigstens vom Almgandhi und dem Telehobbie Pupsi begleitet, macht sich Fredi auf die beschwerliche Reise. Mit der Elfenprinzessin Grmpfli, dem tumben Ritter Rackaroll und dem schizophrenen Ringdieb Schleimli finden unsere Gefährten Verbündete, die braucht’s aber auch, weil sie alle zusammen ungefähr den IQ eines Erdhörnchens erreichen. Zum Glück für die Welt wird die Sache für Fredi persönlich, weil Sauraus durch konsequentes Ausnutzen ihres Uniformfetisches die mittlerweile ebenfalls in dieser Mittelerde gestrandete Heidi erobert hat…


Inhalt

Juchu, endlich eine „Herr der Ringe“-Parodie. Gut, es gab den von mir vielfältig gepriesenen Softsex-Heuler „Lord of the G-Strings“ und die eher inoffizielle Neusynchro „Lord of the Weed“, aber so’n richtig „echten“ Film suchten wir bislang vergeblich (angesichts der epischen Vorlage ist das Unterfangen ja auch nicht ganz einfach). Aber mit „The Ring Thing“ existiert nun Abhilfe (und wer hat’s erfunden? Die Schweizer!).

Clevererweise widerstanden die Macher der Versuchung, eine 1:1-Parodie abzuliefern, sondern beschränken sich darauf, einige Schlüsselszenen der Vorlage innerhalb einer an das Original angelehnten Rahmenhandlung abzuarbeiten. Daraus folgt nicht nur, dass einige Charaktere der Vorlage komplett fehlen (Sarumon, Gimli oder Legolas, wenn man bei letzterem nicht davon ausgehen will, dass der eine Geschlechtsumwandlung erlebt hat und als Grmpfli auferstanden ist), andere (wie die weiteren Hobbits neben Sam) nur kurz für Throwaway-Gags gebraucht werden, sondern auch, dass die Passagen des Originals, die in einer Parodie, die sujetbedingt stark auf Tempo und Gag-Trommelfeuer setzen muss, langatmiger Leerlauf mangels parodierbarem Inhalts sein würden (in dem Fall praktisch der komplette Mittelteil der Trilogie) einfach ersatzlos gestrichen werden. Gut, da Tolkien-Fanatiker eine humoristische Aufarbeitung ihrer Bibel vermutlich eh nicht tolerieren werden (wobei die mir bekannte Buch-Parodie „Bored of the Rings“ auch eher mäßig gelungen war), braucht man sich über „Werktreue“ ja keine gesteigerten Gedanken zu machen. „The Ring Thing“ kann man also auch ohne großartige Vorkenntnis anschauen, selbstverständlich aber ist es wesentlich witziger, wenn man mit den wesentlichen Gepflogenheiten der Vorlage vertraut ist.

Beworben wird „The Ring Thing“ auch als Parodie auf diverse schweizerische Eigenheiten, wobei dieser Punkt aber eher zu vernachlässigen ist und sich eher darauf bezieht, dass einige Klischees über die Eidgenossen eingearbeitet werden, ohne dass sich das zu einem „wichtigen“ Bestandteil des Films entwickelt (gut, dass DJ Bobo zur Zielscheibe des Spotts wird, ist angemessen). Insgesamt bietet das passabel gelungene Script eine recht angenehme Mischung aus Dialog- und Sprachwitz (wobei es natürlich stark zu bevorzugen ist, die originale Schwyzerdütsch-Fassung zu goutieren), sight gags und gröberem Slapstick, wobei nicht immer alle Witze zünden (was aber im Parodie-Subgenre Usus ist – gut verzichten können hätte ich z.B. auf den running gag, aus Gandalf/Almgandhi eine Transe zu machen, das ist ein unnötiger cheap shot auf die offene Homosexualität von Ian McKellan). Charmant und größtenteils gelungen sind die gewollten „Anbiederungen“ an Trash (es braucht schon eine gewisse Chuzpe dazu, „aus Pappe ausgeschnittene Wolken“ per CGI zu realisieren; Highlight ist aber sicher das abgestürzte Flugzeug; ähnliches gilt für den „Flugdrachen“ im Tabaluga-Kostüm).

Filmisch profitiert das Debütwerk von Mark Schippert enorm von den grandiosen Locations, die der durchschnittliche schweizerische Bergbewohner gratis vor seiner Haustür findet und die dem Film durchaus ein gewisses episches Flair vermitteln (es muss nicht immer Neuseeland sein). Dass mit Peter Steuger („101 Rejkjavik“, „Tatort: Blackout“) ein fähiger Kameramann im Einsatz ist, schadet der Sache natürlich nicht. Optisch ist der Streifen sehr gefällig, für eine Produktion dieses Kalibers und vermutlich beschränktem Budget wird ansehnlich mit Greenscreen und dezenten Computeraufpäppelungen gearbeitet. Schippert bemüht sich um eine temporeiche Inszenierung, was nicht immer hundertprozentig gelingt, bei einer Laufzeit von knapp 77 Minuten kommt allerdings kaum Langeweile auf. Der Score ist unauffällig, ziemlich nervig ist allerdings der Rap-Song über’m Abspann (dass die Schweiz auch über Möchtegern-Gangsta-Rapper verfügt, war mir bis dato unbekannt. Hätt‘ ich aber auch nicht unbedingt wissen müssen).

Die schauspielerischen Leistungen liegen im grünen Bereich. Edward Piccins äußerliche Ähnlichkeit zu Elijah Wood ist schon fast unheimlich. Der TV-Profi („Der Fahnder“, „SOKO 5113“, „Joy Ride“, „Die Wache“, „Tatort“) erwischt genau den richtigen Ton in seiner Darbietung des Helden wider Willen und verfügt durchaus über komödiantisches Timing. Leo Roos hat die dankbare Rolle des Almgandhi abgestaubt und erfüllt sie mit Leben (auf den Transen-Gag hätte ich, wie gesagt, pfeifen können, aber dafür kann Roos ja nix). Gwendolyn Rich ist nicht nur vom Typ her eine ideale Elfe, sondern hat auch erfreulicherweise nichts dagegen, sich auch, ähm, physisch zu präsentieren (jugendfrei, versteht sich). Sebastian Arenas könnte als Rackaroll etwas mehr aus sich heraus gehen (allerdings zelebriert er einen der besten Gags des Films trefflich), Ralph Vogt ist als Schleimli zwar recht witzig, das Script gibt ihm aber nur wenig Möglichkeiten zur Entfaltung. Jörg Reichlin („Ein Fall für Zwei“) gibt einen ädequat-überzogenen Erzbösewicht.

Bildqualität: Universum lässt bildtechnisch nichts anbrennen – die 2.35:1-Präsentation (Widescreen) ist makellos und überzeugt in allen Teildisziplinen (selbst mein Notebook, auf dem ich mir einen Teil des Films im Zug zu Gemüte führte und der display-technisch manchmal gern dabei, Nachzieheffekte zu präsentieren, hatte keine Einwände zu machen). Schön gelungen!

Tonqualität: Wir haben die Auswahl zwischen einer (durchaus professionell gewerkelten, aber eben viel Sprachwitz vermissen lassenden) hochdeutschen Synchronfassung und der schweizerdeutschen Originalfassung, die man selbstredend bevorzugen sollte. Leider gibt’s nur eine Untertitelspur für Hörgeschädigte, die zudem an der deutschen Synchronfassung klebt, was nicht nur wegen der berühmt-berüchtigten „spannende Musik“-Einblendungen irritiert, sondern eben auch aufgrund des Umstands, dass man als Nicht-Schweizer ja durchaus einiges an Originalton Schweiz versteht, die Untertitel aber manchmal wegen des anderen Textes mehr verwirren als helfen. Qualitativ vermag der Ton durchaus zu überzeugen (beide Fassungen werden in Dolby 5.1 präsentiert, sind aber keine Surround-Orgien).

Extras: Da hat sich doch einiges an Bonusmaterial auf die Scheibe verwirrt. Neben einem von mir noch zu untersuchenden Audiokommentar mit Regisseur und Cast findet sich ein gut zwanzigminütiges Making-of von akzeptablem Informationsgehalt, kurze Videointerviews mit Edward Piccin und Gwendolyn Rich (die restlichen Akteure kommen im Making-of zu Wort), eine Outtake-Reel, ein Musikvideo des (erwähnt unpassenden) Titelsongs sowie der Trailer in schweizerdeutscher bzw. hochdeutscher Fassung. Eine Universum-Trailershow darf natürlich nicht fehlen.

Fazit: „The Ring Thing“ ist sicher keine hohe Filmkunst und nicht auf einem Level mit den legendären besten Werken der ZAZ-Factory, aber doch deutlich unterhaltsamer als die nach allen Regeln der Kunst vergurkten Parodien der jüngeren Kinogeschichte („Scary Movie“-Sequels, ich rede mit EUCH). Handwerklich mehr als nur ordentlich gefilmt (trotz oder wegen der gewollt trashigen Elemente), getragen von einem gut aufgelegten Ensemble und mit einer überraschend hohen Gag-Erfolgsquote (man wird sich vielleicht nicht jede Minute vor Lachen auf die Schenkel klopfen, aber grinsen darf man doch ziemlich oft), erweist sich der Streifen als eine durchaus wohlmeinende Parodie des Originals, die tolerante „Herr-der-Ringe“-Fans sicherlich eher unterhält als gänzlich in der Materie unbeleckte Zuschauer. Nichts für die Ewigkeit, aber ein kurzweiliges Vergnügen für Zwischendurch. Ich hatte Schlimmeres befürchtet…

3/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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