The Publisher

 
  • Deutscher Titel: The Publisher
  • Original-Titel: Home Town Story
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  • Regie: Arthur Pierson
  • Land: USA
  • Jahr: 1951
  • Darsteller:

    Jeffrey Lynn (Blake Washburn), Marjorie Reynolds (Janice Hunt), Donald Crisp (John McFarland), Alan Hale Jr. (Slim Jenkins), Marilyn Monroe (Ilsa Martin)


Vorwort

Blake Washburn kehrt als geprügelter Hund und Ex-Senator nach einer vernichtenden Wahlniederlage in seine Heimatstadt Fairfax zurück. Den Verlust seines Amtes schiebt er zu gleichen Anteilen den doofen Wählern, die einfach nicht verstanden haben, dass er in ihren besten Interessen handelt, und einer Schmierenkampagne seines Rivalen, des Industriellensohns Robert McFarland zu. Zum Glück hat Blake einen Ziviljob, in den er zurückkehren kann – Chefredakteur der Lokalzeitung seines Onkels. Und vielleicht findet sich ja endlich, nach fünf Jahren Krieg und zwei Jahren Senator, Zeit, seine Flamme Janice zu ehelichen.

Als Blake über ein Gesetz im Nachbarstaat liest, das die Giftmülleinleitungen von Fabriken in Flüsse verbietet, kommt er auf die Idee, dies auch für seine Heimatgemeinde zu einer Kampagne zu machen. Chefreporter und Freund Slim Jenkins ist wenig begeistert – und Blake erleidet eine weitere Niederlage, als er bei einem Ortstermin feststellt, dass die Metro-Chemiefabrik genau null an giftigem Abfall in den Fluss kippt. Janice ahnt, was Blake vor hat – die Zeitung als politisches Vehikel nutzen, um bei den nächsten Wahlen den Senatssitz zurückzuerobern. Da kann sie sich an ihren zehn Fingern abzählen, wie sehr sich Blake um *sie* kümmern kann und wird…

Blake ficht’s nicht an und bald schon hat er ein neues Kampagnenthema gefunden – die unverschämten Profite der großen Firmen. In einer Serie wütender Kolumne greift er die Rekordgewinne, die in den Taschen von Firmenbesitzern und Aktionären verschwinden, an, und als ihm Slim empfiehlt, sich doch mehr um lokale Themen zu kümmern, tut ihm Blake den Gefallen und schießt sich auf die McFarland-Werke ein. Der Firmenchef selbst, der versucht, in einem persönlichen Gespräch dem Zeitungsfuzzi das Grundprinzip von Angebot und Nachfrage zu erklären (er benutzt das Bild vom „Profit für den Kunden“ und erklärt, dass ein Produkt für den Käufer mehr wert sein muss als der Kaufpreis), beißt bei Blake auf Granit. Sogar Slim wird’s zu bunt und er reicht die Kündigung ein.

Als Blakes kleine Schwester Katy bei einem Schulausflug in einer Mine verschüttet wird und Blake panisch zur Unfallstelle hastet, wer ist der erste, der unbürokratisch Hilfe an Mensch und Material anbietet? Niemand anderes als der alte McFarland…


Inhalt

Es ist eigentlich ein Paradox. Da ist sich die Welt und insbesondere Alt-Right einig, dass Hollywood die größte Anhäufung von pinko commie bastard liberals diesseits einer ’68 hängengebliebenen Hippie-Komune ist, und doch ist Hollywood und sein Studiosystem das beste Beispiel für gelebten Raubtierkapitalismus abseits der Wall Street. Will sagen, dafür, dass Hollywood ein Haifischbecken par excellance ist, in dem nur der Stärkste überlebt und nur der was gilt, der nachweisen kann, dass mit ihm Geld zu verdienen ist, gibt es nur sehr wenige eindeutig pro-kapitalistische Filme – wenn Hollywood dieses Thema aufgreift, dann am liebsten in Form persönlicher Erfolgsgeschichten a la vom Tellerwäscher zum Millionär, selbst wenn die verfilmte Geschichte eigentlich eine von corporate greed ist („Jobs“, „The Social Network“). Wenn wirklich der Konzern-Kapitalismus thematisiert wird, dann wird’s gern beißend und zynisch-kritisch („Wall Street“).

Um so überraschender und amüsanter ist es, einen kleinen, längst vergessenen B-Film von 1951 zu finden, der im Stil eines religiösen Bekehrungsfilms das hohe Lied auf den Kapitalismus singt. Wiederentdeckt wurde der kleine Streifen von Arthur Pierson, einem Zweite-Reihe-Regisseur indifferenter Natur, der sein Glück nach seinen wenigen Kinofilmen im frühen US-Fernsehen fand, durch den glücklichen Umstand, dass Marilyn Monroe (immerhin tatsächlich schon mit diesem Namen) eine kleine Nebenrolle spielt und skrupellosen DVD-Vertreibern auf der ganzen Welt die Möglichkeit bietet, den Streifen in „Monroe“-Editionen auf den Markt zu werfen – was nur dafür sorgt, dass „Home Town Story“ garantiert der falschen Zielgruppe feilgeboten wird.

Selbstredend war „Home Town Story“ als kommerzieller Film (immerhin sogar im Vertrieb der MGM) geplant, konnte also keine filmgewordene Vision von „Atlas Shrugged“ werden – Pierson, der die Story auch selbst schrieb, geht simplistisch vor, und damit mutmaßlich mit der genau richtigen Dosis Naivität, um den unbedarften Joe Schmoe, der dem Film als Zweitvorstellung neben dem neuen Hollywood-Studio-Epos angesichtig wurde, intellektuell nicht zu überfordern. Alle Charaktere sind grenzenlos naiv bis leicht debil – ob das nun Blake selbst ist, ein Antikapitalist von der geistig schlichten „Gewinn=doof“-Schule, dem jegliches Differenzierungsvermögen abgeht (als Politiker kann er nicht viel besser gewesen sein denn als Chefredakteur, weil man uns gleich zu Beginn zeigt, dass er Meinungsverschiedenheiten gern mit einem rechten Haken löst und jede Gegenstimme als persönliche Beleidigung betrachtet), Slim Jenkins, sein Chefreporter, der genauso unkritisch wie Blake, nur halt in der anderen Richtung, erst mal alles für richtig hält, was große Firmen so treiben (und vom Film auch so bestätigt wrid), oder Janice, die zwar Blake gegenüber große Reden schwingen kann, aber diesen keine Taten folgen lässt (und als sie dann mal in ihrer Rolle als Lehrerin auf dem Schulausflug mit einer Notsituation konfrontiert wird, auch nix anderes weiß, als Blake anzurufen).

Hin und wieder schafft es „Home Town Story“ aber sogar, valide Punkte anzusprechen. Als Janice Blake den Grund für seine Wahlniederlage verklickert, z.B., und ihm mitteilt, dass er auf Grundlage seiner Kriegsverdienste gewählt wurde, aber nach allgemeiner Stimmungslage politisch nicht viel geleistet hat und deswegen wieder abgesägt wurde, oder als McFarland Blake die Grundlagen der Marktwirtschaft mit dem schon erwähnten Bild des „Profits für den Kunden“ erläutert (Blake macht dabei verständlich, dass z.B. gerade für Blake als Journalisten eine Schreibmaschine, mit der er etliche Artikel für seine Zeitung schreiben kann, erheblich mehr „wert“ ist als den Anschaffungspreis; genau wie für einen seiner Leser die Zeitung wesentlich mehr „Wert“ an Informationen beinhaltet als die fünf Cent, die er am Kiosk dafür hinlegt).

McFarlands entsprechende Erklärung ist die einzige Phase des Films, in der er etwas ins Predigen verfällt, aber – ich muss sagen, dass mir die gewählte Metapher gut gefällt (ohne dass ich mir gleich Anteile an einem Hedgefonds organisiere). Generell kann man natürlich auch den Kampagnenjournalismus Marke Blake (also einfach ins Blaue hineinschreiben, in der Hoffnung, zufällig einen Skandal zu treffen) kritisch betrachten, da hat der Film nicht ganz Unrecht, wobei da freilich keine der politischen oder ideologischen Seiten ohne Sünde ist.

Filmisch ist die Sache recht simpel gehalten – ein-zwei nette Montagen, und im Finale wird’s dann ordentlich manipulativ, wenn Pierson ein Kind UND einen Hund in Gefahr bringt, um die Vorzüge des Kapitalismus zu preisen – und natürlich ist die Moral schon etwas verwegen, einen Akt der „common decency“, die Hilfsbereitschaft von McFarland, obwohl Blake sein erklärter Gegner ist, zu einem Verkaufsargument pro Corporate Industry zu machen. Sozialisten helfen niemandem, ne…

Die Schauspieler sind adäquat – sie kämpfen manchmal ein wenig mit dem Script und dem Umstand, dass die 60-Minuten-Laufzeit für eher behauptete denn gezeigte Charakterarbeit sorgt (und sich zudem meistens in ein bis zwei Attributen erschöpf. Blake ist links und hat ’ne kurze Zündschnur, Slim raucht Pfeife usw.). Jeffrey Lynn („Die wilden Zwanziger“, „Telefon Butterfield 8“) verzweifelt ein bisschen am Zwiespalt, Protagonist und Sympathieträger sein zu müssen, aber eben falsch zu liegen. Donald Crisp („Stürmische Höhen“, „Lassie Come Home“, „National Velvet“) wirft als Kapitalist McFarland seinen gesamten lieber-Onkel-Charme in die Waagschale – dem könnte man nicht mal böse sein, wenn er persönlich Rattengift in Cornflakes füllen würde. Marjorie Reynolds kennen wir noch gut aus den „Mr. Wong“-Filmen mit Boris Karloff – als Janice hat sie praktisch nichts zu tun und kann auch ihr comic timing nicht zur Geltung bringen. Als gemütlicher Reporter Slim stellt sich Alan Hale Jr. vor, der als geplagter Skipper in „Gilligan’s Island“ zum TV-Top-Star wurde. Marilyn Monroe in der unwesentlichen Rolle von Blakes Redaktionssekretärin hat vielleicht drei Minuten Screentime in zwei Szenen, aber es wird schon angedeutet, wie die Kamera ihr schmeichelt (und deswegen hat sie auch, obwohl, wie gesagt, für den Film völlig unwichtig, eine witzige Dialogszene und eine Aufnahme, in der sie durch den Redaktionsraum stolziert, ganz für sich alleine spendiert bekommen. Pierson wusste wohl, dass er hier einen künftigen Star vor der Linse hat).

Die Bildqualität der deutschen DVD (aus dem Great-Movies-Umfeld, ein Firmenname wird mal wieder schamhaft verschwiegen) ist für Alter und Güteklasse des Films okay, der englische Ton ist brauchbar. Es wird auch eine deutsche Neusynchro geboten, die ich mir lieber gespart habe, wenn sie auf dem Niveau des schön scheußlichen (und unpassenden) neuen Titel- und Abspannthemas liegt… Nicht trauen sollte man übrigens der Inhaltsangabe, die deutlich neben der Spur liegt (wie auch der neue Titel, wenn überhaupt, dürfte sich der Film „The Editor“ nennen).

Insgesamt kein großer Film, als solcher war er auch nie gedacht, aber ein interessantes Kuriosum, dem man sich politisch/wirtschaftlich inhaltlich anschließen kann oder nicht, sicher heute niemanden mehr bekehren wird, aber eine Stunde lang ganz ordentlich unterhält. Allein des Novitätenwerts wegen eine Sünde wert…

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 6


mm
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