The Outer Limits: Sandkönige

 
  • Deutscher Titel: The Outer Limits: Sandkönige
  • Original-Titel: The Outer Limits: Sandkings
  •  
  • Regie: Stuart Gillard
  • Land: USA
  • Jahr: 1995
  • Darsteller:

    Beau Bridges (Simon Kress), Helen Shaver (Cathy Kress), Dylan Bridges (Josh Kress), Kim Coates (David Stockley), Lloyd Bridges (Colonel Kress), Patricia Harris (Debbie), Kevin Convoy (Control Voice)


Vorwort

Simon Kress, ein rebellischer Wissenschaftler (woher wissen wir, dass er rebellisch ist? Er bindet seine ungepflegten Haare zu einem Pferdeschwanz) forscht im Regierungsauftrag an Organismen, die vom Mars Lander mit Marserde vom Roten Planeten zur Erde gebracht worden. Tatsächlich ist es ihm gelungen, aus den Eiern insektoide Kreaturen zu züchten, denen er Intelligenz zuspricht. Vielleicht etwas zu viel Intelligenz – als es einem der possierlichen Tierchen beinahe gelingt, aus dem unterirdischen Forschungskomplex auszubrechen und die Oberfläche zu kontaminieren, zieht der Präsident persönlich dem Projekt den Stecker. Simon will sich damit nicht abfinden, klaut ein paar hundert Gramm Marsdreck samt Insekteneiern und baut sich im heimischen Schuppen heimlich ein Ersatzlabor, wofür er sich auch in heftige Schulden stürzt.
Schon bald hat er neue „Sandkönige“ herangezüchtet – zwar entfremdet er sich durch’s Einigeln im Behelfslabor Weib & Kind, aber erstens ist Schwund überall, zum anderen zeigt seine Arbeit erstaunliche Ergebnisse. Die skorpionartigen Insekten bauen beeindruckende Burgen, verzieren diese mit Simons Gesicht (was dessen Ego natürlich schmeichelt) und führen bei Futterknappheit richtige, verlustreiche Kriege. Nicht mal der Umstand, dass die Sandkönige Joshs kleinen Hund, der sich in den Schuppen geschlichen hat, spachteln, kann Simon von seinen Experimenten abbringen. Im Gegenteil – er wittert eine günstige Gelegenheit, sich an seinem ehemaligen Forschungspartner David, den er für das Projektende verantwortlich macht, zu rächen. Nur die Sandkönige haben nicht ganz vor, sich an Simons Pläne zu halten…


Inhalt

Es war einmal eine hervorragende SF-Novelle, „Sandkönige“ von George R.R. Martin, die 1979 gleich die beiden wichtigsten SF-Literaturpreise abstaubte, den HUGO und den Nebula Award. Martins Kurzroman war einerseits brillante psychologische Studie über (un-)menschliche Verhaltensweisen und die Unfähigkeit, solche Verhaltensmuster zu überkommen, andererseits Schilderung einer völlig fremden Lebensform und nebenher auch noch eine knackige Horrorgeschichte mit böser Moral-von-der-Geschicht.

Nachfolgend eine kurze (und unzureichende) Synopsis der Originalgeschichte: Simon Kress lebt hier in ferner Zukunft auf einem von Menschen kolonisierten Wüstenplaneten und frönt dort seinem Hobby exotischer Tierhaltung, aber nicht aus zoologischem Interesse, sondern weil er für seine Freunde Kampfspiele mit den Tieren veranstaltet, je aggressiver die Viecher sind, desto besser. Eines Tages ersteht er in einem illegalen Import-/Export-Schuppen vier Sandkönig-Königinnen – die Spezies führt gegeneinander nämlich komplexe Kriege. Natürlich dauert es Simon zu lange, bis die verschiedenen Staaten von alleine mit dem Kriegsspiel anfangen – er kürzt die Futterrationen und macht die Biester damit besonders unartig. Die von ihm veranstalteten Spiele sind ein Renner, doch Simon sieht sich rasch von den Sandkönigen unter Druck gesetzt, erst recht, als sie aus ihrem Habitat ausbrechen. Er muss damit beginnen, seine Freunde und Spielpartner an die Sandkönige zu verfüttern. Die Sandkönige übernehmen sein ganzes Haus, Versuche, sie mit schwerbewaffneten Kammerjägern zu vernichten, scheitern. Simon wird zum Gefangenen in seinem eigenen Haus, auch die Verkäufer (von denen einer selbst ein ausgewachsener Sandkönig ist) können ihm nicht helfen. Simon gelingt erst die Flucht, als er sein Haus abbrennt, doch die Siedlung, in die er sich rettet, erweist sich als Burg eines ausgebüxten Sandkönig-Stamms…

Und jetzt vergleichen wir das mal spaßeshalber mit der oben geschilderten Geschichte, mit der MGM und der US-Kabelsender Showtime ihre Neuauflage der klassischen SF-Anthologieserie „The Outer Limits“ ins Rennen schickten. Außer dem Charakternamen Simon Kress und gewissen Charakteristika der Sandkönige – beileibe nicht allen und nicht unbedingt die wirklich wichtigen – ließ Drehbuchautorin Melinda Snodgrass, die zuvor einige „Star Trek: The Next Generation“-Episoden und den passablen TV-SF-Film „Trappend in Space“ (basierend auf Arthur C. Clarkes klassischer Kurzgeschichte „Breaking Strain“) verfasst hatte, von George R.R. Martins Plot nicht viel übrig (Martin, der später zugab, mit der Behandlung seiner Geschichte nicht zufrieden gewesen zu sein, dafür aber um so mehr mit der Höhe des ausgestellten Schecks, erhielt, wohl quasi als Entschädigung, neben dem „based-on-a-story“-Credit noch einen solchen als „Executive Story Consultant“). Es verbittet sich also praktisch von Haus aus jeder Vergleich zwischen Novelle und TV-Adaption (ich mach’s natürlich in der Folge trotzdem ausführlichst), es sind zwei grundverschiedene Geschichten – anstelle des horribel angehauchten, packenden Psychodramas der Vorlage strickte Snodgrass aus dem Stoff eine ziemlich belanglose TV-Tierhorror-Plotte, die dann – beinahe zwangsläufig – anstelle des komplexen gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisses Kress/Sandkönige (nur durch seine interessanten Kampfspiele hat Kress überhaupt so etwas wie einen Freundeskreis und die Hoffnung, mal eine nicht professionelle Bettpartnerin zu finden, aber sobald die Sandkönige sich als nahezu unschlagbar erweisen, bricht diese „Freundesbasis“ auch wieder weg; Kress ist auch in der Vorlage der „Gott“ der Sandkönige, muss aber erfahren, dass die Biester als „Gläubige“ ziemlich fordernd sind) macht die Autorin aus dem Szenario mehr eine Art introspektiven Familiendramas; der hiesige Kress ist nicht der skrupellose sadistische Tierquäler der Vorlage; vielmehr ist seine Forschung ein unbewusster Schrei nach Anerkennung durch den Vater (Simon hat in der TV-Story einen verstorbenen Bruder, der Vaters Liebling und Kampfpilot war und im Dienst für’s Vaterland gefallen ist), die Ehe- und Familienprobleme der Kress nehmen breiten Raum ein; die Sandkönige scheinen mehr ein „afterthought“ zu sein, denn hier steht eindeutig Simons psychischer und physischer Verfall im Vordergrund (eine der „neuen“ Ideen der TV-Fassung ist, dass Simon von einem Sandkönig gestochen wird und sich eine ziemlich böse Infektion zuzieht), aus dem heraus sich die Zerstörung seiner Familie kristallisiert.

Simon ist hier also nicht nur klassischer mad scientist, der in Gottes Domäne herumspielt – ein Klischee, das die zugrundeliegende Geschichte so weit wie irgend möglich umschiffte, indem sie aus ihrem Protagonisten von Haus aus ein widerliches Ekelpaket machte (mit dem man trotzdem einigermaßen mitfiebern konnte), sondern auch einen „Normalo“, dem biologische, zoologische, soziologische und auch andere „logische“ Vorgänge völlig egal sind, und für den nur wichtig ist, dass seine Haustierchen kämpfen -, sondern auch noch ein solcher, der die so wichtigen amerikanischen Familienwerte vernachlässigt und schon deshalb einer Bestrafung zugeführt werden muss. Der einzige auf sein Konto gehende Todesfall ist dann auch weniger „Schuld“ der Sandkönige, sondern seinem zunehmenden Wahn geschuldet; die TV-Fassung verschiebt also quasi die Täter-Perspektive von den Sandkönigen, die bei aller Unerfreulichkeit und trotz der schlechten Behandlung, die Novellen-Simon ihnen angedeihen lässt, in ihrer „Monster“-Eigenschaft Simon zumindest ebenbürtig sind, hin zu Simon selbst.
Ein sicherlich grundsätzlich gangbarer Weg, der die Aussage der Novelle aber so weit verfälscht, dass die zentralen Punkte der Vorlage in der Outer-Limits-Fassung nur noch zu erahnen sind: Während in der Vorlage die Krieger-Eigenschaft der Sandkönige die Story überhaupt erst in Gang bringt, weil Simon die Viecher nur deswegen erwirbt, entdeckt der TV-Simon dies nur zufällig, als er sie, nachdem sie den Hund gefressen haben, zur Strafe nicht mehr füttert. Und auch dann ist der „Krieg“ der Alien-Insekten untereinander nur eine hingeworfene throwaway-Szene ohne wirkliche Bedeutung für den Plot (während die Novelle die verschiedenen Allianzen und Feldzüge der dort käferartig gestalteten Viecher breit schildert); ebenso ist die göttliche Verehrung, die die Sandkönige ihrem Besitzer zubilligen in der Novelle der Katalysator für das böse Ende, während sie in der TV-Fassung Simons Ego-Trip befeuert (zugegeben ist es eine der besseren Ideen der Adaption, da in der internen Logik der Fernsehversion Simon tatsächlich der „Schöpfer“ der Sandkönige ist).

Die Auswalzung der in dieser Form ziemlich dünnen Geschichte auf 90 Minuten tut ihr auch nicht gut (hätte man sich an den Originalstoff gehalten, der jetzt auch nicht SO spezialeffektintensiv gewesen wäre, dass man ihn nicht auch mit einem TV-Budget hätte handlen können, wäre das absolut als Abendfüller machbar gewesen); es tut sich einfach zu wenig (und aufgrund der TV-Restriktionen kann das, was sich tut, auch nicht explizit werden) für die doch relativ großzügige Laufzeit, weswegen „Sandkings“ dann sogar zu dem verzweifelten Mittel greifen muss, eine Alptraum-Szene Cathys zwecks Suspense einzubauen (was der Glaubwürdigkeit der Story dann auch nicht weiter hilft). Auch die Erzählstruktur ist suboptimal – der Aufbau ist betulich, das Finale dann arg gedrängt, die Charakterentwicklung Simons nicht immer völlig schlüssig (zumal auch nicht wirklich klar wird, ob der Sandkönig-Stich auch einen psychischen Effekt hat).

Stuart Gillard hat dann auch nicht gerade ein Händchen dafür, dem TV-Film vom Regiestuhl aus Beine zu machen. Gillard, der hauptsächlich für’s TV arbeitet, aber auch „Turtles III“ und „WarGames 2“ inszenierte, unterwirft sich weitgehend den Konventionen des Pantoffelkinos – lediglich in zwei Szenen schimmert Inspiration durch: gleich zur Eröffnung gibt es eine schöne Kran-Aufnahme von kreuz und quer über einen Platz laufenden Menschen, die natürlich eingedenk des Themas der Episode an Ameisenstraßen erinnert, und, in Simons „Gott“-Phase, eine nette (und auch so referierte) Charlton-Heston-Hommage, wenn Simon das „Meer“ der Sandkönige teilt. Es sind aber die einzigen Sequenzen, die ein wenig eigenständige Handschrift beweisen; dafür sind andere Szenen schon fast offensiv blöd (z.B. Davids Abgang ins Sandkönig-Becken, der sich sicherlich einen Platz in der Ruhmeshalle der dümmstausgedachten „Kills“ aller Zeiten verdient hat).
Das Tempo der Episode (die nur bei der Erstausstrahlung am Stück gezeigt wurde, sonst als Zweiteiler ausgestrahlt wird und auch so auf der DVD präsentiert wird, nur, dass die Zusammenfassung des ersten Teils und der Vorspann bei Teil 2 weggelassen wird) ist mäßig (zumal „Höhepunkt“ und Cliffhanger des ersten Teils gerade mal das Ende des Hundes ist. Okay, ich bin Tierfreund und auch Hundehalter, aber so den richtigen Impact hat das in einer Geschichte um angeblich mordlustige außerirdische Insektenmonster ja nun nicht), Kameraführung und Schnitt bewegen sich auf üblichem TV-Niveau (speziell für solche TV-Filme, die in Kanada gedreht werden). Die größeren Sets (das Regierungslabor und Simons Schuppen) sind nett, aber nicht sensationell, der Spezialeffekt-Aufwand überschaubar – die Sandkönige sind nicht sonderlich originell (halt skorpionartige Mehrfüßler) und ihre Animation alles andere als weltbewegend. Irgendwelche Splattereffekte sind nicht zu vermelden, dafür aber können Voyeure mit gutem und reaktionsschnellem Auge einen sekundenbruchteilskurzen Blick auf Helen Shavers Brüste erhaschen, was für eine SciFi-TV-Serie ungewöhnlich genug ist.

Womit wir bei den Schauspielern wären. „Sandkings“ wurde in der Promotion heftig mit dem ersten darstellerischen Zusammentreffen dreier Bridges-Generationen beworben (schade, dass man Jeff nicht für einen Cameo gewinnen konnte). Beau Bridges wurde für seine Performance immerhin für den Emmy nominiert, was ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen kann. Zweifellos diktiert durch die plumpe Charakterisierung (Pferdeschwanz = Rebell, Abgleiten in den Wahnsinn wird dadurch illustriert, dass Beau augenrollend, unrasiert, mit verwuscheltem Haar und in schäbigen Klamotten grimassierend rumläuft) ist das für meine Begriffe alles andere als eine subtile Leistung, sondern ziemlich genau das Gegenteil und alles andere als glaubwürdig.

Bei Lloyd Bridges besteht ein wenig das Problem, dass man ihn nach den Deppenrollen in „Hot Shots“ oder „Mafia!“ in einem seriösen Part nicht mehr so richtig ernst nehmen will, aber seine drei-vier Szenen bewältigt er, hat man seine Spoof-Karriere mal ausgeblendet, passabel. Ebenso schlägt sich auch Beau-Sohn Dylan (ansonsten in wesentlicher Rolle nur noch im Telemovie „A Stranger to Love“, ebenfalls als Beaus Filmsohn, aufgetreten) wacker, doch die beste schauspielerische Leistung bietet zweifellos Helen Shaver („Tremors 2“, „Poltergeist: Die Serie“), an der es hängen bleibt, quasi den kompletten Familiendrama-Strang im Alleingang zu stemmen und ihn glaubwürdig zu machen, was ihr gut gelingt, ohne dabei in die – gerade in Fernsehfilmen gern genommene – heulende Hysterie zu verfallen. Kim Coates („Battlefield Earth“, „Pearl Harbour“, „Black Hawk Down“, Silent Hill) hat als Simons Ex-Forschungspartner-/-Vorgesetzter und Racheobjekt nicht viel zu tun.

Bildqualität: Fox/MGM veröffentlichen „Sandkings“ im Rahmen der bislang einzigen in Deutschland erschienenen „Outer Limits“-Staffelbox (die ist mittlerweile knapp zwei Jahre alt, so dass ich fast befürchte, die restlichen Staffeln warten vergeblich auf Release). Die Bildqualität ist ordentlich – 4:3-Vollbild (intendiert), gute Schärfe- und Kontrastwerte, kaum Blockrauschen, nur speziell auf Computermonitoren deutliche Nachzieher.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton ist in Dolby 2.0 Stereo verfügbar, dazu gibt’s noch einen spanischen Audiotrack in Dolby 2.0 Mono nebst einem Schwung Untertitelspuren. Der englische O-Ton ist sehr gut verständlich, absolut rauschfrei, aber kein Ausbund an Heimkinoanlagen ausreizender Audiodynamik.

Extras: Die Staffelbox beinhaltet fünf Featurettes von Geschichte der Serie bis hin zum Making-of einer beispielhaft gewählten Episode, aber nichts speziell auf „Sandkings“ abgestimmtes.

Fazit: Als Adaption der herausragenden Martin-Novelle (und die als solche vom Fandom auch heftig antizipiert wurde) ist „Sandkings“ eine herbe Enttäuschung. Von der vielschichtigen Psychologie, den faszinierenden Einsichten in die Evolution und „Gesellschaft“ einer fremdartigen Lebensform und der Moral, dass gerade die Unmoral des Menschen auch auf solche fremden Lebensformen abfärben kann, ist in der TV-Fassung nichts übrig geblieben – statt dessen bekommen wir biederen Tierhorror mit aufgesetztem Familiendrama und entsprechender Küchenpsychologie.
Hat man sich auf dieses Level heruntergebeamt bzw. fehlt einem die Kenntnis der literarischen Vorlage, ist „Sandkings“ wenigstens aber auf diesem Niveau dezente Unterhaltung; nichts, worüber man länger nachdenken könnte oder sollte und mit der Halbwertzeit eines solchen belanglosen Creature Features, dem noch dazu die Traute fehlt, wirklich mit den Creatures zu arbeiten, gesegnet, aber trotz der eher schleppenden Inszenierung zumindest noch ansehbar, vielleicht gerade aufgrund des Kontrasts zwischen Beau Bridges‘ zügelloser Karikaturen-Performance und Helen Shavers Bestrebung, den dramatischen Part glaubhaft zu halten. Dennoch – öfter als einmal ansehen wird man sich „Sandkings“ kaum, wohingegen die Novelle extrem re-readable ist. Insgesamt ist „Sandkings“ nicht „ambitioniert gescheitert“ (was man angesichts des Ausgangsmaterials vielleicht hätte erwarten können), sondern nur „nicht mal richtig versucht“. Dafür gibt’s dann trotz aller Basis-Professionalität halt nur eine unterdurchschnittliche Bewertung.

2/5
(c) 2012 Dr. Acula


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments