The Naked Witch

 
  • Original-Titel: The Naked Witch
  •  
  • Regie: Larry Buchanan
  • Land: USA
  • Jahr: 1961
  • Darsteller:

    Student (Robert Short)
    Kirska (Jo Maryman)
    Hexe (Libby Hall)
    Erzähler (Gary Owens)
    Denis Adams
    Charles West
    Howard Ware
    Jack Herman
    Marilyn Pope
    und der Kinderchor „Der Sängerbund“


Vorwort

Als Schlusspunkt für unser kleines Halloween-Special bietet sich, nachdem wir herkömmliche Slasher und Classic-Grusler abgehandelt haben, noch ein Ausflug in die tiefsten Gefilde des seltsamen Trash an – schliesslich gehört zu jeder Halloween-Fete mindestens ein abstruses Filmchen, das man als Rausschmeisser oder Hintergrund-Motiv zum Zusammenkehren der Bierleichen oder an Süssigkeiten-Vergiftungen leidenden Kids verwenden kann.

Der Name Larry Buchanan dürfte den wenigsten alemannischen Filmverächtern richtig viel sagen – in Amiland sieht das unter dem gemeinen Volk vermutlich ähnlich aus, badmovie-affecionados allerdings erinnern sich mit Tränen in den Augen an seine unsterblichen Klassiker wie Mars needs Women (ein definitiver Eintrag auf meiner Must-See-Liste), Creature of Destruction oder Zontar the Thing from Venus. Buchanan dreht in den 60ern eine ganze Reihe ultrabilliger Klopper, die sich oft an frühen 50er-Roger-Corman-Titeln orientierten und als Quasi-Remakes fungierten, ohne dass Buchanan sich genötigt fühlte, auf diesen Umstand hinzuweisen. Sam Z. Arkoffs American International Pictures hinderte dieses Plagiatorentum nicht daran, einen ganzen Eimer von Buchanan-Filmen für seine TV-Abteilung anzukaufen, weswegen so mancher Ende der 60er/Anfang der 70er aufgewachsene Yankee wohl ein paar dieser Streifen gesehen haben dürfte.

Vor seiner „Karriere“ als Corman-Plagiator (schon fast ein Paradox in sich selbst, oder?) kurbelte Buchanan für lausige 8.000 Dollar mit seinem Kumpel Claude Alexander allerdings seinen ersten „echten“ Horrorfilm – sort of. Glaubt man der IMDB ist auch The Naked Witch (nicht zu verwechseln mit einem gleichnamigen Streifen des nicht minder berüchtigten Andy Milligan, der zudem noch im selben Jahr veröffentlicht wurde – 1964, so lange brauchte Buchanan, bis er seine nackte Hexe irgendwo unterbrachte) ein Remake, nämlich eines finnischen Hexenfilms aus dem Jahr 1952. Nachdem ich inzwischen so leise Zweifel an der Akkuratesse der IMDB in gewissen Glaubensfragen hege, verweise ich das erst mal ins Reich der Fabel… The Naked Witch steht für mich für sich alleine (hoffe, Ihr versteht diesen Satz, ich glaube, ich tu´s nicht).


Inhalt

Wenn man einen, ähempt-ähempt, abendfüllenden Film mit immerhin ganzen 59 Minuten Spielzeit vor sich hat, erwartet man mit Sicherheit eins nicht – einen satten achteinhalbminütigen Prolog, der mit dem Rest des Films nicht wirklich viel zu tun hat…

Ein Opening Crawl setzt uns über grundlegende „Fakten“ bezüglich des alten Aberglaubens von wegen Hexen ins Bilde und die nächsten acht Minuten berichtet uns der freundliche Erzähler (übrigens ein gewisser Gary Owens, der später für sprichwörtlich jede amerikanische Zeichentrickserie von Scooby Doo über Space Ghost bis zu was-weiss-ich-nicht-noch-alles seine Stimme hergab) noch mehr Pseudohistorisches über Hexenglauben und die Untaten der TeufelsanbeterInnen im alten Europa vor 500 Jahren. Garniert wird das ganze Gesülze durch ungeheuer aufregendes Herumpannen auf zeitgenössischen Gemälden (a la Hieronymus Bosch), welche die schröcklichen Schandtaten der schwarzmagischen Zunft portraitieren. Okay, wir befinden uns ganz offensichtlich in einem katholischen Lehrfilm der Inquisition GmbH & Co. KG, denn der Erzähler berichtet von Kinderopfern, schwarzen Messen, Satanskulten, Hexensabbaten etc. pp. und kommt zu dem Schluss, dass das Mittelalter wegen der ganzen Hexenangelegenheiten auch „das dunkle Zeitalter“ genannt wird (wer nennt das so?). Nur aufgrund des heldenmütigen Einsatzes von glaubensfesten Zeitgenossen (wie Inquisitoren, Denunzianten und Befeuerern von Scheiterhaufen) konnte in einem jahrhundertelangen Krieg der Vormarsch der Hexen zurückgedrngt werden…

Nachdem wir diesen Sermon also knapp neun Minuten (und damit ein munteres Sechstel der Gesamtfilmlaufzeit) hinter uns gebracht haben, kommen wir tatsächlich zu einer Titelsequenz, deren Hintergrund bedeutungsvoll von einem Friedhof mit deutschsprachig beschrifteten Grabsteinen dargestellt wird.

Und dann lernen wir endlich unseren Helden kennen, der sich mit einer, man glaubt es kaum, Off-Narration einführt. Unser Held bekommt niemals einen Namen, selbst der Vorspann präsentiert ihn uns einfach als „den Studenten“. Der Student sülzt: „Wenn mir jemand erzählt hätte, was für schreckliche Dinge mir widerfahren sollten… blah blah blah blah“. Immerhin, es ist Frühjahrsanfang und unser Hero cruised durch ein malerisches Tal in Texas, das im 19. Jahrhundert von deutschen Siedlern, eh, besiedelt wurde. Er schwadroniert über die „Abendglocken“ und die Kinder, die zweisprachig aufwachsen – passend dazu singt uns der im Vorspann ausdrücklich erwähnte Kinderchor „Sängerbund“ eine alte deutsche Volksweise („linksherum, rechtsherum, ringsherum, das ist nicht schwer“ – habt Ihr sicher auch mal im Kindergarten gegröhlt). Selbstverständlich laufen die Kiddies in voller alpenländischer Tracht umher. Wir befinden uns übrigens in einem Kaff namens „Luckenbach“ (das tatsächlich existiert – schätze, das Fremdenverkehrsamt der Gemeinde hätte sich etwas bessere Werbung gewünscht).

Nach glatt 13 (von 59, ich muss da drauf rumreiten) Minuten passiert dann doch mal was – nämlich unserem Helden geht der Sprit seiner Sportschleuder aus, er muss zu Fuss ins Dorf weiter laufen, da will er nämlich hin, denn es ist der letzte Tag eines Sängerfestivals, und das will er aus reinen Gründen der studentischen Forschungsarbeit aufsuchen. Aber er hat ein „ominous feeling“… Als erstes läuft er dem alten Müller (will sagen, dem Menschen, der eine Mühle sein Eigen nennt und selbige betreibt) über den Weg. In herzigem deutsch-englischen Dialog mietet sich der Student beim Bruder des Müllers, dem lokalen Pensionswirt, ein – dort gibt es „good beer und Wiener Schnitzel“ (ich habe ernste Zweifel, ob irgendein Amerikaner weiss, was ein „Wiener Schnitzel“ ist – es gibt zwar eine gleichnamige Fast-Food-Kette in Yankee-Country, aber das einzige, was man dort mit Sicherheit nicht bekommt, ist ein Wiener Schnitzel. Mann, jetzt krieg ich glatt Hunger). Neben flüssiger und fester Nahrung gibt´s beim Wirt auch die knackige Enkelin Kirska (typisch deutscher Vorname, zweifelsohne – für mich hört sich das dann doch eher finnisch an; also vielleicht doch ´n Remake :-)), also ein leidlich attraktives blondes Frauenzimmer. Unser Held offenbart, dass er nicht allein wegen des Sängerfests hier ist – er fragt den alten Müller nach „Aberglauben und Hexerei“ und erntet ein deutlich ignorierendes Kopfwegdrehen.

Kirska fragt unseren Studenten, wie es denn „draussen“ so wäre, was die Mädels so an Klamotten tragen würden etc. Der Student stellt bei sich fest: „I was out of place.“ Na, sowas aber auch. Kirska weiss auch, warum die Leute wenig auskunftsfreudig sind – die „Alten“ reden nicht gern über das Thema. Echt? Aber ihr Opa, der Wirt, könnte was erzählen. Tatsächlich leiert der Student dem alten Opa etwas über die „Luckenbach-Hexe“ aus dem Kreuz, aber bevor tatsächlich irgendwas greifbares dabei rauskommt, zieht sich der alte Knacker auf ein „darüber sollten wir nicht sprechen“ zurück.

Abends bekommt der Student in seinem Zimmer Besuch von Kirska, der er nun auch offiziell verrät, dass er nicht nur wegen Singerei und der Historie deutscher Einwanderer vor Ort ist, sondern wegen Hexerei. „Sie trauen dir nicht, denn du bist ein ´Fremder´ für sie,“ erklärt Kirska (und „Fremder“ sagt sie tatsächlich auf Deutsch). Dabei ist es ein harmloses Hobby, beteuert der Student, denn er hat eine mathematisch-wirtschaftliche Theorie hinsichtlich des Hexenglaubens. Seiner Ansicht nach kommt dieser Aberglaube immer dann zum Vorschein, wenn es der Bevölkerung aufgrund Kriegen, Hunger oder Seuchen schlecht gehe (was für eine VERDAMMT CLEVERE Theorie…), und da die Luckenbacher in ihrer Ansiedlungszeit (vor schlappen 100 Jahren, da lag Salem nun auch schon wieder´n Weilchen zurück) neben all diesen Problemen sogar noch den Angriffen der Indianer ausgesetzt gewesen seien, läge es nahe, dass sie ebenfalls anfällig für dieses Phänomen gewesen wären. Kirska ist hilfsbereit – es gibt ein altes Buch, das alle Fakten über die Luckenbach-Hexe enthält – sie muss es wissen, denn ihre Vorfahren, genauer gesagt, einer der selben, denunzierte die Hexe seinerzeit. Kirska verspricht, ihm das Buch zu bringen (unter der üblichen „never ever tell someone“-Bedingung) und der Student wirft nicht nur aus purer Dankbarkeit das ein oder andere Auge auf die Blonde: „You´ve got that beautiful german look!“ Okay, also das ist nun ein Satz, den wir sicher nicht in jedem US-Film mit deutschen Charakteren zu hören bekommen. Kudos.

Kirska bringt das Buch, in ein schickes schwarzes Gewand gekleidet, minor pre-romantic shenanigans ensue, die nirgendwohin führen, und das Mädel verabschiedet sich schliesslich nach einem kurzen „Ich-bin-ein-selbständiges-Mädchen-und-brauche-keinen-elterlichen-Aufpasser“-Intermezzo.

Erstaunlicherweise ist die alte Familienchronik in Englisch gehalten, also kann es sogar unser tapferer Student lesen. Damit uns derartige Arbeit erspart bleibt, schalten wir um in einen ausgiebigen Flashback… vor hundert Jahren wurde die Siedlung gegründet und die Zeiten war schlecht… über 200 Leute starben allein im ersten Jahr. Man brauchte einen Sündenbock und den lieferte Arthur Schoennig (so heissen die Kirska-Sippler), der, obwohl verheiratet und anständiger Katholenmensch, eine Affäre mit der örtlichen unbeliebten (yet attraktiven) Witwe hatte (man möchte meinen, bei 200 Toten gäb´s mehr als nur eine örtliche Witwe, but you never know…). Eines weniger schönen Tages stellt sie, wie alle Bratkartoffelverhältnisse, ihren Lover vor die goldene Frage „sie oder ich“, weil die Leut´ auch schon das Reden anfangen würden und sie als Hexe verdächtigen (again, das soll um 1850 rum sein… halbwegs aufgeklärte Zeiten, würde ich spontan sagen) – netterweise, für das US-Publikum, unterhalten sich die Protagonisten dieser Szene in Englisch, nicht in Deutsch, wie es die Gegenwarts-Siedler tun. Arthur redet sich mit den üblichen Sprüchen aller fremdgehenden Ehemänner heraus: er kann seine Alte nicht im Stich lassen, jetzt wo sie schwanger ist (was für ein Schwein! Entrüstung!) – nett finde ich übrigens auch, dass er seine Geliebte wahlweise als „Witwe“ oder „Fraü anredet; Namen sind doch nur Schall und Rauch. Nach noch ein paar wechselseitigen Anpflaumungen fällt bei der Witwe der Groschen und sie beschuldigt Arthur, das Gerücht, sie sei eine Hexe, mutwillig in die Welt gesetzt zu haben: „Willst du mich brennen sehen?“ Recht enthusiastisch bestätigt Arthur diese Vermutung, und die von ihm alarmierten Dörfler sind schon da… noch in der selben Nacht wird die Witwe hingerichtet, allerdings nicht per Scheiterhaufen, sondern per Pflock durchs Herz – excuse me, if I´m wrong, aber ich dachte immer, das wäre die patentierte Vampirbeseitigungsmethode. Gut, ich gebe zu, dass auch eine Hexe ob solcher Behandlung den Löffel reichen wird, aber stilvoll ist das doch nun wirklich nicht (ob der „Hexenhammer“ diese Art und Weise wirklich empfiehlt?). Selbstredend darf die Witwe vor ihrem Abgang aber noch die Schoennigs verfluchen – „ich komme wieder und töte sie alle“. Womit der Film damit seine Halbzeit erreicht hätte und wir langsam aber sicher tatsächlich mit dem Plot beginnen. War ja kaum mehr zu erwarten.

Zu einem der hinreissendsten Day-for-Night-Shots der gesamten Filmgeschichte zieht es den Studenten umgehend auf den Friedhof, und tatsächlich findet er das Grab der Gelynchten. Mit blossen Händen (!) buddelt er den offenbar nicht mal eingesargten Kadaver der Tante aus und findet ein Skelett mit mumifiziertem Schädel (???). „Die Versuchung war zu gross“, informiert uns der Off-Kommentar des Helden und schon zieht er den Pflock zwischen den Rippen der Skelettierten hervor. Und sofort beginnt das Gesicht der Hexe sich wieder zu blühendem Leben zu entwickeln (by means of äusserst schlichten Überblendungseffekten). Panisch sucht der Student das Weite und verpasst so, wie sich die Hexe, very much alive, und ausgesprochen nackich, dafür mit hübsch aufgetragenem roten Lippenstift, aus ihrem Grab erhebt. Da wir uns im Jahr 1961 befinden und eine splitternackte Frau da doch noch etwas risque´ war, kommen wir in den Genuss eines der kurioseren „Effekte“ der Filmhistorie – neben den üblichen Spielchen, oft einen passenden verdeckenden Gegenstand im Bildvordergrund zu haben, entblödet sich der Streifen tatsächlich nicht, über die Nippel der Hall einen schwarzen Balken zu „overimposen“. Das sieht noch lächerlicher aus als es sich ehs chon anhört… well, soviel zum aufgeklärten Zeitalter 🙂

Die Hexe folgt unserem guten Studenten, der indes mit dem Pflock in der Hand in seinem Zimmer zusammengebrochen ist. Hexilein klaut ihm das Pflöckle und besucht dann Kirska, aber nein, sie bringt sie nicht um, sondern sie reisst ihr nur das Nachtgewand vom Leib, um sich mit der reichlich zerrissenen Toga zu kleiden – soviel zur „nackten Hexe“, gelle. Dann macht sie sich auf zur Mühle, hypnotisiert den Müller, rammt ihm ohne viel Federlesens (und selbstverständlich ohne jeglichen Special-FX-Aufwand) den Pflock in die Brust und schmeisst ihn in seinen Mühlenteich. „One by water,“ nuschelt die Hexe, während das Wasser sich blutrot färbt…

Die einberufene Dorfversammlung hat schnell die richtigen Rückschlüsse aus den Tatsachen „toter Müller“ und „leeres Hexengrab“ gezogen. Als erste Massnahme verbietet der Dorfälteste jegliches Kommen und Gehen aus dem Dorf, bis die Hexe nicht gefasst ist (Klasse-Einstellung… stellt Euch vor: zehn Mann in einem Raum, einer davon ein Psycho-Killer. Und jetzt sagt einer: „Keiner verlässt den Raum, ehe der Killer nicht gefunden ist.“ Super-Idee!)

Die nächste Nacht und Hans, der Wirt, bekanntlich ebenfalls ein Schoennig, muss dran glauben. Die Hexe erledigt den schlafenden alten Sack mit einem Schürhaken und murmelt dazu ein „one by fire“. Hm, ihre Mordmethoden und entsprechenden Feststellungen sind nicht wirklich präzise. Einen schon Toten ins Wasser zu werfen, rechtfertigt wohl kaum die Behauptung „Tod durch Wasser“, ebensowenig wie „mit einem Schürhaken erschlagen“ „Tod durch Feuer“ repräsentiert. Na gut, was soll´s…

Unseren Studiosus plagen derweil durchaus berechtigte Schuldgefühle, weiss er doch, dass er für den ganzen Schlamassel verantwortlich ist. Alas, offenbaren will er sich nun auch wieder nicht, also geht er in die örtliche Bibliothek und erfragt dort, ob es irgendwo in der Gegend Plätze gebe, wo man sich verstecken könne. Nein, er will sich nicht selbst aus der Affäre ziehen, er vermutet, dass die Hexe sich ja auch tagsüber irgendwo aufhalten muss und das könnte ja in einem der alten Verstecke sein, in dem sich die Siedler früher vor den Indianern in Sicherheit gebracht haben. Und, tatsächlich, es gibt eine Höhle nicht weit von der Siedlung. In der nächsten Nacht (selbstverständlich wieder ein lovely day-for-night-Shot – ich liebe die Wolken, die sich malerisch am himmelblauen Nachthimmel abzeichnen) sucht der grosse Held die Höhle auf und findet auch gleich die Hex´, die die günstige Gelegenheit für ein Nacktbad nutzt. Weil die Produzenten zwischenzeitlich (ist ja auch schon gut zehn Minuten her) vergessen haben, dass sie eigentlich zensieren wollten, können wir jetzt auch die nackten Tatsachen in aller Ausführ- und Deutlichkeit bewundern (gut, sooo viel hätt´ ma nun auch nich´ versäumt). Unser jugendlicher Held ist „fascinated“ ob der ihm entgegenstrahlenden Schönheit der „einsamen Nymphe“, auch wenn er sich im klaren darüber ist, dass der Augenschmaus schon zwei Leute gekillt hat und durchaus noch beabsichtigt, das dritte lebende Schoennig-Familienmitglied, die gute Kirska, über´n Jordan zu schicken. Blöderweise tritt der Voyeur auf einen Zweig und erweckt damit die Aufmerksamkeit der Hexe. Die schleicht sich an ihn ran, schmeisst ihn in den Teich und verführt ihn… tja, der Student ist „under her spell“ und folgt ihr willenlos in die Höhle, wo man herumalbert, sich küsst und sonstigen Schabernack treibt, sprich, Hexi zieht Studenten das Hemd aus und, nein, es kommt (noch) nicht zu kopulierenden Aktivitäten, denn erst mal müssen wir noch ein paar Minuten Laufzeit totschlagen, also führt unsere Hexe einen exotischen Tanz auf – zu orientalisch klingender Musik (! Und das sie dazu ein Kostüm trägt, dass sie weder vorher noch nachher auch nur eine Sekunde in diesem Film getragen hat, steigert den „outerworldly character“ dieser Sequenz immens). Wie passend oder auch nicht das sein mag, überlasse ich der persönlichen Einschätzung jedes einzelnen Betrachters, allerdings möchte ich schon anmerken, dass im Gegensatz zu manch anderem weiblichen Wesen, das von einem Filmproduzenten zu einem exotischen Tanz genötigt wurde, Libby Hall sich durchaus zu bewegen versteht – trotzdem wäre die Szene im Tiger von Eschnapur besser aufgehoben…

Nachdem wir diese paar Minuten erfolgreich absolviert haben, stürzt sich die Hexe auf den Studenten und hat nun tatsächlich Beischlaf im Sinn. Einzelheiten ersparen uns die Chronisten dankenswerterweise, jedoch können wir beruhigt feststellen, dass auch Studenten nach Sex mit einer Hexe erst mal ne Runde abpennen. So entgeht unserem Held natürlich auch, dass die Hex´ auf die Felswand die Namen ihrer Opfer gekritzelt hat und nun den Namen „Kirskä streicht… ja, sie führt nix gutes im Schilde, sondern hüllt sich wieder in die geklauten Fetzen, schnappt sich den Pflock und macht sich auf, ihr Werk zu vollenden. Zu weiteren herrlichen day-for-night-shots stapft die Hexe auf das Schoennig-Anwesen zu und geht dabei, in einem bildhübschen Fall von miserabelster Continuity, des Pflocks vorübergehend verlustig. Ohne grössere Probleme hypnotisiert sie Kirska aus hundert Meter Entfernung, das sichere Gebäude zu verlassen (warum geht sie nicht einfach rein? Hat vorher auch geklappt) und auf sie zuzukommen. Indes erwacht der strahlende Held, entdeckt die Todesliste und wird panisch.

Die Hexe lockt Kirska immer näher, hat wundersamerweise nun auch wieder den Pflock in der Pfote, und versucht unser blondes Mädel in das immer noch offene Hexengrab zu lotsen. In der wie üblich allerletzten Sekunde erscheint unser Held, liefert sich ein kurzes Handgemenge mit der Hexe und schafft es dabei irgendwie, ihr den Pflock in den Leib zu rammen, worauf sich ihr Gesicht sofort wieder (dank ebensowenig überzeugender Überblendungseffekte) mumifiziert.

Der Student buddelt die Hexe wieder ein und all is well. Obwohl unser Held „gemischte Gefühle“ hat, denn hat die böse Hexe auch zwei Menschen getötet, so wurde sie doch seinerzeit übelst verleumdet (Moral von der Geschicht?). Kirska und der Student wandern in den Sonnenaufgang (oder sowas ähnliches). Ende.

Yummy. The Naked Witch ein amateurhaftes Schundprodukt zu nennen, wäre vermutlich ein Schlag ins Gesicht aller semiambitionierten Hobbyfilmer. Ich weiss beim besten Willen nicht mehr, wie viele Filme ich in meinem Leben bislang gesehen habe – zweitausend oder mehr? Egal… The Naked Witch ist einer der primitivesten Pseudo-Heuler, der mir jemals unter die Glotzbuchten kam. Okay, you know you´re in for a treat, wenn ein nicht mal eine maue Stunde totschlagender Film fast 1/6 seiner Laufzeit damit verschwendet, vor einem 1000 Meisterwerke-inspirierten Background (sprich den abgefilmten Gemälden) einen reichlich schwachsinnigen Prolog abzuspulen und von den restlichen gut fuffzich Minuten weitere zwanzig mit schmerzhafter Pseudo-Exposition aufzufüllen (ich weiss, dass die Vorsilbe „pseudö heute zu den meistverwendeten gehört, aber irgendwie ist das auch einfach ein Pseudo-Film…). Sprich, alles was sich an Handlung abspielt (was – in diesem Fall ist man versucht zu sagen, gottseidank – nicht allzu viel ist), wird in die letzten dreissig Minuten (bzw. die zweite Filmhälfte) gesteckt. Und selbst dann passiert nicht viel. Die Hexe wirkt ungefähr so dämonisch wie eine nackt herumlaufende Adult-Ausgabe von Bibi Blocksberg und ihre schändlichen Taten (alle beide) sind so fürchterlich unspektakulär dargeboten, dass ich sie aufgrund meiner Notizenschreiberei beinahe verpasst hätte. Wo Herschell Gordon Lewis (seine Filme nehmen sich gegen dieses Subjekt wie Oscar-reife Meisterwerke aus) inszenatorisches Dünnbrettbohrertum durch seine herzig-schundigen und blutigen Schockeffekte übertünchte, setzt Buchanan auf (immerhin zwei) Nacktauftritte seiner Titelfigur. Wer Blaze_Starr_Goes_Nudist gesehen haben sollte (Friede der Seele des Betreffenden), weiss, wie aufregend aus heutiger Sicht frühe 60er-Jahre-Nackedei-Spässchen nun mal sind. Was seinerzeit pretty racy stuff war, bekommt man heute im Vorabendprogramm geboten. Der geneigte badmovie-Fan muss sich also anstelle von unbeholfenen Spezialeffekten, so er nicht von der „überwältigenden Schönheit“ der nackten Libby Hall geblendet ist, mit den anderen Unbeholfenheiten des Films trösten, und die gibt´s genug. Neben den entzückenden Tag-für-Nacht-Aufnahmen, die vermutlich selbst good ole´ Eddie Wood, der hier vielzitierte, unauffällig auf den Schneideraumboden hätte sinken lassen, hätten wir abenteuerliche Kameraführung, einen wirklich unbeholfenen Schnitt (vom Maestro himself angefertigt), der wie jüngst Scared_to_Death mit extrem schnarchigen Close-up- und Totalen-Wechseln kommt und ein schlafwandlerisches Tempo, gegen den sich Carl Theodor Dreyers altehrwürdiger Vampyr ausnimmt wie Blade.

Die Story gibt, wie offenbar selbst Buchanan erkannte (weswegen die elendiglich langen und nichtssagenden Auftaktpassagen davorgeschaltet wurden), nicht mehr als ´ne halbe Stunde her und selbst die zieht sich dahin – das Drehbuch kann nicht länger als fünfzehn Seiten gewesen sein – Dialoge gibt´s eh kaum, den grössten Teil des gesprochenen Worts bestreitet die Off-Erzählung. Schauspielerische Leistungen braucht man natürlich nicht zu suchen – um noch mal den Vergleich mit den ungefähr aus selber Epoche stammenden H.G.-Lewis-Filmen zu ziehen… ein Hauptdarsteller aus The Naked Witch hätte bei Lewis – und der war schon nicht wählerisch – wohl nicht mal eine Komparsenrolle ergattert. Robert Short und Jo Maryman erwecken nie den Anschein, schauspielerisch über das Niveau eines Viertklässler-Krippenspiels hinausgekommen zu sein, einzig bei Libby Hall schimmert gelegentlich, nein, nicht wirklich Talent, aber zumindest so etwas wie Enthusiasmus durch (besonders bei ihrer Tanzszene im semi-transparenten Gewand, wo sie aber feigerweise tatsächlich einen Schlüpfer trägt – wo sie den nur her hatte???).

Wie Ihr sicherlich schon vermutet hat, birgt diese Kombination gesammelter Doofheit einen beträchtlichen Unterhaltungswert – man sollte sich allerdings dafür schon ordentlich in Stimmung gebracht haben und sich absolut darüber im klaren sein, dass in dem Streifen nie so richtig was passiert, im Gegensatz z.B. zu Plan_9_from_Outer_Space, der neben seinen diversen handwerklichen Schwachmatigkeiten ja auch ordentlich was zu kucken bietet, sondern man sich schlicht und ergreifend an den technischen Schwächen alleine sattsehen muss. Also mehr was für die fortgeschrittene Trashfreunde-Runde als für Einsteiger in das Gebiet.

Wenn Something Weird, mein anerkanntes Lieblings-Schund-DVD-Label, sich um einen Streifen dieser Güteklasse bemüht, kann man fast schon erwarten, dass der Umgang mit dem Material liebevoll ist. Und tatsächlich – das Label zauberte einen Farbprint (Vollbild, aber Ihr glaubt doch sicher nicht, dass Larry in Cinemascope drehte…) her (die meisten gängigen Videokopien beruhen auf einem Schwarz-Weiss-Print), der zwar – angesichts eines Filmbudgets von 8.000 Dollar, und das dürfte zu 99 % für Equipment draufgegangen sein, denn im Film selbst gibt´s sprichwörtlich nichts, was auch nur einen Cent gekostet haben dürfte, nicht wirklich überraschend – grobkörnig und gelegentlich etwas unscharf ist, aber vermutlich war das Quellmaterial nie besser. Der Ton ist akzeptabel, sprich gut verständlich – man versteht mit etwas gutem Willen sogar das deutschsprachige Genuschel der Dorfbevölkerung. Als wäre das nicht schon mehr, als man eigentlich erwarten könnte, präsentiert Something Weird zusätzlich einen laufenden neu eingespielten Audiokommentar mit Larry Buchanan persönlich und ein Audio-Interview mit Produzent Claude Alexander (optisch garniert von der üblichen Poster- und Aushangfoto-Slideshow).

Naja, und wir kennen ja Something-Weird-Double-Header mittlerweile. Neben unserem Haupt-Feature gibt´s noch den Zweitfilm, hier den von mir nach Trailersichtung auf der Swamp_Country/Swamp_Girl-DVD herbeigesehnten Crypt of Dark Secrets (Review Soon) und die üblichen Gazillionen weitere Extras: TV-Spots für beide Main Atractions, dreizehn Trailer für Hexen- und Sumpf-Filme, sechs Kurzfilme, die im weitesten Sinne mit Hexerei oder Voodoo zu tun haen, eine Fotogalerie mit Horror-Comic-Covern und einen 31-minütigen Nudie-Film namens The Hot Pearl Snatch. Value for money, insgesamt mal wieder über dreieinhalb Stunden Spielzeit. Something-Weird-DVDs sind für den Trashfan einfach unverzichtbar.

Gut, die famous last words – ich hab´s zwei Absätze weiter oben ja schon angedeutet: The Naked Witch ist nicht das, womit ich eine mit Über-Trash nicht wirklich vorbelastete Runde konfrontieren würde – wer aber alle Ed-Wood-Filme durch hat (und tatsächlich noch Freunde hat, denen er Filme zeigen darf), findet mit diesem Film sicherlich sein ganz persönliches Spasserlebnis. Kaum überbietbarer Schund, zweifellos, aber gerade deswegen nicht unbedingt in der Plan 9-Kategorie von „so bad it´s good“, aber ein solider Kandidat für Trash-Gourmets.

(c) 2002 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 10

BIER-Skala: 6


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