The Musketeer

 
  • Deutscher Titel: The Musketeer
  • Original-Titel: The Musketeer
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  • Regie: Peter Hyams
  • Land: Großbritannien/Deutschland/Luxemburg
  • Jahr: 2001
  • Darsteller:

    D´Artagnan (Julian Chambers)
    Richelieu (Stephen Rea)
    Fébre (Tim Roth)
    Francesca (Mena Suvari)
    Königin (Catherine Deneuve)
    König Ludwig XIII (Daniel Mesguich)
    Bonacieux (Bill Treacher)
    Aramis (Nick Moran)
    Porthos (Steven Spiers)
    Athos (Jan Gregor Kemp)
    Lord Buckingham (Jeremy Clyde)
    Treville (Michael Byrne)
    Planchet (Jean-Pierre Castaldi)
    Darcy (Stefan Jürgens)


Vorwort

Als mir diese DVD aus dem Stapel zu besprechender Silberscheiben entgegenfiel, war ich mir nicht sicher, ob das auch was für diese heiligen Seiten ist… das ist nun doch A-Material, wie sich schon aus der nicht ganz unprominenten Besetzungsliste erschliesst, und Peter Hyams ist ja nun auch kein heuriger Hase mehr. Letztendlich überzeugte mich ausgerechnet der grossspurige Vermerk auf dem DVD-Cover, der eigentlich das Gegenteil davon aussagen sollte, mich nicht nur mit offenen Augen und Ohren, sondern auch mit aufgeschlagenem Notizbuch und gezücktem Kugelschreiber vor die Glotze zu setzen: „No. 1 Kinocharts USA“. Eh, moment mal? Und ich hab – zugegeben gelegentlich ob der Vergrabenheit in unterprivilegierter Videos mit mexikanischen Schundfilmen aus den 70ern nicht immer absolut auf dem Laufenden – noch nie was von dem Film gehört? Das ist doch ziemlich Leslie Nielsen, eh, meine, sehr verdächtig (ich weiss selber, dass meine Witze auch schon mal besser waren). Ich meine, der Film riecht doch nach mehr Kohle, als ich in meiner Bude zum Trocknen aufhängen könnte, die Schauspieler sind nicht ganz unbekannt, dito der Regisseur, und dann ist der Spass noch deutsch ko-produziert und der Streifen war hierzulande nicht mal im Kino? (Correct me if I´m wrong, aber ich hab nichts dergleichen in Erinnerung und eine kurze Internet-Recherche brachte auch nichts diesbezügliches an den Tag). Muss doch seine Gründe haben, warum ein solches Projekt dem Rechteinhaber gerade mal eine Videopremiere wert ist… Ein weiterer Blick auf das Backcover und meine Hoffnung auf badmovies.de-Tauglichkeit wurde bestärkt: „schwindelerregende Stunts (müsste das nach Rechtschreibreform nicht „schwindel erregend“ heissen? Nicht, dass ich mich danach richten würde, höhö) von Fight-Choreograph Xin Xin Xiong“, jubelt der Blurb. Hongkong-Unterstützung für Mantel- und Degenfilm? Ja, ich weiss, Pakt der Wölfe usw., aber die Drei Musketiere als Martial-Arts-Meister? Da sträubt sich mir dann doch so einiges… also rechnen wir mal mit dem Schlimmsten. Film ab.


Inhalt

Vorangeschickt: wer unter den Trilliarden Websites dieses Universums diese hier gefunden hat, verfügt meines Erachtens über eine gewisse Grundintelligenz und gehört – im Umkehrschluss – höchstwahrscheinlich nicht zu den Totaldebilen. Was ich damit sagen will – ich hoffe, ich muss hier niemandem die Historie der Drei Musketiere vorexerzieren. Schätzungsweise habt Ihr genauso wenig wie ich den Schmöker von Dumas jemals gelesen (ich weiss aber immerhin, wo ein Exemplar rumsteht, so ich denn mal wirklich nichts besseres zu tun habe), aber irgendeine der ungefähr zwanzig Verfilmungen des Stoffes werdet Ihr wohl gesehen haben – entweder die schöne 48er-Hollywood-Produktion oder die spassigen Richard-Lester-Filmchen aus den 70ern (aber wenn die einzige von Euch gesichtete die MTV-Version aus den 90ern ist, weiss ich nicht, ob ich Euch auf meine Weihnachtsgrusskartenliste setze). Es müsste also jeder in groben Zügen wissen, worum´s geht.

Der Film gibt uns aber trotzdem noch ein paar allgemeine Hinweise in Form eines kurzen Textcrawls, Frankreich, 17. Jahrhundert, der gegenwärtige Kronenträger Ludwig XIII. mag zwar technisch gesehen der Oberhoncho des Königreichs sein, faktisch hat er aber, fatalerweise in Zeiten erheblicher diplomatischer Spannungen mit den Kollegen von Spanien und England, nicht so viel auf der Pfanne, weswegen das Volk unter der Knute des machtgierigen Kardinals Richelieu stöhnt, der sich, extra für diesen Zweck, eine eigene Armee angeschafft hat. Deren natürlicher Feind sind die königstreuen Musketiere.

Wir steigen in die Handlung ein – Ort des Geschehens ein ärmlicher Bauernhof, auf dem ein älterer Knacker seinem vielleicht zehnjährigen Sohnemann D´Artagnan die Grundzüge der Fechtkunst beibringt (vielleicht sollte ich das Buch tatsächlich mal lesen, aber ich ging eigentlich bislang davon aus, dass D´Artagnan ein Nachname ist). Friedliches Familienidyll, möchte man meinen, zumal die hübsche Mammon auch gerade den Schmackofatz serviert, doch da stürmen die schwarzen Reiter Richelieus unter der Führung des unleidlichen Fébre heran. Für unseren Familienvater hat Fébre erstens ob dessen Invalidität aufgrund langjährigen Musketier-Einsatzes nur Hohn und Spott und zweitens eine gepfefferte Steuerrechnung im Namen des Kardinals übrig. Zaster ist Mangelware, dito der von Fébre energisch gesuchte Planchet (nicht zu verwechseln mit Blanchet, auch wenn der ähnlich ausgesprochen wird, aber letzterer ist süffiger). Planchet hat sich zwar zum Mampfen angesagt, ist aber noch nicht da und so ist die Auskunft „ham wa nich“ (nicht ganz in diesen Worten) nicht falsch, aber Fébre, wie gesagt ein eher unsympathischer Zeitgenosse, gibt sich damit nicht zufrieden und killt den armen Mann. Ebenso das heranstürzende Frauenzimmer. Klein-D´Artagnan greift sich einen Degen und fährt damit dem Bösmann mal quer über die Visage. Als Planchet wenig später eintrifft, kann er D´Artagnan (erstaunlich, dass Richelieus Männer den Knaben haben leben lassen) nur noch dabei helfen, seine Alten unter die Erde zu bringen und ihn als Adoptivsohn annehmen.

Insert Vorspann here, dann schalten wir vierzehn Jahre weiter… Planchet und der mittlerweile zu einem ansehnlichen Mannsbild herangewachsene D´Artagnan kehren auf dem Weg nach Paris in einem Wirtshaus ein, wo auch Richelieus rechte Hand Rochefort mit ein paar seiner Totschläger gerade spachtelt. Als Darcy, einer der Schergen des Kardinals, ein bettelndes Kind attackiert, kicken die Heldengene D´Artagnans ein und er liefert sich mit des Kardinals Mannen die erste grosse Actionszene. Zugegebenermassen ist es tre´s chic, wie der Held sich im besten Hongkong-Stil mit den Bösen balgt und sich sogar zwischen Dachbalken klemmt und auf Fässern balanciert, aber, hm, sind das die Musketiere, die ich aus meiner Jugend aus den Sonntagnachmittagsfilmen kenne? Egal. D´Artagnan ist der superiore Kämpfer – Rochefort empfiehlt sich wg. dringender Geschäfte und unser Held erblufft sich seinen freien Abzug ungeachtet der Tatsache, dass einer der Fieslinge Planchet am Wickel hat. Pokerface setzt sich durch und der Weg nach Paris kann fortgesetzt werden.

Indes tun sich gar fürchterbare Dinge. Der Chef von Spanien hat einen Gesandten gen Paris geschickt und der erfreut sich dank eines Schutzbriefs von Luggi Dreizehn freien Geleits durch Fronkreisch. Das nützt ihm allerdings nichts, wenn sich ihm eine Schar schwarzer Reiter im Auftrag von Richelieu und, wer hätte es gedacht, unter Führung des nunmehr augenbeklappten Fébre in den Weg stellt und Gesandten samt Eskorte niedermetzelt. Dabei vergisst Fébre nicht, heimtückischerweise das Trikot eines Musketiers am Tatort zu drapieren.

Und das ist wiederum der Grund, warum D´Artagnan zu seiner gesteigerten Verblüffung im Hauptquartier der Musketiere nicht die fünfzig-sechzig erwarteten Bewerber, die dort ständig um Aufnahme anstehen sollen, vorfindet, sondern nur zwei betrunkene Vollidioten – die sich zu unserem Entsetzen als Portos und Aramis vorstellen. Dem ihrer Ansicht nach hergelaufenen Bauerntölpel erklären sie immerhin, dass wegen des vermeintlichen Musketier-Attentats auf die spanischen Diplomaten der Chef der Truppe, Treville (lustigerweise ist sich die deutsche Fassung nicht einig, ob Treville nun Franzose ist und „Trevilleh“ ausgesprochen wird oder Brite und „Trevill“ – beide Varianten kommen vor), eingekerkert wurde.

Richelieu hadert dieweil mit dem Ergebnis seiner Ränkeschmiede – eigentlich hatte er nur diplomatische Spannungen vorgesehen und keinen sich jetzt abzeichnenden Krieg – sprich, Fébre sollte den Spanier nur erschrecken, aber nicht gleich umbringen. Umbringen ist aber Fébres gar liebstes Hobby und so ist der Augenklappenträger auch zutiefst enttäuscht, als der Kardinal ihm aufträgt, beim nächsten Einsatz nach Möglichkeit keine Leichenberge aufzutürmen („nur, wenn´s sein muss“ – schätze, Fe`bre sorgt schon dafür, dass es sein muss) – das Königspaar gedenkt nämlich einen Botschafter aus England, Lord Buckingham, zu empfangen und Fébre soll dafür sorgen, dass der König sich dabei ordentlich blamiert.

Unser Held mietet sich inzwischen bei Herbergswirt Bonacieux in der offiziellen Musketier-Absteige, die sichtlich – wie die Organisation selbst – bessere Tage erlebt hat und verliebt sich auf den ersten Blick in die hübsche Nichte des Wirts, Francesca. Wie viele Frischverliebte beginnt D´Artagnan seine Werbung damit, dass er sich richtig schön zum Deppen macht (ist aber irgendwo ja gute Übung für spätere Ehe).

Zusammen mit Planchet beabsichtigt er anschliessend die umgehende Befreiung Trevilles aus dem Kerker. Die notwendige Uniform eines Gefängniswärters in Richelieu-Diensten wird durch eine dezente Strassenschlägerei schnell erworben. Portos und Aramis laufen dem Befreier über den Weg und verspüren zunächst kaum den Drang, sich einer fünffachen Übermacht entgegenzustellen und sich D´Artagnan anzuschliessen. Erst als der mit einer als Weinfass getarnten Bombe (okay, ein Fass voll Schiesspulver, aber ich bezeichne das als Bombe. Hat da jemand ein Problem mit?) die Gefängnistore sprengt und sich degenschwingend ins Gewimmel stürzt, entscheiden die Haudegen, sich in den Kampf zu mischen und ihren Chef doch zu befreien, was in Form einer semiaufregenden Actionszene auch gelingt. Planchet steuert die Fluchtkutsche, die Treville in ein sicheres Versteck bringt und wo D´Artagnan zum ersten Mal den berühmten Spruch „alle für einen, einer für alle“ mit aufsagen darf.

Beeindruckt von den Kampfkünsten unseres jugendlich-dynamischen Helden führt Portos diesen in die Musketier-Gesellschaft ein. Und arbeitslose Musketiere (wenn der Chef im Knast ist, ist der ganze Haufen offensichtlich ohne Beschäftigung) tun das, was wir Arbeitslosen alle den ganzen Tag lang tun – sie saufen und huren herum, und dies in einer letztklassigen Kneipe. D´Artagnan blamiert sich vor den besoffenen Kämpfern nach Kräften beim Messerwerfen und weigert sich dann auch noch, sich mit Athos (den vermissen wir bislang ja noch) aus Spass zu duellieren. „Er wollte dich prüfen,“ grunzt Portos und wir können annehmen, dass D´Artybaby volle Kanne durchgefallen ist. In entsprechender Hochstimmung zieht er gefrustet von dannen und beschliesst einen Alleingang – von Portos und den anderen Musketieren weiss er, dass die vom Personenschutz betreffend des Besuchs aus England und dem Staatsbankett zugunsten Richelieus Garden abgezogen wurden und der Kardinal ganz bestimmt eine schlimme Teufelei plant. Und da die Musketiere ihre dicken Hintern nicht hochkriegen, muss die Königsretterei halt an ihm hängen bleiben.

Aber vor den Heldenkampf haben die Götter bekanntlich noch die Frauen gesetzt – in der Herberge entdeckt er, dass Bonacieux, wenn´s um nackte Tatsachen geht, im Wortsinn keine Verwandten kennt und vom Dachboden aus Francesca beim Baden beobachtet. Ehrenmann D´Artagnan will den Spanner verscheuchen, bricht durch den Boden und landet direkt vor Francescas Wanne mit den üblichen peinlichen Konsequenzen für jemanden, der noch keine nackte Frau gesehen hat (hm, Zölibat, oder was?). Der garstige Zwischenfall erweist sich für D´Artagnan jedoch als glückliche Fügung des Drehbuchs, äh, Schicksals, verrät es ihm doch zwei Fakten, die sich für ihn kurz- bzw. mittelfristig als nützlich erweisen werden. Die mittelfristige Neuigkeit – Francesca erfreut sich eines guten Drahts zur Königin, weil Franzis verschiedene Mama eine Vertraute der Gekrönten war. Und Bonacieux verdiente vor seinem Einstieg in die Gastronomie seine Kopeken mit dem Putzen der Kanalisation – und ein Kanaltunnel führt direkt unter den Louvre und wäre damit der perfekte Einstieg in den Palast. Und so spielt Bonacieux zu seinem Unwillen den Führer für vier tapfere Recken – D´Arty und die drei bewussten Musketiere, die sich irgendwie irgendwo irgendwann dazu durchgerungen haben, unserem Junghelden zu helfen. In der Palastküche, wo heftigst gebrutzelt und gebacken wird, kommen die Vier zum Vorschein und bemächtigen sich der Outfits von zwei Mundschenken, einem Bäcker und einem Metzger (was natürlich hochspassige – das war mal wieder Ironie – Situationskomik zur Folge hat, wenn Athos ein Brot backen und Aramis zwei Enten schlachten soll).

Die Abwesenheit von Sicherheitskräften scheint keinen der Blaublütler empfindlich zu stören – Schuld eigene, dass sie dem plötzliche Sturm des Palastes durch einen Mob vermeintlich tobender Bauern und sonstiger niedriger Stände relativ hilflos gegenüberstehen. Der Mob ist selbstredend nichts anderes als ein sorgfältig von Richelieu und Fébre inszenierter Angriff der Kardinalsgarden, aber den vier grossen Helden gelingt es, die zahlenmässig überlegenen Angreifer lange genug im Schach zu halten, um König, Königin und Lord Buckingham die Flucht durch die Kloake zu ermöglichen (Korrektur an Mel Brooks: es ist nicht immer prima, König zu sein – und ja, ich weiss, dass ich auch diesen Satz überstrapaziere. Verklagt mich). Richelieu mag nicht mitfliehen, warum wohl?

Zurück in der Herberge warnt Francesca D´Artagnan, dass er von einem halben Dutzend Gardisten erwartet wird – er entzieht sich den Häschern, die ihm eigentlich „nur“ ausrichten wollen, dass der Kardinal ihn zu sprechen wünscht, relativ easy durch einen wenig aufregenden Stunt. Bonacieux, der wirklich ein Ekelpack ist, versucht sich, an seiner Nichte zu vergreifen, aber das Mädel kann sich´s einer Haut wehren (aber sprach man im 17. Jahrhundert wirklich davon, jemandem „die Eier“ abzuschneiden? Gut, ich weiss, so mancher Gossenausdruck ist älter als die Zivilisation…). D´Artagnan sucht Richelieu auf, aus dem kühnen Grunde, damit letzterer uns seine Motivation näher bringen kann – kurz gesagt, das Land versinkt im Chaos, der König ist unfähig, es bräuchte einen neuen starken Mann, wie z.B. ihn selbst. Mit dem Möchtegern-Musketier D´Artagnan kann der Kardinal nichts rechtes anfangen: „Menschen ohne Gier machen mich nervös!“ D´Artagnan löst sich in Luft auf und Fébre empfiehlt, den Jungmann unbürokratisch zu entleiben. „Noch nicht,“ entgegnet der Kardinal düster, „erst, wenn der König beseitigt ist.“ (Warum das voneinander abhängig ist, entzieht sich dem Verständnis eines nichtpraktizierenden Katholiken… die Wege von Kardinälen sind bekanntlich ebenso unergründlich wie die ihres Chefs).

Richelieu lässt, unter welchem Vorwand auch immer, lieber sämtliche Musketiere einkerkern (selbstverständlich abzüglich der drei Musketiere, von denen uns Namen überliefert sind). Dies nimmt Treville zum Anlass, sich seinen Degen umzuschnallen und kund zu tun, sich von Stund an nicht mehr verstecken zu wollen.

Richelieu und der König diskutieren die diplomatischen Spannungen, die durch das „Fiasko beim Bankett“ entstanden sind – Buckingham ist ersichtlich mit schlechter Laune im Gepäck abgereist. Die Königin, intellektuell ihrem Göttergatten weit überlegen und von Richelieu folgerichtig als ernsthafter Hemmschuh seiner Pläne ausgemacht, wird vom dreizehnten Ludwig reichlich barsch (für royalen Umgangston) ausgebremst, als sie sich einmischen will. Während Portos, Athos und Aramis Pläne zur Befreiung ihrer Kameraden schmieden, hat Francesca eine Überraschung für D´Artagnan – in Planchets Kutsche hockt die Königin, gekleidet wie eine Gemeine und kloppt falschspielenderweise mit dem Kutschbesitzer Karten. Aber nicht aus Spass, nö, sie hat eine geheime Geheimmission vor – ohne Wissen von Richelieu oder König will sie Buckingham abfangen und zurück an den Verhandlungstisch bringen. „Nur wir vier dürfen davon erfahren!“ Und dies bedeutet wiederum, dass D´Artagnan den Herren Musketieren absagen muss, als die ihn freundlich einladen, bei der Befreiungsaktion mitzuwirken, was auf Portos & Co. selbstverständlich keinen guten Eindruck macht. Tscha, schlecht, wenn man nicht zwei Sachen auf einmal machen kann und noch nicht mal verraten darf, was einen an „alle für einen, einer für alle“ hindert. Und überdies schlecht, wenn man nicht bemerkt, dass man von einer „Kanalratte“, Bonacieux, belauscht wird.

Die Königin geniesst das Leben abseits des Hofes in vollen Zügen und mischt sogar bei einer ausgesprochen lauen – da ungefähr zehn Sekunden dauernden – Wirtshausschlägerei mit. Eines der annoncierten grossen action set pieces setzt sich an – Richelieus Mannen versuchen, die Kutsche zu überfallen und die Königin zu töten. Vorhang auf für gut fünf Minuten halbspektakuläre Stuntaktionen, bei denen sogar etwas geschummelt wird (der „grosse spektakuläre Stunt“, bei dem D´Artagnan über zwei Pferderücken auf die Kutsche springt, konnte, Hongkong-Stunt-Coordinator hin oder her, wohl nicht in einer Einstellung absolviert werden – ein dezenter, aber merkbarer Cut entlarvt die Schummelei). Und die Aktion, mit der die Verfolger schlussendlich abgeschüttelt werden, bescherte mir einen echten Kopfpatsch-Moment. See, Planchet geniesst den Ruf eines Sprengstoffexperten und führt deshalb auf seiner Kutsche immer einige Fässer Schiesspulver mit sich (die Fieslinge hätten sich also viel Ärger ersparen können, indem sie einfach mal probeweise auf die Kutsche geschossen hätten – ein Glückstreffer und das Ding wäre in ein erdnahes Orbit katapultiert worden) – D´Artagnan lässt vier Fässer auf den Weg pollern und schiesst sie zur Explosion – ungefähr zwei Sekunden lang bildet sich dadurch eine Feuerwand von vielleicht vier-fünf Metern Breite. Und die Richelieu-Leute lassen sich dadurch so beeindrucken, dass sie die Verfolgung abbrechen! Obwohl sie: 1. guten Gewissens mit einem beherzten Sprung einfach durchreiten, 2. nach Abklingen der ersten Flammen, also nach vielleicht fünf Sekunden, drüberlaufen oder 3. noch einfacher daneben vorbeireiten hätten können. Monsieur Le Cardinal – ihre Leute sind absolute Oberpfeifen. Schätze, der Machtwechsel wird – bei diesem Personal – noch ein Weilchen auf sich warten lassen.

Durch die Inkompetenz der Verfolger erreichen Königin und Gefolge Sicherheit bei einer alten Freundin der Queen (und zwar wirklich einer ALTEN Freundin, wenn Ihr versteht, was ich meine). Die Königin befiehlt Francesca, nach Paris zurückzukehren (warum musste sie dann erst mit???). Leider hat einer von Planchets Gäulen einen Platten (bzw. ihm ging ein Hufeisen verlustig), und so darf D´Artagnan Francesca mit seinem Wundergaul Strega nach Paris reiten (Wundergaul u.a. deswegen, weil der Zossen a la Jolly Jumper auf Zupfeifen hört). Unterwegs finden die Liebenden-in-spe´ Zeit für ein romantisches Picknick an einem See und D´Artagnan entschliesst sich, im See zu baden. Ungünstiger Zeitpunkt, denn wer platzt da in die Idylle? Latürnich Fébre, der Auskunft begehrt über den Aufenthaltsort der Königin. Weder Francesca noch der Plantscher D´Artagnan sind redselig – müssen sie auch nicht, denn D´Artagnans Dusseligkeit verhilft Fébre zur gewünschten Information, er hat seiner Angebeteten nämlich als Schmuckstück eine „Träne von Brionne“ gekauft, und seinerzeit war der Modeschmuckhandel noch nicht durch „Bijou Brigitte“ u.ä. Läden landesweit vertreten, eine „Träne von Brionne“ konnte man eben nur in Brionne kaufen. Da muss also auch die Königin sein. Spasseshalber schiesst Fébre D´Arty über den Haufen bzw. ins Wasser und entführt prophylaktisch, man weiss ja nie, wofür man eine Geisel noch mal brauchen kann, Francesca. Sicherheitshalber lässt er zwei Männer zurück, damit D´Artagnan, nachdem er aus dem Wasser kraucht, was zum Spielen hat.

Fébre selbst sucht die Königin heim und nötigt diese, ihm einen Brief zu schreiben, bzw. nicht ihm, sondern für ihn einen an Buckingham. Damit die Königin auch tut, was man ihr sagt, droht er, einem kleinen Mädchen die Kehle aufzuschlitzen („Jeder mag Kinder. Ausgenommen ich.“ Hm, und vielleicht ich, zumindest soweit es um Kennys und andere kid actors geht). Mit dem Schriftstück schickt er einen Boten zu Buckingham. Dann empfiehlt sich der Schurke, da er noch was dringendes zu erledigen hat und weist seine Männer an, dieweil in Duchamps, wo immer das auch sein mag, ein „Höllenfeuer“ vorzubereiten.

D´Artagnan kommt natürlich knapp zu spät – als er im Versteck der Königin eintrifft, ist diese, dito Francesca, bereits von Fébres Männern verschleppt. Da ist jedoch das Mädchen, das Fébre zu killen drohte – das Gör hat seinen kompletten Plan mitgehört und verrät ihn nun eifrig weiter – die Geiseln werden auf Schloss Duchamps festgehalten und dorthin soll der bewusste Brief auch den englischen Botschafter locken. Sieht so aus, als bräuchte unser Held nun die Hilfe derjenigen, die er vor kurzem brüskiert hat – die Musketiere. D´Artagnan treibt seinen Klepper bis zum Zusammenbruch, tatsächlich klappt der Gaul direkt vor der Pariser Stadtmauer wie ein Taschenmesser zusammen (keine Sorge, Tierfreunde, der Pferdeappellieferant überlebt).

Das wichtige, was Fébre zu erledigen hat, ist ein Besuch bei Treville, der – sichtlich von niemandem daran gehindert, was entweder ein weiteres Indiz für die Unfähigkeit der Richelieu-Leute ist, oder man hat ihn irgendwann mal begnadigt – wieder in seinem Büro residiert. „Wer ist D´Artagnan?“ will Fébre wissen und spielt, um seinem Auskunftsbegehren Nachdruck zu verleihen, ein wenig den Pyromanen und zündet das Büro an. Für uns kommt die Enthüllung, dass D´Artagnan der kleene Knabe ist, dem Fébre sein schickes Gesichtsassecoire zu verdanken hat, nicht soooo überraschend. Fébre reichts, um Treville zu erschiessen und die Räumlichkeiten abzufackeln.

Dem guten Kardinal macht die Umtriebigkeit Fébres ein wenig nervös, und auch Rochefort bedrängt ihn, den Psychopathen fallen zu lassen. Aber Fébre stört die entsprechende Diskussion und macht klar, dass er erstens durchaus eigene Pläne verfolgt, die sich nur zufällig teilweise mit denen des Kardinals decken und zweitens am längeren Hebel sitzt (worauf sich diese Vermutung begründet, weiss ich genauso wenig wie irgendjemand anderes, aber da Richelieu daraufhin sofort einknickt, muss da irgendwas dran sein. Wer weiss, vielleicht hat Fébre ein Ölgemälde, das zeigt, wie Richelieu es mit einem Ministranten treibt). Rochefort beschliesst, die Sache in die Hand zu nehmen und fordert Fébre zum Zweikampf. Gelangweilt plättet der Einäugige den ca. dreissig Jahre älteren Erfinder des gleichnamigen Käses in ungefähr drei Sekunden. Das war spannend.

Buckingham erhält den Brief der Königin und macht sich auf den Weg nach Duchamps. D´Artagnan findet das Musketier-Hauptquartier in Flammen vor und muss sich heftige Vorwürfe von Aramis anhören, der die ganze Misere ursächlich für D´Artagnans Schuld hält (womit er ja auch nicht ganz daneben liegt). Anstelle sich in irgendeiner Form zu erklären, dreht D´Artagnan dem potentiellen Kameraden erst den Rücken zu und lässt ihn dann wortlos stehen. Wäre ich jetzt ein Musketier, würde ich D´Artagnan was pfeifen, wenn er in naher Zukunft von mir Hilfe begehren würde. Aber für den Job bin ich vermutlich, was gesunden Menschenverstand angeht, überqualifiziert.

Ersatzweise bekommt D´Artagnan Besuch von Richelieu, der ihm die Ohren vollsülzt, wie ihm das Projekt „Fébre“ doch aus der Hand gelaufen sei, er könne ihn nicht mehr kontrollieren und D´Artagnan solle doch nun bitte für den Kardinal die Drecksarbeit erledigen und Fébre dazu bewegen, sich zukünftig die Radieschen von unten zu bekucken. „Ich töte ihn,“ stimmt D´Artagnan zu, „aber nicht für sie!“ Wow, jetzt hast du´s dem Kerl aber gegeben. Der Kardinal wird jetzt bestimmt eine Woche schlecht träumen.

Also versucht D´Artagnan, die Musketiere zu mobilisieren und staunt die sprichwörtlichen Bauklötze, dass er mit seinen „für König und Vaterland“-Sprüchen nicht recht ankommt. „Alle für einen, einer für alle“, versucht er probehalber, aber die Musketiere erinnern sich daran, dass der Jungspund sie ja auch schon hat hängen lassen und das mit der geheimen Mission mit der Königin („und der Kammerzofe,“ wie Aramis gehässig anmerkt) überzeugt auch keinen so recht. Frustriert schleudert D´Artagnan den von seinem Paps geerbten Musketier-Kittel auf den dreckigen Spelunkenboden und macht sich vom Acker Richtung Duchamps, nicht ohne vorher noch Bonacieux als den dreckigen Verräter zu entlarven.

Vor dem Schlosse angekommen bekommt D´Artagnan unerwartet Gesellschaft – Portos ist ihm nachgeritten, um ihm zur Seite zu stehen. Und wer kommt da? Aramis und Athos. Und mit ihnen die gesammelten Musketiere Frankreichs. Blödmänner. Und sie überreichen ihm auch noch das von ihm so demonstrativ weggeworfene Musketier-Lätzchen. So sieht sich D´Artagnan überraschender- und unverdienterweise an der Spitze einer Armee, die zum Angriff bläst. Fébre und seine Männer sind vorbereitet und decken anachronistischerweise die Musketiere mit Explosivladungen aus ihren Kanonen ein (im 17. Jahrhundert gab´s zwar durchaus schon Kanonen, aber deren Kugeln explodierten nicht beim Einschlag, sondern hatten nur rein ballistische Wirkung). D´Artagnan wird der Gaul unterm Hintern weggeschossen, zum Glück war´s nicht das zwischenzeitlich erholte Wunderpferd Strega, sondern nur ein expendable cannon fodder-Gaul. D´Arty schwingt sich auf Strega und stürzt sich wieder ins Kampfgetümmel. Naja, erst mal müsste es welches geben – man muss ins Schloss, aber wie? Dafür sorgt Planchet, der in seiner Kutsche eine Doppelkanone eingebaut hat! (Wie das mit dem Rückstoss funktioniert, der nach meinem bescheidenen Dafürhalten die Kutsche in sämtliche Einzelteile zerlegen müsste, mögen mir bitte Physiker und/oder Ballistiker erklären). Planchet sprengt so die Schlosstore auf und eine muntere Keilerei mit Degen und Handgranaten (soweit es Planchet angeht!) spielt sich ab. Fébre und D´Artagnan kucken sich schon mal probehalber aus, aber indem sie eine Büste aus dem Fenster ihres Gefängnisses werfen, können sich die Königin und Francesca bemerkbar machen – sie werden – ganz wie Rapunzel – im höchsten Raum des höchsten Turms festgehalten. Was macht ein tapferer Held da? Klar, er schiesst einen Enterhaken gen Himmel und hangelt sich an der Turmwand hoch! (An dieser Stelle beschloss meine gute alte Freundin, die „suspension of disbelief“, dass es jetzt doch Zeit für einen ausgedehnten Spaziergang sei). Aber es kommt noch besser – denn anstatt den fröhlichen Klettermaxen mit gezieltem Musketenschuss nun einfach von der Wand zu pusten oder mal schnell die Treppe hochzurennen und das Seil zu kappen, an dem er hängt, verfallen die Schergen der Finsternis auf die idiotischte Idee, die mir in der jüngeren Mainstream-Filmgeschichte unter die Pupillen gekommen ist – sie SEILEN SICH TATSÄCHLICH VON OBEN AB UND LIEFERN SICH MIT D´ARTAGNAN SOZUSAGEN IN DER WAND HÄNGEND EIN DEGEN-DUELL! Das mag einen pseudocoolen Stunt abgeben, aber es ist schlicht und ergreifend saudämlich. Und sieht übrigens auch so aus. Nachdem nach einiger Balgerei am Seil D´Artagnan endlich auf den Trichter gekommen ist, dass er seinen Feinden ja einfach die Kletterseile kappen könnte, kann er endlich ins Turmzimmer krauche, doch da, oh böse Überraschung, wartet schon Fébre und freut sich über Publikum bei der Erschiessung der Königin. Heldenmütig wirft sich Francesca in die Kugel, um dem entsetzt zu ihr stürzenden D´Artagnan (Memo an Fébre: jetzt wäre eine 1-A-Möglichkeit, D´Artagnan zu killen) ins Ohr zu röcheln, dass es ihr den Umständen entsprechend hervorragend gehe und er doch nun endlich Fébre töten solle. Das lässt sich der Held nicht zweimal sagen. It´s showdown time!

Und, mit einer Einschränkung, die ich weiter unten gleich noch darlegen werde, jetzt geht´s wirklich ans Eingemachte, denn den Schlussfight liefern sich Fébre und D´Artagnan in einem hohen Lagerraum mit einer Unmenge von Leitern – heftige Degenfechterei auf wackeligen Leitern – teilweise sogar wie auf einer Art Wippe, da kommt man sich regelrecht vor wie in einem Jackie-Chan-Film D´Artagnan erledigt den Schuft schlussendlich, indem er ihm am Ende einer Rutschpartie eine Leiter hinunter mit seinem überdimensionierten Brieföffner aufspiesst.

So, und jetzt schaffen wir es tatsächlich noch, in einer Verfilmung des Drei-Musketier-Stoffes ein Star Wars-Rip-off einzubauen. Es gibt nämlich eine Ordensverleihung durch Königspaar und Buckingham, die mich irgendwie ganz entfernt an die am Ende von Episode IV erinnert. Richelieu bedankt sich artig für die Assistenz, aber D´Artagnan flüstert dem Kardinal ins Ohr, dass der zugebener Zeit auch noch mit ihm abrechnen werde. Vor den Toren des Palasts (erneut dusselt der Film heftigst und lässt diese Zeremonie in Versailles spielen, das blöderweise erst vom nächsten Ludwig erbaut wurde) schenkt D´Artagnan seinen Orden Planchet und verabschiedet sich mit Francesca in den Honeymoon… Le Finis.

M antel- und Degen-Filme scheinen wieder im Kommen zu sein – sie waren nie richtig weg vom Fenster, selbst die 90er hatten französische Grossproduktionen wie D´Artagnans Tochter am Start, aber The Musketeer, mit einem Budget von 40 Millionen Dollar auch nicht eben aus der Portokasse finanziert, und dem neuen französischen Nationalprojekt Fanfan der Husar (der in Cannes eröffnen durfte und bodenlose Kritiken erhielt) deutet sich vielleicht eine weitere Renaissance an. Hätte ich nichts dagegen, denn ebenso wie Piratenabenteuer gehören diese Filme zu einer Art zeitlosen Entertainment – man kann sich auch heute noch einen fünfzig Jahre alten Film dieser Machart ansehen und über den Aufwand und die beachtlichen Actionszenen freuen. Nun sollte man meinen, ein klassischer Stoff wie die Drei Musketiere hätte sich im Laufe der Jahrhunderte eine gewisse Immunität angeeignet und wäre durch nichts mehr umzubringen – die Geschichte überlebte Interpretationen als flockige Hollywood-Unterhaltung, halbwegs ernsthafte Abenteuergeschichte (was sie von Haus aus ja ist), burleske Slapstick-Comedy und sogar – wenngleich mit Narben – Videoclip-Styling. Aber der Mix des klassischen Mantel- und Degen-Stoffs mit modernen superdynamischen Hongkong-styled-Actioneinlagen mit mehr als nur deutlichen Martial-Arts-Anklängen…. gut, ich schätze, die Musketiere werden auch diese Behandlung überstehen, aber so richtig glücklich ist die Verbindung nicht. Muss man den wirklich JEDES Genre, das dafür von Haus aus nicht geeignet ist, mit neumodischem Kung-fu-Schmu (schöner Reim) verunstalten? Versteht mich nicht falsch, ich bin ein Fan des Hongkong-Kinos, aber bitte – es geht halt nicht immer, im 17. Jahrhundert wirbelten die Musketiere nicht durch die Lüfte und erledigten ihre Gegner mit Degenhieben wie Rotorblättern. Jaja, okay, Realismus ist nicht alles, aber wenn ich mir ein „period piece“ ansehe, also einen Film, der in einer bestimmten Zeit spielt, erwarte ich um Himmels willen, dass das Geschehen in einem historisch einigermassen glaubhaften Kontext spielt, sonst könnten die Musketiere gleich in Ferraris durch die Gegend brettern und mit Pump-Guns um sich ballern. In China mag das ja geschichtlich funktionieren (also das mit Martial Arts, nicht mit Ferraris und Pump-Guns…), aber in Frankreich (selbst der Pakt der Wölfe bemühte sich ja meiner Erinnerung nach um so etwas wie eine Erklärung für die verwendeten Kampfkünste). Oh, Wachawski Brothers, was habt ihr uns mit Matrix. Seit eurem Film scheint es unter Strafe zu stehen, einen actionorientierten Film ohne Martial-Arts-Anklänge zu drehen (ich war ja schon dankbar für die Faktoren, dass die Kampfszenen nicht mit Rave-Mucke unterlegt wurden und dass dem Publikum eine Bullet-Time-Aufnahme erspart blieb, zugetraut hätte ich´s dem Film).

Gewiss, die ein oder andere Actionszene des Films ist bemerkenswert (andere dagegen bleiben trotz des sichtlichen Bemühens der Verantwortlichen relativ, eh, „uninvolving“, wenn man mir den Anglizismus verzeiht, aber mir fällt jetzt kein geeignetes deutsches Wort dafür ein), man kann schon erkennen, dass Hongkong-Knowledge beteiligt ist. Xin Xin Xiong, der lange mit Tsui Hark arbeitete und der vor allem durch die Kampfchoreographie zu Harks Time and Tide zum Begriff in der Szene wurde („Hongkong-Legende“, wie mancherorts behauptet wird, halte ich dann aber doch für ein wenig übertrieben), steuert einige sehenswerte Sequenzen bei und agiert auch persönlich als Tim Roths Stunt-Double, begeht aber die Sünde des Selbstplagiats – der Leiterkampf als Showdown ist nämlich beinahe Szene für Szene aus einem der achthundertsiebzig Once Upon A Time In China-Filme „entlehnt“ (ich muss leider zugeben, dass ich die entsprechende Folge noch nicht gesehen habe, kommt sicher irgendwann noch). Nun, wer den Film nicht kennt, wird an dieser Stuntsequenz seine Freude haben, denn sie ist wirklich atemberaubend (obgleich ich immer noch meine, Reminiszenzen an Jackie-Chan-Filme wie z.B. Operation Condor zu erkennen… vielleicht hat sich Xiong schon für Once Upon A Time In China von Vorbildern inspirieren lassen). Und dennoch – als reinrassiger Actionfilm funktioniert The Musketeer nicht – dazu fehlt mindestens eine weitere grosse Actionszene.

Damit kommen wir aber schon nahtlos zum Hauptproblem (oder einem der Hauptprobleme) des Streifens, nämlich der Dramaturgie. Da sich The Musketeer als moderner Actionfilm versteht, verkommt die Story zum Stückwerk – die meisten „dramatischen“ Szenen sind eher ätzend. Man merkt als Zuschauer deutlich, dass sie nicht mehr als Füllwerk zwischen den verschiedenen Stuntszenen sind und weil man halt ein wenig Geschichte braucht, um die entsprechenden Stunts einigermassen miteinander zu verknüpfen – die im Grunde zeitlos faszinierende Musketier-Saga verkommt hier zu einem recht platten und einfallslosen Rache-Streifen – von der ersten Szene des Prologs ist klar, dass Höhepunkt und Finale des Films der Entscheidungskampf zwischen Fébre und D´Artagnan sein wird. Da bleibt wenig Raum für überraschende Entwicklungen – man hat sich schon weit von der Vorlage entfernt (kein Wunder, wenn Co-Autor des Drehbuchs Gene Quintano ist, der sich mit so intellektuellen Werken wie Police Academy oder Loaded Weapon eher eine Namen als Slapstick-Lieferant gemacht hat), aber aus diesen Abweichungen dann wenigstens interessante neue Perspektiven zu gewinnen, schafft das Script nicht (wenigstens konnte man wohl der Versuchung widerstehen, das Werk „Alexandre Dumas´ Drei Musketiere“ zu nennen… wenn man sich erinnert, wie es Bram Stoker mit „seiner“ Dracula-Verfilmung erging – aber da Athos, Aramis und Portos im Grunde vollkommen bedeutungslose Nebenfiguren sind, ist der Film mit The Musketeer schon treffend betitelt). Peter Hyams scheint mir auch nicht der geeignete Regisseur für ein grosses historisches (ähempt) Abenteuer zu sein, Hyams mag zwar ein äusserst veritabler Kameramann sein (auch wenn Hyams-Fans in bittere Tränen darüber ausbrechen werden, dass seine grossen endlosen Trademark-Tracking-Shots, wie wir sie aus Werken wie Sudden Death, The Relic oder End of Days kennen, komplett aussen vor bleiben), aber ein grosser Dramatiker war er nie und selbst die Actionszenen könnte man sich kompetenter eingefangen vorstellen – vielleicht war Hyams die Hongkong-Action ein wenig zu schnell. Zudem unterläuft Hyams noch ein weiterer Lapsus – ob gewollt oder nicht muss er sich nämlich einmal mehr Vergleichen mit Stanley Kubrick stellen, und da spielt der gute Peter nun wirklich in einer anderen Liga (vgl. 2010 mit 2001 – wenngleich 2010 für sich alleine gesehen ein recht intelligenter SF-Film ist). Wie einst Kubrick bei Barry Lyndon machte es sich Hyams nämlich zur Aufgabe, nur mit natürlicher Beleuchtung zu filmen – d.h. dass Indoor-Szenen nur von Kerzenlicht erleuchtet sind. Nun ist Hyams, wie wir gerade festgestellt haben, kein Kubrick und obwohl die Kameratechnik seit Kubricks Bravourstück mit Sicherheit nicht schlechter geworden sind, krankt The Musketeer daran, dass der Streifen durch die Bank zu dunkel ist – man kann oft einfach nichts erkennen. Im Tennis würde man das einen „unforced error“ nennen, einen vermeidbaren Fehler. Merke: Beleuchten will gelernt sein, ob man nun Scheinwerfer aufstellt oder nur Kerzen abbrennt. Das Publikum wird es dir danken, wenn man das, was du filmst, auch sieht. Okay, genug Hyams-Bashing. Eigentlich mag ich die Filme des Meisters ja ganz gerne, aber The Musketeer sieht mehr nach einer eher lustlos absolvierten Auftragsarbeit aus als nach einem echten Peter-Hyams-Film.

Ansprechen sollte man vielleicht auch noch den mir persönlich etwas zu pompösen Score von David Arnold (der nun zugegebenermassen auch nicht meine erste Wahl wäre, wenn ich meinen Film mit einem pompösen Score unterlegen wollte) – manchmal wäre da etwas weniger mehr gewesen.

Kommen wir nun noch zu den Schauspielern und arbeiten uns qualitativ von unten nach oben durch. Justin Chambers als D´Artagnan ist die Fehlbesetzung des Jahrhunderts. Das Ex-Calvin-Klein-Unterwäschenmodel ist der lebende Beweis, dass „model turned actor“ nicht nur für weibliche Supermodels meist einen unerfreulichen Nebengeschmack hat. Chambers, dessen grösster Kinoauftritt bislang in der Doofmannskomödie Wedding Planner bestand, hat weder die dramatischen Fähigkeiten, die man braucht (und in einem Film wie diesem braucht man nicht mal so viel davon) und als Actionheld ist er auch nicht meine erste Wahl. Da fehlt einfach Screenpräsenz – Chambers strahlt ungefähr soviel Charisma aus wie eine Reklame an der nächsten Litfasssäule (angesichts der angesprochenen Vergangenheit kein Wunder, höhö). Einen D´Artagnan stelle ich mir irgendwie mitreissender vor.

Mena Suvari, die grosse Entdeckung aus American Beauty und American Pie steht ihm in nicht viel nach. Auch Suvari taumelt eher ausdrucks- und verständnislos durch den Film und legt nahe, dass ihr Auftritt in dem auch von mir sehr geschätzten American Beauty gemeinhin überschätzt wird. Ein Internet-Kollege legte ihr nahe, in Zukunft wieder nur College-Schlampen zu spielen. Ich will nicht despektierlich klingen, aber so ganz verkehrt liegt der Kollege da nicht. Ach ja, und von „chemistry“ im Zusammenspiel von Chambers und Suvari zu sprechen, kommt dem schauspielerischen Äquivalent er „ist Null eine Zahl“-Debatte recht nahe.

Der britische Charaktermime Stephen Rea legt einen ziemlich unterkühlten Richelieu hin – vom Aussehen her kommt er schon ziemlich genau an das hin, was man sich unter dem ränkeschmiedenden Kardinal vorstellt (wenngleich meine Idealbesetzung für Richelieu immer noch Phillipe Noiret ist – der hat die Rolle allerdings noch nie gespielt, sondern nur das Richelieu-Abziehbild Mazerin in einem späten Sequel der Richard-Lester-Spässe, dafür aber immerhin auch D´Artagnan im oben angesprochenen D´Artagnan´s Tochter. Rea könnte für meinen Geschmack etwas mehr aus sich herausgehen.

Frankreichs grosse Diva Catherine Deneuve hat als Königin a) nicht mal einen Namen und b) auch nicht sonderlich viel zu tun. Wie viele grosse Mimen überzeugt die Deneuve allerdings durch schiere Präsenz.

Schauspielerisches Highlight ist zweifelsohne Tim Roth – obgleich sich auch der Brite fragen sollte, wie er in diesem Film geraten ist. Roth (bekannt und beliebt aus Reservoir Dogs, Pulp Fiction oder Little Odessa) steht eigentlich in dem Ruf, nur Projekte mit seiner Präsenz zu beglücken, von denen er persönlich überzeugt ist. Irgendwo zwischen Vertragsunterzeichnung und Drehbeginn muss Roth wohl realisiert haben, in was er da reingeraten ist, denn er entscheidet sich dafür, seinen fiesen Fébre absolut eindimensional „plain evil“ darzustellen. Aber selbst ein eindimensional agierender Tim Roth ist überzeugend boshaft, um hier eine spassbringende over-the-top-Performance abzuliefern. Nicht oscarverdächtig, aber man sieht ihm immerhin gerne zu, wie er seine blutrünstigen Dialoge spricht.

Ansonsten bleibt noch anzumerken, dass ich mir für Aramis, Athos und Portos, die wie schon gesagt nicht mehr als Randfiguren bleiben, namhaftere (und bessere) Akteure gewünscht hätte. Ex-Samstag Nacht-Comedian Stefan Jürgens absolviert einen Cameo (da werden sich die Amis gefreut haben) als erster von D´Artagnan geplätterter Richelieu-Scherge.

MC One beglückt uns nun reichlich spät (immerhin datiert der Film von 2001) mit dem deutschen DVD-Release, der in einer Limited Edition mit einem schnieken Hologramm-Cover daherkommt (selbiges sollte qualitätsbewusste Kundschaft schon abschrecken, denn wann hat jemals ein Film im Hologramm-Package was getaugt?). Die Bildqualität (2.35:1-Widescreen) ist hervorragend – selbst bei Vierfach-Zoom verfügt das Bild noch über eine annehmbare Schärfe und dafür, dass der Film schlicht und ergreifend zu dunkel geraten ist, kann der Transfer nix (man hätte vielleicht etwas digital nachbessern können, aber warum?). Die Störungsrate ist minimal. Wahrhaft überschlagen hat sich der Publisher hinsichtlich Ton-Auswahlmöglichkeiten – satte sieben Tonspuren stehen zur Verfügung. Deutschen Ton gibt´s wahlweise in DD 5.1, DD 2.0 oder DTS (wobei sich mein DTS-tauglicher Player allerdings weigerte, DTS-Ton von sich zu geben, da blieben die Boxen kalt), englisch kann man sich das Treiben immerhin in DD 5.1 oder 2.0 anhören. Dazu gibt´s eine mir bislang noch nicht bekannte Neuentwicklung „Headphone Surround“, die es möglich machen soll, Surround-Ton über handelsübliche Kopfhörer zu erleben (well, duh!), wahlweise in Deutsch oder Englisch. Alle Tonspuren (mit Ausnahme der angesprochenen DTS-Spur) scheinen nach grober Prüfung (glaubt ja nicht, dass ich mir den Film sieben Mal angesehen hab, nur um alle Tonfassungen auszutesten) ziemlich gut zu sein, wobei DD 2.0 mal wieder etwas lauter gemischt ist als 5.1 (liegt aber vielleicht auch nur an meiner Aldi-Anlage, hehe). Deutsche Untertitel werden ebenfalls geliefert, an Extras gibt´s den deutschen Trailer, Filmographien der Hauptdarsteller, des Regisseurs und Co-Produzent Fantls, dazu noch eine Trailershow. Nicht gerade umwerfend.

Okay, der Abschlusskommentar – The Musketeer ist, summa summarum, eine zwiespältige Angelegenheit. Die Verbindung von Mantel- und Degen-Abenteuer und Martial-Arts-Film ist mir persönlich einfach zu gezwungen, um zu funktionieren, da kommt nicht zusammen, was nicht zusammengehört. Vom handwerklichen Standpunkt ist der Streifen, abgesehen von den Lichtverhältnissen, nicht schlecht, aber es ist auch nicht der grosse Reisser – zwischen den passablen bis packenden Actionszenen (ihre Unglaubwürdigkeit einmal beiseite gelassen) bleibt der Film förmlich stehen, da es seinen Hauptdarstellern einfach auch an der spielerischen Klasse fehlt, den Streifen über seine „dramatischen“ Elemente zu tragen. Ich will nicht sagen, dass ich mich bei The Musketeer gelangweilt habe, aber gefesselt war ich nun auch wirklich nicht – es hat schon seine Gründe, warum der Streifen in den USA gerade mal 27 Mio. Dollar einspielte und hier erst gar nicht in die Kinos kam… ein einfach ziemlich blaher Film, da hilft auch die tatkräftige Unterstützung aus Hongkong nicht viel. Vielleicht können wir Europäer doch kein grosses Kino inszenieren… eigentlich schade drum. Eine vergebene Chance…

(c) 2003 Dr. Acula


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BIER-Skala: 5


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