The Monster Hunter

 
  • Deutscher Titel: The Monster Hunter
  • Original-Titel: Natural Selection
  • Alternative Titel: The Demon Slayer | Killer X | The Monster Slayer |
  • Regie: Mark Bristol
  • Land: USA
  • Jahr: 1999
  • Darsteller:

    Michael Bowen (Willie Dickenson), David Carradine (Louis Dehoven), Joe Unger (Detective Harry Richards), Elizabeth Barondes (Sally Dickenson), Darren Burrows (Glenn Royce), Missy Atwood (Marie Franklin), Bob Balaban (Dr. William Powell), Stephen Root (Mr. Crenshaw), Charlie Sexton (Simon Felton)


Vorwort

Im texanischen Kaff White Falls (das so provinziell ist, dass die Dorfpostille sogar „White Falls Good News Gazette“ heißt) treibt sich ein kopfabschneidender Serienmörder rum. In der berechtigten Annahme, die überforderten Landbullen um den ermittelndenden Detective Harry Richards, könnten erfolglos weiter herumstümpern, bis die ganze Stadt entvölkert ist, schaltet sich der FBI-Serienkillerexperte Louis Dehoven in die Nachforschungen ein, inoffiziell, aber mit dem Segen seiner Vorgesetzten und ungeachtet der Tatsache, dass Dehoven seit der Auseinandersetzung mit dem floridanischen Serienmörder „Paperman“ selbst einen erstklassigen Dachschaden sein Eigen nennt. Trotzdem findet Dehoven mit seinen ungewöhnlichen Methoden (zudem auch mal das prophylaktische Pfählen eines Mordopfers zwecks ewigem Seelenfrieden gehört) die richtige Spur. Willie Dickenson, Postbote, verheiratet, bezüglich seiner Ehefrau Sally Kontrollfreak und voller freudiger Erwartung auf sich demnächst einstellenden Familienzuwachs, ist aus Dehovens Sicht chronisch verdächtig. Zu blöd, dass Dehoven nicht ahnt, dass die Leichenberge nicht auf das Konto eines, sondern ZWEIER Serienkiller geht und Killersmann Numero 2 hat sich, ohne zu ahnen, wem er da zu nahe treten will, ausgerechnet Dickensons Eheweib als nächstes Opfer ausgesucht…


Inhalt

Stichwort Blindkäufe auf Filmbörsen. Der Doc, bekanntes Sparschwein unter den DVD-Sammlern, deckt sich zu solchen Anlässe ja nicht (nur, ähem) mit, hüstel, edlen Hartboxen ein, sondern plündert gern die Sonderverkaufskisten Marke „x DVDs für y Euronen“. Da kann man manches Schnäppchen machen und nimmt, womit wir beim Thema wären, zur Auffüllung der x-Quote dann auch mal ein vage interessant klingendes Filmchen, von dem man noch nie im Leben was gehört hat, mit nach Hause. So z.B. „The Monster Hunter“, der mit einem BILD-Schlagzeilengrößen-artigen „GREAT!“-Quote vom (bekanntlich nicht sonderlich schwer zu beeindruckenden) Großen Meister Quentin Tarantino (ein Tarantino-Coverspruch ist mittlerweile schätzungsweise soviel Wert wie bei Horror-Büchern einer von Stephen King) beworben wird und ansonsten im übersichtlichen Klappentext so tut, als handele es sich dabei um einen seriösen Serienkillerthriller Marke „Seven“ und Konsorten.

Schon nach wenigen Minuten (im Klartext nach viereinhalb, nach einer nicht unschicken Prolog-Sequenz und dem Vorspann) wird dem geneigten Zuschauer klar, dass er es eben gerade nicht mit einem ernsthaften Kill&Thrill-Szenario, sondern einer ziemlich durchgeknallten Parodie darauf zu tun hat.

Der Streifen schildert nicht nur Willie Dickensons unauffälliges Leben und Dehovens „Ermittlungen“, sondern parallel Interviews mit Ermittlern, Verwandten, Freunden und Bekannten des Killers bzw. des Opfers im Doku-Stil abspult. Dies allein wäre natürlich noch nicht sonderlich parodistisch, aber der Streifen überzieht diese Interview-Sequenzen ins Groteske. Sicher ist das ein oder andere verwandte Klischee (wie schießwütige tumbe Rednecks) immer wieder gern gesehen, aber ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob das Überzeichnen in absurde Höhen dem Film an sich dienlich ist, denn das Konzept schiene mir eigentlich auch tragfähig für einen „seriösen“ Film zu sein, vielleicht sogar wirkungsvoller. Klar, auch in der vorliegenden parodistischen Form macht der Streifen ein paar gültige Punkte, wenn er sich über geltungssüchtige Ermittlungsbeamte, die mit einem Buchvertrag Millionen scheffeln, und talkshowtingelnde Opfer-Verwandte lustig macht, aber solche durchaus berechtigte kritische Anmerkungen fallen ein wenig flach, wenn sie erstens überspannt werden und zweitens gleichberechtigt mit endlosen Abhandlungen über den Onanie-Wahn des Killers und die Eigenschaft seines Bruders, sich allen möglichen Kram ins Rektum zu stecken, stehen. In dem Fall wäre für mich „weniger“ in Form von „weniger dick aufgetragen“ eindeutig „mehr“ gewesen. Den Vogel schießt in diesem Doku-Part allerdings Bob Balaban als auf Serienkiller spezialisierter Seelenklempner ab – selbst für einen komödiantisch-parodistisch gemeinten Film ist diese Figur nur ein extrem schlechter (und leider durch mindestens ein halbes Dutzend Einspielungen nicht besser werdender) Witz.

Darüber hinaus ist dieser Dokumentations-Ansatz ja nur der „halbe“ Film, der Rest ist eine durchaus filmische Angelegenheit, die allerdings sogar noch grotesker ist als der Mockumentary-Part. Wenn David Carradine als durchgeknallter FBI-Ermittler (in einem Anblick, den man mir durchaus hätte ersparen können) nackig und sich selbstgeißelnd Gottes Beistand anfleht, in der Leichenhalle ein Mordopfer pfählt und dann zur wohl auffälligsten „Verfolgung“ der Kulturgeschichte schreitet, ist das natürlich (beabsichtigt) keine Sekunde lang ernstzunehmen (und dementsprechend spielt Carradine das auch). Und das ist bannich schade, denn…

… in diesem ganzen parodistisch und lustig gemeinten Tohuwabohu verbirgt sich ein wirklich guter Thriller, der raus will, was hauptsächlich an Michael Bowen liegt, dessen Darstellung des bieder-freundlichen Postboten mit Mordneigung erstaunlich intensiv und nuanciert ist, ohne dabei völlig auf humorige Wirkung zu verzichten, speziell nach dem (wirklich überraschenden) Twist der Einführung des zweiten Killers. Die folgerichtige Konfrontation der beiden Killer hat – ohne dabei vergessen zu lassen, dass wir es mit zwei krankhaften Psychopathen zu tun haben – schreind komische Momente, die mich dann schon darüber grübeln lassen, ob es wirklich nötig war, dem Film erstens eine Comic-Figur wie den Carradine-Charakter UND den Mockumentary-Schmonzes aufzusetzen, wenn eine Art „Psycho-Duell der Serienkiller“ durchaus dazu in der Lage gewesen wäre, einen 90-Minüter ohne weiteres Brimborium zu tragen (und dabei auch lustig hätte sein können).

Tscha. Das wollten unsere Filmemacher aber nicht, die wollten ja lieber ganz doll hip sein. Nun ja, wer seine Karriere als „storyboard artist“ begann (und als „tattoo designer“ für „Love and a.45“), der kann ja bei seinem ersten Shot als Regisseur nicht einfach nur ’n Film drehen, der muss ja alle Register ziehen, nicht wahr, Herr Bristol? Dabei deuten einzelne Passagen immer wieder an, dass Bristol durchaus einen Spannungsfilm inszenieren könnten – die Prologpassage ist recht eindringlich und der schon erwähnte Showdown der beiden Killer ist sehenswert, aber dazwischen gibt’s zu viel auf die Dauer nervtötendes Gelabere der Interview-Partner im Dokumentationspart – das ist, wohl auch nicht zufälligerweise, nicht wirklich erhellend, was die Motivation Willies angeht, reißt aber zuverlässig aus dem besseren Teil des Films, nämlich dem „Film“ um Willie heraus. Schade.

Annehmbar ist der Soundtrack, der sich hauptsächlich auf einige gut gewählte Songs beschränkt. Was blutiges Serienkillertagwerk angeht, bleibt der Streifen zahm – die härtesten Anblicke diverser abgetrennter Gliedmaßen und Köppe werden uns als „Tatortfotos“ im Doku-Part gebracht, on-screen-Mordtaten gibt’s nicht.

Schauspielerisch bin ich, wie gesagt, positiv überrascht von Michael Bowen („Kill Bill!“, „Jackie Brown“, „Walking Tall“, „Lost“), der in einem insgesamt eher cartoonesken Film mehr Tiefe in die Anti-Helden-Gestalt legt, als ich erwartet hätte. Sehr gute Performance, die einen besseren bzw. ausgewogeneren Film außenrum verdient hätte. David Carradine hingegen war sich klar, in was für einer Art Film er hier mitwirkt (zudem war das noch, als DC in der „rebuild“-Phase seiner Karriere war, ergo vor „Kill Bill!“), und führt, wie ich so gerne sage, die Overacting-Sau nach allen Regeln der Kunst Gassi. Schamloses Chargieren regiert. Darren Burrows („Ausgerechnet Alaska“) scheint zunächst als throwaway-Charakter eingeführt zu werden, dreht aber dann im Schlussakt gewaltig (und spielfreudig) auf (und wer 2+2 zusammenzählen kann, dürfte wissen, wie warum usw.). Elizabeth Barondes („Adrenalin“, „Night of the Scarecrow“) hat einige gute Szenen als Willies Ehefrau, Missy Atwood verdient sich dagegen einen Preis für „most annoying screen presence in a comedic serial killer movie“ (diese Kategorie sollten die Razzies dringend einführen). Joe Unger („Leatherface: TCM III“, „Pumpkinhead 2“) importiert den prototypischen Charakter eines schmierigen 70er-Jahre-Bullens erfolgreich in die 90er und Bob Balaban… hm. Was sagt man zu einem Akteur, der in Robert-Altman-Ensemblefilmen wie „Gosford Park“ brilliert, bei Spielbergs „Close Encounters“ wichtig war und in „2010“ niemand anderes als HALs Konstrukteur, und sich für eine (beabsichtigte) Deppenrolle wie diese hier hergibt? Möglichst wenig, I suppose. Auf der lang nicht mehr bemühten „Embarrassed Actors Scale“ verdient sich Bob aber eine solide 8, würde ich sagen…

Bildqualität: Starmedia präsentiert „The Monster Hunter“ in sauberem anamorphen 1.78:1-Widescreen ohne größere Macken. Detail- und Kantenschärfe sind zufriedenstellend, der Kontrast gut, die Kompression unauffällig.

Tonqualität: Hier lässt man uns sicherheitshalber keine Wahl, sondern nur die Wahl zwischen deutscher Synchro in DD 5.1 EX(!) oder gleich als Stummfilm (sprich: nur eine Tonspur). Die deutsche Synchro ist leider mit „extrem lieblos“ bestens beschrieben. Schön, wenn einen der Großteil der Sprecher deutlich merken lässt, auf diesen Job keinen Bock gehabt zu haben… Technisch-qualitativ ist das aber in Ordnung, wenngleich sich mir nicht erschließt, warum man für diesen Release unbedingt EX braucht… ist nicht gerade Sound-Effekt-Overkill…

Trailer: Eine Trailershow, sonst ZIP.

Fazit: Ich bin mir immer noch nicht ganz schlüssig, was ich von „The Monster Hunter“ aka „Natural Selection“ halten soll – abgesehen davon, dass der deutsche Verleihtitel die völlig falsche Person in den Mittelpunkt stellt (der auch in der OF als „Demon Slayer“ bespitznamte FBI-Agent ist ja nur eine bessere Nebenfigur), bin ich mir nicht darüber im klaren, ob ich das Konzept, reine Spielhandlung und Pseudo-Dokumentation mehr oder minder gleichberechtigt gegenüberzustellen, für sinnvoll halte, und das dann noch in parodistischem Kontext. Naja, ich bin mir eigentlich doch sicher – mir wäre lieber gewesen, der Streifen hätte auf seinen Mockumentary-Mumpitz verzichtet, auch noch den Carradine-Charakter rausgeworfen und sich auf seine Stärke, das Duell zweier wahnsinniger Killer, konzentriert – dabei wäre sicherlich ein recht unterhaltsamer Thriller rausgesprungen. Und wenn man unbedingt bei dem Doku/Spielfilm-Zwitter-Approach hätte bleiben müssen, ich denke, man hätte dann die parodistischen Elemente deutlich herunterfahren müssen, um die berechtigten kritischen Punkte (Mediengeilheit, Geltungssucht) besser herausstellen zu können. Summa summarum also „hätte man besser machen können“, aber letztlich ist auch in der vorliegenden Form „The Monster Hunter“ nicht langweilig oder offensiv nervend. Man hat halt nur ständig das Gefühl, dass man SOWOHL aus dem Konzept ALS AUCH aus der Thematik mehr hätte machen können.

3/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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