The Missing

 
  • Deutscher Titel: The Missing
  • Original-Titel: The Missing
  •  
  • Regie: Manuela Alberti
  • Land: Australien/Italien/Deutschland
  • Jahr: 1999
  • Darsteller:

    Fabrizio Bentivoglia (Tomaso Ruggieri), David Ngoombojura (Willie), Rachel Frith (Susan), John Moore (Sutherland), David Franklin


Vorwort

Monsignore Tomaso Ruggierei sitzt auf einem einflußreichen Posten im Vatikan und dealt für den dortigen Verein scheinbar bevorzugt die krummen Geschäfte aus – und das mit soviel zeitlichem Engangement, dass es sogar den Kardinälen suspekt ist. Kein Wunder, dass Tomaso sich in die Arbeit stürzt, denn ihn plagt nicht nur ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit, sondern auch damit im Zusammenhang stehende Alpträume und Visionen. Nun haben dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit, ganz speziell in Filmen, die unangenehme Eigenschaft, ans Licht gezerrt zu werden und auch unserem pfaffenden Freund geht’s nicht anders… sein persönlicher Fleck auf der Soutane ist ein… schock… Kind – und das werte Töchterlein ist mittlerweile sechzehn Jahre alt und lebt bei Mama in Australien. Oder auch nicht, denn wie des Paters frühere Liebschaft Susan in Panik mitteilt, ist das Mädchen spurlos verschwunden. Tomaso ist unwillig, moralischen Beistand zu leisten, wird aber von seinen Vorgesetzten verdonnert, zwecks Seelenfindung zu den Känguruhs zu reisen.

Susan vermutet, dass das Girl einem gefürchteten Serienkiller in die Hände gefallen sein könnte, aber die australische Polizei ist eher desinteressiert. Am Fundort früherer Opfer des Killers gabelt Tomaso den kettenrauchenden Aborigene Willie auf, der sich anbietet, bei der Suche nach der Vermißten zu assistieren. Tatsächlich stößt das seltsame Ermittler-Paar rasch auf eine Spur – doch bei Prüfung derselben der einzige Zeuge, ein kleiner Aborigene-Junge, durch den gezielten Angriff des truckfahrenden Killers getötet – für Willie und Tomaso beginnt eine Odysse durchs Outback…


Inhalt

Wieder einmal (oder sagen wir besser: wie so oft…) scheine ich mich bei der Bewertung eines Films die Mindermeinung zu vertreten – denn während der Rest der Welt „The Missing“ ziemlich eindeutig mit Adjektiven wie „terrible“ oder bestenfalls „muddled“ belegt, so halte ich das Debütwerk der Regisseurin Manuela Alberti für nicht hundertprozentig gelungen, aber interessant anzusehen. Ich denke, dass dies zu einem Großteil in falscher Erwartungshaltung begründet liegt, denn der Film wird – auch hierzulande – als Thriller beworben und das trifft’s halt nicht wirklich. Sicher beruht der Plot auf einer Serienkillerstory und in den – nicht wirklich ausgewalzten – Thrillerelementen selbst zitiert der Streifen auch eifrig Vorbilder wie „Denn zum Küssen sind sie da“ oder „Duell“ (letzteres vermutlich, um einige in Australien wohl gesetzlich vorgeschriebene, nichtsdestoweniger kompetente Truck-Stunts einzubauen), aber in „The Missing“ geht’s nur eingeschränkt um einen kidnappenden Killer und die Suche nach seinem letzten Opfer – vielmehr schildert der Film die persönliche Katharsis eines Mannes, der seine Vergangenheit verleugnet und verdrängt und feststellen muß, dass gerade diese Verleugnung zum Auslöser für die tragischen Ereignisse wird (ich könnte jetzt spoilern und die Zusammenhänge klarstellen, aber, da ich heute nicht meinen aufklärerischen Tag habe, lasse ich es bleiben…). Dementsprechend stehen Erkenntnis und Läuterung des Priesters im Mittelpunkt des Filmes und auf dieser Ebene funktioniert er meines Erachtens größtenteils sehr gut. Man kann darüber streiten, ob die zahlreichen Aborigene-Mythologien (wie z.B. der „Kadaicha“-Mann, der’s ja auch vor Jahren schon auf einen „eigenen“ Film gebracht hat) und ein paar Schlenker ins vermeintlich Übernatürliche unbedingt notwendig waren, aber innerhalb des Filmkontexts machen sie sinn, sind sozusagen der externe Anschub für Tomasos Wandlung.

Wie bereits angedeutet – nicht alles ist vollständig geglückt: die Auftaktphase des Films ist ein wenig zähflüssig (übelmeinend könnte man sagen, dass die eigentliche Geschichte erst ungefähr bei Halbzeit in Angriff genommen wird), ein überflüssiger, angetackert wirkender Epilog raubt dem Ende des Films ein wenig die Kraft und auch zwischendurch (und vor allem zum Finale hin) gefällt sich Alberti etwas zu sehr in ihrer Symbolik (braucht es wirklich einen Regenguß in der Wüste, um Tomasos vollzogene Karthasis zu unterstreichen?). Was wiederum nichts daran ändert, dass der Streifen teilweise schlichtweg begeisternd fotografiert ist (Riesenkompliment hierfür an Kameramann Geoffrey Hall). Im Gegensatz dazu trägt mir der Score von Bruce Smeaton an einigen Stellen viel zu dick auf. „The Missing“ ist also, wie dargestellt, kein konventioneller Killer-Thriller (weswegen die FSK-12-Freigabe, trotz einer eher überraschend präsentierten verstümmelten nackten Frauenleiche auf dem Pathologie-Tisch, auch knapp in Ordnung geht), sondern ein Psychodrama mit Thrillerelementen und viel Aborigene-Mystizismus (über dessen Authenzität ich aber mangels Sachkunde mich nicht weiter auslassen will), der aber weitestgehend nicht aufgesetzt wirkt, sondern innerhalb des Films passend wirkt (wie gesagt, ein-zwei Ausflüge ins Reich des Spiritismus gehen mir vielleicht etwas zu weit).. Die darstellerischen Leistungen sind ebenfalls nicht zu verachten. Fabrizio Bentivoglia („Payback“) schafft es, aus einem zu Beginn nicht gerade übermäßig sympathischen Kotzbrocken einen Charakter zu formen, zu dem man eine emotionale Bindung aufbauen und dessen Gefühlsregungen man nachvollziehen kann. Der Aborigene David Ngoombujara liefert eine wirklich gute Vorstellung als Tomasos „Mentor“ Willie, Rebecca Frith überzeugt in ihrer spärlichen Screentime als Susan. Als eher unmotivierter Polizist kann auch John Moore („Pitch Black“) durchaus gefallen.

Bildqualität: VCL ist auch nicht grade eins der Label, die einem bei „Super-DVD-Umsetzungen“ auf Anhieb einfallen, aber „The Missing“ fährt doch verhältnismäßig gut. Der Film wird in einem Minimal-Letterbox (das Cover sagt sicherheitshalber „Vollbild“ dazu) präsentiert, dafür aber in anständiger Qualität. Der Rauschfaktor ist minimal, die Kantenschärfe für einen durchschnittlichen VCL-Release schon fast sensationell, der Kontrast größtenteils überzeugend. Leider rutscht der ganze Transfer in der Schlußphase zu sehr in den zu hellen Bereich, was sich natürlich auch auf die Farbdarstellung auswirkt. Einige Störblitze sind zu vermelden, aber nicht in überdurchschnittlicher Anzahl.

Tonqualität: Leider hat VCL auch hier wieder einmal auf O-Ton verzichtet und gibt uns statt dessen lediglich die Auswahl zwischen deutschen 5.1- und 2.0-Ton, wobei die 5.1-Spur insgesamt deutlich angenehmer hörbar ist – hier kommen auch die Soundeffekte und der (wie gesagt, mir stellenweise zu pompöse) Score gut zur Geltung, während der 2.0-Ton eher matt bleibt.

Ausstattung: Hier hat VCL heute überhaupt nichts zu bieten, weder Trailer, Biographien noch sonst irgendwas.

Fazit: „The Missing“ ist mit Sicherheit kein „edge-of-the-seat“-Thriller, wie es der Covertext zu suggerieren versucht, sondern ein eher ruhiges, mystisches Psychodrama mit einigen Anleihen aus dem Thrillergewerbe, die dem Film durchaus etwas zusätzlichen Schwung verleihen. Dank der guten schauspielerischen Leistungen und der exzellenten Kameraarbeit können Schwächen in der Erzählstruktur und die gelegentlich überzogene Symbolik gut ausgeglichen werden. „The Missing“ ist sicher keine leichte Kost für’s Nebenher-Schauen, aber durchaus sehenswert, wenn man sich mal einen etwas anderen Film vornehmen will, ohne gleich in die Art-House-Kiste zu greifen. VCL’s DVD wäre qualitativ eine der besseren Veröffentlichungen des Labels, wäre der Lapsus mit dem zu hellen Schlußakt nicht zu verzeichnen gewesen.

3/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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