- Deutscher Titel: The Marine 6: Das Todesgeschwader
- Original-Titel: The Marine 6: Close Quarters
- Regie: James Nunn
- Land: USA
- Jahr: 2018
- Darsteller:
Mike „The Miz“ Mizanin (Jake Carter), Shawn Michaels (Luke Trapper), Becky Lynch (Maddy Hayes), Louisa Connelly-Burnham (Sarah), Terence Maynard (Shawn Taylor), Tim Woodward (Tommy Walker), Martyn Ford (Oscar Hayes), Anna Demetriou (Katrina Rodriguez), Michael Higgs (Graham), Daniel Adegboyega (Lewis Rooney), Alec Newman (Patrick Dillon)
Vorwort
In Portland soll Horace Hayes, Vorsitzender eines unangenehmen irisch-amerikanischen Gangstersyndikats, endlich per Gerichtsbeschluss langjährig aus dem Verkehr gezogen werden. Seine Gang hat aus nachvollziehbaren Gründen dagegen etwas einzuwenden. Da die Verteidigung „er ist unser Boss, und darum lasst ihn laufen“ mutmaßlich vor einem Richter nicht besonders gut ziehen wird, entscheiden sich die irren Iren für einen anderen Ansatz – sie kidnappen Sarah, die Tochter eines Geschworenen, vom Jogging weg. Die Botschaft an den Herrn Papa – er möge doch bitte dafür sorgen, dass die Jury zu keinem Urteil kommt. Können die Geschworenen sich nicht auf „Sein oder Nichtsein“ einigen, verursacht das einen prozessualen Totalschaden und Mr. Hayes kann als freier Mann nach Hause gehen.
Währenddessen frischt Ex-Marine und jetziger unglücklichster Rettungssanitäter der Welt, Jake Carter, ein paar alte Kriegsbekanntschaften auf – eine Sparringsrunde mit seinem Armeekumpel Luke Trapper, von dem Jake sich viele seiner Tricks abgeschaut hat. Luke will mit Jake aber nicht nur ein bisschen freundschaftlich rangeln, sondern bittet ihn um einen Gefallen. Luke arbeitet mittlerweile in der Veteranenbetreuung und er hat da einen speziellen Spezialfall, bei dem er mit seinem Latein am Ende ist und auf Jakes Unterstützung hofft – Tommy Walker, einen alten Haudegen, der es sich als Squatter in der Ruine einer alten Brauerei eingerichtet hat und ums Verrecken nicht dazu bewegen ist, Hilfsangebote anzunehmen, die über eine mitgebrachte Tüte Lebensmittel und ein paar Dosen Bier hinausgehen. Jake erscheint Luke als geeigneter Kandidat, weil er mit Tommys Sohn Bobby gedient hat, allerdings ist Bobby in Afghanistan in Ausübung seiner Scharfschützenpflicht gefallen. Mit dem Hausbesitzervertreter Graham als Anstandswauwau entern die zwei Marines also die baufällige Ruine und wundern sich zunächst mal – die Hütte ist als „squatter’s paradise“ bekannt, aber irgendjemand hat die illegalen Bewohner offenbar unter höchster Eile vertrieben. Graham schwört, seine Firma war’s nicht, die operiert nach einem „leben und leben lassen“-Grundsatz. Wäre ihnen lieber, wenn der Bau leer wäre, aber wenn nicht, ist auch nicht schlimm. Tommy Walker allerdings ist als alter Sturschädel dageblieben – irgendwelche fiesen Typen haben seiner Auskunft nach den Bau geräumt, aber er hat sich nicht vertreiben lassen. Das, führt er aus, werden übrigens auch Luke und Jake nicht schaffen und damit guten Abend, die Herren.
Sähe so aus, als müssten die Marines unverrichteter Dinge wieder abziehen, doch da hört Jake einen Hilfeschrei. Als anerkannte Gutmenschen, Witwen- und Waisenbeschützer sowie aufrechte US-Helden müssen Jake und Luke dem Geräusch nachgehen – und wo stolpern die zwei Kämpen der Gerechtigkeit hinein? Natürlich in nichts anderes als ins Versteck der Hayes-Bande, wo Maddy Hayes, die rassige rothaarige Tochter des Bandenchefs, Sarah gefangen hält. Der Versuch, sich angesichts der schwer bewaffneten Ganoven auf „drolliges Missverständnis“ rauszureden, scheitert an Graham, ironischerweise der einzige des Trios, der bewaffnet ist, der mit seiner Knarre herumfuchtelt und gerechterweise von Maddy abgemurkst wird. Jake und Luke gelingt es, sich in der Verwirrung Sarah zu greifen und in einem Nebenraum zu verbarrikadieren. Der ist allerdings eine Sackgase, und Maddy verfügt nicht nur über ordentlich Feuer-, sondern auch nahezu unlimitierte Manpower. Sarah hat den rettenden Einfall – aus dem Raum führt eine Getreiderutsche in ein Silo. Beim Abstieg ergeben sich diverse Komplikationen und schlussendlich landet Luke unsanft auf einer big-ass-Schraube, die seine (zum Glück) rechte Brust durchschlägt. Luke ist angeschlagen, aber noch kampffähig. Verstärkung bekommen die Flüchtigen von Tommy Walker, der angesichts der Sachlage sein Gewehr in den Dienst der guten Sache stellt. Leider haben die Hayes-Goons das Gebäude abgeriegelt. Der einzige Ausweg sind verlassene unterirdische Tunnel, die zum Hafen führen. Nach einem brutalen Feuergefecht, das Tommys Leben kostet, erreichen Jake, Luke und Sarah die Tunnel – allerdings sind die ein einziges Labyrinth und im Gegensatz zu den Helden kennt Maddy den Ausgang und schickt ihre Leute von dort aus in den Untergrund…
Inhalt
„The Marine“ ist fraglos das erfolgreichste Franchise der WWE Studios, mit dem die Wrestling-Promotion nun seit Jahren mehr oder weniger (mehr weniger) erfolgreich versucht, ihre Top-Ringstars auch zu Filmgöttern zu erheben. Nach dem holprigen Anfang mit John Cena und dem fetzigen zweiten Teil von Roel Reiné hat sich das Franchise seit Teil 3 und der Übernahme der Titelrolle durch Mike „The Miz“ Mizanin stabilisiert; speziell der vierte Teil war ein sehr angenehmer Randalefilm, und zu allgemeiner Überraschung erwies sich The Miz trotz seiner erfolgreichen mega-annoying heel TV-Persona als likabler Held, der mangelnde Acting-Chops durch Charisma mühelos auszugleichen vermochte.
Für den sechsten Teil und damit den vierten Part der Jake-Carter-Saga wurde The Miz mit WWE-Legende „Sexy Boy“ Shawn Michaels und dem wohl gegenwärtig populärsten WWE-Act überhaupt, Becky Lynch (erste Frau, die ein Wrestlemania-Main-Event gewinnen durfte) zusammengespannt. Dafür verzichtet der Film auf semiprominente Profi-Unterstützung, wie sie die Reihe mit B-Namen wie Robert Patrick, Temuara Morrison oder Michael Eklund (Teil 5 war mit 6 aktuellen WWE-Wrestlern da sogar noch offensiver).
Für Teil 6 hat Vince McMahon aber das Budget offenbar deutlich nach unten geschraubt (oder Shawn Michaels verlangte exorbitante Summen. Für exorbitante Summen macht Shawn Michaels nämlich so einiges, so z.B. sein Retirement brechen und bei einer der Saudi-Blood-Money-Shows der WWE wrestlen). Regisseur James Nunn („Hooligans 3“, „Eliminators“, „The Marine 5“) hat eine abgezählte Location, das derelikte Brauereigebäude, das aber immerhin groß genug ist, um dort an verschiedenen Stellen Schabernack treiben zu können, zur Verfügung – und von einer echten Story (erdacht von Craig Walendziak, Schreiber von „Desolation“ und „Contracted: Phase 2“) kann eigentlich auch nicht die Rede sein. Luke und Jake suchen den alten Veteranen auf, stolpern über die Geiselnahme, greifen sich das entführte Mädel und versuchen, irgendwie dem Zugriff der Gang zu entkommen. Das spielt sich praktisch in Echtzeit und lässt wenig Möglichkeiten für Charakterentwicklungen oder großartige Plotverrenkungen – es ist so geradlinig wie’s irgendwie geht. Aber das muss ja nicht automatisch „schlecht“ bedeuten, der Freund generischer 80er-Style-Action ist ja gemein zufrieden, wenn das ordentlich rasant inszeniert wird, ein paar gute set pieces aufweist und sich in Sachen Bodycount und Brutalität keine unangebrachte Zurückhaltung auferlegt.
In der Hinsicht bietet „Marine 6“ wenig Grund zur Beschwerde – sobald die Situation erst mal etabliert ist, schließt sich praktisch nonstop action mit nur wenigen kurzen Atempausen an, wobei zunächst hand-to-hand-combat praktiziert wird, dann aber auch einige größere shoot-outs folgen, ehe der Schlussakt den waffenlosen und den bewaffneten Kampf in etwa quantitativ gleichwertig featuerd. Leider geht dem Film in der Tunnelsequenz ein wenig die dramaturgische Puste aus – das dortige Geläuf limitiert die Möglichkeiten naturgemäß schon ziemlich, aber wenigstens haben wir vor dieser Sequenz das größte action-set-piece des shoot-outs zwischen den Marines und den Gangstern. Dafür allerdings überrascht der Ausflug in den Untergrund mit der überraschendsten dramatischen Entscheidung des Films, die ich mit einer massiven SPOILER-Warnung versehe.
Gut, sind wir unter uns? „The Marine 6“ tut in dieser Phase etwas, was ich schlicht für unmöglich gehalten hätte – Jake Carter wird getötet. Und zwar „echt“, ohne Rückfahrkarte, cop-out oder ähnlichen Cheat. Das ist schon ein ordentlicher Hammer – ich hatte fest damit gerechnet, dass Luke als Jakes väterlicher Mentor ein sicherer Todeskandidat ist, aber pustekuchen. Jake ist hin, und Luke muss den Tag retten und den Bossfight bestreiten (wer also auf seiner Dream Match-Liste Shawn Michaels vs. Becky Lynch hatte, kann das nun abhaken). Ob das das Ende des „Marine“-Franchise bedeutet oder „nur“ The Miz für andere Aufgaben freistellt (er hat ja jetzt auch mit seiner Ehefrau Maryse eine erfolgreiche Reality-Show „Miz & Mrs.“ am Start), ist mir nicht bekannt, aber, ich wiederhole mich, ich war tatsächlich extrem geplättet (zumal Jake bereits am Ende des zweiten Akts das Handtuch wirft). Ich nenne das mal eine, eh, mutige Entscheidung. (SPOILERENDE).
Die technische Seite ist leider nicht umwerfend – „Marine 6“ leidet unter einem absolut billigen Videolook, etwas, das bisherige WWE-Filme doch noch recht gekonnt umschifft hatten. Liegt vielleicht auch daran, dass die Location des leerstehenden Brauereigebäudes theoretisch nicht uncool ist (teutonische Indiefilmer würden sich mindestens einen Arm dafür abhacken), aber auf Dauer halt nicht besonders visuell anregend ist. Eine Industrieruine ist eine Industrieruine ist eine Industrieruine, und wenn man nun kein speziell einfallsreicher Regisseur ist, wird’s dann eben schwierig, einen ansprechend ansehenden Film dort zu drehen. Roel Reiné wäre einer gewesen, der dann über Schnitt und Kamera etwas hätte draus machen können, aber James Nunn ist zwar keine Niete auf dem Gebiet der B-Action, aber eben auch kein „action auteur“. Er ist damit zufrieden, seine Kamera aufzustellen und abzufilmen, was sich darbietet und weder sein DOP Luke Bryant („U.F.O.“, „Marine 5“) noch sein Editor, der unbegreiflich benamste Chuck Norris („The Man wit the Iron Fists 2“, „Mariah Carey’s Merriest Christmas“) sind die Leute, die einer uninspirierten Action-Regie auf die eine oder andere Art Beine machen könnten. Es ist zwar, wie gesagt, alles ansprechend flott und mit viel Remmidemmi, sieht aber aus wie ein chronisch unterfinanzierter Gary-Daniels-Film aus den 80ern…
Die Action itself ist okay – die Martial-Arts-Gefechte sind nicht immer ganz glücklich gefilmt, aber recht hart und weniger auf „flashy movez“ aus, als vielmehr so auszusehen, als könnte der Kram wirklich weh tun. Das mag manch einer als schwache Choreographie abtun, aber Fights im echten Leben sehen halt meist nicht aus wie bei Jackie Chan. Erwartungsgemäß gibt’s einige Kampfsequenzen, die sich Leihgaben aus dem Wrestlingbereich gönnen. Die Ballerszenen sind ebenfalls durchaus in Ordnung. Der Showdown mag ein wenig enttäuschend sein, weil unser verbliebener Held es nicht mehr mit Horden böser Jungs, sondern nur noch einem Goon und Maddy Hayes aufnehmen muss, aber der kurze Bossfight ist nicht schlecht und lässt auch Becky Lynch gut aussehen.
Die ganze Angelegenheit ist dann auch ruppig genug, um die FSK-18-Freigabe zumindest andeutungsweise zu rechtfertigen, zwingend notwendig war sie sicher nicht.
Schauspielerisch wird sicher keine hohe thespische Kunst geboten. The Miz (who is awesome) ist aber mittlerweile quite comfy vor der Spielfilmkamera und ich bin immer wieder überrascht, wie sympathisch der Kerl in der Rolle doch ist, wo seine Spezialität im Wrestling doch der mega-annoying loudmouth heel ist. Shawn Michaels‘ „sexy boy“-Zeiten sind schon ein paar Tage her – die Haare sind grauer geworden und haben sich schon ein wenig zurückgezogen, und sein „lazy eye“ macht sich manchmal irritierend bemerkbar, aber im Großen und Ganzen ist es ganz brauchbar, was er abliefert. Nie im Leben werde ich irgendetwas andeutungsweise negatives über my Irish Bad Lass, Becky Lynch, sagen oder schreiben. Im Gegenteil, ich war durchaus noch positiv überrascht, wie selbstbewusst sie in ihrer ersten, und dann gleich tragenden, Filmrolle gibt. Okay, mangelndes Selbstbewusstsein ist sicher kein Problem, von dem Becky geplagt wird 🙂
Die Profis sind jedenfalls nicht wirklich „besser“ – Louise Connolly-Burnham („House of Anubis“, „Wolfblood“) ist mir ein bisschen farblos als Sarah. Terence Maynard („Edge of Tomorrow“, „Die Herrschaft des Feuers“), Martyn Ford („Kingsman: The Golden Circle“, „Accident Man“) und Daniel Adegboyega („Skyfall“, „Transformers: The Last Knight“) sind eine ordentliche Henchmentruppe mit Anna Demetriou („Viking Destiny“) als kompetenter weiblicher Verstärkung, Michael Higgs („Assassination Games“, „Wizards vs. Aliens“) hat als Graham nicht viel zu tun, Tim Woodward („London Has Fallen“, „B. Monkey“) ist okay als sturköpfiger Alt-Veteran (dass man dafür aber heutzutage auch schon britische Schauspieler braucht…).
Die DVD aus dem Hause Sony bietet solides Bild (2.35:1 anamorph), brauchbaren Ton (Deutsch/Englisch DD 5.1 – aber allein für Beckys irischen Akzent lohnt sich der O-Ton!) und zwei Making-of-Featuretten.
Sollte „Marine 6“ wirklich das Ende der Serie gewesen sein, dann, naja, geht die Reihe nicht gerade mit ihrem Höhepunkt in Rente. Zwar rollt der Streifen ordentlich voran und veranstaltet soviel Randale, wie mit dem Sparbudget möglich war, aber er ist nun nicht gerade „schön“ anzuschauen, it’s a pretty ugly picture. Das WWE-Dreigestirn in den Hauptrollen bringt einiges an Fun zusammen, aber insgesamt würde ich den Film als den schwächsten Miz-“Marine“ bezeichnen. Aber andererseits bin ich wieder beinharter Becky-Lynch-Fan. Das gleicht manches wieder aus…
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 5
Review verfasst am: 20.04.2019