The Man from Earth

 
  • Deutscher Titel: The Man from Earth
  • Original-Titel: The Man from Earth
  • Alternative Titel: Jerome Bixby's Man from Earth |
  • Regie: Richard Schenkman
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    David Lee Smith (John Oldman), Tony Todd (Dan), John Billingsley (Harry), Ellen Crawford (Edith), Annika Peterson (Sandy), William Katt (Art), Alexis Thorpe (Linda Murphy), Richard Riehle (Dr. Will Gruber)


Vorwort

Zur Überraschung seiner Kollegen haut Uniprofessor John Oldman nach zehn Jahren Dienst innen Sack – und das, obwohl er beste Aussichten auf einen Fakultätschefposten hat. Da Oldman sich auch noch unauffällig verpissen will, überfallen ihn seine werten Mitprofessoren mitten im Auszug auf einen kleinen Abschiedsumtrunk.

Die Frage steht natürlich im Raum – warum zum Geier lässt Oldman alles stehen und liegen, um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden? Oldman verspürt zunächst wenig Lust, seine Beweggründe näher auszuführen, doch weil seine Besucher insistieren, breitet er nun doch seine Geschichte aus. Was wäre, wenn er nicht einfach der Uniprof John Oldman wäre, sondern ein vierzehntausend Jahre alter Höhlenmensch, der aus unerfindlichen Gründen bis heute durchgehalten hat? Und alle zehn Jahre seine Zelte abbricht, bevor zu sehr auffällt, dass er nicht altert?

Erwartungsgemäß reagieren die Gäste mit Reaktionen von „der will uns verhohnepiepeln“ bis „der hat nicht mehr alle Latten am Zaun“. Kollege Art ruft sogar den Psychologieprofessor Gruber zu Hilfe. Unter verschiedenen Leveln des Enthusiasmus lassen sich die versammelten Intellektuellen auf Johns Geschichte als „Gedankenspiel“ ein – und müssten feststellen, dass sie die Story nicht so ohne weiteres widerlegen können. John hat auf jede Frage eine plausible Antwort. Schnell schwenkt die Konversation von rein praktischen Fragen um auf philosophische und psychologische Themen – wie geht ein de facto-Unsterblicher mit dem Tod um? Spürt er „survivor’s guilt“? Ein heikles Thema besonders für Gruber, dessen Ehefrau gerade erst verstorben ist und in diesem Zusammenhang nicht viel Spaß versteht…

Nachdem sich die Situation etwas beruhigt hat, kommt das Gespräch auf das erfreuliche Thema „Religion“. John kunftet aus, persönlich bei Buddha in die Lehre gegangen zu sein, aber auf die Frage, ob er denn auch irgendwelche Kontakte zu biblischen Gestalten hatte, käme John dann ein Themawechsel doch ganz recht – und das aus gutem Grund…


Inhalt

Seit Jahren auf meiner watchlist, dank amazon prime nun endlich nachgeholt – ein philosophischer Science-fiction-Film nach einer Geschichte von Jerome Bixby, bei dem man zumindest mal die Frage aufwerfen kann, ob der Film nun wirklich als Genre-Beitrag gezählt werden kann, denn rein technisch hat er keinerlei SF-Elemente. Wie auch, es ist ein Film, in dem nichts passiert, außer dass die Charaktere an einem Ort, in diesem Falle Oldmans Wohnzimmer, das während des Gesprächs auch noch von den Möbelpackern ausgeräumt wird, miteinander reden.

Schnell aber wird man von der Faszination der Idee gepackt – es spielt eigentlich wirklich keine Rolle, ob das, was John erzählt, „wahr“ ist, alleine als das Gedankenspiel, als das es auch von einigen der Figuren gesehen wird, bietet die Geschichte viel „food for thought“. Wie hätte jemand gelebt, der seit der Jungsteinzeit auf diesem Planeten unterwegs ist? Von den praktischen Fragen über das Thema, wie man die fraglos dabei auftretenden Langeweile der Jahrtausende füllt, welches Wissen man sich aneignet, wie man diese zusätzlichen Erkenntnisse mit den eigenen Erinnerungen in Einklang bringt… Die Story macht deutlich, dass John kein Genius, kein Übermensch ist, er ist, wenn die Geschichte stimmt, eine Laune der Natur – er ist nicht allwissend, hat nicht alle Antworten, sondern kann nur versuchen, im Rahmen seiner Möglichkeiten die Welt zu beeinflussen und ein bisschen besser zu machen.

Womit wir dann zwangsläufig bei dem Thema landen, das den breitesten Raum im Film einnimmt – Religion. Ich will nicht zu sehr spoilern, aber es ist sehr clever, wie „The Man from Earth“ das Christentum (als „Leitreligion“ der Region, in dem der Fim spielt, natürlich der hauptamtliche „Kontrahent“ Johns, verkörpert durch die bibelfeste und hundertprozentige Gläubige Edith) dekonstruiert. Dabei macht es sich der Film nicht so einfach, sich auf einen schlichten atheistischen Standpunkt zurückzuziehen (ganz im Gegenteil – gerade Hardcore-Atheisten können sich genauso gut an der Figur John reiben wie die Gläubigen), sondern nähert sich der Religionsfrage von der philosophischen und historischen Seite an.

Die ganz große Frage – ist die Geschichte nun wahr oder nicht – wird übrigens definitiv und durchaus dramatisch (und emotional anrührend) beantwortet.

Richard Schenkman, der kurioserweise mit Playboy-Videos anfing und für Asylum den recht amüsanten „Abraham Lincoln vs. Zombies“ inszenierte, überlässt den Film komplett seinen Darstellern. Filmische Mätzchen sind sein Ding nicht, es geht hier nur um das Gedankenexperiment und die verschiedenen Grade der Skepsis, für die die Nicht-Oldmans im Cast stehen. Tony Todd („Candyman“) als Dan, engster Freund John, ist gewillt, ihm relativ weit entgegenzukommen, William Katt („House“) als Art und Ellen Crawford („ER“) als Edith sind die strengste Opposition, John Billingsley („Enterprise“s Dr. Phlox) ist derjenige, der versucht, mit einem kleinen Witz am Rande die Situation zu entspannen, ansonsten aber viel für möglich hält und Richard Riehle („Chillerama“) als Psychologe Gruber ist der, der nachdem er seinen persönlichen Krisenmoment überstanden hat, der, der bereit ist, das „Gedankenspiel“ weiter zu führen als die meisten seiner Kollegen. Alle erfüllen ihre Rollen mit Bravour. Ironischerweise ist es David Lee Smith („CSI: Miami“) als Oldman selbst, der mir für den Part etwas zu farblos ist – es ist in gewisser Weise auch wieder nicht verkehrt, denn natürlich müsste ein „tatsächlicher“ Unsterblicher sich idealerweise als eine Art unauffälliger „everyman“ durch die Jahrhunderte schlagen, aber ein bisschen mehr Gravitas, „Lebenserfahrung“, wenn man so will, hätte mir gefallen.

Kein Film für Freunde des adrenalingetränkten Actionkinos, sondern für diejenigen, die eine intellektuelle, philosophische Gesprächsrunde zu einem abstrakten, nichtsdestoweniger aber reizvollen Thema, potentiell als gelungene Abendbeschäfigung betrachten. Würde zweifellos auch als Hörspiel (oder eben als geschriebene Story) funktionieren, macht aber auch als Film eine gute Figur und wird daher dem Freund zerebralen „Gesprächskinos“ wärmstens empfohlen.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 2

BIER-Skala: 7


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