The Lost Jungle

 
  • Original-Titel: The Lost Jungle
  •  
  • Regie: David Howard, Armand Schaefer
  • Land: USA
  • Jahr: 1934
  • Darsteller:

    Clyde Beatty (als er selbst), Cecilia Parker (Ruth Robinson), Syd Saylor (Larry Henderson), Warner Richmond (Sharkey), Edward LeSaint (Captain Robinson), Harry Holman (Maitland), Crauford Kent (Prof. Livingston), Mickey Rooney


Vorwort

Zirkusdompteur Clyde Beatty ist so mit seiner Dressurnummer und seinen neu angelieferten Tigern und Löwen beschäftigt, dass ihm durchaus wichtige Dinge entgehen. Seine Flamme Ruth ist nämlich von ihrem Herrn Papa vor ein Ultimatum gestellt werden: entweder wird endlich geheiratet oder sie „darf“ Paps auf eine mehrmonatige Südseeexpedition begleiten. Da Clyde mehr Augen für seinen neuesten Löwen hat (und dabei trotzdem übersieht, dass sein Assistent Sharkey diverse Mordanschläge auf ihn verübt) als auf seine Angebetete, geht die freiwillig auf den Segeltörn, dessen Zweck die Wiederentdeckung der versunkenen Zivilisation von Kamor durch Professor Livingston ist. Als bei Clyde endlich der Groschen fällt, hat der Schoner längst abgelegt.

Monate vergehen – dieweil Clyde zur Sorge seines Freunds und Agenten Larry in seiner Show immer größere Risiken eingeht, ist die Expedition nach einem schweren Sturm gestrandet, aber das wenigstens auf der richtigen Insel. Die wird allerdings von Tigern *und* Löwen bewohnt, die die Seeleute bestenfalls für eine willkommene Ergänzung der Speisekarte halten und sich munter durch’s Menschenbuffet meucheln. Via Brieftaubenpost dringt die Kunde der hilfsbedürfigen Schiffbrüchigen in die Zivilisation und auch an Clydes Ohr. Der ist Feuer und Flamme, an der Rettungsaktion teilzunehmen, könnte er doch *sowohl* Ruth retten als auch ein paar neue Tiere für seinen Act einsacken. Larry und Sharkey (dessen Durchtriebenheit Clyde immer noch nicht gerafft hat) dürfen ihn begleiten. Die Retter geraten mit ihrem Luftschiff aber in einen Hurrikan und bruchlanden – die einzigen Überlebenden sind für den Film erfreulicherweise Larry, Clyde und Sharkey. Während Sharkey einen halbtoten Professor findet und den etwas von „Schatz“ murmeln hört, kommen Clyde und Larry grad recht, um Ruth vor einem Löwen und Captain Robinson vor einer Meuterei zu retten…


Inhalt

Abenteuerkintopp aus Uropas Mottenkiste, für die Nachwelt erhalten von unseren Freunden von Treeline/Mill Creek, die den Streifen unbürokratisch in ihrer „50 SciFi Classics“-Kollektion verklopfen, obwohl von „SciFi“ hier ja nicht wirklich die Rede sein kann.

„The Lost Jungle“ ist ein „Starvehikel“ für Clyde Beatty, der sich hier selbst spielt – einen Star-Dompteur; das waren noch Zeiten, als man mit einer gepflegten Tierdressur noch zum Filmstar wurde und nicht zum Hassobjekt von PETA & Co. Beatty gilt legitim als einer der größten seiner Zunft; man spricht ihm zu, den Stuhl als Dompteur-Gerät eingeführt zu haben, sein Outfit mit Safarihose, Peitsche und Pistole (geladen mit Platzpatronen) im Holster war berühmt, und seine Dressuren selbst gewagt – mitunter baute Beatty Löwen, Tiger, Leoparden, Bären und Hyänen in die gleiche Nummer ein; auf dem Höhepunkt seiner Karriere arbeitete stand er mit nicht weniger als 40 Löwen und Tigern gleichzeitig in der Arena. Beatty schrieb schon Anfang der 30er Jahre ein Buch über seine Arbeit. Universal Pictures kaufte die Rechte und drehte Beatty selbst unter der Regie des Nürnbergers Kurt Neumann (Rocketship X-M, „Die Fliege“) „The Big Cage“.

Dieweil sich im Anschluss keines der großen Studios mehr für Beatty interessierte, war seine Popularität als Zirkusstar ungebrochen und das kleine Studio Mascot Pictures (das 1929 das erste Tonfilmserial überhaupt ins Kino brachte, später mit Monogram und Consolidated Film zu Republic Pictures verschmolzen wurde und u.a. die Karrieren von Gene Autry und John Wanye ins Rollen brachte), bot ihm die Hauptrolle in einem Serial an, das wie üblich auch in einer Spielfilmfassung vermarktet wurde. Im Gegensatz zu den meisten anderen Serials kamen hier die Episoden- und die Filmfassung gleichzeitig in die Kinos, Produzent Nat Levine hält zudem fest, dass die Filmfassung Szenen enthalte, die in der Serialversion nicht zu sehen sind.

Was einem kleinen Studio an Beatty sympathisch sein musste, auch wenn er kein gelernter Schauspieler war, leuchtet ein – „name value“ UND, was für eine kleine Klitsche, die gern am Expeditions-/Abenteuerfilmkuchen mitverdienen möchte, geradezu pyramidal ist, er brachte seine eigenen dressierten Tiere mit! Also kein Grund, einen Stuntman im Bärenkostüm zu engagieren oder bergeweise stock footage einzukaufen -und als zusätzlichen Bonus konnte man gleich fertig durch- und einstudierte Zirkusnummern in den Film schummeln. Unter den Voraussetzungen schreibt sich der Rest (08/15-Abenteuerquark, der in der 70-Minuten-Fassung eh kaum angerissen werden kann, weil wir nur vielleicht knapp 25 Minuten auf der Insel verbringen; da ist nicht viel Zeit, sich um menschenfressende Tiere, untergegangene Zivilisationen und fiese Schatzräuber zu kümmern) quasi von selbst, zumal die Abenteuerplotte – in der Filmversion – ersichtlich von erheblich weniger Belang ist als die (Selbst-)Darstellung von Mr. Beatty und seiner Dompteurkunst, die dementsprechend breiten Raum einnimmt (und sicherlich als historischer Blick auf ein Unterhaltungsgenre, das heutzutage kaum mehr guten Gewissens „genossen“ werden kann, ganz interessant ist). Beatty absolviert die Tierstunts selbstverständlich persönlich (er selbst bezeichnete seine Show als „fighting act“ und stellte somit ausdrücklich klar, dass seine Auftritte riskant sind) und überwiegend ohne filmische Tricks (ein-zweimal verwenden die Regisseure Rückprojektionen für Einstellungen, in denen die Reaktion des Tiers wohl nicht vorausgesehen werden konnte, z.B. als ein Tiger in eine Grube, in der Clyde drehbuchgemäß schon sitzt, springt), aber zumeist trennen Clyde von den todbringenden Klauen und Reißzähnen (ha, ich hab diese reißerische Sprache drauf!) wirklich nur ein Stuhl, ein Holzstück oder die Peitsche. Aus Sicht eines aufgeklärten modernen Tierfreunds ist die aggressive Dressur schon schwer verdaulich genug, echtes Bauchgrimmen allerdings bereiten einige Szenen, in denen zum Gaudium des Publikums Tiger und Löwen aufeinander gehetzt werden. Natürlich gilt das „die-wussten’s-damals-nicht-besser“-Mantra und den Tieren hilft’s knapp 80 Jahre später auch nicht, sich drüber aufzuregen, aber dass ein gewisses Umdenken im Umgang mit der Fauna eingesetzt hat, ist allemal ein Fortschritt.

Aber zurück zum Film selbst – obschon zumindest teilweise aus Serial-Material zusammengestellt, spielt sich „The Lost Jungle“ etwas flüssiger als es Filmversionen von Serials gemeinhin tun; das liegt daran, dass der Film nicht total in verschiedene Einzelepisoden zerfällt, sondern sich auf zwei große Handlungsblöcke beschränkt – die erste halbe Stunde dreht sich hauptsächlich um Beatty und seine neue Zirkusnummer (und natürlich sein totales Übersehen, dass Sharkey, der sich selbst in geradezu olympischer Realitätsverweigerung für den besseren Dompteur hält, ihn alle Nase lang per „Unfällen“ um die Ecke zu bringen gedenkt), die letzte halbe Stunde beschäftigt sich mit den Abenteuern auf der Insel, als Verbindung dienen der knapp abgehandelte Schiffbruch des Robinson-Seglers und die nicht minder handlich-kurz eingebaute Rettungsexpedition (die sich recht schauerlicher stock footage aus irgendeinem Zeppelin-Film bedient. Außerdem hat dieses Segment wohl die größte Dummheit des Films zu bieten: das Luftschiff bricht im Sturm auseinander, Reste davon – d.h. diejenigen mit den handlungsrelevanten Personen – fliegt als „freier Ballon“ weiter, dieses aber ganz aufgeräumt, vollkommen horizontal, so dass in der Kabine das Leben beinahe weitergehen kann wie zuvor). Naja, und klare Sache, die Insel-Abenteuer bestehen zu 95 % daraus, dass Clyde wieder mit einer großen Miezekatze rangelt; die versunkene Stadt, der Schatz, ja selbst Sharkeys verbrecherisches Treiben (natürlich beißt er letztlich in den Staub, Clyde erfährt aber – in der Filmfassung – nie, dass er ihn zigmal umbringen wollte), das alles nimmt vielleicht vier-fünf Minuten in Anspruch, der Rest ist Clyde vs. Löwen oder Clyde vs. Tiger. Was dann noch an Laufzeit übrigbleibt, wird von recht erträglicher romantic comedy (weil Nixblicker Clyde kein Fettnäpfchen auslässt) und ziemlich schmerzhaftem Odious Comic Relief (in Form von Larry, der sich leider zu einem reinen Witz-Charakter entwickelt) eingenommen.

Das spielt sich alles recht flott und gewinnt, wie gesagt, enorm dadurch, dass die Tierstunts „echt“ sind und nicht mittels abenteuerlichem Archivaufnahmeneinbau bewerkstelligt werden müssen – sofern man mit dem Thema Tierdressur an sich leben kann bzw. einem solche spannend genug ist, und man auch darüber hinwegsehen kann, dass die „Kämpfe“ in „freier Wildbahn“ dergestalt sind, dass immer die passenden Requisiten aus Clydes Zirkusakt parat liegen) und hat auch, dank vollständigem Verzicht auf irgendwelche „Eingeborenen“ ausnahmsweise (in dem Genre und der Entstehungszeit ist das echt ein Alleinstellungsmerkmal) keinen latenten, unabsichtlichen oder schlicht weg intendierten Rassismus zu bieten. Sonderlich spannend ist’s nicht und dem Film fehlt sicherlich ein großes „set piece“, das sich von den „normalen“ Tier-Actionszenen etwas abhebt, aber es ist insgesamt recht kompetent gemacht, wenn auch mit geringem finanziellen Aufwand – dass der komplette Film, inklusive des „wilden Dschungels“ im Studio/auf Soundstage gedreht wurde, wird durch die beherzte Arbeit des Toningenieurs, der Löwen- und Tigerbrüllen ungefähr auf Godzilla-Lautstärke hochregelt, beinahe ausgeglichen.

Die schauspielerischen Leistungen sind mittelprächtig – Beatty selbst ist als Nicht-Profi weitgehend entschuldigt. Der nur 1,66 m große Dompteur, der mich irgendwie an Charlie Chaplin erinnert (wenn der kein Bärtchen trüge) ist in seinem Element, sobald er einen überdimensionierten Stubentiger niederstieren darf oder mit Stuhlbeinen nach Löwen stochert, das ausdrucksstarke Rezitieren auswendig gelernter Texte ist sein Ding nicht und dass es zwischen ihm und der zugegeben auch recht nervigen Cecilia Parker (die meint, dass mit Augenaufreißen die Schauspielerei erschöpfend beschrieben ist und zudem für ein „hübsches Ding“ nicht wirklich extrem „hübsch“ ist; sie war festen Ensemblemitglied der langlebigen „Andy Hardy“-Reihe)) „funkt“, muss man einfach glauben (ich glaube Beatty jedenfalls unbesehen, dass er lieber im Löwenkäfig schlafen würde als mit Parker im Bett). Beattys Filmkarriere umfasste im Anschluss noch ein weiteres Serial („Darkest Africa“ 1936) für Republic, nach dem zweiten Weltkrieg spielte er in „Perils of the Jungle“ noch einmal sich selbst, doch die Low-Budget-Schmiede Commodore Pictures bastelte dort nur einen gewöhnlichen Abenteuerfilm aus Archivaufnahmen zusammen, ohne Beattys Expertise gesteigert zu nutzen. Dafür lief’s im Zirkus wesentlich besser für den Dompteur – nachdem er sich 1934 mit den Nachfolgern der Ringling Bros. überwarf, gründete er seinen eigenen Zirkus, der zum zweitgrößten der USA aufstieg und heute noch existiert. Syd Saylor, Heldensidekick in sprichwörtlich über 400 B-Western und ähnlichem Kram, beginnt vergleichsweise wohltuend zurückgenommen, entwickelt sich aber zum essentiell unlustigen 30er-Jahre-„Komödianten“. Warner Richmond (Sharkey, „Flash Gordon’s Trip to Mars“)) kann ganz formidabel heimtückisch kucken, Edward LeSaint („Moderne Zeiten“) erledigt seinen Job als Kapitän Robinson zufriedenstellend. In einer kleinen Nebenrolle als Beatty-Fan mit Hund ist Mickey Rooney zu sehen (den Beatty schon in „The Big Cage“ kennenlernte) und der hier eine ziemlich erschütternde Performance hinlegt (tja, in den letzten 80 Jahren haben sich die Maßstäbe, die man an schauspielerische Leistungen anlegt, schon deutlich verschoben. Zum Besseren, würde ich mal sagen).

Bildqualität: Der 4:3-Print in der Treeline-SciFi-Classics-Box ist für die Verhältnisse der Public-Domain-Verscherbler richtig edel – bis auf die kleineren stock-footage-Sequenzen ist der Print ziemlich scharf, mit ordentlichem Kontrast und vergleichsweise arm an Verschmutzungen und Defekten.

Tonqualität: Auch der Ton kann größtenteils überzeugen – das Grundrauschen ist vergleichsweise unauffällig, die Dialoge sind allgemein bis auf kleinere Ausnahmen gut verständlich, und das Löwenbrüllen schön laut…

Extras: –

Fazit: Auch wenn „The Lost Jungle“ sicherlich mehr abgefilmter Zirkus-Act denn „richtiger“ Abenteuerfilm ist, lohnt das Filmchen einen Blick des Vintage-Freunds; es mag ja einiges an guten Zirkusfilmen geben, bei denen auch die Raubtiernummern zu ihrem Recht kommen, aber ein Starvehikel für einen berühmten Löwendompteur, das sieht man doch eher selten. Mögen Tierfreunde auch Bauchgrimmen haben, so ist der Film ein interessanter Blick in eine Zeit, in der artgerechter Umgang mit Tieren auf der Prioritätenliste sicher nicht sehr weit oben stand (Beattys Dressur setzt auf Dominanz und Aggressivität, und dennoch macht er sehr wohl deutlich, dass er sich zumindest für jemanden hält, dem das Wohl des Tieres nicht unwichtig ist; der Kontrast dazu ist eben Sharkey, ein Dompteur „vom alten Schlag“, dem die Tiere reichlich wurscht sind). Zwar sind die schauspielerischen Leistungen teilweise erschütternd (Parker, Saylor, Rooney), aber mit knapp 70 Minuten ist der Streifen kurz genug, um den Zuschauer nicht zu verlieren. Nicht empfohlen für PETA-Mitglieder, Fans des s/w-Kintopps können reinkucken (z.B. auch auf archive.org) – die vierstündige Serial-Fassung möchte ich mir aber nicht anschauen müssen…

3/5
(c) 2011 Dr. Acula


mm
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