The Last Man on Earth

 
  • Deutscher Titel: The Last Man on Earth
  • Original-Titel: L'ultimo uomo della Terra
  • Alternative Titel: Night Terror | The Night Creatures | Night People | Vento di morte | Wind of Death |
  • Regie: Sidney Salkow
  • Land: Italien/USA
  • Jahr: 1964
  • Darsteller:

    Robert Morgan (Vincent Price)
    Ruth Collins (Franca Bettoia)
    Virginia Morgan (Emma Danieli)
    Ben Cortman (Giacomo Rossi-Stuart)
    Kathy Morgan (Christi Courtland)
    Umberto Rau
    Antonio Corevi
    Hector Ribotta
    Giuseppe Mattei


Vorwort

Da leben wir nun im 21. Jahrhundert, stehen vollends im digitalen Zeitalter, können mittlerweile Stummfilme aus Uropas Zeiten technisch aufwendig rekonstruieren und konservieren, und dennoch gibt´s Filme, die voll und ganz in Vergessenheit geraten sind. Und das meine ich nicht mal nur auf uns Deutsche bezogen… The Last Man on Earth lief zwar niemals im deutschen Sprachraum (was schon allein verwunderlich ist, weil man dem deutschen Filmpublikum in den 60er Jahren nun doch jeden Schwachsinn aus den Werkstätten von Cinecitta zumutete), ist aber auch international nahezu unbekannt – obwohl immerhin ein Vincent Price in der Hauptrolle agiert und der Streifen auf dem allseits hochgelobten Roman I Am Legend von Richard Matheson, dem vielleicht unterschätztesten Horrorautoren der letzten fünfzig Jahre, basiert. Schon klar, der Film ist ein Quickie, den Sam Arkoffs gute alte AIP für ein paar Lire von italienischen Lohnschergen fabrizieren liess (nachdem das ganze zunächst als Grossproduktion in Grossbritannien angedacht war, die Zensoren aber bereits vor Drehbeginn durchblicken liessen, dass sie das Endprodukt verbieten würden… schöne „alte“ neue Welt) und muss daher nicht von Haus aus als filmhistorischer Meilenstein gewürdigt werden, aber dass der Streifen selbst in Amiland, wo sich noch für fast jeden Schotter ´ne Kultgemeinde gefunden hat, ist er ein Fall für die Experten (vielleicht ändert sich das jetzt ob einer DVD-Veröffentlichung von MGM in der Midnite-Movies-Reihe, als Double Feature mit Price´ House on Haunted Hill.

Ein Grund für die weitgehende Unbekanntheit fällt mir allerdings ein, und der heisst Charlton Heston. Bzw. The Omega Man, die zweite Verfilmung des Stoffes, die Heston im Rahmen seiner apokalyptischen Phase (Planet of the Apes, Soylent Green) absolvierte und sowohl von Fans als auch Filmkritik gemeinhin als ungeniessbar klassifiziert wurde (was vielleicht auch ein wenig übertrieben ist, als Actionfilm ist The Omega Man ganz brauchbar, aber die Schärfe der literarischen Vorlage kann ein Film mit dem bekennenden Reaktionär Heston in tragender Rolle gar nicht haben). Scheinbar hat The Omega Man seinen kleinen, italienischen Vorläufer aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt. Ergo: Einsatz für Filmarchäologe Merkwürden (dem rein zufällig eine australische DVD zuflog)… ein aktueller Anlass für das Review fiel mir tatsächlich im Nachhinein auch noch auf, aber den verrate ich erst weiter unten, fies wie ich bin.


Inhalt

Hoppla, bin ich im falschen Film? Etwas unschärfer und in Farbe und ich würde glauben, mich in 28_Days_Later aufzuhalten, denn was wir sehen, ist eine entvölkerte, ein wenig heruntergekommen wirkende Grossstadt, in der da und dort ein paar Leichen rumliegen. Die Verwüstung ist aber – wohl budgetbedingt – überschaubar, aber eine menschenleere grosse Stadt (die zwar eine amerikanische City mimen soll, aber nie anders aussieht als eine italienische) ist halt per se ziemlich unheimlich, und da macht auch die keine Ausnahme. Was ist passiert? Die Tafel an einer Kirche klärt uns auf: „The End has come!“

In seiner trauten Heimstatt wird Robert Morgan, unsere Titelfigur, von seinem Wecker aus dem Schlaf geklingelt. Wie uns die in der ersten Filmhälfte omnipräsente Voiceover-Narration unseres Protagonisten (ohne die, nach meiner bescheidenen Meinung, der Film erheblich besser funktionieren würde) informiert, ist Morgan seit schlappen drei Jahren der grosse Einzelkämpfer (in Ermangelung von neu gedruckten Kalendern hat er eine Wand seines Hauses zum Kalender erklärt und hakt dort pedantisch die verstrichenen Tage ab – da das letzte papierne Kalenderblatt von 1965 datiert und Morgan mittlerweile für 1968 die Tage skribbelt, hätten wir uns das mit den drei Jahren auch selber zusammenreimen können – der Erzähler-Morgan ist ersichtlich Absolvent des von mir veranstalteten Kurses MdEoT [für Nicht-Stammleser: Meister des Erkennens offensichtlicher Tatsachen]). Morgan checkt seinen benzinbetriebenen Generator und tankt selbigen auf. Vor seiner Türschwelle liegen zwei Leichen rum. „Wieder welche für die Grube,“ stellt Erzähler-Morgan fest und räsoniert, dass „sie“ ihre Schwachen zum Abkratzen zurücklassen würden. Wer immer „sie“ auch sind, für übertriebenes Sozialverhalten sind „sie“ wohl nicht bekannt. Etwas halbherzig, da es einfach zu seinem Tagesablauf gehört, versucht Morgan mit seinem Funkgerät (von den Ausmassen einer mittleren Wohnzimmerschrankwand, wir sehen schon, 1965 :-)) Kontakt mit irgendwem aufzunehmen, aber wie üblich bleibt der Äther still. Seine Haustür hat Morgan interessant dekoriert – neben einem ordentlichen Kranz von Knoblauchzehen (!) finden sich dort zwei Kruzifixe und ein Spiegel, denn „sie können ihr Bild im Spiegel nicht ertragen“. Subtilität ist hier die Sache des Films nicht – Kruzifixe, Spiegel, Knoblauch – mit was für Kreaturen könnte Morgan es wohl zu tun haben? Die richtige Antwort, Vampire, bringt bescheidene fünf badmovies.de-Gummipunkte fürs Sammelkonto (und wer von Euch hat da gerade „Werwölfe“ gesagt?). Gelangweilt verhaftet Morgan sein Frühstück und macht Knoblauch-Inventur, das Stinkezeug wird langsam knapp, er braucht Nachschub. Ausserdem scheint er an einem akuten Einsamkeitsanfall zu leiden, denn bei der Betrachtung einer Spielzeugpuppe (und ich meine jetzt „Kinderspielzeug“, nicht anderweitigen Schweinkram) kriegt er einen leichten Tobsuchtsanfall, aber Erzähler-Morgan macht uns und ihm schnell klar, dass er sich beherrschen muss: „Wut macht mich verwundbar. Meine Waffe ist der Verstand!“ Immerhin hat Morgan einen erquicklichen Zeitvertreib für die langen Tage – er durchkämmt die Stadt systematisch Block für Block und spürt nach Vampiren, die er dann mit seinen selbstgedrechselten Holzpfählen, eh, pfählt (jedem sein Hobby, keine Frage, aber was soll die „Block-für-Block“-Routine bringen? Wer garantiert ihm denn, dass die Vampire nicht einen Block besetzen, den er schon „gereinigt“ hat?) – in den drei Jahren hat er immerhin knapp die Hälfte der Stadt bereits durchforstet. „Sie wollen mein Blut,“ rechtfertigt sich Erzähler-Morgan, „aber ich bin immer noch zimperlich.“ Mag ich ihm nicht so recht glauben, und späteres Bildmaterial bestätigt mich da, aber jeder redet sich ja gern was ein.
Jedenfalls müssen erst mal die Leichen weg, und die packt er in den Kofferraum seiner Kombi-Kutsche. Ein Blick auf den Tankanzeiger verrät ihm und uns, dass der Sprit reichlich alle ist (nichtdestoweniger weist uns Erzähler-Morgan auch noch mal freundlich auf den Umstand hin – der Erzähler labert den Film nu wirklich fast zu Tode). Zum Glück stehen noch reichlich (naja, einer zumindest) Tanklaster in der Gegend rum, wo Held von Welt sich die ein oder andere Pulle Benzin zapfen kann. Dann geht´s zur bewussten Grube. Trägt ihren Namen zu Recht, das Ding hat die Ausmasse eines mittleren Braunkohle-Tagebaus und brennt munter vor sich hin. Und da hinein schmeisst Morgan (da´s dort wohl wirklich nicht gut duftet, mit Gasmaske) die beiden Leichen aus seinem Kofferraum und heizt das Feuerchen mit ein wenig Benzin (Verschwender!) zusätzlich an. Jetzt muss noch das Knoblauch-Beschaffungsproblem gelöst werden und dafür eilt Morgan in den nächsten Supermarkt (this is SO 28 Days Later! bzw. umgekehrt). Immerhin sollen wir nicht glauben, dass die Knollen drei Jahre im Regal überlebt haben, Morgan war schlau genug, das Zeug in den Kühlraum (wo auch diverse Rinderhälften vor sich hin hängen… vielleicht kann ein mitlesender Fleischermeister mir verklickern, ob die Teile im ganzen wirklich drei Jahre halten, auch wenn sie gekühlt werden. Ich mag das nicht ganz akzeptieren) zu packen. Er packt einen Korb Ilja-Rogoff-in-Naturform und macht sich dann noch auf in den nächsten Spiegel-Laden und greift ein Sortiment schlichter Bildreflektoren ab (diverse geschnörkelte Geschmacksverirrungen lässt er dankenswerterweise stehen), weil die Vampire in der Nacht zuvor seinen Tür-Spiegel zerdeppert haben. Nach der Erledigung dieser dringenden Besorgungen geht er zu seinem eigentlichen Tagwerk über, dem „fearless vampire killing“. Gnadenlos und ohne Skrupel pfählt er eine Reihe friedlich das Tageslicht überschnorchelnde Vampire und Vampirinnen (und sonderlich „zimperlich“ kommt er mir dabei wirklich nicht vor). Nach getaner Arbeit fährt er heim und wartet auf den Sonnenuntergang, legt sich ein paar flotte Scheiben auf und versucht zu ignorieren, wie die bösen Vampire, die sein Haus nächtlich belagern, Einlass begehren bzw. ihn herauslocken wollen: „Komm raus, Morgan!“ Man kennt sich ersichtlich.

Ungeachtet der nervenden Vampirbande vor der Tür pennt Morgan weg und wacht aus einem Alptraum auf, den wir allerdings nur sonor miterleben dürfen und in dem Weib & Kind unseres Heros eine Rolle spielen. Jedenfalls ist Morgan ob des Traums moralisch angeschlagen und eilt in die nächste Kirche, um dort ein wenig Andacht und eine big emotional scene abzuhalten (die nicht als eine der grossen Glanzleistungen in die Karriereannalen des Vincent Price eingehen wird). Emotional überwältigt sackt Morgan an Ort und Stelle zusammen und schnarcht weg. Blöde von ihm, denn so verpasst er den Sonnenuntergang und damit den Auftritt des klassisch lichtscheuen Blutsaugergesindels, das ihm prompt an die Wäsche geht. Apropos Wäsche, zu Morgans Glück machen die Vampire in Sachen Einsatz, Kampfbereitschaft und Aggresivität den sprichwörtlichen Waschweibern echte Konkurrenz, mit ein wenig Armgewedel und leichten Schubsern kann Morgan sich die Vampire vom Hals halten, sich in sein Auto flüchten und gen trauter Heimstatt gondeln. Dort wartet aber der blonde Obervampir, zumindest erkennbar Chef der Bande, die jede Nacht Morgans Haus einzunehmen versucht, mit seiner Meute. Als Vampirkiller von Welt hat Morgan immer einen Spiegel im Handschuhfach und hält selbigen vor Chefvampirs Augen. In der Tat kann der den Anblick nicht ertragen, krümmt sich und ermöglicht Morgan den Einzug in die sicheren vier Wände (also, das ist zumindest kein altes Vampir-Klischee… gemeinhin können Vampire sich im Spiegel nicht sehen, weil sie – und der Rest der Welt auch – sie nicht SEHEN können, und nicht, weil ihnen der Anblick so zuwider ist). Morgan ist nun in der richtigen Stimmung für einen Heimkinoabend und kramt seine alten Familien-Super-8-Schnipsel aus der Mottenkiste. Die Aufnahmen aus glücklicher alter Zeit mit Weib, Kind und einem guten blonden Kumpel, der uns irgendwie an den vor seiner Tür rumorenden Chefvampir erinnert (der Morgan fleissig mit akustischen Aufforderungen zum Tritt vor die Tür bearbeitet), erheitern ihn ungemein, ehe seine Laune spontan umkippt und er aus seinem Lach- direktemang in einen Heulkrampf übergeht. Das ist doch der dramatisch angemessene Zeitpunkt für einen ausführlichen Flashback, der uns schildert, was zum Geier denn eigentlich unsere schöne Welt so hat vor die Hunde gehen lassen…

Drei Jahre vorher ist alles im Lot auf´m Boot, zumindest im Hause Morgan, wo die vielleicht sechsjährige Tochter Kathy mit ihren Freunden Kindergeburtstag feiert, und auch Eheweib Virginia ist guter Dinge. So lange zumindest, bis Onkel Ben (insert your own joke here), der blonde spätere Vampir mit dem Hausbelagerungstick, mit einem Zeitungsausschnitt vorbeikommt: „Seuche fordert hunderte Opfer!“ Wie´s der Deibel so will, sind sowohl Morgan als auch Ben Wissenschaftler, die an der Bekämpfung der ominösen Seuche, die Europa in Atem hält (wenn wir den Zeitungsausschnitt richtig interpretieren) arbeiten. Ben vertritt die Theorie, dass der unbekannte Erreger durch die Luft übertragen wird, was Morgan, being the rational guy, aus streng wissenschaftlichen Gründen nicht glauben kann (das kommt einem alles verteufelt bekannt vor… die Romanvorlage scheinen mehr Hollywood-Drehbuchautoren gelesen zu haben als man meint). Zwar will Morgan die fantastische Hypothese nicht gänzlich ausschliessen, und die tödlichen Keime seien schon ein wenig seltsam, weil man ihnen bislang mit keinem der menschlichen Wissenschaft bekannten Mittel zu Leibe rücken könne, aber es kann nicht sein, was nicht sein darf, man kennt das ja.

Ein wenig Zeit vergeht und Töchterchen Kathy geht´s nicht ganz gut, Daddy ist immerhin beunruhigt genug, seine Frau (die auch kränkelt, aber es nicht recht zugeben will) zu instruieren, das Kind nicht in die Schule zu schicken (als Wissenschaftler, der an einer enorm tödlichen Seuche herumexperimentiert, wäre ich möglicherweise *etwas* besorgter). Er selbst fährt zu seiner Arbeit, ins Labor von Dr. Mercer, wo auch Ben präsent ist und ob der „unimaginativen Vorgehensweise“ des Laborchefs schweren Frust schiebt. Hat Morgan denn nicht die Gerüchte gehört? Manche der Toten sollen… schluck … wiedergekommen sein! Ist vielleicht das der Grund, warum die Leichen verbrannt werden? Morgan hält die Zombie-Geschichten für Ammenmärchen und lässt sich auch durch Bens Frage, warum die Infizierten z.B. das Sonnenlicht nicht vertragen würden, nicht aus der Ruhe bringen (nach Bens Logik wäre auch jeder Lichtallergiker, und die gibt´s bekanntlich, ein Zombievampir, so gesehen kann ich Morgan rein rational nur beipflichten).

Die Regierung, in Form ihres Oberchefs, der sich „Gouverneur“ nennt (andererseits spielt der Streifen offenkundig in den USA der relativen Gegenwart. Hm. Whatever), erklärt den Ausnahme- und Katastrophenzustand und empfiehlt nunmehr offiziell, an der Seuche Eingegangene pyrotechnisch zu entsorgen (tja, auch George A. Romero dürfte den Film mal gesehen oder zumindest das Buch gelesen haben). Und jetzt schlägt der grosse Gott des Schicksal mit dem schweren Vorschlaghammer unerbittlich zu – Kathy erblindet urplötzlich und das ist, mangels anderweitiger Informationen, so sagt Morgan uns und seinem Eheweib, ein Symptom der Seuche. Für einen Typen, der sich beruflich mit dem Krempel beschäftigt, verblüfft seine Reaktion schon (zumal wir schon erfahren haben, dass die Seuche extrem ansteckend ist): „Ruf auf keinen Fall einen Arzt,“ blafft er sein Frauchen an, „und lass niemanden ins Haus!“ Schon gut, er hat offenbar die Befürchtung, dass man den Spross seiner Lenden abtransportieren wird, aber himmelfix, er gefährdet damit nicht nur sein Leben, sondern auch das seines geliebten Besens, eh, Weibs. Verantwortungsbewusst, wa?

Ja, es ist ja auch schon fies, wenn das Militär die Verblichenen in Säcken auf Lastwagen lädt (fast wie in Monty Python and the Holy Grail), aber extreme Situationen erfordern extreme Massnahmen und als Experte auf dem Gebiet sollte das einer Konifere, äh, Koryphäe wie Morgan doch einleuchten. Tut´s aber nicht. Vielmehr wundert sich Morgan, als er Ben zur Arbeit abholen will, über dessen Knoblauch-Türschmuck und feindselige Einstellung, Ben jedenfalls hat keinerlei Interesse, zur Laborarbeit anzutreten und gibt Morgan deutlich zu verstehen, dass er für Ben persona non grata ist
(wieso auch immer…). In Dr. Mercers Labor findet sich Morgan als einziger zum Dienst angetretener Lohnwissenschaftler wieder, nur der Chef selbst forscht und ist trotz der allgemein beschissenen Gesamtlage guter Dinge, früher oder später die Krankheit heilen zu können, das Ende der Menschheit könne diese hergelaufene Seuche auf gar keinen Fall bewirken. Berufsoptimist. Nach langem Arbeitstag kehrt Morgan heim und sieht zu seinem Entsetzen gerade einen Militärtransporter sich vom Acker machen – er rast ins Haus und – tja, was soll man sagen. Virginia hat entgegen aller Anweisungen ob des kläglichen Gesundheitszustands Kathys die Autoritäten alarmiert, aber bevor der angerufene Doc noch etwas hätte unternehmen können, sei das Kind ihm unter den Händen weggestorben und abtransportiert worden. Entsetzt springt Morgan zurück in seine Karre und folgt den Militärlastern zur… GRUBE, wo er sich recht unkompliziert durch den Absperrkordon wuselt und verzweifelt zu verhindern versucht, dass die bösen Soldaten sein armes unschuldiges totes Töchterchen ins lodernde Grubenfeuer schmeissen. „Das ist meine Tochter,“ heult er einen Militärpolizisten verständnisheischend an. „Eine Menge Töchter sind da unten,“ bleibt der MP hart, „auch meine eigene.“ Und Kathys Leichensack fliegt mitsamt Inhalt gen Grubenboden.

Es vergeht wieder ein wenig Zeit, bis eines schönen Tages nun plötzlich Virginia krakeelt, nicht mehr sehen zu können und zwei Sekunden später auch schon tot umfällt. Seine Frau sollen die Leichenbrenner nun aber nicht auch noch in die Finger kriegen, also packt er sie in seinen Wagen, fährt aufs platte Land, schaufelt ein Loch und begräbt seine Angetraute ordnungsgemäss. Dann fährt er heim und betrinkt sich, hat aber umgehend ein ernüchterndes Erlebnis… Eine Frauenstimme flüstert „lass mich rein“, der Türknauf wird gerüttelt und als Morgan, wider besseres Wissen, die Tür öffnet, steht seine Weib mit leicht entgleisten Gesichtszügen und offenkundigem Blutdurst vor ihm (hat sich die Maid selbst ausgegraben? Respekt). Wie Morgan diese verzwickte Situation löst, werden wir nie erfahren, denn wir blenden zurück in die relative Gegenwart, wo Vampir-Ben immer noch seine Horde anführt und Morgan versichert, ihn demnächst umzubringen.

Am nächsten Morgen stellt Morgan fest, dass Bens Vampire sein Auto zu Klump geschlagen haben. „Das hält mich nicht auf,“ brummt Morgan und latscht zum nächstbesten Autohaus, wo er sich nach kurzer Überlegung gegen ein schickes Kabriolett und für einen neuen Kombi entscheidet: „Ich brauche einen Leichenwagen!“ Wieder daheim wartet auf Morgan die nächste Überraschung – ein quicklebendiger Hund! Wenn wir Morgans enthusiastische Reaktion auf das Erscheinen eines ordinären Pudels richtig deuten, hat die Seuche wohl auch die Tierwelt dahingerafft – die Töle nimmt sicherheitshalber Reissaus, als Morgan aufdringlich wird. „Ich muss ihn finden,“ knurrt Morgan und macht sich auf die Kötersuche. Den Wuff findet Morgan in der Stadt aber nicht, dafür ein Grüppchen hochprofessionell mit Eisen-Pfählen aufgespiesste Vampire – da macht ihm jemand Konkurrenz. Nun, das will Morgan mal nicht so eng sehen, vielmehr freut´s ihn, dass es noch mehr Lebendige geben muss und schmeisst gleich mal wieder seinen Funkkasten an, der aber weiterhin nur Silenzium aus dem Lautsprecher pustet. Dafür findet sich die Pudeltöle wieder ein, allerdings winselnd und blutend. Morgan nimmt sich des verletzten Wauwaus an und verbindet ihn professionell, während draussen Ben und seine Meute ihr nächtliches Belagerungsritual wieder aufnehmen. Letzteres ist Morgan wurscht, denn der erzählt dem Kläffer schon, wieviel Spass sie zukünftig zusammen haben werden, bis das Viech ihn beisst. Hastig macht der Herr Wissenschaftler einen Hundebluttest und, was soll ich sagen, das Tier ist infiziert. Und in der nächsten Szene sehen wir, wie Morgan einen etwa hundegrossen, gepfählten Sack beerdigt. Wenn das die PETA erfährt…
Morgan hat aber andere Sorgen, denn seinem ungläubigen Adlerauge entgeht nicht, dass nicht weit von ihm ein Mädchen durchs Gewölle turnt, will sagen eine junge Frau. Nachdem beide erst mal den gegenseitigen Schock überwunden haben, nimmt das Mädel die Beine in die Hand und türmt. Morgan, der ihr seine Nichtvampirität lautstark versichert, eilt hinterher und macht ihr anhand des nicht von der Hand zu weisenden Arguments, dass er schliesslich problemlos bei Sonnenlicht herumlaufe, klar, dass er mitnichten Blutsauger, es aber andererseits kurz vor Sonnenuntergang ist und die Vampire bald zur Aktivität schreiten werden. Daher unterbreitet er den unbürokratischen Vorschlag, sie möge ihn doch mit nach Hause begleiten (früher reichte ja mal die Briefmarkensammlung, um´n Girl abzuschleppen). Girlie bleibt schweigsam und bedenkt Morgan mit einem skeptischen Blick (Frau hört ja die wildesten Stories über lüsterne Greise), zieht aber mit und rückt schlussendlich doch damit raus, sprechen zu können und salbadert ihre Lebensgeschichte, naja, eigentlich nicht, sie erwähnt nur, dass sie ihren Ehemann verloren hat und fragt nach Morgans Familie. Irgendwie kommt das Morgan verdächtig vor und unterzieht das Mädchen sofort dem Pepsi-Test. Nein, nicht ganz, dem Knoblauch-Test – er hält ihr einen Kranz vor die Nase und sie — dreht sich weg! „Du bist INFIZIERT!“ kreischt Morgan, schliesslich seien alle Infizieren gegen Knoblauch allergisch (wer von Haus aus Knoblauch nicht abkann, hat in dieser Welt ganz schlechte Karten), ergo werde sie, die übrigens auf den Namen Ruth hört, früher oder später eine Vampirin werden. Ruthie insistiert, einen empfindlichen Magen zu haben und im übrigen gehe er ihr mit den Anschuldigungen mächtig auf den Senkel. Deswegen möchte sie die gastliche Stätte, ungeachtet der vorgerückten Stunde, auch gern verlassen, aber Morgan lässt sie nicht, er würde gern noch einen Bluttest machen. „Rühr mich nicht an,“ zischt Ruth, während draussen Ben und seine munteren Gesellen eher unenthusiastisch ein paar Steine gegen die Hauswand werfen (wahre Job-Satisfaktion scheint bei den Untoten auch nicht obligatorisch zu sein). „Ben war mal mein Freund,“ versucht Morgan sich eine menschliche Seite zu geben, „wenn ich ihn finde, bringe ich ihn um.“ Mr. Morgan – der Knabe steht DIREKT VOR DEINER TÜR, also mach halt HINNE! Ruth fragt nicht ganz unberechtigerweise, denn das wüssten wir mittlerweile auch ganz gerne, wieso Morgan selbst von der Seuche nicht beeinträchtigt ist. „Vielleicht bin ich auserwählt,“ schwadroniert Morgan, „oder es liegt an der mit dem Erreger infizierten Fledermaus, die micht vor x-Jahren in Panama gebissen hat!“ Hm, was ist wohl wahrscheinlicher? Wissenschaftler mit Messiaskomplex, elender. Stellt sich nun noch die Frage, ob Ruth denn nun auch immun ist und das würde Morgan zu gern rausfinden. „Und was, wenn nicht?“ gretchenfragt Ruth. Angesichts Morgans hübscher Pfahlkollektion und des vorherigen Umgangs mit dem lieben Pudelköter kann ich mir zumindest die Antwort zusammenreimen, auch wenn Morgan plappert, die Krankheit irgendwie soweit in den Griff zu bekommen, dass sie nicht ausbricht. Plötzlich bekommt Ruth eine Art Anfall und flüchtet sich ein Nebenzimmer, wo sie – argh-zitter-zähneklapper – vor ihrem Spiegelbild tierisch erschrickt. Hastig fingert sie aus einer Tasche eine Spritze, doch bevor sie dazu kommt, sich einen Schuss zu setzen, steht Morgan auf der Matte und durchschaut die Angelegenheit: „Du bist eine von Ihnen!“ Dann erst bemerkt er die Spritze und begehrt Erklärung. Langer Rede kurzer Sinn: „Wir haben ein Serum, mit dem wir die Krankheit kontrollieren können!“ „Wir?“ begriffsstutzt Morgan. Naja, ein paar gebe es schon, stottert Ruth und Morgan will jetzt die Truth (ich lasse mir keinen noch so dusseligen Reim entgehen, wenn er mir vor die Füsse springt). Tja, Ruth wurde von den ominösen „Wir“ beauftragt, Morgan auszuspionieren, ob er denn tiefergehende Kenntnisse habe als Ruths eigene Leute, die damit beschäftigt seien, aus den Trümmern der Zivilisation eine neue Gesellschaft zu organisieren. „Und ihr wollt, dass ich bei euch mitmache“, mutmasst Morgan und liegt damit dermassen neben der Sache… Ruth verklickert die wahre Sachlage: aufgrund der Tatsache, dass Morgan bei seinen fröhlichen Vampirschlächtereien durchaus auch den ein oder anderen drogenkontrollierten Infizierten aufgespiesst hat, geniesst er beim Rest der Truppe keine besonders hohen Sympathien, um nicht zu sagen, man hält ihn für ein Monster. „Du hast Freunde von uns umgebracht, die noch am Leben waren!“ Big bad Ooops. Sowas kommt immer schlecht an. Und deswegen hätten die anderen beschlossen, Morgan noch in dieser Nacht umzubringen, damit die neue Gesellschaft auch in Zukunft tagsüber sicher schlafen kann. Ruth sollte nur sicherstellen, dass Morgan auch in seiner Hütte bleibt und verleiht diesem Wunsch durch Ziehen einer Bleispritze Nachdruck. „Eure neue Gesellschaft klingt sehr charmant,“ bemerkt Morgan ironisch und fordert Ruth auf, die Killerei doch gleich an Ort und Stelle persönlich zu erledigen, alas, sie kann es nicht – wobei die Frage ist, ob sie´s nicht übers Herz bringt oder es an dem kleinen epilepsieartigen Anfall liegt, den sie kriegt, weil sie sich ihre Droge nicht einpfeifen konnte… „Was wirst du tun?“ haucht Ruth noch, bevor ihr temporär die Lichter ausgehen. Tja, wenn Morgan dat mal wüsste – er fiedelt auf jeden Fall schon mal mit einem seiner Pfähle herum, überlegt sich´s dann aber doch anders und schreitet zu einer Impromptu-Bluttransfusion (glücklicherweise scheinen in diesem Paralleluniversum alle Menschen die selbe Blutgruppe zu haben) und spendet dem Girl ein paar Deziliter seines eigenen Lebenssaftes. Operation gelungen, und die Patientin lebt sogar noch. Und noch besser, nach der Transfusion kann sie sich sogar im Spiegel anschauen und ohne Magenkrämpfe Knoblauch riechen – sie ist geheilt! Die Antikörper in Morgans Blut haben sie kuriert (und auf die töfte Idee kommt der Hörr Wissenschaftler erst nach DREI JAHREN? Depp). „Jetzt können wir alle retten,“ jubiliert Morgan und bestätigt meine These, dass unterschiedliche Blutgruppen hier keine gesteigerte Rolle spielen. Ruth ist anfänglich begeistert, bis ihr wieder einfällt, dass ihre Freunde demnächst zur fröhlichen Monsterjagd blasen werden und vermutlich nicht besonders empfänglich für Heilungstheorien sind, kurz, Ruth empfiehlt Morgan den sofortigen Rückzug. Morgan wischt die Bedenken beiseite, über dieses Problem werde er sich morgen Gedanken machen (kurzsichtiges Denken, oder? Schliesslich hat ihm Ruth schon erzählt, dass der Angriff HEUTE stattfinden soll. Was für´n Rindviech). Und abgesehen davon gibt´s noch Ben, der sich endlich Einlass verschafft und sich gleich mal auf das knackige Mädchen stürzt. Morgan schreitet zur Rettung, aber da trifft auch schon der Lynchmob ein, gut ausgerüstet, mit Jeeps, automatischen Waffen und den bewussten Eisen-Pfählen, mit dem erst mal (recht unkameradschaftlich, wenn Ihr mich fragt) Bens Vampirtrupp aufgerieben wird. Ben flüchtet sich aufs Dach, wird aber von dort fachmännisch runtergeschossen. Endlich erkennt auch Morgan, dass mit den schwarzuniformierten Neugesellschaftlern nicht gut Kirschen essen ist und sucht das Weite, nicht ohne heftigst beschossen zu werden. Ruth ruft vergeblich ihre Kameraden zur Mässigung auf. Morgan flüchtet sich in ein unspezifiziertes Bürogebäude (ich kombiniere mal und tippe auf ein Polizeigebäude), erschiesst mit der von Ruth übernommenen Kanone den ein oder anderen seiner Verfolger (was sein Pluspunktekonto bei den Jungs sicher nicht weiter in den Haben-Bereich bringen wird) und rüstet sich in der Waffenkammer mit ein paar Handgranaten aus (oder sind´s nur Rauchbomben?) Den Umfang mit den Teilen sollte er aber noch üben – irgendwie wirft er die Dinger etwas wahllos durch die Gegend (und wenn´s denn tatsächlich Handgranaten sein sollen, würd´ ich sie vielleicht auch ein wenig weiter als einen Meter wegwerfen… bei den Mickerexplosionen allerdings geht das auch so… vielleicht kommt das auch nur von der langen Lagerung). Morgan flüchtet sich in seiner Bedrängnis zu einem Gotteshaus, fängt sich aber sprichwörtlich auf der Türschwelle der Kirche eine Kugel mittschiffs ein (und ich mein´ nicht das Kirchenschiff). Morgan schleppt sich in die Kirche, verfolgt von seinen Häschern und – brat mir einer einen Storch – den kompletten Familien der Kontrolliert-Infizierten, yep, entweder ist gerade zufällig Gottesdienstzeit oder die Killerkommandos der Neuen Gesellschaft schleifen Frau & Kind bei ihren gefährlichen Monsterjagdeinsätzen mit. Morgan strauchelt etwas ziellos durch die Kirche und wird schliesslich, welch Symbolik, direktemang vor dem Altar gestellt. Dass er seine Verfolger nun auch noch als „Freaks“ und „Mutanten“ beschimpft, macht ihn denselben sicher auch nicht sympathischer und schliesslich und endlich verliert einer der Schwarzgewandeten die Geduld und spielt Speerwerfer – der Eisenpfahl landet da, wo´s Morgan wirklich wehtut. „Ich bin ein Mann,“ würgt Morgan hervor, „der LETZTE!“, bevor er zusammenbricht. Jetzt, wo alles zu spät ist, eilt Ruth an seine Seite. „Sie hatten Angst vor MIR,“ röchelt Morgan leicht amüsiert seine letzten Worte. „Sie wussten es nicht,“ spricht Ruth das Schlusswort, und Morgan zieht sich aus dieser Welt in die nächste zurück. Ruth lässt ihre Freunde stehen und marschiert allein aus der Kirche (nachdem sie ja nun wohl endgültig geheilt ist, kann sie auch schwerlich in der neuen Gesellschaft bleiben).

The Last Man on Earth ist zweifellos ein bemerkenswerter Film – um´s vorwegzunehmen, das bedeutet nicht zwangsweise, dass es sich um einen guten Film handelt, aber nichtsdestotrotz, der Film ist einfach bemerkenswert und verdient es schon, gerade im Kontext späterer Genre-Filme etwas ausführlicher beleuchtet zu werden als es die Filmgeschichte bislang getan hat, denn wenn man sich diese italienische Schnellschussproduktion ansieht, wird man rasch feststellen, wie viele andere, berühmtere (sicherlich auch bessere) Filme von diesem Film beeinflusst bzw. ohne ihn geradezu undenkbar sind (man könnte dies einschränken und auf die literarische Vorlage verweisen, aber ich bin jetzt mal einfach so frei und schanze hier dem Film die Hauptverantwortung zu). Der geschätzte Kollege Dr. Freex vom Bad Movie Report (zu finden über Stomp_Tokyo hält The Last Man on Earth beispielsweise für den Ausgangspunkt aller modernen Zombiefilme und da ist was dran – man kann den Film durchaus als Markstein für die Entwicklung des Horrorgenres von den naiven Gruselfilmchen der 50er (a la Die Fliege) hin zum „realistischen“, will sagen direkteren, meinetwegen schockierenderen modernen Horrorfilm sehen – Vergleiche zu Romeros Night of the Living Dead drängen sich auf – beide Filme zeichnen eine düstere, hoffnungslose Atmosphäre und verfolgen diese konsequent bis zu ihren jeweiligen un-happy endings, was The Last Man on Earth noch „fehlt“, sind die Gore-Einlagen, die Romero ein paar Jahre später einführte (H.G. Lewis´ frühe Splatterwerke wie Blood Feast markieren sicher ebenfalls einen Wendepunkt in der Horror-Historie, aber Lewis´ Filme sind allein aufgrund ihrer amateurhaften Realisierung kaum ernstzunehmen). Auch andere Stilmittel erinnern mehr an Romeros Zombies als an althergebrachte Vampirfilme – die Untoten in The Last Man on Earth taugen in jeder Hinsicht als Vorbild für die lebenden Toten aus Night of the Living Dead, von den (schlichten, aber recht effektiven) Make-ups, deb staksigen, unkontrollierten Bewegungen und ihren Angriffen, die nichts von dem sexuell-erotischen des klassischen Vampirs haben, sondern von der simplen Konsequenz einer Zombie-Attacke sind. Wäre nicht der – vielleicht zum besseren Verständnis des Publikums eingebrachte, ich weiss nicht, inwieweit das in Mathesons Roman so vorkommt – „Kniff“, die Untoten auf Knoblauch und Spiegel anspringen zu lassen, hätten wir es hier mit reinrassigen „modernen“ Zombies zu tun.

Viel verdankt der Film natürlich dem für die Verhältnisse einer billigen Italo-Produktion, der mit ein paar AIP-Dollar nachgeholfen wurde, intelligenten Skript (verfasst u.a. von Matheson selbst, als noch die UK-Produktion angedacht war. Vom Endprodukt distanzierte Matheson sich allerdings und verbarg sich hinter dem „Logan Swanson“-Pseudonym, obgleich er und sein Roman im Vergleich zum späteren Heston-Film hier noch verdammt gut wegkommen). Die Strukturierung des Films ist gut gelungen – die erste halbe Stunde lässt uns noch rätseln, was eigentlich Sache ist und schafft Atmosphäre durch einige wirklich sehr gut gelungene Passagen, zur rechten Zeit folgt der erklärende Flashback und dann der Showdown – sicher nicht übermässig originell, aber effektiv; die Konstruktion wäre allerdings noch effektiver, hätten die Produzenten auf die penetranten Voiceovers in der ersten Filmhälfte verzichtet, die mehr an Atmosphäre zerstören als sie „erklären“ (tiefschürfende Erkenntnisse liefert der Erzähler kaum, vielmehr quasselt er wie angesprochen über absolute Offensichtlichkeiten) – ohne den Voiceover wäre der Auftakt wesentlich unheimlicher (und ich möchte wetten, dass Danny Boyle und/oder Alex Gordon sich für 28 Days Later hier ordentlich bedient haben, die Ähnlichkeiten sind teilweise frappierend). Seine Schwächen hat das Script beinahe naturgemäss im Flashback-Mittelteil, wo doch einige Ungereimtheiten auffallen (ich hab oben das ein oder andere angesprochen); sicher ist es besonders für die damalige Zeit recht gewagt, ein Kind sterben zu lassen, aber die entsprechenden Szenen bleiben seltsam unberührend und der Morgan-Charakter wirkt nicht gerade sonderlich liebenswert – prägnante Stellen gibt es allerdings auch in diesem Part zu finden: Morgans erster Trip zur „Grube“, Virginias Rückkehr, das sind grosse Momente, die zudem noch als gute Beispiele für die Verschmelzung „modernen“ und „altmodischen“ Horrors dienen können (für Nichtsoschnelldenker: Die „Grube“ ist definitiv ein „moderner“ Horrormoment, während Virginias Rückkehr als Untote auch in einem klassischen Grusler passen würde). Das Finale selbst gewinnt entscheidend durch den überraschenden, der Romanvorlage entsprechenden und vom Heston-„Remake“ so perfekt ignorierten Twist, dass nicht die Vampire, sondern eigentlich Morgan das Monster ist – er ist es, der sich mit der „neuen Gesellschaft“ nicht arrangieren kann (und nicht können wird) und in seinem blindwütigen Fanatismus seine Menschlichkeit vergessen, verdrängt hat. Eine solche Umkehrung der Verhältnisse wäre einige Jahre vorher noch undenkbar gewesen (nicht zuletzt deshalb ist der Film, ähnlich wie Siegels Invasion of the Body Snatchers, hervorragend für allerlei politische Propagandazwecke geeignet, da man wie beim Siegel-Klassiker nach Lust und Lauen praktisch jede politische Vorliebe und Aussage in das Werk hineininterpretieren kann) und ich bin sicher, dass das zeitgenössische Publikum, so es dies überhaupt wahrgenommen und verstanden hat, sicher schockiert war, um so mehr, als den Protagonisten auch noch ein Happy End versagt bleibt (wir können uns vorstellen, dass Ruth als nunmehr einzig gesunde Person ein nicht ganz einfaches Restleben zu führen hat) – um noch mal den Vergleich zu Romero zu ziehen, ohne das radikal negative Ende von The Last Man on Earth hätte es wohl das Downer-Ende von Night of the Living Dead nicht gegeben.

Trotz des ein oder anderen Mankos haben wir´s also mit einer faszinierenden Geschichte zu tun, die eigentlich alle Ansprüche an einen echten Genreklassiker erfüllt. Wieso, zum Geier, ist der Streifen dann so untergegangen? Weil er, Story hin oder her, einfach auch einen ziemlichen Eimer an Problemen mit sich führt. Zu den offensichtlichen Mängeln gehört einfach mal wieder die Kulisse – Italien spielt die Vereinigten Staaten halt eher unüberzeugend und das ganze mediterrane Ambiente verhindert, dass wir dem Streifen abkaufen, in den USA zu spielen (wieso hat man´s dann nicht einfach bei einer in Italien spielenden Story belassen? Von der Geschichte her wäre das kein Problem). Problem Numero Zwo ist die Regiearbeit von Sidney Salkow, einem Kinoveteranen, der zu selten Raffinesse und Gespür für unheimliche Bilder aufblitzen lässt (und bei letzteren hege ich sowieso die Vermutung, dass die mehr auf das Konto des Kameramanns geht, denn man kann über die Italiener sagen, was man will, gute Kameraleute haben die Jungs da unten im allgemeinen), gelegentlich wirkt die Inszenierung statisch, vor allem im Mittelteil, und dem Showdown hätte ein wenig mehr Rasanz nicht geschadet (erinnert gelegentlich an die guten alten „chase comedies“ der Stummfilmzeit, in der alle Beteiligten nacheinander einen bestimmten Kamerawinkel durchlaufen, ehe zur nächsten Einstellung geschaltet wird). Wie gesagt, einige eindringliche Passagen (die Eröffnungssequenz, Morgans Vampir-Tötungen, die Szene, in der Morgan im Flashback zur Grube vordringt) gelingen Salkow und seinem Kameramann Delli Colli, aber summa summarum hätte mehr Intensität nicht geschadet – es wäre interessant, die italienischen Fassung zu sichten, der von einem eigenen Regisseur fabriziert wurde, aber es sieht nicht so aus, als wäre der noch erhalten.

Das grösste Problem des Films ist allerdings sein Hauptdarsteller Vincent Price. Theoretisch ist es zwar ganz erfrischend, Price, ähnlich wie in Witchfinder General mal vollkommen gegen den Typ gecastet zu sehen, aber die Rolle ist schlichtweg nichts für ihn. Price ist mir für diesen Charakter einfach zu sehr Weichei – in Witchfinder General gelang es ihm, dieses Vorurteil gekonnt zu widerlegen, aber hier ist er mir einfach zu oft zu weinerlich – ich kann ihm das „Monster“ nicht wirklich abnehmen. Aber zweifellos handelt es sich mal um eine völlig andere Rolle für Price und auch wenn er über weite Strecken nicht überzeugend agiert (vielleicht ist man aber einfach zu sehr seine Performances in den Corman´schen Poe-Verfilmungen gewohnt), ist es zumindest interessant, ihn in einer sehr untypischen Rollengestalt zu sehen. Dennoch: es gelingt ihm nicht, den Film zu tragen, was um so wichtiger wäre, als der Streifen praktisch zu 50 % eine One-Man-Show ist. Man mag ihm nicht übelnehmen, dass er an eine preiswerte Italo-Produktion nicht all sein schauspielerisches Herzblut vergossen hat, aber ein wenig mehr Tiefgang hätte ich mir gewünscht, so bleibt die Zerrissen- und Zerrüttetheit, die einen komplexen Charakter wie Morgan auszeichnen sollte, oft nur angedeutet.

Seine Co-Akteure haben sowieso nur wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen und da Price der einzige Nicht-Italo-Schauspieler ist, ist das vielleicht (Vorurteil ahoi) auch ganz gut so. Franca Bettoia (Ruth) schlägt sich recht wacker mit dem recht wenigen an Screentime, das ihr zur Verfügung steht. In ihrer Vita stehen als wohl hierzulande bekannteste Werke das Wikinger-Stück Die Normannen und zwei Sandokan-Filme. Giacomo Rossi-Stuart (Ben) dagegen ist ein wahrer Veteran und Vielspieler in der italienischen Schundfilmgeschichte: Caltiki, The Undying Monster, Bavas Operazione Paura (ok, kein Schundfilm), War Between The Planets, The Night Evelyn Came Out Of The Grave, Emmanuelle in Bangkok, War of the Robots und unzählige andere Spaghettiwestern, Sandalen-, Horror- und SF-Filme zieren sein Ouevre. Hier agiert Rossi-Stuart in den Passagen, in denen er einen Menschen spielt, fast schon italo-typisch hölzern – der Meister schafft das Kunststück, als untoter Vampir lebendiger zu wirken als als „gesunder“ Mensch. Auch´n Kunststück.

The Last Man on Earth stellte sich mir, wie schon erwähnt, als australische DVD vor, die ist zwar hübsch aufgemacht, hat aber einen Print zur Verfügung, der sich eigentlich in die Ecke stellen und schämen sollte – verwaschen, unscharf, wie bei Schlechtwetter über Antenne aus´m Fernsehen aufgenommen (ironischerweise beginnt das Programm dann auch mit dem Insert „American International Television presents“ – wer in letzter Zeit, wie ich, zuviele DVDs aus dem Haus Madison gesehen hat, sollte hier mal auf 4-fach-Zoom schalten und dann freudestrahlend seine Night of the Crow-DVD anbeten, das ist ein Transfer mit der ganz groben Kelle, zudem nicht im korrekten Widescreen-Format präsentiert (der Transfer ist ca. 1.6:1, der Film dürfte aber ein Aspect Ratio von ca. 1.85:1 ausgewiesen haben – besonders deutlich im gestreckten Vorspann). Der Ton ist auch nicht wirklich klasse (Dolby Digital Mono) und rangiert gelegentlich hart an der Unverständlichkeitsgrenze (Untertitel gibt´s nicht). Als Extras gibt´s Biographien zu Richard Matheson und Vincent Price sowie eine „Filmanalyse“ in Form einiger recht informativer Texttafeln.

Also dann, langsam das Schlusswort vorbereiten: Richard Matheson kann sich eigentlich nicht recht beschweren, im Vergleich zur ultimo-machismo-Fantasy The Omega Man bleibt The Last Man on Earth ideologisch-inhaltlich recht nah an der Vorlage (zugegeben, das ist Hörensagen, da ich zu meiner Schande von Matheson bis auf Hell House nichts gelesen, aber um so mehr gesehen habe). Die Story ist clever und kann als direkter Wegbereiter für die Horror-New-Wave gesehen werden, die George Romero mit seinem ersten Zombie-Schocker wenige Jahre später lostreten sollte, eine Abkehr vom „romantischen Grusel“ der 50er hin zum taffen, verstörenden, „kalten“ Horror der 70er (was die düstere, beklemmende Atmosphäre angeht, obgleich ein guter Teil des Films in strahlender Helligkeit spielt; blutige Gore-Effekte wird der geneigte Konsument natürlich vergeblich suchen). Mit einem anderen, vielleicht weniger „vorbelasteten“ Hauptdarsteller und einer insgesamt etwas strafferen Inszenierung würde The Last Man on Earth sicher auf einem Podestplatz der modernen Horrorklassiker hocken, so bleibt das eigentliche Filmvergnügen zwiespältig – filmhistorisch interessierte Horrorfreaks sollten den Streifen aber definitiv mal anchecken – die Erkenntnis, dass sich eine ganze Menge späterer Regisseure und Autoren an Stil, Story und Intention dieses Films orientiert haben, bis hin zu Danny Boyle und 28 Days Later wird sich aufdrängen. Interessanter Stoff, aber nicht gerade Partymaterial.

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 6


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