The Hollywood Strangler Meets The Skid Row Slasher

 
  • Original-Titel: The Hollywood Strangler Meets The Skid Row Slasher
  •  
  • Regie: Ray Dennis Steckler
  • Land: USA
  • Jahr: 1979
  • Darsteller:

    Pierre Agostino (Johnathan Click, the „Hollywood Strangler“), Carolyn Brandt (The Skid Row Slasher), Chuck Alford, Jim Parker, John Leeman, Denise Alford, P.J. Parker, Snowy Sinclair, Forrest Duke, Trish Mopes, Jean Roberts, Lori Morris, Bonnie Smith


Vorwort

Stecklern wir also wieder ein bisschen weiter.
 
Die 70er waren für Ray Dennis Steckler, wie für viele Independent-Filmemacher, keine besonders leichte Zeit. Selbst größere Player wie AIP mussten konsterniert zukucken, wir ihr Geschäftsmodell sich langsam, aber beständig zu einem Auslaufmodell entwickelte. Die Grindhouses, die Drive-Ins, bis dato zuverlässige Abnehmer für unabhängig produzierte B-(and less)-Movies gewesen, verlegten sich entweder auf das neue lukrative Porno-Geschäft oder begannen, da sich ihrem Teenage-Publikum mittlerweile anderweitige Gelegenheiten boten, sich die Zeit zu vertreiben, auszusterben. Wie so mancher seiner Zeitgenossen blieb auch Steckler nichts anderes übrig, als sich mit der detaillierten Dokumentation des Austausches von Körperflüssigkeiten zu befassen, und wer ein paar Interviews mit dem Mann gesehen hat, dem ist klar, dass das absolut nichts war, das er aus Überzeugung oder Leidenschaft tat, sondern schlicht und ergreifend, um irgendwie im Business zu bleiben.
 
Aber auf die Dauer macht die schönste Pornofilmerei eben nicht glücklich, und als Steckler als potentieller Geschworener zur Jury-Auswahl vorgeladen wurde und dabei seinen alten Bekannten Pierre Agostino, der in den frühen 70ern ein paar kleine Parts in Grindhouse-Roughies gespielt hatte und sich jetzt als Häusermaler durchschlug, kamen die beiden Herren, nachdem sie sich erfolgreich vorm Geschworenendasein gedrückt hatten, schnell überein, ein gemeinsames Filmprojekt auf die Beine zu stellen.
 
Das Resultat war dann THE HOLLYWOOD STRANGLER MEETS THE SKID ROW SLASHER, was spektakulär klingt, aber dass Meister Steckler ein Händchen für reißerische Titel hat, die nicht wirklich viel mit dem sich dahinter verbergenden Film zu tun haben, ist nun auch keine neue Erkenntnis.
 
Vermutlich eher retroaktiv gab Steckler den Film als „Sequel“ zu seinem kleinen Grindhouse-Wunder THE THRILL KILLERS aus – auch wenn es im Film selbst nie erwähnt wird, soll der „Hollywood Strangler“ auf den bürgerlichen Namen Johnathan Click hören und ist damit ein Verwandter der mörderischen Mordbuben Herbie und Mort „Mad Dog“ Click aus THE THRILL KILLERS. Kucken wir mal, ob das dem Film weiterhilft.
 


Inhalt

Eigentlich könnte ich mir eine Handlungsnacherzählung getrost schenken, denn so etwas wie eine echte Story hat der Film nicht (was AUCH wieder nichts grundlegend Neues ist, wenn man sich nicht zum ersten Mal mit Steckler befasst). Ich fasse daher die ganze Chose mal etwas zusammen.
 
Unser Protagonist ist die Verkörperung der ersten Titelhälfte, nämlich der „Hollywood Strangler“ (Pierre Agostino)  den aber auch niemand im Film so nennt. Sein schwurbeliger Voiceover legt uns nahe, dass der Würger ein frauenhassendes Arschloch ist. Nun wird nicht jedes frauenhassende Arschloch automatisch auch zum Mörder, aber ihn hat’s schwer erwischt. Er war wohl mal mit einer gewissen Marcie zusammen, und für ihn war die Gutste ein Ausbund an moralischer Reinheit, Integrität und Loyalität. Zumindest solange, bis er realisieren musste, dass sein Augenstern hinter seinem Rücken als Sexy-Fotomodell für zahlende Kundschaft tätig war und ihn auch noch ganz körperlich-koital mit anderen Kerls betrog, woraufhin er sie in gottgefälliger Gerechtigkeit mit den eigenen zwei Patschehänden entleibt habe.
 
Und wie das nun mal gern so ist, kam er in seinem kranken Hirn zu dem naheliegenden Schluss, dass wenn eine Frau ein durchtrieben-falsches unmoralisches Miststück ist, zwangsläufig ALLE Frauen durchtrieben-falsche unmoralische Miststücke sein müssen, und es nunmehr seine heilige Aufgabe sei, die Welt von den Schlampen zu befreien. Dabei allerdings hofft uns Würger trotzdem, bei seinen diesbezüglichen Aktivitäten ein anständiges Frauenzimmer zu finden, das nicht aus geringstem Anlass – oder ganz ohne – ihre Möpse auspackt oder anderweitig eindeutig zweideutige Avancen unterbreitet.
 
Sein persönlicher Feldzug gegen frei entfaltete weibliche Sexualität kombiniert mit der Fahndung nach einer reinen unverdorbenen Seele unterliegt aber einem gewissen grundsätzlichen Denkfehler.  Er sucht nämlich ausnahmslos unter den Junghühnern, die ihre Körper – bzw. zumindest die Ablichtung deselben – gewerblich feilbieten. Wie viele unverdorbene Seelen wird’s in dieser Gruppe wohl geben?
 
Dementsprechend enden die entsprechenden Verabredungen dann auch stets nicht mit der Entdeckung der erhofften Seelenverwandten, sondern spätestens, wenn das Model einen verführerischen Blick aufsetzt oder vorwitzig das Oberteil lüpft und den Blick auf das, was der Herrgott ihr mitgegeben hat, freigibt, mit der Alternative Würgi-Würgi (Seitenbemerkung: Gab es eigentlich wirklich mal so ein großes Angebot mit entsprechender Anfrage an, sagen wir mal, „erotischen Fotomodellen“ zum Selbstabknipsen? Ich hab das jetzt in ein paar Filmen aus den 70ern gesehen, kann mir das aber irgendwie nicht so recht vorstellen. War das ein filmischer Euphemismus für Prostitution, um etwaiger Zensur durch die jeweiligen Staatsmächte vorzubeugen oder gab’s wirklich eine Szene von Hobby-Akt-Fotografen und die damit korrespondierende Szene von Aktmodellen?).  Jedenfalls hat der Würger schnell zwei Grazien eigenpfötig stranguliert – es werden nicht die letzten Opfer des Würgers sein, der allerdings den nicht zu unterschätzenden Vorteil hat, in einem Universum zu amtieren, in dem die professionelle Verbrechensbekämpfung durch die Polizei offensichtlich nicht erfunden wurde. Hell, bis zum Finale wird der Würger satte neun Mädels ermordet haben, und es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass das die Ordnungsmacht auch nur peripher tangieren würde. Selbst dem blindesten Bullen sollte eine Mordserie mit einer ziemlich eng gefassten Opferauswahl spätestens nach dem dritten Kill gelinde zu denken geben, und es ist auch nicht so, als würde unser würgender Freund sich große Mühe geben, seine Spuren zu verwischen. Fingerabdrücke oder DNS müsste es an den Tatorten im Dutzend billiger geben.
 
Nun, sei’s drum. Wenn der Würger nicht gerade würgt oder die neusten Anzeigenblätter nach potentiellen Opfern durchstöbert, steht er dumm aufm Bürgersteig rum, fotografiert wildfremde Frauen, die an ihm vorbeilatschen, und hängt seinen finsteren Gedanken nach (dies natürlich deswegen, weil Steckler weiß, wie man billig Laufzeit schindet – man filme einfach guerilla-style beliebige Straßenszenen). Eines schönen Tages steht er gegenüber einem Pornokino, neben dem sich ein Second-Hand-Buchladen häuslich eingerichtet hat (manch Rezensent behauptet, es handele sich, der Nachbarschaft entsprechend, um einen solchen, der sich speziell auf unanständige Ware spezialisiert hat, aber dafür gibt’s im Film eigentlich keinen echten Hinweis). Dort sitzt eine rassige Rothaarige an der Kasse (Carolyn Brandt, die schon seit Jahren von Steckler geschieden war, aber nichtsdestotrotz immer noch zusammenarbeitete, und, ja, rot ist durchaus eine Farbe, die sie tragen kann), und aus unerfindlichen Gründen kapriziert sich unser Würgemann darauf, dass dieses attraktive Gerät die reine Seele und damit der perfekte Marcie-Ersatz sein könnte, nach der er sich so sehnt (was auch wieder meine These, dass es sich um einen ganz gewöhnlichen Used-Books-Store handelt, stützt – würde Rotfuchs pornografisches Material verticken, käme sie für die „Reinheit“ ja per Definition nicht in Frage). Der Würger betritt den Laden und kuckt dort pro forma in die Regale, wagt es aber nicht, die Rothaarige anzusprechen. Die hat auch ganz andere Sorgen, denn ein volltrunkener Stadtstreicher vorgerückten Alters hat sich ebenfalls in den Laden gewalzt. Vermutlich, um dort in Ruhe ein paar Schluck aus seiner Fuselflasche zu inhaftieren – sieht nämlich nicht so aus, als wäre der Alki (Chuck Alford) sonderlich belesen. Beim Wieder-Rausstolpern bietet der Süffel großzügig dem Redhead einen freundlichen Schluck an, was aber nicht dankend, sondern deutlich sichtbar angeekelt, abgelehnt wird. Achselzuckend wankt der Saufbold aus dem Laden und zwei Ecken weiter und lässt sich auf einem kleinen begrasten Flecken neben einem Müllcontainer und unter einer Feuerleiter zur gesegneten Nachtruhe nieder.
 
Wenig später sperrt Roti ihren Laden zu und folgt der vermutlich fröhlich dünstenden Fährte des Vagabunden. Der kuckt dann auch angemessen wie ein Fahrrad, als sich die Frau vor ihm aufbaut und ein Schnappmesser zückt, das sie ihm dann ohne großes Federlesens in den Hals rammt. Der Alki spuckt literweise Blut und verröchelt, und wir wissen jetzt auch, wer die zweite Titelhälfte, ergo den Skid Row Slasher, personifiziert. Von ihr erhalten wir leider, leider keinen erhellenden voiceover, aber im Begleitinterview meint Steckler, dass das auch nicht nötig wäre – sie killt sabbernde alte Alkoholiker männlichen Geschlechts, also müsste jedem Zuschauer klar sein, dass sie als Kind von ihrem saufenden Vater missbraucht wurde, Psychology 101.
 
Nun, der Würger ahnt von dem bezaubernden Hobby seiner letzten Hoffnung auf anständiges Weibsvolk nichts und geht lieber seinem Tagwerk nach (apropos „Tagwerk“ – ein solches in ursprünglichem Sinne, also eine Erwerbstätigkeit, scheint er nicht zu haben. Wer sich dann fragt, wie er sein Fotografenhobby finanziert, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er seine Fotomodelle ja eher grundsätzlich nicht bezahlt…).
 
Auf diese Weise machen wir jetzt weiter – unsere beiden Killer killen vor sich hin, wobei der Würger meist aus der Ferne (d.h. der anderen Straßenseite) die Slasherin anhimmelt, ohne zu ahnen, dass deren vermeintliche Reinheit zumindest arg diskutabel ist, wobei, rein nach Punkten gerechnet, der Würger bis zum Showdown einen deutlichen 9:4-Vorsprung an Leichen aufbauen wird. Immerhin – während die Slasherin stur mit ihrem Halsstich arbeitet, legt der Würger ein wenig Abwechslung an den Tag und erdrosselt seine Opfer auch mal mit ihrem eigenen Bikini-Top, ersäuft sie in einem Swimming Pool oder erstickt sie mit einem Kopfkissen. Und er erlaubt sich sogar einen kleinen Ausreißer in der Opferwahl – bei seinem ersten Besuch in Slasherines Laden war nämlich auch ein Girl in orangenem T-Shirt anwesend und *die* war dem Würger nun auf Anhieb unsympathisch. Deswegen versteckt er sich später auf dem Rücksitz ihres auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellten Trans-Am, während die Holde Shoppen geht und erwürgt sie dann (in plain sight of just about everyone), als sie sich nach dem Einkauf wieder auf dem Fahrersitz niederlässt.
 
Zwischendurch haben wir auch noch Zeit für die wohl rätselhafteste Szene des Films. Der Würger besucht eine Art Nachtclub, aber einen solchen, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Das Etablissement ist offenbar eine Art Mischung aus Roller Disco und BDSM-Dungeon mit starkem Femdom-Einschlag. Ich weiß ehrlich nicht, was der Würger sich von dem Besuch erhofft, zumal er ganz gewiss nicht die Zielgruppe des Ladens zu sein scheint… jedenfalls spielt dort ein Dame etwas vorgerückten Alters mit ebenso unbedeckten wie hässlichen Riesentitten (mit deutlich sichtbaren Adern) auf Rollerskates so etwas wie die Zirkusdirektorin auf der, äh, Rollfläche, und um sie herum kreiseln diveres bunt geleidete Rollergirls und zwei praktisch nackte Burschen, die auf ihren eigenen nackten Füßen traben müssen und von ihren Herrinnen an der Leine geführt werden. I just don’t… no, I just don’t, generally (ich vermute mal, dass Steckler den Laden zufällig gefunden und dann unbedingt eine Szene drin drehen wollte. Handlungsrelevant ist das nicht, der Würger tut den hier herumskatenden Mädels auch nix. Und dass er an die Tittenmatrone keine Hand anlegen mag, verstehe ich aus allgemein-ästhetischen Gründen durchaus).
 
Nun, wir wissen alle, worauf die ganze Chose hinauslaufen muss (schon gut, prinzipiell traue ich *auch* Steckler zu, dass er uns mit dem Titel knallhart belügt, aber wir haben den Strangler, wir haben den Slasher, dann werden wir ja wohl doch auch zum „meet“-Part kommen). Kurz vor Toresschluss nimmt der Würger seinen ganzen Mut zusammen und folgt der Slasherin, die – hint-hint – zuvor eine kleine Einkaufstour in einem Laden für „occult supplies“ absolviert hat, in ihren Laden. Die Slasherin zieht sich in ihr Büro im hinteren Bereich des Shops zurück, was dem Würger Gelegenheit bietet, die Ladentür abzusperren, anderweitige Kundschaft glänzt derzeit mit Abwesenheit. Während die Slasherin ihre Einkäufe verstaut, inspiziert der Würger das Büro und muss nun auch feststellen, dass es mit der Reinheit seiner Hoffnungsträgerin nicht so weit her ist, sind die Wände doch mit allerhand Bondage-Gear dekoriert und steht ein Kindersarg mit einem Totenkopf an der Wand… Als die Slasherin zurückkommt, betrachtet sie den Eindringling wortlos, pflanzt sich an ihren Schreibtisch und legt demonstrativ die schmucken Beine auf den Tisch. Klare Sache, auch dieses Weib versucht nur, unseren armen Strangler ganz gemein zu verführen. Es muss also gewürgt werden…
 
Der Würger macht sich ans wohlfeile Werk, aber die Slasherin heißt ja nicht Slasherin, weil sie der größte Fan eines gewissen haarigen Guns’n’Roses-Gitarristen ist, sondern weil sie ohne ihr schmuckes Schnappmesser nie die Wohnstube verlässt. Und nur weil man gerade erwürgt wird, heißt das ja lang noch nicht, dass man dem Würger das Messer nicht mehrfach in die Plauze stechen kann. Zwar reicht die Messerstecherin ob des nicht nachlassenden Drucks um die Luftröhre als erste den terminalen Abschied ein, aber der Strangler kann auch nur noch mit Müh und Not aus dem Laden stapfen und bricht dann, vor dem Aushangkasten des Pornokinos (DEEP THROAT bewerbend), zusammen und verblutet malerisch…
 
 
 
Steckler ist irgendwie schon ein Phänomen – je mehr Filme er gemacht hat, desto billiger, simpler und, well, yeah, „schlechter“ wurden sie. Seine frühen Filme wie THE INCREDIBLY STRANGE CREATURES oder THE THRILL KILLERS mochten auf ihre Weise idiosynkratisch sein (der erstere mehr als der zweitere), aber sie sahen im Vergleich zu dem, was andere Low-Budget-Independents auf die Beine stellten, nun auch nicht ausnehmend schlecht aus. Da „kommerzieller Erfolg“ aber etwas war, was Steckler zeitlebens großräumig umfuhr, und es naturgemäß für den Maestro immer schwerer wurde, auch nur für Outsider-Indie-Verhältnisse messbare Budgets aufzutreiben (BLOOD SHACK, erinnern wir uns, entstand für 500 lausige Kröten), musste er immer größere Kompromisse eingehen, um etwas auf Film zu bannen, das wenigstens ansatzweise seinen Ideen und, eh, „Visionen“ entsprach.
Steckler war aber durchaus jemand, der zumindest auf seiner Sicht stets bemüht war, aus der finanziellen Not eine, ähem, künstlerische Tugend zu machen, und beabsichtigte dies auch beim HOLLYWOOD STRANGLER zu tun. Steckler konzipierte den Film als komplett dialogfreie Angelegenheit, nur unterlegt von den Geräuschen der Straße, der Großstadt – praktisch wie Ed Wood sich sein geliebtes I WOKE UP EARLY THE DAY I DIED-Script vorstellte und Aris Iliopulos es 1998 auch weitgehend umsetzte. Nun war aber ein avantgardistischer Exploitationfilm etwas, was 1979 auf dem Markt ungefähr die gleichen kommerziellen Aussichten hatte wie ein authentischer Kinderporno (womöglich eher weniger, hust). Um überhaupt so etwas Ähnliches wie einen professionellen Vertrieb zu bekommen, wurde Steckler genötigt, den voiceover hinzuzufügen (was BLADE RUNNER recht war, konnte einem HOLLYWOOD STRANGLER ja auch nur billig sein…). Da der weltweite Kassenerfolg nun doch eher ausblieb, hätte sich Steckler das aus reiner auteur-Sicht dann auch bleiben lassen können…
 
Andererseits… es ist schon ganz gut so, denn auch wenn der voiceover naturgemäß schwurbelig ist (das hat Steckler sicher von Coleman Francis gelernt), ist er nicht unnütz – es wäre sonst schon einigermaßen schwierig, des Stranglers Motivation nachzuvollziehen und hätte ihn in einen ganz simplen Frauenhasser verwandelt; die Ebene der Suche nach der „reinen“, unverdorbenen Frauenseele, die ihn erst überhaupt den Kontakt zur Rotfuchslady aufnehmen lässt, wäre sonst ziemlich auf der Strecke geblieben. Naja, sofern wir als Zuschauer überhaupt das Interesse aufbringen, das „warum eigentlich“ ernstlich zu hinterfragen.

Der Film hat natürlich keinerlei Dramaturgie, von der er wüsste. Wie schon oben in der Inhaltsangabe angedeutet, ist es eine bloße Abfolge der ewig gleichen Szenen – der Würger steht auf der Straße rum und kuckt doof, sucht dann irgendeines der Fotomodelle heim, tut so, als würde er sie in den diversen Posen, die das Model ihm vorpost, ablichten (wie er spät im Film „enthüllt“, hat er nicht mal nen Film in der Kamera), kommt eher früher als später zum Schluss, dass sein Motiv eine genauso miese Schlampe ist wie alle anderen Weiber, und bringt sie um. Das wiederholt sich mindestens einmal, dann schalten wir wie nach Uhrwerk um zur Slasherin, der mal wieder ein weinseliger Süffel krumm kommt, weswegen sie ihn absticht, rinse, repeat. Das ist wirklich der völlige Verzicht auf einen Narrativ, noch heftiger als im eh schon sehr sehr dünnen BLOOD SHACK (dem letzten „seriösen“ Film, den Steckler vor diesem hier drehte). Echte Dialoge gibt’s nicht, die paar Lines, die tatsächlich von der Tonspur hallen, sind natürlich alle in der Nachvertonung von hochgradig motivierten Sprechern und Sprecherinnen eingesprochen worden (bei den Mädels bestehen die Zeilen eh meist nur aus „do you like that pose? How about that?“ o.ä.), natürlicher geht’s kaum (this me being sarcastic again).

Der geneigte Leser kann sich sicherlich auch vorstellen, wie das ganze in der filmischen Umsetzung aussieht. Wir haben jede Menge (und ich meine JEDE MENGE) wild geschossener Straßenaufnahmen von L.A., wo stinknormale Los Angeloser ihren alltäglichen Verrichtungen nachgehen, nichtsahnend, dass Steckler sie gerade für einen Exploitationfilm abfilmt. Ich möchte nicht verabsäumen, meiner gewissen Bewunderung für die Szene Ausdruck zu verleihen, in der eine durchaus hübsche Frau, die aber keinesfalls mit der Filmproduktion zu tun hatte, sondern eben einfach zufällig grad vorbeischarwenzelte, am an einer Wand herumlümmelnden Strangler vorbeiläuft und Steckler ihr per Nachvertonung ein paar Lines in den Mund legt, die sie zur Nutte, die versucht, den Strangler aufzureißen, stilisieren. Kann man ja für die Lady nur nachträglich dankbar sein, dass seinerzeit kein Mensch den Film gesehen hat…

Die, eh, „handlungsintensiveren“ Szenen, also in den jeweiligen „Apartments“ der Models und dem Buchladen, sind dem Vernehmen nach nicht in L.A., sondern Stecklers damaliger Heimat Las Vegas gedreht worden. Fällt im Film nicht auf, der, wenn man es positiv sehen will, ein durchaus authentisch wirkendes Bild des „seedy underbelly“ einer US-Metropole (ob nun Vegas oder L.A. Ist im Endeffekt ja auch wurscht) aus einer Ära zeigt, die sich langsam, aber sicher, ihrem Ende zuneigte. Will man’s negativ sehen, sind’s einfach amateurhaft geschossene „random scenes“, was die Straßenszenen angeht, und äußerst simpel, mit geringstmöglichem Aufwand realisierte Interiors.

Den Score hat Stecklers Spezi Andre Brummer aus Archivmusik zusammengestellt, und wiewohl gerade zu Beginn einige interessante Themes ausgepackt werden (z.B. ein hübsch passend pumpender Synthi-Track zum zweiten Mord), gehen Brummer mit fortschreitender Filmlaufzeit merklich die Ideen für passende Begleitmusik ausgeht und er am Ende bei 40er-/50er-Melodrama-Filmscores landet (nehme ich zumindest an).

Eine große Frage, die sich stellt, ist allerdings die, wie Steckler glaubte, mit dem Gezeigten an Sex und Gewalt mit dem modernen Horror-, Thriller- und/oder Erotikkino, wie es sich Ende der 70er etabliert hatte, mithalten zu können. Steckler ist bekanntlich vom Herzen her weder ein Gore- noch ein Sexfilmer (seine Pornos,s .o., notwithstanding) und praktisch alle seine Filme sind davon gezeichnet, in dieser Hinsicht so wenig wie möglich, ohne vom wütenden Publikum verprügelt zu werden, zeigen zu wollen. Der HOLLYWOOD STRANGLER macht da keine Ausnahme – seine Gewaltszenen sind auch für 1979 sehr zahm. Die Würger-Morde sind sowieso unblutig, und wenn die Slasherin zuschlägt, suppt zwar ordentlich der rote Saft, aber einen echten „Make-up-Effekt“ sucht man vergebens – Steckler gibt uns jeweils eine Großaufnahme des Messers (lustigerweise hat er sich in einer Szene beim Schnitt vertan und blendet das blutige Messer formatfüllend ein, bevor die rote Lady überhaupt zusticht), Schnitt, und dann hält sich das Blut spuckende Opfer schon die Hände vor die Gurgel. In Sachen Nacktheit/Sex gilt in etwa das selbe – zwar ziehen eine ganze Menge der von Steckler vor die Linse geschleiften Mädels zumindest obenrum blank (nur eins lässt dann auch den Slip fallen), aber das bleibt alles trotzdem noch „unschuldig“ und zahm, da hatte der 70er-Sexploiter schon ganz andere Geschütze aufgefahren; es ist in der Hinsicht eine kleine Wäsche- und Tittenschau, aber in dem Sinne kein „roughie“ (auch die Morde des Würgers haben keine plakative sexuelle Komponente, sind also nicht „rapey“, ganz im Gegenteil ist der Würger ja im Filmkontext angewidert von der Zurschaustellung weiblicher Anatomie). Das mag Stecklers persönlichem Geschmacksempfinden entsprechen, dem kommerziellen Potential hat’s sicher nicht geholfen.

Schauspielerisch ist hier natürlich auch nicht viel zu holen. Pierre Agostino ist so gut man als bestenfalls viertelprofessioneller Schauspieler in einer Rolle, die eigentlich darauf ausgelegt ist, nur mit Mimik, Gestik und Blicken den psychischen Zustand des Charakters darzustellen, eben sein kann, Carolyn Brandt ist mit knapp 40 natürlich nicht mehr ganz in dem fabrikneuen Zustand von Stecklers früheren Filmen, aber immer noch auf eine sehr MILFige Weise attraktiv; sie erledigt den Job sehr stoisch, mit einem, maximal zwei festgefrorenen Gesichtsausdrücken.

Die Bildqualität der Media-Blasters-DVD (1.85:1 anamorph) ist okay für die Sorte Film, mit der wir’s zu tun haben, die Tonspur (Dolby Mono) wird ein ordentliches Heimkino bestenfalls erschrecken… Als Extras gibt’s eine Einführung von Joe Bob Briggs, einen Comedy-Audiokommentar mit selibigem Trashfilmguru, aber auch einen ernsthaften Regiekommentar von Steckler, Videointerviews mit Steckler und Carolyn Brandt, eine Still- und Artwork-Galerie sowie den Trailer.

Steckler selbst sagt im Interview, dass er von keinem seiner Filme soviele VHS-Tapes verkauft habe wie von diesem (was natürlich auch daran liegen kann, dass seine bekannteren Filme legitime Vertreiber gefunden hatten und der geneigte Kunde nicht davon abhängig war, den Stoff direkt vom Erzeuger zu kaufen), und er mag (Stand 2004, als die DVD rauskam) den Streifen immer noch. Naja, einer muss ja… Es ist natürlich alles andere als ein guter Film, und selbst den Qualifikator „Film“ an und für sich würde ich nicht völlig bedenkenlos unterschreiben – erwartet man eine echte Geschichte, so mit Charakteren, Narrativ, Motivationen und Dialogen, sitzt man natürlich ebenso grundfalsch wie Gorehounds, die auf garstige Morde hoffen oder Voyeure, die angesichts der auch auf der DVD angegebenen Genre-Klassifikation „Erotic/Horror“ auf an- und erregende Ein- und Ausblicke hoffen. Aber auch hier – ganz verteufeln kann ich den Streifen nicht, er hat einen gewissen Gonzo-Charme (vielleicht gerade durch Stecklers zwischenzeitliche Porno-Erfahrungen) und funktioniert in einem gewissen begrenzten Rahmen als einigermaßen authentische, ungeschminkte Zeitkapsel in diese schmuddlig-schmutzige End-70er-Phase, in der noch niemand wusste, wie genau sich alles gesellschaftlich weiterentwickeln würde. Nicht unbedingt das, was ich entspannte (oder „gute“) Unterhaltung nennen würde, aber ein nicht völlig wertloses Zeitdokument… (und Ted Bundy war ein Fan, der angeblich sogar ein VHS-Tape in seiner Zelle hatte. Wer kann das schon von seinem Film behaupten?)

© 2020 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 9

BIER-Skala: 4


mm
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2 Comments
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Diamond Bentley
Editor
Diamond Bentley
10. März 2020 19:34

[…]und Ted Bundy war ein Fan, der angeblich sogar ein VHS-Tape in seiner Zelle hatte[…]

best Trivia ever

Dr. Acula
Dr. Acula
10. März 2020 20:47

Gut, es hätte auch Al Bundy sein können…