The Hitcher (2007)

 
  • Deutscher Titel: The Hitcher
  • Original-Titel: The Hitcher
  •  
  • Regie: David Meyers
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Sean Bean (John Ryder), Sophia Bush (Grace Andrews), Zachary Knighton (Jim Halsey), Neal McDonough (Lt. Esteridge), Kyle Davis (Tankwart), Skip O’Brien (Sheriff Harlan Bremmer sr.), Travis Schuldt (Sheriff Harlan Bremmer jr.), Danny Bolero (Officer Edwards)


Vorwort

Die College-Studenten Grace und Jim zieht’s in den Frühlingsferien in die weite Welt hinaus – Jim soll Graces Freundinnen vorgestellt werden und abgesehen davon geht’s natürlich um’s Partymachen. Der Weg ist weit und wird mit dem Automobil bewältigt. In einer regnerischen Nacht überfährt Jim beinahe einen liegengebliebenen Autofahrer. Er würde den armen Kerl gern mitnehmen, Grace ist strikt dagegen und setzt sich durch. An der nächsten Tanke trifft man sich aber eh wieder und John Ryder, so heißt der Pannenfahrer, bequatscht Jim (während Graces toilettenbedingter Abwesenheit), ihn doch zum nächsterreichbaren Motel mitzunehmen. Doch Ryder erweist sich als mordgieriger Psychopath – nur mit Mühe und in allergrößter Not gelingt es dem Studentenpärchen, den Killer während der Fahrt aus der Schleuder zu extrahieren…
Am nächsten Morgen werden Grace und Jim von einer vollbesetzten Familienkalesche überholt – wer sitzt dort mit fröhlichem Grinsen auf der Rückbank? Niemand anderes als John Ryder. Der Versuch unserer Helden, die Familie zu warnen, endet mit einem beherzten, wenn auch nicht gewünschten Sprung in den Straßengraben und einem Totalschaden. Einige Meilen weiter entdecken unsere nunmehr zu Fuß reisenden Studenten die schöne Bescherung in Form der hingemetzelten Familie, nur der Herr Papa ist, gerade eben so, noch am Leben. Der Versuch, den Verröchelnden zu einem Arzt zu schaffen, ehe er den Löffel reicht, scheitert spektakulär, Grace und Jim finden sich als dringend multipel mordverdächtig im Knast wieder. Die Befreiung übernimmt auf bewährt-blutige Art Ryder, dem es mittlerweile eine echte Herzensangelegenheit ist, die beiden zu entsorgen. Grace und Jim türmen in die Pampa und verstecken sich in einem Motel, aber auch dort spürt Ryder sie auf… kann State-Police-Lieutenant Esteridge, der nicht recht daran glauben mag, dass die zwei Studenten blutrünstige Bestien sind, rechtzeitig eingreifen?


Inhalt

Hitcher, die Ur-Version, ist ein kleiner Klassiker des 80er-B-Kinos, ein schnörkellos inszenierter Reißer, weitgehend perfekt aus dem Baukasten des Action- und Horrorfilms zusammengesetzt, perfekt besetzt mit Rutger Hauer als larger-than-life-Killer und C. Thomas Howell (der mal richtig gut war…) als sein designiertes Opfer. Eigentlich ein zeitloser Film, der 2009 noch genau so gut funktioniert wie 1986, und demzufolge ein Remake eigentlich völlig unnötig macht. Aber nicht für Michael Bay, der es sich offensichtlich zur Lebensaufgabe gemacht hat, noch wirklich JEDES Genre-Motiv seit Erfindung des Farbfilms für eine neue Generation neu aufzulegen – nach „Texas Chainsaw Massacre“ und „Amityville Horror“ (und vor den anstehenden Neuversionen von „Friday the 13th“ und „A Nightmare on Elm Street“) also der kleine fiese „Hitcher“.

Immerhin waren die Grundvoraussetzungen nicht die allerschlechtesten… Eric Red, der das Originaldrehbuch schrieb, ließ sich breitschlagen, mit Jake Wade Wall („When a Stranger Calls“-Remake) und Eric Bernt („Virtuosity“, „Highlander: Endgame“) das neue Skript zu fertigen und Sean Bean steht auf der kurzen Liste derjenigen Akteure, die man sich als würdige Rutger-Hauser-Nachfolger vorstellen könnte, sicherlich im oberen Drittel (aber schlagt mich tot – Hugh Laurie wäre jemand, den ich mir ohne weiteres als Ryder vorstellen könnte. Oder natürlich Vinnie Jones… Zufall, dass das alles, inkl. Bean, Briten sind?). Erfreulicherweise hält sich das „re-imagening“ der Story in engen Grenzen – teilweise funktioniert „Hitcher (2007)“ als shot-by-shot-Remake – Zugeständnis an „modernere Sehgewohnheiten“ (ob man sie mag oder nicht, bleibt an der Stelle mal dahingestellt) ist, dass man die Geschichte erheblich beschleunigt hat und mit dem Kunstgriff, von Anfang an ein „Heldenpärchen“ in den Mittelpunkt zu stellen, die einzigen Auszeiten des Originals (in dem erst umständlich eine „love interest“ für Jim etabliert werden musste und der ein oder andere langweilige character-Part zu überstehen war) eliminiert – in seinen knappen 74 Minuten (ohne Abspann) legt das Remake ein forsches Tempo vor, verzichtet auf jegliches human interest-Drama und begeht auch nicht den strategischen Fehler, den mysteriösen „Hitcher“ zu de-mystifizieren. John Ryder hat auch anno 2007 noch keine Motivation, die über „findet’s geil, Menschen umzubringen“ hinausgeht, ist noch genauso unerklärlich immer da, wo das Drehbuch ihn braucht und gibt natürlich auch den Hitcher-Trademark-Satz „Sag vier Worte. Sag: Ich möchte tot sein“ zum Besten. Der Eindruck, dass John Ryder eher in der Tradition von Jason Voorhees oder Michael Myers steht als in der „normaler“ Serienkiller, bleibt auch im Remake erhalten, das damit ebenfalls ein blanker Terrorfilm ist, in dem das Böse „einfach so“ über Figuren hereinbricht, die auch nach konservativer Horror-Logik nichts bestrafenswürdiges verbrochen haben. (SPOILER) Einzig mit dem – sicherlich zeitgemäßen – Rollenwechsel im Finale bin ich nicht ganz glücklich, da es die, ähm, „Glaubwürdigkeit“ des Streifens doch untergräbt, wenn im Showdown Sophia Bush zur rächenden Killermaschine wird (END SPOILER).

Ergo – im Drehbuchdepartment können wir kaum meckern, das Team um Eric Red widersteht der Versuchung, die simple Geschichte aufzublähen, im Gegenteil, sie wird sogar noch entschlackt und ganz auf das Duell Grace/Jim vs. Ryder, in dem Esteridge der mehr oder weniger hifllose Zuschauer ist, reduziert, ohne Zeit damit verschwenden zu müssen, das Heldenpaar erst noch zusammenzuführen. Ein seltener Fall – ein Remake, das nicht die (wenigen) Schwächen des Originals durch eigene „neue Ideen“ ersetzt, vielmehr ganz im Gegenteil noch mal eine solide Kante „tighter“ ist.

Musikvideoregisseur Dave Meyers (Bay arbeitet ja bevorzugt mit Kennern der Clip-Ästhetik, siehe Marcus Nispel), der neben Videos für Missy Elliott, Xzibit, J.Lo., OutKast, Britney Spears und The Offspring lediglich einen Spielfilm (ein von Rap-Mogul Master P. geschriebenes Vehikel für sich selbst und den Stand-up-Comedian Eddie Griffin namens „Foolish“, in dem immerhin auch B-Faves wie Andrew Dice Clay, Traci Bingham und Sven-Ole Thorsen mitwirkten) auf dem Kerbholz hat, muss angesichts des extrem straffen Scripts kaum großartig Tricks und Kniffe anwenden- und verzichtet dankenswerterweise auf hyperaktives 300-Einstellungen-pro-Sekunde-rapid-fire-Editing, wie es z.B. „Transformers“ vergrätzte -, um den Film, dem Thema angemessen, tempomäßig auf der Überholspur zu verorten. Auf der Negativseite summieren sich allerdings continuity-Fehler zuhauf (es lohnt sich allein schon die Frontscheibe des Halsey-Mobils zu achten) – wer immer dafür bezahlt wurde, die continuity zu wahren, sollte sich schämen. Auf einige unnötige CGIs für animal wildlife (wie einen Hasen und eine Libelle, die zermatscht werden) hätte ich gerne verzichtet. Diese Schönheitsfehler täuschen aber nicht darüber hinweg, dass der Streifen zweifellos sehr energisch und energetisch inszeniert wurde und, da haben wir einen weiteren Unterschied zum Original, in Punkto Action-Stuntwork und Gore ’ne deutliche Schippe drauflegt (und das auch in der von mir fehlkaufstechnisch erworbenen, um knapp 19 Sekunden gekürzten FSK-16-Fassung, die deutlich härter ist als die nicht jugendfreigegebene ungeschnittene Originalfassung, dafür aber ungefähr genauso lang wie die FSK-16-Rumpffassung des Originals). Die Autostunts sind wesentlich spektakulärer, die FX derbe blutig (in Tradition des Originals bleiben die Kills – d.h. die Tötungen z.B. der Kombi-Familie und der Cops im Sheriff Office selbst off-screen, in der uncut-Fassung dürfen wir – SPOILER – Jims Halbierung sehen. Was dem Film aber nicht entscheidend weiterhilft, da die Szene im Original auch prima ohne explizite Splattereien funktioniert hat).

Bays Haus-Komponist Steve Jablonsky („Texas Chainsaw Massacre“, Amityville Horror, „Transformers“) besorgt den effektiven Score, der Soundtrack überzeugt mit inspirierter Songauswahl (z.B. Nine Inch Nails „Closer“ zur zentralen Verfolgungsjagd).

Bevor jetzt der Eindruck entsteht, ich würde das Remake heiligsprechen und jedem raten, sein bislang heiß gehütetes altes 86er-Tape (oder die Special Edition-Doppel-DVD) wegzuschmeißen, ganz ohne Mecker lasse ich den Film dann doch nicht nach Hause. Und der Mecker begründet sich in der Schauspielerei und dort ganz besonders hinsichtlich der Heldenfraktion. Zachary Knighton (genremäßig bislang nur mit einer Mini-Rolle in „Cherry Falls“ aufgefallen und ansonsten zumeist im TV tätig) ist zwar zumindest mal optisch eine erfreuliche Ausnahme vom üblichen cookie-cutter-Unterwäschemodellook, aber ohne echte Ausstrahlung und C. Thomas Howell in keiner Sekunde ebenbürtig. Sophia Bush („Party Animals“, „Stay Alive“) *ist* dagegen eines dieser typischen hübsch anzuschauenden, aber absolut eigenschaftslosen „model-von-der-Stange“-Mädels (und in ihrem lingerie shot… also, bei aller Freundschaft, das ist anorexisch, um deren Taille kann ich ja mit einer Hand rumgreifen) und, wie schon erwähnt, als taffe Heroine von Drehbuchs Willen völlig unglaubwürdig. Neil McDonough („88 Minuten“, „Ich weiß, wer mich getötet hat“, „Desperate Housewives“ und M. Bison im anstehenden neuen „Street Fighter“-Film) agiert passabel als no-nonsense-Staatsbulle Esteridge. Und zu Sean Bean („Der Herr der Ringe: Die Gefährten“, „Troja“, „Equilibrium“, „Flightplan“) ist prinzipiell keine schlechte Wahl als John Ryder, aber aus dem übermächtigen Schatten von Rutger Hauer kann er trotz allen Bemühens um sadistische Präsenz und humorlose Bosheit nicht ganz treten. Ohne das direkte Vorbild wäre das sicher eine durchaus vertretbare Performance, aber im direkten Vergleich verliert Bean klar. Für meinen Geschmack hätte er doch ein wenig mehr aus sich heraus gehen können.

Bildqualität: Universum vertreibt den Film in der FSK-16-Version (wie erwähnt um knapp 19 Sekunden gekürzt und damit der deutschen Kinofassung entsprechend) und ungeschnitten ohne Jugendfreigabe, wobei die FSK-16-Kaufhausfassung auch ohne großartige Bonusfeatures auskommen muss. Der Bildtransfer (anamorphes 2.35:1-Widescreen) ist einem neuen Release angemessen gut, mit mehr als ordentlichen Schärfe- und Kontrastwerten und klagloser Kompression.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton jeweils in Dolby 5.1 werden mitgeliefert, optionale Untertitel liegen in den gleichen Sprachen vor. Die Synchro ist gut ausgefallen, die technische Umsetzung ebenfalls.

Extras: Die FSK-16-Fassung liefert nur den Kinotrailer mit.

Fazit: Die Neufassung von „The Hitcher“ macht es mir nicht leicht – ich kann’s nicht verleugnen, ich habe mich mit dem Streifen gut unterhalten, die 78 Minuten verfliegen im Nu und sind vollgepackt mit Action und kruden Effekten, aber letztendlich ist es ein unnötiges Remake, was sich schon allein an den zahlreichen, quasi 1:1-übernommenen „Zitaten“ aus dem Originalfilm festmachen lässt. Bay und Meyers gewinnen dem Stoff keinerlei neue Dimension, keine neue Idee ab, sie verfilmen nur die gleiche Geschichte, zwar rasanter und härter und im positiven Sinne gestrafft, aber mit durch die Bank etwas schwächeren darstellerischen Leistungen, noch einmal. Ich weiß, so „macht“ man’s heutzutage und wenn das Remake auch nur einen bislang ignoranten Zuschauer dazu veranlasst, sich den 86er-Film anzuschauen, ist das schon mal ein erfreulicher Begleitumstand. Letztlich trifft auch für „The Hitcher“ zu, was man schon zu „Texas Chainsaw Massacre“ (mehr) und The Amityville Horror (weniger) sagen konnte – er ist besser, als er von rechts und links wegen eigentlich sein dürfte, für sich allein gesehen auf jeden Fall akzeptable Genre-Unterhaltung, im Gegensatz zu (vor allem) „TCM“ aber keine wirklich neue Interpretation des Stoffes. Perfekt wäre ein Bastard aus dem reduzierten, schnellen Storytelling des Remakes mit den Charakteren und Darstellern des Originals – das wäre ein Film, bei dem schlicht jedem die Spucke wegbleiben würde. So schließe ich mit dem Urteil, dass „The Hitcher (2007)“ nicht enttäuscht, als „schlanke“ Variante des Themas in Ordnung geht, aber speziell den ikonischen Darstellungen von Howell und Hauer im Original, die einen beträchtlichen Teil seines Reizes ausmachen, unterlegen ist (und merke: 50-Kilo-max-Ladies SIND keine glaubhaften kick-ass-Killerbräute). Daumen in der Mitte.

3/5
(c) 2009 Dr. Acula


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