The Headless Ghost

 
  • Original-Titel: The Headless Ghost
  •  
  • Regie: Peter Graham Scott
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1959
  • Darsteller:

    Richard Lyon (Bill), Liliane Sottane (Ingrid), David Rose (Ronnie), Jack Allen (Earl of Ambrose), Clive Revill (Fourth Earl of Ambrose), Alexander Archdale (Sir Randolph, Earl of Ambrose), John Stacy (Parker), Josephine Blake (Dancer)


Vorwort

In der alten Burg des britischen Adelsgeschlechts derer von und zu Ambrose spukts – das behauptet zumindest der amtierende Earl, schon allein, weil das gut für’s Touristengeschäft ist. Der Schlossherr persönlich führt nämlich Ausflügler und Sightseer gegen das schmale Entgelt von 2 Shilling durch die Anlage und rezitiert die Geschichten seiner diversen herumgeisternden Vorfahren.

Die amerikanischen Austauschstudenten Bill und Ronnie sowie ihre gemeinsame dänische Freundin Ingrid sind sich uneins darüber, was von den Geistergeschichten gehalten ist. Ingrid als Angehörige eines mit Mythen und Legenden bestens vertrauten Völkchens (hm, sind die Dänen wirklich so?) glaubt’s unbesehen, Ronnie als Mann der Naturwissenschaft hält alles für Humbug, und Bill steht dazwischen – vor allem aber meint er, falls man die Existenz von Geistern belegen könnte, wäre das gut für seine Abschlussarbeit. Daher beschließt das Trio Infernal, sich heimlich in der Burg einschließen zu lassen und der Sache auf den Grund zu gehen.

Sie müssen auch nicht lang warten, dann manifestiert sich der vierte Earl von Ambrose direkt aus einem Gemälde (aha, daher hat dann wieder Joanne K. Rowling ihre Ideen geklaut). Der Geist ist zwar entzückt, mal mit attraktivem Weibsvolk sprechen zu können, gibt aber zu Protokoll, dass er und seine zahlreichen Spukkollegen nach 600 Jahren langsam die Nase voll vom Herumgeistern haben. Blöderweise lastet aber ein Fluch auf der Burg, und für den ist Geist Malcolm, der Kopflose, zuständig, der dereinst wegen Beteiligung an einer Erhebung gegen einer der zahlreichen Henrys eben um einen Kopf kürzer gemacht wurde. Solange sein kopfloser Körper und sein separat herumspukender körperloser Kopf nicht wieder vereinigt werden, fnden auch die anderen Geister des Hauses keine Ruhe. Das Problem ist, dass diese Vereinigung nicht stattfinden kann, bevor nicht jemand eine Ledertasche aus einer Geheimkammer geholt hat und sie unter Aufsagung einer magischen Formel gegen Malcolms Gemälde geschleudert hat – und das müsste dann auch noch ein Sterblicher sein. Wo dann, nach Ansicht des vierten Earls, unsere Helden ins Spiel kommen. Das Terzett, das die Existenz der Geister mit erstaunlicher Nonchalance aufnimmt, willigt ein – doch als sie von weniger angenehmen geisterhaften Erscheinungen ins Bockshorn gejagt werden (so wird Ronnie von einem axtschwingenden Ritter angegriffen und dürfen Bill und Ingrid die Ermordung einer der zahlreichen Ladys Ambrose akustisch beiwohnen, die von ihrem vom Kreuzzug heimgekommenen Ehemann erwürgt wurde, nachdem er bei der Heimkunft eine aus seiner Sicht unerfreuliche Diskrepanz der Kinderzahl vorher/nachher feststellen musste), verlässt sie rasch das Mütchen und es reift der Wunsch nach schleunigster Verdünnisierung.

Da hat nun allerdings nun wieder Malcolm himself was dagegen und stellt klar, dass es sich bei der Mission nicht um eine freiwillige handelt. Außerdem gibt er noch eine weitere Warnung mit auf den Weg – es gibt da noch den Geist von Sir Randolph und der ist die rühmliche Ausnahme von der Regel, die jede Menge Spaß am nächtlichen Herumspuken hat und sich diesen Zeitvertreib nicht ohne weiteres nehmen lassen wird…


Inhalt

Wenn man die Historie des Exploitationsfilms der 50er Jahre rekapituliert, muss man sich auch mit Herman Cohen befassen. Der Name mag heutigen Filmfans nicht so geläufig sein wie die ganz großen Regisseur/Produzenten-Nummern a la Roger Corman, Sam Arkoff oder Bert I. Gordon, aber der Bursche war wichtig. Einer von den vielen Filmschaffenden der 50er, die bereits als Kinder vom Kino-Virus infiziert wurden, begann er Anfang der 50er, selbst Filme zu produzieren (eines seiner ersten Werke war der heutige Trash-Klassiker „Bela Lugosi Meets a Brooklyn Gorilla“) und war eigentlich James H. Nicholsons erste Wahl als Partner für die Unternehmung, die später als AIP B-Film-Geschichte schreiben sollte (Cohen war seinerzeit vertraglich an United Artists gebunden, so dass Nicholson sich an Arkoff wandte. The rest, as one says, is history. Cohen blieb Nicholson aber so verbunden, dass er seine eigenen Produktionen größtenteils von AIP vertreiben ließ).

Cohens eigentlicher Anteil an der Geschichte des Horrorfilms ist vielleicht nicht die Erfindung, aber zumindest die Popularisierung des „Teen-Horrors“. Da mag unsereins heutzutage vielleicht fluchen und wehklagen, weil wir jahrzehntelang sprichwörtlich nichts anderes als Teen-Horror zu sehen bekamen (ein Trend, der sich ja erfreulicherweise in den letzten Jahren etwas geändert hat. Der Horrorfilm ist wieder etwas mehr „mature“ geworden, zumindest ist das mein Eindruck), aber in den Fifties war es eine kleine Revolution, Filme direkt auf ein jugendliches Publikum zuzuschneiden und den Kids, die mit Rock’n’Roll und Hot Rods gegen das „Establishment“ rebellierten, eigene filmische Identifikationsfiguren zu geben. Cohens erfolgreichste Filme waren fraglos „I Was a Teenage Werewolf“ (mit dem späteren TV-Star Michael Landon in seiner haarigsten Rolle) und „I Was a Teenage Frankenstein“) – genau das richtige Futter, zu dem High-School-Kids ihre Freundinnen mit ins Drive-in schleifen konnten und in den gruseligen Szenen… naja, ich breite den Mantel der Anständigkeit über die Aktivitäten, die auf den Rücksitzen so stattfanden.

Jedenfalls war die Sache lukrativ genug für Cohen, um mal auszutesten, ob das, was in Amerika funktioniert, nicht auch bei den Briten klappen könnte (allerdings hat man Cohen wohl nicht erzählt, dass es im Vereinten Königreich keine wirkliche Drive-in-Kultur gab. Wie auch, wenn’s da andauert regnet). „The Headless Ghost“ war sein erster Versuch, die bewährte Formel. Das Drehbuch verfasste er mit seinem frequenten Kollaborateur Aben Kandel selbst, die Regie übernahm der Brite Peter Graham Scott, der ein paar Jahre später Hammers „Die Bande des Captain Clegg“ inszenierte und sich in den späteren 60ern und den 70ern als Produzent und Regisseur zahlreicher populärer britischer TV-Serien wie „Mit Schirm, Charme und Melone“, „The Troubleshooters“ oder „Die Onedin-Linie“ neu erfand.

Wie üblich bei derlei Filmgut sollte „The Headless Ghost“ natürlich kein reinrassiger Horrorfilm sein, sondern seinem Publikum neben wohligem Grusel auch ein paar Lacher entlocken – kein Wunder also, dass der Ton des Films insgesamt recht leichtgewichtig ist. Das fängt schon dabei an, dass die Protagonisten keine Engländer sind (ich nehme mal an, man war sich in UK einig, dass die eigene Jugend nicht so aufsässig ist wie die aus den verlorenen Kolonien), wie selbstverständlich (selbst der Skeptiker unter ihnen) sie es aufnehmen, als ihnen der verstorbene Earl aus dem Gemälde entgegentritt und wie sie sich generell, gelegentlich recht tumb, verhalten (mein Favorit: in der Geheimkammer wird Ronnie, der mit Ketten spielt, plötzlich hochgezogen und Bill muss ihm wieder runterhelfen. Die Ketten einfach LOSZULASSEN wäre ja auch zu simpel gewesen…). Das Interessanteste am Skript ist allerdings das für auch nur teilweise „ernst“ gemeinte Gruselfilme schräge Konzept, dass es eigentlich keinen „Bösen“ gibt. Die Geister sind nicht wirklich bedrohlich – dem vierten Earl ist schlicht und ergreifend langweilig und will seine Existenz beenden, Malcolm (dem der vierte Earl zwar einen „evil spirit“ andichtet, aber mehr, als dass er unsere drei Helden nicht aus der Burg herauslässt, lässt er sich an Bösartigkeit nicht entlocken) ist aus hochgradig egoistischen Motiven daran gelegen, dass die Kids Erfolg haben, und selbst Sir Rudolph will den Teens ja nichts per se „Schlimmes“ – er will ja „nur“ weiterspuken, weil er unter den Geistern der erklärte Chef im Ring ist (und jede Nacht seine Erfolge in längst vergangener Schlacht feiert), und hat nicht mehr vor als die Jugendlichen lang genug – und sprichwörtlich mit Wein, Weib und Gesang – aufzuhalten, bis die Nacht vorbei ist und sie vom (lebenden) Earl und seinem Personal (die nicht im Schloss nächtigen) entdeckt und rausgeschmissen werden (ein überraschend cooler Gedanke für einen alten B-Film ist übrigens der, dass der vierte Earl die Teens warnt, dass sie das von Rudolph aufgetischte Bankett nicht „schmecken“ können werden, weil es nur der „Geist eines Banketts“ ist).

Wiewohl der Haken an dieser Herangehensweise ist, dass für den Showdown eine „externe Bedrohung“ (in Form der vom lebenden Earl alarmierten Polizei) konstruiert werden muss, ist das mal eine nette Abwechslung von den üblichen Genreklischees (auch wenn sie das reißerische Posterartwork konterkariert) – und trotzdem schafft der Film es, einige genuin zumindest unheimliche Szenen einzubauen (allen voran natürlich die Sequenz, in der Bill und Ingrid entsetzt die Ermordung der untreuen Lady mitanhören müssen) und in seinen eher humoristisch gemeinten Passagen nicht einzubrechen (was ja speziell beim US-„Horror“ der 30er und 40er gerne passieren konnte. Naja, die hatten halt auch nix anderes damals).

Bei einer Spielzeit von nur knapp sechzig Minuten kann Scott sich gar nicht leisten, anders als „straff“ zu inszenieren – selbst die einzige echte „filler“-Sequenz, ein „erotischer“ Tanz, den Sir Rudolph sich von einer gefangenen Sklavin o.ä. vorführen lässt, funktioniert, weil die Szene für einen Teenie-Film von ’59 erstaunlich risqué (da unerwartet freizügig) ist, sondern an der Stelle einfach auch passt – Sir Rudolph will unsere Helden aufhalten, was also liegt näher, als an die Hormone der beiden sicherlich chronisch untervögelten Jungs zu appellieren?

Scott profitiert darüber hinaus von einem großartigen Set, das über das geringe Budget geschickt hinwegtäuscht (wenn man mal nachzählt, merkt man, dass es eigentlich „nur“ vier distinkte Aufbauten im Schloss gibt: die Haupthalle, das Kellergewölbe, ein Schlafgemach und die Geheimkammer, die auch nur der redekorierte Keller sein könnte), der professionellen s/w-Kameraarbeit von John Wiles („Das Geheimnis der Mine“, „Der Mitwisser“) und dem effektiven Score von Gerard Schurmann („Das schwarze Museum“, „Konga“, „Bestien lauern vor Caracas“).

Special-FX-technisch ist freilich wenig zu erwarten – die Geister materialisieren sich per schlichter Überblendung aus den Gemälden, die kopflose Entität Malcolms regt – vielleicht gewollt – eher die Lachmuskeln an als Angstreflexe auszulösen und speziell die Schlussszene, in der zum ersten und einzigen Mal Malcolms Körper und Kopf in der gleichen Einstellung zu sehen sind, wirkt ziemlich goofy. Alas, it was 1959, what did you expect?

Die Darsteller geben sich keine Blöße – Richard Lyon („Anna und der König von Siam (1948)“) in seiner einzigen echten Erwachsenen-Rolle und David Rose („Und Frauen werden weinen“, „Das Geheimnis der Mine“) ergänzen sich gut (Lyon spielt den „straight man“ zu Roses angedeutetem „goofball“ – wobei ganz interessant ist, dass der „komischere“ Rose scripttechnisch der „Mann der Wissenschaft“ ist) und geben ein passables mehr oder weniger tapferes Investigatorenduo ab. Das gleiche Kompliment kann ich Lilian Sottane („Immer Ärger in der Nacy“) nicht aussprechen – sie wirkt doch ein wenig überfordert, was daran liegen könnte, dass sie vermutlich nicht in ihrer Muttersprache agiert. Keine Ahnung, ob sie wirklich aus skandinavischen Gefilden stammt (aber eine vermeintlich nordische Sexbombe im Cast zu haben, war in den 50ern und 60ern praktisch Vorschrift für Exploitationfilme), aber es würde ihre etwas holprige Performance erklären. Alles andere als holprig ist der renommierte Charaktermime Clive Revill (Feuerdrache, „Das Privatleben des Sherlock Holmes“, „Tanz der Totenköpfe“, „C.H.U.D. II – Bud the Chud“), der hier seine erste kreditierte Filmrolle spielt und das mit all der Souveränität, dem Charme und der seinem Charakter angemessenen „world-weariness“ erledigt. Sir Rudolph wird gemimt von Alexander Archdale („Das Dorf der Verdammten“), der als routinierter character player ebenfalls einen guten Job abliefert, den lebenden Earl portraitiert Jack Allen („Vier Federn (1939)“, „Die Sexparty“, „Kelly, der Bandit“) ebanfalls mit der ganzen Routine eines erprobten Film- und Bühnenakteurs Made in Britain.

Die oh-la-la-sehenswerte Tanzszene absolviert Josephine Blake, eine ob ihrer gewagten Darbietungen populäre Bühnentänzerin, die hier einen ihrer wenigen – und wohl den memorabelsten – Filmauftritte abliefert.

Bildqualität: Ich bin immer wieder begeistert, wenn ich auf streng genommen unbedeutende B-Filme von anno dunnemals stoße, die von ihren aktuellen Verwahrern mit Liebe behandelt werden. „The Headless Ghost“ liegt mittlerweile im Fundus von studiocanal, die für die vom britischen Network-Label vertriebenen DVD-Release einen zauberhaften, direkt vom 35-mm-Negativ gezogenen 2.35:1-Widescreen-Transfer (anamorph), aus dem Hut gezogen haben. Ehrlich, das Ding sieht aus wie gestern aus dem Kopierwerk gekommen, kein Makel, kein Kratzer, kein Schatten, keine Verpixelungen. Ja, das ist vielleicht nicht so gestochen scharf wie ein aktueller HD-Film, aber boah ey, ich hab in Sachen 50er-B-Film wenige Prints dieser Güte in meiner Kollektion. Sämtliche Daumen nach oben!

Tonqualität: Englische Dolby-Mono-Ton – minimales Grundrauschen, gut verständlich, absolut brauchbar für unsere Zwecke. Leider keine Untertitel für der englischen Sprache nicht Mächtige.

Extras: Nur eine Bildergalerie. Puristen könnten auch darüber stolpern, dass „The Headless Ghost“ in einem slim case geliefert wird.

Fazit: „The Headless Ghost“ ist sicher kein vergessener Klassiker, dem man nun die verdiente Heiligsprechung anheim kommen lassen kann, aber doch ein überraschend gelungener Gruselkomödienverschnitt, der beweist, das früher nicht unbedingt alles besser , aber Teen-Horror noch nicht gleichzeitig „Hirntot-Horror“ war. Eine ungewöhnliche Storykonstruktion, stellenweise erstaunlich trockener Humor, solides Filmhandwerk und – mit Ausnahme von leider Miss Sottane – ansehnliches Schauspiel machen den Streifen zumindest zu einer kleinen Entdeckung im weiten Feld des preiswerten 50er-B-Kintopps. Freunde gepflegter s/w-Unterhaltung sollten mal reinkucken!

3/5
(c) 2014 Dr. Acula


mm
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