The Gingerdead Man 2: Passion of the Crust

 
  • Deutscher Titel: The Gingerdead Man 2: Passion of the Crust
  • Original-Titel: The Gingerdead Man 2: Passion of the Crust
  • Alternative Titel: Gingerdead Man 2: Die Passion der Kruste |
  • Regie: Silvia St. Croix
  • Land: USA
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    K-Van Moezzi (Kevin Cheatum), Kelsey Sanders (Heather), Joseph Porter (Tommy), Jacob Witkin (Sir Ian Cavanaugh), John Vulich (Gingerdead Man), Michelle Bauer (Polly Bunderhoof), David DeCoteau (als er selbst), John Carl Buechler (Orson Briggs), Adam Green (Toothless McHomeless), Kenneth J. Hall (Lord Astroth), Richard Gil (Zwerg)


Vorwort

Früher mal waren die Cheatum Studios Garanten für launigen Low-Budget-Blödsinn, aber seit B-Film-Papst Rupert Cheatum terminal das Handtuch geworfen hat und das Studio von seinem minderbegabten Sohn Kevin geleitet wird, geht’s massiv bergab.

Die Kritiker – ganz besonders die Internet-Reviewer – hassen die Filme, am Set herrscht eine Stimmung, die knapp lustiger ist als die im Führerbunker im April ’45, und Kevins Assistent Marty klaubt aus allen Sofaritzen noch ein paar Dollar zusammen, damit der Betrieb wenigstens noch ’nen Tag aufrecht erhalten werden kann: Schließlich versucht Kevin, gleichzeitig zwei Filme fertigzustellen – „Tiny Terrors 9“ und „Space Spankers“. Am Set kommt’s zu einer wüsten Keilerei, als dem Regisseur rausrutscht, dass er im Gegensatz zu so ziemlich allen anderen Beteiligten tatsächlich in barer Münze bezahlt wird – dem armen Script-Girl wird die Nase gebrochen. Das ist aber noch Kevins kleinstes Problem – sein Star, Sir Ian Cavanaugh, verdienter Alt-Mime und alter Kumpel von Rupert, weigert sich, seinen Wohnwagen zu verlassen, weil er bemerkt hat, dass er nicht aus Gefälligkeit in einem Independent-Familiendrama, sondern in einem lausigen Horrorsequel mitspielen soll, und just in das ganze Chaos platzt auch noch die hübsche Heather mit dem todkranken Tommy herein; ihre Stiftung erfüllt letzte Wünsche und Tommy als Nummer-1-Cheatum-Fan wollte unbedingt das Studio besichtigen.

Während Kevin also verzweifelt versucht, das Chaos zu jonglieren, bahnt sich anderes Unheil an. Polly Bunderhoof, die Ex-Scream-Queen, die ihre Karriere aufgrund eines bedauerlichen Implantat-Unfalls beenden musste und sich jetzt als Caterer verdingt, bringt neben diversem anderweitigen Gebäck als Futter für die hungrige Crew einen gewissen Lebkuchenmann mit (die Frage, wie genau „Gingerdead Man 2“ an den ersten Teil anknüpft, beantwortet der Streifen durch couragiertes Ignorieren, obwohl er, wie Full-Moon-üblich, mit einer weitschweifigen Flashback-Sequenz beginnt)…

Der Keks ist nach wie vor von der Seele eines mordgierigen Serienkillers besessen, und immer noch steht ihm der Sinn nach Verpflanzung derselben in einen menschlichen Körper. Ein Zauberbuch, das dem neuesten Tiny-Terror-Film als Requisite dient, bringt den Killerkrümel auf die richtige Spur – er muss fünf Menschen töten und dann noch eine Jungfrau opfern, um in einen anderen Körper schlüpfen zu können. Der Pfefferkuchenmann macht sich ans Werk und schon bald herrscht totale Panik am Set.

Im allgemeinen Flüchten, Verstecken und Sterben geht Tommy verloren. Auf der Suche nach ihm (auch wenn Kevin auf dem Standpunkt steht, dass das eigentlich Unsinn ist, wo Tommy doch eh nicht mehr lang hat…) werden Heather und Kevin vom Gingerdead Man in einem laserbewehrten Roboter aufgebracht, doch in letzter Sekunde kappt jemand das Stromkabel und setzt den Keks vorerst außer Gefecht – niemand anderes als Tommy, der seine tödliche Krankheit nur vorgetäuscht hat. In Wahrheit ist er „demon warriorr 13“, gefürchteter Cheatum-Film-Basher von „Blutiger-Ekel.com“ (welche Website das wohl im Original ist?), der sich an Kevin dafür rächen will, seine Drehbücher stets ungeöffnet zurückgeschickt zu haben und nun das ganze Studio per Bombe in die nächste Welt befördern will…


Inhalt

Der erste „Gingerdead Man“-Film hat mich bekanntlich tief enttäuscht zurückgelassen – die Idee, Gary Busey ein killendes Gebäck sprechen zu lassen, so an die Wand zu fahren, dass praktisch kein Unterhaltungswert zurückblieb, war ein Kunststück, das Charles Band mit Bravour bewältigte. Dass ich mir trotzdem das Sequel zu Gemüte führte, hatte zwei Gründe – zum einen hatte ich ne Stunde totzuschlagen und länger läuft ein neumodischer Full-Moon-Film ja nur durch Zuhilfenahme epischer Vor- und Abspänne, zum anderen findet er sich im Ouevre des Full-Moon-Channels beim amazon prime. Da muss man keine DVD raussuchen, sondern kann einfach Alexa Bescheid sagen 🙂

So ziemlich das letzte, was ich von „Passion of the Crust“ (ich vermutete stark, dass der Titel das Beste am Film sein würde) erwartete, war gut unterhalten zu werden. Und siehe, das Wunder geschah…

Liegt vermutlich vor allem daran, dass Charles Band kreativ mit dem ganzen Spaß nichts zu tun hatte, sondern die Angelegenheit Leuten überließ, die mit dem ganzen Konzept richtig Fun haben wollten. Die Story stammt von William Butler („Return of the Living Dead 4/5“, was, zugegeben, auch nicht gerade eine Visitenkarte ist, die man voller Stolz vorzeigen sollte), die Regie übernahm Silvia St. Croix, was ich unbefangen für ein Pseudonym halten möchte, und wenn man mir die Pistole auf die Brust setzt und nach meiner Meinung fragt, wer sich dahinter verbirgt, würde ich David DeCoteau sagen, der sich ja schon öfter hinter Frauennamen verbarg.

Das Konzept hinter „Passion of the Crust“ heißt „selbstreferentieller Meta-Humor“ – ehrlich gesagt eine Disziplin, die ich bei Charles Band nicht unbedingt verortet hätte, was um so mehr den Schluss zulässt, dass Band dem Team hier carte blanche gab – die Cheatum-Studios sind ohne Frage Full Moon selbst, Kevin Cheatum ist Charlie (sogar mit einem good-natured rib auf seine con-artist-Fähigkeiten), Rupert Cheatum Papa Albert Band (Kevin gibt sogar eine Kurzfassung von Charlies patentierter „I grew up on a movie set“-Rede). Wichtigstes Opfer der Veralberung ist Charlies Killerpuppen-Fetisch – die „Tiny Terrors“ sind selbst vom Blinden mit Krückstock ohne weiteres als Parodie auf „Puppet Master“ zu erkennen (und die Puppen sind… einzigartig, wir haben u.a. „Shithead Bob“, der so heißt, weil er einen Haufen Scheiße auf der Rübe trägt, oder „Haunted Dildo“, der natürlich ein überdimensionierter anthropomorpher Schwanz ist. Klar auch, dass der Gingerdead Man sich in die einzige weibliche Puppe spontan verliebt), und „Space Spankers“ (ein SF-Film, in dem den weiblichen Opfern Weltraummonster durch Arschversohlen ausgetrieben werden) ist natürlich eine Parodie auf Charlies SF-Softcore-Streifen aus den 90ern.

Neben den Filmen selbst macht sich der Streifen aber auch über die Rezeption lustig. Eigentlich müsste ich beleidigt sein, weil Internet-Kritiker ganz besonders in die Pfanne gehauen werden, aber ich fühle mich einfach mal nicht betroffen (weil ich mich selbstredend für unwahrscheinlich objektiv halte und gerade Full Moon nicht nur aus Prinzip schlecht finde, sondern nur dann, wenn Charlie wirklich Mist baut, und auch lobe und preise, wenn ich was spaßig finde. Wie hier). „Demon Warriorr 13“ (Schreibweise authentisch) ist der typische basement-dwelling Troll, dem’s nicht ums Verrecken um ehrliche Kritik, sondern bloße Destruktivität geht (aber in Wahrheit natürlich JEDEN Film des Studios anschaut, nur um nachher drüber meckern zu können) – dreimal dürft ihr raten, wer die „Jungfrau“ ist, die der Gingerdead Man so dringend braucht…

Nun ist der Wille zur Selbstverarschung eins, ein unterhaltsamer Film aber was anderes, und ich bin sehr glücklich berichten zu können, dass „Gingerdead Man 2“ auch im zweiten Punkt liefert. Klar, als Horrorfilm taugt der Streifen nichts, aber das ist ja gerade das schöne. Silvia St. Croix und Kollegen war klar, dass eine Idee wie die des Gingerdead Man kaum für ernstzunehmenden Horror taugt, sondern als Gimmick für eine lustige Nummernrevue mit blutigem Einschlag herzunehmen ist. Ähnlich wie der ebenfalls überraschend lustige „Killjoy’s Psycho Circus“ geht’s nie ums Erschrecken, sondern um’s Spaß haben mit den Props, mit den Figuren, und hier mit dem typischen Chaos an einem Low-Budget-Set, wo nichts funktioniert, alles improvisiert wird und keiner genau weiß, was man wie machen sollte.

Die Figuren sind ausgesprochen lustig – sei es Kevin, der wohlmeinende, aber überforderte Jungproduzent, Sir Ian, der würdevolle Altstar, dem der Draht aus der Mütze springt, weil er sich über’n Tisch hat ziehen lassen, Polly, die abgehalfterte Ex-Scream-Queen mit den auf halb acht hängenden Titten, die Maskenbildner, FX-Techniker usw. – hier werden Leute gefeiert, ohne die’s auch bei einer solchen Mikro-Produktion nicht geht, aber normalerweise nicht im Rampenlicht stehen. Das ist sympathisch.

Tempo und Gag-Dichte sind hoch, und dass St. Croix mit Liebe zum Detail an die Sache heranging, merkt man sogar schon am Vorspann, der aus den Covern alter Männermagazine „Cheatum-Klassiker“-Filmposter bastelt (und von einer patenten Fun-Punk-Nummer beschallt wrid).

Die FX von John Carl Buechler sind nothing special, aber das ist in gewisser Weise ja auch der Film beabsichtigte Punkt – es muss alles einfach und simpel sein, damit’s möglichst wenig Geld kostet…

Die Hauptdarsteller sind sympathisch – Stand-up-comedian K-Von Moezzi ist ein liebenswerter Kevin Cheatum, Kelsey Sanders („Mad Men“, „10.000 Days“) eine ebenso nette Heather – und die beiden sind auch gut aufeinander eingestellt. Joseph Porter („Mega Piranha“, „Detention of the Dead“) kommt sowohl als enthusiastischer todkranker Fan als auch als rachehungriger Keyboard-Warrior gut rüber, und als Kevins geplagter Assi sorgt mit Frank Nicotero ein weiterer Stand-up-Komiker für Fun.

Den Alt-Star Sir Ian Cavanaugh gibt Jacob Witkin, den wir gerade erst als Dr. Moreau in „Dr. Moreau’s House of Pain“ gesehen haben. Dazu gibt’s ein ganzes Rudel cameos echter Filmschaffender – David DeCoteau spielt den Regisseur von „Space Spankers“ (und selbstverständlich gibt’s auch einen Gag auf Kosten seines Hangs zu muskulösen jungen Kerlen in knappen Klamotten), Make-up-FX-Guru Greg Nicotero – meines Wissens nicht verwandt mit Frank – gibt sich als Make-up-FX-Mann die Ehre, auch John Carl Buechler gibt sich die Ehre. Weiter mit dabei ist FX-Mann/Regisseur Kenneth J. Hall („Exzesse im Folterkeller 2“) als Schurke in „Tiny Terror 9“, Scream Queen Extraordinaire Deluxe Michelle Bauer („Hollywood Chainsaw Hookers“) in einem hinreißend selbstparodistischen Auftritt als Polly Bunderhoof (mit toll schlimmer blonder Perücke) und nicht zuletzt „Hatchet“-Regisseur Adam Green als Obdachloser.

Gary Busey wirkte (man ist versucht zu sagen „natürlich“) nicht mehr mit und wurde durch den Stimmimitator John Vulich ersetzt.

Es ist wirklich eine Überraschung – nach der Totalkatastrophe von Teil 1 nimmt das „Franchise“ mit dem Sequel eine 180-Grad-Wendung zum good-natured fun. Ich würde nicht so weit gehen, und „Passion of the Crust“ einen „guten Film“ nennen, aber er macht, hat man ein Herz für Full Moon und den Low-Budget-Kintopp im Allgemeinen sowie einen Sinn für Meta-Humor unheimlich viel Spaß.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 8


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