The Executor – Der Vollstrecker

 
  • Deutscher Titel: The Executor - Der Vollstrecker
  • Original-Titel: Il giustiziere della strada
  • Alternative Titel: Exterminators of the Year 3000 | Death Warriors | Exterminators in the Year 3000 |
  • Regie: Giuliano Carnimeo (als Jules Harrison)
  • Land: Italien
  • Jahr: 1983
  • Darsteller:

    Robert Iannucci (Alien/Tiger), Alicia Moro (Trash), Luciano Pigozzi (Papillon/Peperoni, als Alan Collins), Eduardo Fajerdo (Senator/Kommandant), Fernando Bilbao (Crazy Bull, als Fred Harris), Beryl Cunningham (Shadow), Luca Venantini (Tommy), Anna Orso (Linda), Venantino Venantini (John)


Vorwort

Mal wieder nach dem großen BUMM. Seit Jahrzehnten hat es nicht mehr geregnet, kostbarstes Gut ist daher nicht etwa Sprit für die zahlreichen modifizierten Kaleschen der diversen Handlungsträger oder das Bleifutter für die ebenfalls gut genutzten Schießeisen, sondern schlicht und ergreifend Wasser. Für den Inhalt einer Feldflasche wird fröhlich gemordet, bis die Schwarte kracht. Gangs und Outlaws durchstreifen die Wastelands.

Einer dieser Outlaws ist ein gewisser Tiger (im Original „Alien“, was den deutschen Übersetzern dann wohl doch zu albern war), der seit kurzem stolzer Besitzer der „gefährlichsten Waffe der Welt“ ist, dem „Executor“. Hinter der hochtrabenden Ankündigung verbirgt sich zwar nicht mehr als eine aufgemotzte Karre mit Panzerung, Kamera-Periskop und Kuhfänger, aber wenn Tiger das sagt, wird’s wohl stimmen. Für den bewussten Schluck Wasser mischt Tiger zwei Cops auf (Cops? In dieser Welt?), aber ehe er sich’s versieht, wird ihm mitten im schönsten Wasserklau der Executor gestohlen. Tiger nimmt mit dem erbeuteten Polizeifahrzeug die Verfolgung auf, erweist sich aber als fahrtechnisch unterlegen, baut einen kapitalen Crash und wird im Autowrack eingeklemmt.

Anderswo hat eine kleine Gemeinschaft sich ein Refugium geschaffen, in dem an der versucht wird, in Frieden zu leben und eine gewisse Zivilisation aufrecht zu erhalten. Doch auch dafür braucht’s Wasser und das ist den Freunden ausgegangen. Ein gewisser Fred brach vor einiger Zeit auf, um Nachschub zu suchen, kehrte aber nicht wieder und wird daher wahlweise – und zum tiefen Ärger seines vielleicht zwölfjährigen Sohns Tommy für entweder tot oder einen Verräter gehalten. Der Kommandant der Siedlung entscheidet in der Notlage, eine zweite Expedition zu einer vermuteten Wasserquelle auszusenden. Tommy versteckt sich im Führerhaus des Tankwagens (mitsamt seinem Hamster).

Der kleine Treck wird aber umgehend von Crazy Bull, dem örtlichen durchgeknallten Warlord, und seiner Armee aufgespürt und angegriffen. Crazy Bull ist etwas pikiert, weil die Blödmänner einen leeren Tankwagen spazieren fahren und lässt alle Beteiligten umbringen. Nur Tommy entkommt dem Massaker… dies aber im Besitz der zur Quelle führenden Karte.

Tommy stolpert über den immer noch eingeklemmten Tiger und befreit ihn aus seiner misslichen Lage, gegen das Versprechen, mit ihm zusammen auf Wassersuche zu gehen. Tiger hält sich natürlich nicht an die Abmachung, aber der Kleine erweist sich als veritable Nervensäge (well… er IST Kinderdarsteller in einem italienischen Grützefilm, so that probably goes without saying) und geht Tiger so lang auf den Keks, bis der mit macht. Allerdings werden die beiden praktisch sofort von Crazy Bull erwischt, dem Tiger den Jungen samt seiner Kenntnisse von Wasservorräten für ein Motorrad verkauft. Aber natürlich hat Tiger im tiefsten Inneren vergraben ein gutes Herz, kommt zurück und befreit Tommy, dem aber mittlerweile ein Arm abgerissen wurde. Aus unerfindlichen Gründen ist Tommy nämlich mit einer bionischen Extremität ausgestattet. Tigers Reparaturkünste sind aber überschaubar, also schafft er Tommy zum Ex-Astronauten- und letzten verbliebenen Maschinenexperten Peperoni (im Original: Papillon. Da hättet ihr dann auch den Alien stehen lassen können…).

Bei Papillon wird Tiger gleich zweimal überrascht – zum einen steht beim alten Bastler der „Executor“ rum, und zum anderen taucht dort auch Tigers frühere Partnerin/Freundin Trash auf, mit der ihn mittlerweile eine herzliche Abneigung verbindet. Trash und Peperoni halten Tommys Vorhaben, Wasser für seine Siedlung zu finden, für ausgesprochen positiv und zwangsverpflichten den eher auf seinen eigenen Vorteil erpichten Tiger…


Inhalt

Der italienische rip-off-Film müsste eigentlich auch mal wissenschaftlich mit gewissem Komplettismushang aufgearbeitet werden – ich zumindest würde ein Kompendium aller Stiefel-Imitate von „Alien“, „Terminator“, „Mad Max“ & Co. freudig begrüßen (aber wahrscheinlich muss ich das auch wieder selber machen. Brr).

Wobei man den Italienern eins lassen muss – das postapokalyptische Mad-Max-rip-off ist eigentlich, wenn man’s genau betrachtet, eine logische Weiterentwicklung des Spaghettiwesterns, wenn nicht sogar „nur“ ein Transfer von typischen Westernmotiven in eine pseudofuturistische Umgebung (denn der „Postapokalypse“-Teil des Settings verbietet ja mehr oder weniger direkte SF-Gimmicks). Da wie dort bevölkern Antihelden mit fragwürdigen moralischem Kompass die Prärie, lassen sich gelegentlich in den Dienst der guten Sache pressen, und sind hinter Reichtum her – ob’s nun Gold oder Geld ist wie im historischen Western oder Öl, Benzin oder Medikamente, macht dramaturgisch keinen Unterschied.

„The Executor – Der Vollstrecker“ ist dabei einer der ewigen Favoriten von 80er-Videothekenkunden, die sich mit Wonne durch’s Backprogramm gewühlt haben (i.e. ich). In seiner englischsprachigen Inkarnation nennt sich der Streifen schamlos übertreibend „Exterminators of the Year 3000“ – der Film selbst behauptet eine solche Jahreszahl keine Sekunde lang, und extrapoliert man eine Timeline aus den Dialogen und der verwendeten Technik, kann die ganze Chose keinen Tag später als ungefähr 2020 spielen (okay, bei „Battlefield Earth“ funktionieren Harrier-Jets auch nach 1000 Jahren noch, aber wir wollen den Hobel nun nicht mal als Maßstab für italienische Schwachsinnsfilme anlegen) – selbst unser Protagonist Tiger/Alien, der nun bestenfalls Mitte 30 sein kann, erinnert sich noch an die guten alten Zeiten mit Regen und Vegetation.

Der Plot ist quasi ein direktes Sampling von „Road Warrior“ – anstatt einen Truck mit Benzin AUS einer zivilisatorischen Enklave herauszuführen, muss hier ein Truck mit Wasser IN eine zivilisatorische Enklave gebracht werden und gegen eine kleine Armee eines hirnigen Warlords verteidigt werden (darf ich Gotteslästerung betreiben? Ich finde Crazy Bull als Schurken wesentlich unterhaltsamer als Lord Humungus). Das Upgrade des „feral kid“ zu Tommy findet sogar mein Wohlgefallen als Verbesserung des Originalkonzepts – ich bin normalerweise ja ein erklärter Feind von Kindern in ernsthaften adulten Genrefilmen (und ganz speziell in italienischen, weil die Ragazzi ja keine Kosten und Mühen scheuen, normalerweise die untalentiertesten Kackbratzen aus der „unvermittelbar“-Abteilung der letztklassigsten Waisenhäuser zu casten), aber Tommy funktioniert wider Erwarten recht gut – nicht nur, weil Luca Venantini sich in den drei Jahren von „Ein Zombie hing am Glockenseil“ um tausend Prozent gesteigert hat (was immer ihn hier geritten hat, verließ ihn aber umgehend wieder, im vergessenswürdigen-Bud-Spencer-Schwank „Aladin“ war er furchtbar in der Titelrolle), sondern auch, weil man ihm und Tiger ein paar witzige verbale Schlagabtäusche ins Script geschrieben hat und als Charakter auch nutzbringend in die Handlung integriert ist. Witzig ist auch nicht zuletzt die Tatsache, dass wir es mit einem Film /Script zu tun haben, in dem die Handlungen sämtlicher vorkommenden Figuren und Charaktere am Ende komplett und total überflüssig waren (dito auch natürlich die „Heldentode“). Wären alle in ihren jeweiligen Höhlen und Hütten geblieben, wäre das Ergebnis identisch, nur dass deutlich mehr Leute leben würden…

Ein deutliches Plus des Films ist die Inszenierung von Giuliano Carnimeo, der von Italowestern („Sartana – noch warm und schon Sand drauf“), Giallo („Das Geheimnis der blutigen Lilie“), Spencer-/Hill-Klonen („Vier Fäuste hart wie Diamanten“) und Sexklamotten („Flotte Teens und Sex nach Noten“) alles drehte, was ne schnelle Lira versprach (nach „Executor“ kam von Bedeutung allerdings nur noch der Horrorschmarnn „Ratman“ und ein kurios klingendes juveniles SF-Riff auf den „Zauberer von Oz“, „Computron 22“). Offensichtlich absolut darüber im Bilde, was das Publikum von einem Mad-Max-Abklatsch erwartet, jagt Carnimeo in einem furiosen (hihi, „Furiosa“, hihi) Tempo durch die rudimentäre Geschichte – sein Stil ist, wie der Wortvogel (der gemeinerweise das Booklet schreiben durfte, obwohl es da viel qualifiziertere Leute gegeben hätte, wie z.B. mich. Buuh!) sagen würde, vollkommen fettfrei. Hier gibt’s nichts Überflüssiges, alles ist entweder Action oder Exposition, character building wird bestenfalls nebenher betrieben oder vom Zuschauer vorausgesetzt, dass er genug Filme von der Sorte gesehen hat, dass er die notwendigen Schlüsse selbst ziehen kann. „The Executor“ ist tatsächlich so unheimlich kurzweilig, dass ich auch gestern wieder, obwohl ich den Film wahrlich nicht zum ersten Mal gesehen habe, beim Showdown ungläubig „jetzt schon??“ murmelte und sicherheitshalber aufs Player-Display stierte – waren aber wirklich schon 82 Minuten um, die wie im Flug vergingen…

Das deutet ja schon an – „The Executor“ macht ordentlich Laune. Seine Action-Sequenzen wird man sicher nicht mit „Fury Road“ verwechseln, gehören aber zweifellos zu den besseren und vom Stuntwork her aufwendigeren „Road Warrior“-Epigonen (exaltierte Fahrzeuge gibt’s natürlich auch). Dramaturgisch sind Carnimeo und seine Drehbuchautoren, darunter der unvermeidliche Dardano Sarchetti, clever genug, neben Crazy Bull mit einem Haufen Mutanten, die auf der Wasserquelle hocken und eher unleidlich sind, noch eine B-Bedrohung aufzubauen (dadurch läuft sich Bulls shtick nicht tot). Die Dialoge sind, wenn sie nicht beabsichtigt witzig sind, auf unfreiwillige Weise komisch. Abgesehen von den Stunts und Fahrzeugen ist wenig wirklich kostenintensiv – die Siedlung besteht aus einer Höhle mit ein paar Glasschaukästen, ansonsten spielt der Film in der gleichen Wüste, in der wohl auch tausende Italowestern entstanden. Trotzdem bietet sich auch Gelegenheit für ein paar erheiternde Modelle, die in die Luft gejagt werden können.

Was dem „Executor“ vielleicht fehlt, ist der typische Hollywood-Altmime, der für einen schönen Urlaub und einen leicht verdienten Gagenscheck nach Europa gelotst wurde, um einem rip-off die unverdiente Credibility zu geben. „The Executor“ muss mit spanischen und italienischen Mimen minderer Kategorie auskommen. Robert Iannucci ward nur noch in einer Folge der Actionserie „Highway to Hell“ gesichtet – dabei macht er seinen Job im Kontext tumber Italo-Helden wie Frank Zagarino oder Mark Gregory gar nicht so schlecht. „Trash“ Alicia Moro schaffte es noch in ein paar spanische Genrefilme wie „Slugs“, Jess Francos „Dark Mission“ und „Axolution“. Luciano Pigozzi (bzw. „Alan Collins“), der hier den Papillon/Peperoni gibt, kennt der Italo-Fan aus so unterschiedlichen Werken wie „Blutige Seide“, „Baron Blood“, „Einer gegen das Imperium“, „Der Kampfgigant“ oder „Das Alien aus der Tiefe“. Er ist gewiss kein großer Schauspieler, aber fast immer unterhaltsam, so auch hier. Auch Fernando Bilbao („Fred Harris“) ist ein alter Eurotrash-Haudegen, zu sehen u.a. als silbermetallic-lackiertes Frankenstein-Monster in Jess Francos gewöhnungsbedürftigem „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ oder in Christian Anders‘ Magnum Opus „Die Brut des Bösen“ – als Crazy Bull ist er ordentlich lustig entmenscht und haut solide auf die Kacke. Als Gaststars fungieren der spanische Mime Eduardo Fajerda („Django“, „Oase der Zombies“) als Chef der Siedlung und Italo-Veteran Venantino Venantini („Kampf um die 5. Galaxis“, „Ein Käfig voller Narren“, „Atomik Cirkus“).

XCess Entertainment hat den Streifen in ein schickes Mediabook gepackt. Ich hab ganz versehentlich die DVD und nicht die Blu angekuckt (ja, ich bin doof, aber auch gewohnt, dass die Blu-Ray vorne ist und die DVD hinten). Aber auch der DVD-Transfer (1.85:1 anamorph) kann sich sehen lassen. Der Dolby Digital 1.0-Ton ist brauchbar, eine kurze Sequenz, die in der alten deutschen Kino- und Videofassung geschnitten war, ist untertitelt, für den englischen Ton sind aus Lizenzgründen die deutschen Subs fest eingestellt. Als Extras gibt’s einen neuen Audiokommentar, Artwork-Galerien, alternative Credits, eine kurze Location-Featurette, Trailer und das Booklet von Torsten „Wortvogel“ Dewi, der sich gar nicht mal sooo verkehrt über den Italo-Abkupferfilm als solchen auslässt. Wieder mal – cooles Package, ordentlich value for money.

„The Executor“ ist nun sowieso schon einer meiner erklärten Lieblings-Italoschmufilme, und den Streifen in einer so schön aufgemachten Edition sehen zu dürfen, geht selbst einem Sonderverpackungsverschmäher wie mir runter wie Öl. Fans der Postapokalypse und des italienischen Copycat-Films MÜSSEN hier zuschlagen!


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 8


mm
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