The Echo

 
  • Deutscher Titel: The Echo
  • Original-Titel: The Echo
  •  
  • Regie: Yan Lanaras
  • Land: USA
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Jesse Bradford (Bobby Reynolds), Amelia Warner (Alyssa), Carlos Leon (Hector), Iza Calzado (Gina), Kevin Durand (Walter), Louise Linton (Katie), Jamie Bloch (Carly), Pruitt Taylor Vince (Joseph), George Santino (Manager)


Vorwort

Frisch auf Bewährung aus dem Knast entlassen, macht sich Bobby Reynolds daran, sein Leben wieder einigermaßen in den Griff zu kriegen – er zieht in das Appartement seiner nicht minder frisch verstorbenen Frau Mama, ergattert einen Job in einer Autowerkstatt und selbst seine frühere Freundin Alyssa (die, nachdem Bobby den Briefkontakt mit ihr nach einiger Zeit abgebrochen hat, verständlicherweise nicht gerade mit Blümchen am Gefängnistor wartete) scheint nicht gänzlich abgeneigt zu sein, ihm nach gewisser Probezeit eine zweite Chance einzuräumen.
Doch gerade die Wohnung macht ihm schnell Kummer – nicht nur, dass seine eh schon reichlich seltsamen Nachbarn für einen Ex-Knacki keine Konfettiparade schmeißen, die Umstände des Todes seiner Mutter sind schon suspekt: sie hat sich in ihrem Appartement eingeschlossen und buchstäblich zu Tode gehungert. Und da sind dann noch die seltsamen Kratzgeräusche in Wänden und Boden und die Nachbarfamilie, die jeden gottverdammten Tag lautstark streitet. Herr Nachbar, seines Zeichens Cop, macht Bobby schnell klar, dass er sich jede Einmischung verbittet, auch wenn Bobby durchaus realisiert, dass der Bulle seine Frau regelmäßig verprügelt.

Nun, das alles wäre noch nicht sonderlich ungewöhnlich, wenn auch nicht speziell erfreulich, doch die Geräusche und Bilder verfolgen Bobby bis an seinen Arbeitsplatz, und eine Diktiergerätaufnahme seiner Mutter, die er versteckt in einem Wandschrank findet, scheint anzudeuten, dass es ihr genauso ging und das direkt mit ihrem Tod zu tun hat. Als Bobby nach einer besonders unerquicklichen Auseinandersetzung der Nachbarsfamily tatsächlich die Polizei ruft und die feststellt, dass das bewusste Nachbarsappartement seit Monaten unbewohnt ist, zweifelt Bobby nicht ganz unberechtigterweise an seinem Verstand. Doch was es auch ist, es betrifft nicht nur ihn, sondern breitet sich auf seine Bezugspersonen aus…


Inhalt

Und diese Stelle, an der ich meine Inhaltsangabe fieserweise beende, ist ungefähr der Zeitpunkt, an dem „The Echo“ aufhört, ein zugegeben beunruhigendes Drama zu sein und sich zum angekündigten Horrorfilm entwickelt…

Wir wissen ja, dass Hollywood sich gerne an asiatischen Filmen bedient und jeden halbwegs erfolgreichen japanischen oder koreanischen Horrorfilm mit einheimischen Darstellern neu auflegt, aber das man sich sogar an philippinischen Stoffen vergreift UND tatsächlich noch den dortigen Regisseur ran lässt, erstaunt mich (bei aller Freundschaft ist Yam Laranas, der sowohl „The Echo“ als auch das Filipino-Original „Sigaw“ inszenierte, nicht gerade Hideo Nakata). Mit einiger Verspätung taucht „The Echo“ als später Nachzügler des J-/K-/Asia-Horrorbooms der Nullerjahre (aber immerhin in Koinzidenz mit dem neuesten Instalment der „Ringu“-Reihe Sadako 3D) in deutschen Videotheken auf. Die Aufgabe, das Originalscript von Regisseur Yam Laranas und Ray Iglesias für den internationalen Markt zu überarbeiten, schanzten sich die Produzenten Eric Bernt (Schreiberling von „Virtousity“, „Romeo Must Die“ und dem Hitcher-Remake) sowie Shintaro Shimosawa (Produzent der US-„The Grudge“-Reihe und ansonsten hauptamtlich als TV-Autor, primär für die kanadische „Dead Zone“-Serie, tätig) zu.

Dieweil sich das Script und folgerichtig der Film einer konsequenten Zweiteilung in einen Drama- und einen Horrorpart unterwerfen, kann man eines als zentrale Aussage für das Komplettwerk herausdestillieren, ohne zu sehr in SPOILER-Territorium zu wandern: „The Echo“ ist ein leidenschaftliches Plädoyer gegen häusliche Gewalt und vor allem *für* Zivilcourage, gegen die Kultur des „Wegsehens“ unter der „geht-mich-ja-nix-an“-Maßgabe. Löblich, richtig, wichtig, aber noch nicht unbedingt Garant für eineinhalb Stunden spannende Kinounterhaltung.

Das weiß „The Echo“ natürlich auch – um nicht zum feelbad-movie zu werden, ist die „domestic violence“-Geschichte zwar essentiell wichtig, aber nicht der zentrale Dreh- und Angelpunkt des Films. Seine Auftaktphase z.B. bestreitet der Film mit einem (allerdings nicht minder deprimierenden) Blick auf die Probleme eines Ex-Knastologen, der versucht, in ein normales Leben zurückzufinden und dabei gesellschaftlich isoliert bleibt. Geschickt lässt die Story lange offen, wofür Bobby verknackt wurde – wir sollen (positiv wie negativ) vorurteilsfrei an die Sache und seinen Charakter herangehen, ohne darüber zu grübeln, ob er jetzt ein armer unschuldig Verurteilter oder ein gewohnheitsmäßiger Serienkrimineller ist (SPOILER: im Endeffekt erfahren wir, dass genau das, was der Film *fordert*, nämlich Einmischung bzw. Nichtwegsehen, wenn auch in ungewollt übertriebener Manier, ihn hinter schwedische Gardinen befördert hat).

Insofern hält der Film natürlich auch lange zumindest die potentielle Möglichkeit offen, dass Bobby aufgrund der allgemeinen Verweigerung seiner Umwelt, mit ihm zu kommunizieren, in eine psychotische Wahnvorstellung geleitet wird – doch wir wissen als Zuschauer natürlich, dass das nicht das letzte Wort sein kann. Den Sprung ins explizit übernatürliche Terrain vollzieht „The Echo“ erst mit dem Schlussakt und wird *dann* auch ordentlich spannend – das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film schon einen langen Anlauf für seinen Horror und Thrill nimmt. Gerade der durchaus löbliche Kunstgriff, erst im Laufe des Films langsam Hintergründe und Charakterzüge seiner Hauptfigur aufzudecken, macht den ohnehin nicht sonderlich schnell (und damit in bester J-Horror-Tradition liegenden) inszenierten Film doch recht schwer zugänglich. Bobby ist ein sperriger Protagonist, den man sich als Zuschauer auch erst erarbeiten muss – es ist sicher nicht jedermanns Sache, bis der Horror-Part in die Hufe kommt, eine Stunde Zeit mit einer Figur zu verbringen, die es einem nicht leicht macht, sie zu mögen…

Ein kleines Problem des Scripts ist es, dass es meint, cleverer zu sein als es tatsächlich ist. Völlig unabhängig davon, ob wir als Zuschauer durch Titel, Inhaltsangabe oder Trailer schon darauf vorbereitet sind, dass wir irgendwann mal den Twist ins Paranormale vollziehen, ist die entsprechende Enthüllung im Film keine sonderliche Überraschung, zumindest nicht, falls man jemals auch nur in Hörweite einer Gruselgeschichte geraten ist – es ist kein K.O.-Kriterium, der Film funktioniert auch so, das Mystery ist eben nur nicht so raffiniert wie vielleicht angedacht (dafür aber, abstrakter Spoiler, hat der Streifen ein Ende, bei dem mich stark interessieren würde, wie sich der Protagonist gegenüber den Behörden aus dem Schlamassel rausreden will…).

Von der handwerklichen Seite gibt’s nicht viel zu klagen – Yam Laranas mag als Filipino nicht durch die ganz hohe Schule gegangen sein, aber als Regisseur (der normalerweise auch sein eigener Kameramann ist, „The Echo“ ist der einzige Film seiner Karriere, in dem er sich eines Auftrags-DOP bediente, in diesem Falle Matthew Irving [„Monster Man“, „Quarantäne 2“]), ist er, der mittlerweile wieder in seiner Heimat arbeitet und seit „The Echo“ mit „Patient X“ und „The Road“ zwei weitere Genrefilme realisiert hat, durchaus kapabel. Laranas hat mit dem von der IMDb geschätzten 5-Mio-Dollar-Budget nicht gerade Unmengen von Geld zur Verfügung, aber er zieht guten Nutzen aus seinen Locations und pflegt eine für Horrorfilmverhältnisse ungewöhnliche, da sehr helle (in Tagszenen teilweise fast überbelichtet wirkende) Bildsprache, die sich deutlich vom üblichen „wir-verstecken-alles-in-den-Schatten-und-in-der-Dunkelheit“ des Feld-, Wald- und Wiesenspukfilms absetzt.
Das angeschlagene Tempo ist, wie erwähnt, speziell in der ersten Stunde, in der „The Echo“ sich augenscheinlich stärker als Charakterstudie denn als Spannungsfilm versteht, betont geruhsam; Laranas erlaubt sich alle Zeit der Welt, um den seinen Protagonisten umgebenden Mikrokosmos aufzubauen. Das kuckt sich gelegentlich etwas zäh, zum aus Genrefreund-Sicht „guten“ Stoff vorzudringen, benötigt Geduld.
Sind wir erst mal dort angekommen, wundert mich die FSK-18-Freigabe, denn an so richtig explizit graphischen Szenen herrscht Mangelware – eine eklige, schaurige Sequenz bleibt im Gedächtnis, der Rest ist die eher typisch asiatisch-blutleere Schule, die weniger auf offensichtlichen Splatter denn auf Schocks und Terror setzt (mit mittelprächtigen Resultaten).
Der Score des mittlerweile genreerprobten Duos tomandandy („Killing Zoe“, „Resident Evil: Retribution“) plärrt die Scares erfreulicherweise nicht gänzlich tot.

Auf der schauspielerischen Seite macht sich Jesse Bradford im Bestreben, aus seinem zunächst abweisenden Figur einen nachvollziehbaren, mehrdimensionalen Charakter zu machen, ziemlich gut. Bradford fiel einem größeren Publikum erstmals an der Seite der jungen Angelina Jolie in „Hackers“ auf, landete im Anschluss in Baz Luhrmanns „Romeo & Julia“ und dem Slasherheuler „Sex oder stirb!“. Nach einem kleinen Durchhänger zu Beginn der Nullerjahre nahm seine Karriere nach dem Kriegsepos „Flag of our Fathers“ und „My Sassy Girl“ (auch ’n Asia-Remake, aber aus ganz anderer Ecke) wieder etwas Fahrt auf – derzeit verdingt er sich in der Comedyserie „Guys with Kids“.
Amelia Warner („Aeon Flux“, „Gone – Lauf um dein Leben“) wirkt zunächst etwas blass, taut aber im Verlauf des Films auf, auch wenn sie nicht wahnsinnig viel zu tun hat.
Carlos Leon („Oz“, „Wishmaster 2“) ist als Bobbys Werkstatt-Chef adäquat, Kevin Durand („Real Steel“, „X-Men Origins: Wolverine“, „Robin Hood“, „Resident Evil: Retribution“) ein angemessen widerlicher, physisch eindrucksvoller Frauenschläger, sein primäres Opfer Iza Calzado hat Laranas aus seiner Heimat (und aus dem Originalfilm „Sigaw“, wo sie die gleiche Rolle) mitgebracht.
Einen Gastauftritt als Bobbys ebenfalls heimgesuchter Nachbar absolviert Pruitt Taylor Vince („In the Electric Mist“, „Drive Angry“, „Deadwood“), der mal abseits seiner Paraderolle als tumber Redneck einen „normalen“ Menschen spielen darf.

Bildqualität: Pandastorm/Studiocanal bringen den Film in gutklassigem 2.40:1-Widescreen (anamorph). Das Bild ist, wie ich schon oben schrob, wohl bewusst relativ hell, könnte dadurch an mancher Ecke etwas mehr Kontrast vertragen. Bildstörungen oder Defekte sind nicht zu verzeichnen; aufgrund der gewählten Bildsprache ist die Farbpalette eher matt und kommt ohne schreiend-aufdringliche Farbtöne aus.

Tonqualität: Die brauchbare, jedoch etwas steril klingende deutsche Sprachfassung wird in DTS 5.1 und Dolby Digital 5.1 geliefert, der deutlich lebendigere, atmosphärischere englische O-Ton in Dolby Digital 5.1. Deutsche, englische und niederländische Untertitel sind optional zuschaltbar.

Extras: Leider nur der Trailer.

Fazit: Wer Asia-Horror und Hollywood-Remakes thereof aus Prinzip nicht leiden mag, wird auch mit „The Echo“ nicht viel anfangen können. Im Vergleich zu den meisten Genrerivalen versucht sich der Streifen, durch seine kräftigen sozialkritischen Elemente eine eigene Note zu verschaffen – das ist von der Aussage ohne Zweifel her vorbildlich und stellenweise tatsächlich eindringlich umgesetzt, aber letzten Endes nicht völlig „compelling“. Es ist das alte Problem von Filmen, die versuchen, mehr als nur ein Genre zu bedienen – weder als Drama über häusliche Gewalt und mangelnde Zivilcourage noch als packender Horrorfilm überzeugt „The Echo“ voll; für die zweite Genredefinition braucht der Film einfach zu lange, um zum horriblen Punkt zu kommen, seine soziale Komponente negiert „The Echo“ dann halt mit seinen paranormalen Elementen. Es ist ein interessantes Genre-Experiment und sicherlich auch um so bemerkenswerter, als es originär von den Philippinen und daher aus einer Kinokultur, die sich bislang nicht unbedingt um den anspruchsvollen Unterhaltungsfilm verdient gemacht hat, stammt, aber nicht voll geglückt und daher eher etwas für den „Fortgeschrittenen“ als den Einsteiger ins Gebiet des hollywoodisierten Asia-Grusels.

3/5
(c) 2013 Dr. Acula


mm
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