The Dragon Missile

 
  • Original-Titel: Fei long zhan
  •  
  • Regie: Meng Hua Ho
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 1976
  • Darsteller:

    Lo Lieh (Szema Chun), Tony Liu (Tieh Erh-Lang), Nancy Yen (Tan Li), Ku Feng (Lord Chin Kuan), Chih-Ching Yang (Tan Yue), Sha-Fei Ouyang (Madam Tieh)


Vorwort

Irgendwann in der chinesischen Provinz. Lun Kuan, der örtliche Großkopf, und als solcher einer von der eher unleidlichen und tyrannischen Sorte, leidet unter einer bösartigen Eiterbeule, an der sich schon diverse Leibärzte die Zähne ausgebissen (und deswegen die Köpfe verloren) haben. Letzte Hoffnung des siechen Fürsten ist der kaiserliche Arzt Dr. Fu, der allerdings auf dem eher un-hippokratischen Standpunkt steht, als vom Kaiser persönlich approbierter Arzt nur auf dessen persönliches Geheiß tätig zu werden.

Aber als er den Fürsten leiden sieht, überkommt Fu eine ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft. Die Eiterbeule, doziert er, ist eine von der hochgriftigen und unweigerlich tödlichen Sorte, es sei denn, man behandelt sie innerhalb einer Woche mit geröstetem „Langlebigkeitsrattan der 1000 Jahre“. Auf dem sitzt allerdings ein alter Einsiedler, der nicht zu den eingetragenen Ehrenmitgliedern des Lun-Kuan-Fanclubs gehört. Könnte man dem alten Knacker weis machen, nicht der Lord, sondern der Prinz wäre krank, würde er das Rattan aber wohl rausrücken.

Da Lun Kuan auch indirekte Beleidigungen nicht toleriert, lässt er seinen Chefkämpfer Szema Chun erst den Arzt mit seiner Spezialwaffe, der „Dragon Missile“ (faktisch Bumerangschwerter) töten und schickt ihn dann zum Einsiedler, um schleunigst das Rattan zu holen. Sein Haushofmeister Chang setzt Lun Kuan allerdings den Floh ins Ohr, Chun wäre nicht hundertprozentig vertrauenswürdig. Es wäre besser, ihm ein paar Aufpasser mitzuschicken. Chang denkt da an sechs begnadete Martial Artists und Killer, und die sollen natürlich nichts anderes tun als Chun umlegen, das Rattan klauen und Chang aushändigen, damit der die Lorbeeren und die versprochene reichliche Belohnung kassieren kann.

Chun macht erst mal gute Miene zum bösen Spiel und beinahe geht die Rattanabholung auch gut, bis einer von Changs Leuten sich verplappert, die Situation eskaliert und Chun mehr oder weniger gezwungen ist, den alten Knaben und seinen Handlanger umzubringen. Wie gewonne, so geronne, wie Ützwurst sagen würde, allerdings, denn die Arznei wird Chun umgehend geraubt – und zwar nicht von einem seiner Zwangsentourage. Chun erkennt die Technik des Diebes als die der „eisernen Finger“ und rein zufällig wohnt sein alter Kung-fu-Schul-Kumpel und Eisenfingertechnik-Meister Erh Lang hier in der Gegend. Ob das mal’n Zufall ist?

Chun stattet Erh Lang einen Freundschaftsbesuch ab – beide Parteien wissen genau, womit sie’s zu tun haben, und als Chun scheinbar unverrichteter Dinge wieder abzieht, hat Erh Lang nichts besseres zu tun, als sofort zum Einsiedler zu reiten, wo die schöne Bescherung inzwischen auch von dessen Tochter Xiao Li entdeckt wurde. Rache ist Blutwurscht, und Erh Lang findet gleich noch mehr Gründe für eine ordentliche Vendetta, denn kaum war er weg, hat Chun seine Mutter umgelegt und das Rattan zurückgeklaut.

Seinen Komplizen bindet Chun allerdings den Bären auf, Rattan und Dieb wären über alle Berge, was ihm allerdings von denen niemand abkauft. Es entwickelt sich eine hübsche „alle-gegen-Chun“-Situation, aber dank seiner Dragon Missiles erweist sich Chun zunächst mal unüberwindlich, doch spätestens, als Chun die Medizin bei seinem Herrn und Meister abliefert, erwartet auch ihn noch sein blaues Wunder…


Inhalt

Ich weiß nicht, ob ich’s schon erwähnte, aber einer der Gründe, warum ich traditionelle Eastern aus den 70ern liebe, sind ihre völlig hysterisch-unpraktischen Superwaffen, mit denen gestandene Martial Artists sich nach allen Regeln der Kampfkunst lächerlich machen. Ungekrönter König dieser Deppenwaffen ist zweifellos die legendäre fliegende Guillotine, knapp verfolgt von einem zwei Meter langen Rasiermesser, das in irgendeinem Shaolin-Klopper der dritten Liga herausgestellt wurde. „The Dragon Missile“, ein Shaw-Brothers-Fetzer, der auch eine der wunderschönen Celestial-Restaurierungen spendiert bekommen hat, featured trotz des auf eine singuläre Waffe abstellenden Titels gleich drei dieser Wunderwerke irrationaler Tötungstechnik – die titelgebenden „Dragon Missiles“ selbst, wie schon angedeutet nichts anderes als scharf geschliffene Metallbumerangs, mit denen man dem Gegner auf ordentliche Entfernung die Rübe abkloppen kann, so der doof genug ist, lang genug stehen zu bleiben und Bauklötze zu staunen, was da in gemächlichem Tempo auf ihn zufliegt (was freundlicherweise so ziemlich alle Gegner, denen Chun sich gegenübersieht, tun), Erh Langs spezielle Spezialketten, deren Glieder als Armbänder getragen werden und die nicht so aussehen, als könnte man damit auch nur eine Scheunentür beeindrucken (sie erweisen sich auch im Filmverlauf als ausgesprochen nutzlos – ich glaube, am meisten hätte man davon, würde man sie rein defensiv als Armschutz-Panzer benutzen), und, Gipfel der Unerklärlichkeit, die Wolverine-Messerkrallen, die Tan Yue (eine von Chungs Auftragsmörderinnen, die aus purem Eigennutz mit Erh Lang und Xiao Ling kooperiert) auf mir völlig unbegreifliche Weise unter ihren Fingernägeln versteckt und bei Bedarf ausfahren kann (Weapon X war also schon eine alte chinesische Geheimwaffe, wa?).

Allein schon dieses Triumvirat Hongkong’scher Waffengizmoekstase sorgt für Frohnsinn und ist praktisch das Eintrittsgeld wert. Der dazugehörige Film ist sicher keine Granate, aber launig genug.

Der Plot ist wie üblich unnötig kompliziert (die obige Inhaltsangabe umfasst so ungefähr die ersten zwanzig Minuten…), der Charaktere sind mannigfaltig welche (und ebenso gewohnt haben sie nicht die Angewohnheit, sich mit Namen anzusprechen), und einige Ideen der Geschichte enervierend lächerlich (Erh Lang kommt zum Showdown z.B. auf die Idee, die Dragon Missiles mit gut geworfenen Fischernetzen neutralisieren zu können. Dragon Missiles, die, wie wir bis dato gesehen haben, Bäume fällen, Wände knacken und selbst in gemeinem Astwerk Blitze schleudern können. Yeah, sure, good luck with that).

Mit 83 Minuten ist der Streifen charmant kurz und hat für Shaw-Verhältnisse ein ziemlich ausgewogenes Verhältnis zwischen Dialog- und Kampfszenen. Die Fight-Szenen sind leider die Schwäche des Films, da sie weder sonderlich aufregend choreographiert sind, sich nie ganz einigen können, ob sie nun „realistisch“ sein wollen oder doch den wire-Stil pflegen, und zudem in inflationärer Weise für nicht sehr dafür geeignete Szenen Zeitlupe einsetzen. Das ist alles nicht wirklich *schlecht*, aber da ist man von Shaw halt andere Kaliber gewöhnt.

Dafür ist alles wieder schön bunt in poppigen Farben und Shaw gönnt sich auch mal ein paar Außendrehs an hübschen Locations (wenngleich natürlich auch die bewährten Studio-Exteriors nicht fehlen dürfen).

Die vier Hauptrollen sind gut besetzt – Lo Lieh ist zweifellos einer von Hongkongs besten asshole-Schurken (klar, er konnte auch positive Charaktere, aber diese selbstgefälligen Villains, die hat er einfach drauf). Tony Liu (Erh Lang) mag nie ganz den Sprung in die erste Liga geschafft haben, aber er war in allen vier komplettierten Bruce-Lee-Filmen dabei, also muss der Maestro etwas in ihm gesehen haben und seine grundsympathische Ausstrahlung macht sich auch hier bemerkbar. Chen Mei Hua und Nancy Yen, zwei Shaw-Starlets, machen sich prima in ihren Rollen als Ass-Kickerinnen (Chen Mei Hua ist diejenige, die das Wolverine-Gimmick pflegen darf).

Regisseur Hua Ho Meng zeichnet u.a. auch verantwortlich für die Gassenhauer „Flying Guillotine“ (figures) und „The Mighty Peking Man“ (yay!“). Auch wenn sein Stil nicht so innovativ ist wie der von Chang Cheh, fallen ihm einige nette Einstellungen, insbesondere für Chuns Kampf im Palast gegen die Wachen, ein.

Summa summarum keiner der großen Klassiker des Shaw-Kanons, aber ein routinierter, unterhaltsamer Klopper mit einigen großartigen Ideen, der fetzigere Fights brauchen könnte, aber auch so durchaus Laune macht.

3,5/5
(c) 2017 Dr. Acula


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