The Demolisher

 
  • Deutscher Titel: The Demolisher
  • Original-Titel: The Demolisher
  •  
  • Regie: Gabriel Carrer
  • Land: Kanada
  • Jahr: 2015
  • Darsteller:

    Ry Barrett (Bruce), Tianna Nori (Samantha), Jessica Vano (Marie)


Vorwort

Toronto, Kanada. Bruce ist Elektro-Reparaturfuzzi (von der geplagten Sorte, die ihren Kunden verklickern muss, dass nix kaputt ist, sondern sie nur ihren WLAN-Router nicht resetted haben) bei Tag und „vigilante“, also selbsternannter Rächer bei Nacht (naja, eigentlich auch bei Tag, aber davon lasse ich mir meine Metapher doch nicht ruinieren). Allerdings sind seine Zielobjekte nicht x-beliebige Kriminelle, sondern die Mitglieder einer Biker- und Sonstiges-Gang namens „Mandrills“ (wer sich als Gang nach einer Pavianart benennt, hat meines Erachtens nicht gerade ein allzu hohes self image). Dies offensichtlich, weil die Gang etwas mit dem derzeitigen gesundheitlichen Zustand seines holden Eheweibs Samantha, ihres Zeichens Ex-Polizistin, und in Folge einer wohl dienstlichen Auseinandersetzung der Kontrolle über die körpersüdwärts montierten Extremitäten verloren gegangen, zu tun hat. I’m being vague because the movie is, too.

Wenn er nicht gerade eiligst nach Hause zurückkehren muss, um seinem Frauchen eine dringend benötigte Spritze ins verlängerte Rückgrat zu jagen, beschäftigt er sich also damit, Mandrill-Mitglieder in seinem Outfit, Mischung aus Motocross- und Riot-Gear und damit blasses Abziehbild von „Bill Williamson“ aus Uwe Bolls „Rampage“-Trilogie, mit seinem Schlagstock des Todes zu verprügeln. Ob das auf die Mandrills gesteigerten Eindruck macht, wird vom Filmemacher nicht überliefert.

Eines schönen Abend schleppt Bruce sich und den Kadaver seiner Frau in ein Kino, um sich dort „Maximum Overdrive“ anzusehen (jedenfalls behauptet das das Marquee des Theaters, der Film selbst kann sich natürlich nicht mal ein 1-Sekunden-Sample von „Who Made Who“ leisten). Trottel, der er ist, vergisst er dort seine talismanartig gehütete Halskette mit den Eheringen (von der wir an dieser Stelle erstmals was hören, und da sind wir schon gut 35 Minuten im Film). Gefunden wird das Schmuckstück von Marie, einer an Muskelschwund leidenden und deswegen sowohl physisch als auch psychisch angeschlagenen jungen Frau, die man uns bis dato schon bei diversen Alltagsverrichtungen wie Arztbesuchen und Babysitten für ihren von der Frau verlassenen Bruder gezeigt hat.

Bruce, der eh bereits äußerst labil ist, hat er doch gerade einen seiner Kunden erwürgt, weil er dessen „your wi-fi is useless“ als „your wife is useless“ verstanden hat, reagiert auf diesen Verlust ausgesprochen ungehalten, ist aber mit dem Zufall im Bund – justament als er auf Mandrill-Beschattungstour ist, stolpert Marie in eine viertklassige Pfandleihe, um den vermeintlich wertvollen Fund in Bargeld zu verwandeln (dazu zwei Anmerkungen: 1. Bislang hatte es niemand für nötig gehalten, uns zu vermitteln, dass Marie Kohle braucht und wenn ja, wofür. 2. Sehr sympathisch macht uns das Marie nicht, denn das Eheringe für den Verlierer womöglich einen gewissen ideellen Wert darstellen, sollte auch Dummblinse Marie kapieren und daher eher erst mal versuchen, ob sie den Besitzer nicht, z.B. über das Kino, ausfindig machen kann. Bitch, you deserve everything…). . Bruce, geistig geringfügig verwirrt, interpretiert die Situation so, dass Marie *ihm* gefolgt sei und demzufolge seine Identität kenne. Also folgt er *ihr*, bricht in ihre Wohnung ein und versucht sie umzubringen. Weil eine muskelatrophische junge Dame von nicht unbedingt muskulösen Ausmaßen aber natürlich ein fairer Gegner für einen durchgeknallten Psychopathen in Rüstung, der schon einen Schwung taffer Gangmitglieder umgenietet hat, ist, gelingt ihr die Flucht in eine nächtliche Metropole, die ungefähr so aussieht wie nach einer Zombieapokalypse – menschenleer, öd und verlassen (this being symbolic for something or else, I’m sure).

Weil Bruce den sechsten bis neunten Sinn hat, gelingt es ihm aber immer wieder, Marie in ihren Hiding Places aufzustöbern. Er legt einen Wachmann um, der versucht, dem Girl zu Hilfe zu kommen. Rettung naht aus unerwarteter Richtung – ein bärtiger Mandrill-Biker haut Bruce was aufs Maul, packt Marie auf den Sozius und braust von hinnen. Bruce muss die Verfolgung abbrechen, weil seine Armbandzwiebel zur nächsten Spritzensetzung mahnt.

Ist aber nicht so schlimm, denn der Biker karrt Marie sinnfreierweise ins Mandrill-Hauptquartier, eine Autowerkstatt, in der geklaute Karren umfrisiert werden, eine Lokalität, die Bruce als örtlichem Experten für tiefere Mandrillogie bestens bekannt ist. Bruce taucht also dort auf, tötet drei Mandrills (mit den einzigen halbseidenen Splattereffekten des Films), aber Marie entkommt ihm erneut (this film does severly strain my suspension of disbelief, folks), flüchtet durch die Stadt in ein menschen- und autoleeres Parkhaus und dort aufs Dach (was immer klug ist, wenn man von einem killwütigen Psycho verfolgt wird). Dort säh’s finster aus für Marie – Bruce bemächtigt sich der bewussten Eheringe und setzt zum Vernichtungsschlag an, wird aber überraschend von zwei Cops unter Feuer genommen. Es gelingt Bruce, die Bullen trotz eigener schwerer Verwundung zu killen.

Allerdings klärt das irgendwie die dunkle Wolke in seinem Hirn auf – anstatt Marie nun final zu terminieren, pickt er sie auf, fährt sie zu ihrer Wohnung und dann nach Haus, wo er auf der Türschwelle (tot?) zusammenbricht.

Später: Samantha macht im Krankenhaus erste Schritte und Marie verklickert ihre Lebensgeschichte einer Sebsthilfegruppe (für Schauspieler, die in schlechten Filmen gelandet sind?). Finis.


Inhalt

Entgegen meiner üblichen Vorgehensweise für Reviews dieser Länge hab ich voll durchgespoilert? Warum? Nennt es Kundendienst. Niemand sollte sich diesen Film ansehen müssen und nach Lektüre meiner Inhaltsangabe habt ihr sowieso einen kohärenteren Eindruck der „Handlung“ dieses Machwerks als ich beim Live-Sehen.

Eigentlich ist der Vigilante-Film ja ein relativ unkaputtbares Konzept – man braucht nur einen „Normalo“, der durch die Tätigkeit einer bösen Gruppierung „over the edge“ getrieben wird, von den Behörden im Stich gelassen wird und daher zur Selbsthilfe greift. Das kann man als straighten Thriller aufziehen („Death Wish“), als hysterisch-doofen Action-Comic (die „Death Wish“-Fortsetzungen), als rape’n’revenge-Streifen („Die Frau mit der 45er Magnum“), mit Sozial- und Gesellschaftskritik marinieren („Harry Brown“), als Psychostudie („Vigilante“) oder zynischen cash grab („Der Exterminator“) servieren – ein leidlicher Unterhaltungswert ist eigentlich garantiert, wenn man nicht alles falsch macht. Und ratet mal, was Gabriel Carrer macht…

Richtig, alles falsch (schöner Satz). „The Demolisher“ ist wieder ein schönes Beispiel für „festival porn“, sogenannte Genrefilme, die nur dafür gedreht werden, von einem Festival zum anderen durchgereicht zu werden, ein paar euphorische Kritikerquotes von den üblichen Quote-Huren für’s Cover abzugrasen und im Idealfall dem Regisseur einen Job für RICHTIGE Filme zu verschaffen. Ob sich ein Zuschauer, der im Zweifelsfalle Eintritt oder ein paar Ocken für einen Datenträger oder Stream hingelegt hat, dabei auch unterhält, ist Nebensache und bestenfalls glücklicher Zufall, aber keineswegs Priorität.

Auch das „Demolisher“-Poster zieren Euphoriefetzen der Sonderklasse: „Gorgeous and remarkable“, „thought-provoking and gut-wrenching“, „unrelenting and powerful“, „pays proper homage to Carpenter and Mann“ – das sind nur einige der Sprüche, die sich Kritiker angeblich nach Genuss dieses Werks aus dem Kreuz geleiert haben. Ähm. Der einzige Gedanke, der bei mir provoziert wurde, war der, warum zum Geier ich 85 Minuten meines Lebens an ein derart inhaltsleeres, nichtssagendes, pseudokünstlerisches Stück Gedöns verschwendet habe (oki, darauf habe ich sogar eine Antwort: ein böser Mensch hat mir die Blu-Ray vermacht und drohte, nicht locker zu lassen, bis ich den Krempel reviewed habe).

Wo fangen wir bei der Autopsie des Filmkorpus an? Zunächst mal damit, dass Carrer das Pferd von der falschen Seite aufzäumt – jeder „gute“ vigilante-movie lebt davon, dass wir als Zuschauer auf der Seite des einsamen Rächers sein sollen. Ihm wurde Unrecht angetan, er sorgt für Gerechtigkeit, wir wollen und sollen es gut finden, wenn er die Bösen meuchelt, und nach 90 bis 120 Minuten haben wir dann den inneren Neanderthaler soweit befriedigt, dass der seine Keule weglegt und wir in eine Welt zurückkehren können, in der der mehr oder weniger funktionierende Rechtsstaat für law and order zuständig ist. „The Demolisher“ aber ist der klare Antagonist des Films und auch (auch wenn Marie quasi Erzählerin ist, weil sie in der als framing device funktionierenden Selbsthilfegruppe-Sitzung über ihr Leben referiert) zentraler Charakter – und nichts, was Carrer uns zeigt, bringt uns Bruce, seine „Funktion“, sein „Innenleben“ näher.

Was natürlich auch daran liegt, dass wir raten müssen, wo seine Motivation liegt. Klar, die Verletzung und Lähmung seiner Frau, aber wo ist der Zusammenhang mit den Mandrills? Oder mit überhaupt irgendwas? Eine Sequenz, die ich zunächst als Flashback wahrnahm und als Grund für den ganzen Firlefanz (Samantha platzt dienstlich in eine Satansmesse und wird vom Satanspriester und seinen Jüngern angegriffen), identifizierte sich per Nachspann als Alptraumsequenz und fällt daher auch aus. Bruce bleibt für uns also nicht ein nachvollziehbarer Jäger nach verwehrter Gerechtigkeit, sondern nichts anderes als ein krankes Arschloch mit einem Schlagstock (und, mal ehrlich – als „vigilante weapon of choice“ ist ein Schlagstock nun nicht gerade der Kreativität weitester Schuss. Jedes Gangmitglied, das was auf sich hält, sollte sich angesichts des Knaben bestenfalls totlachen).

Auch Samantha ist niemand, der einem sonderlich ans Herz wächst – nicht nur, dass wir eben nicht wissen, was ihr wirklich zugestoßen ist, da Carrer offensichtlich Dialoge (zumindest aufschlussreiche, die irgendwie zur Entwicklung von Handlung und/oder Charakteren beitragen) für vulgäres Zeug hält, mit dem sich ein Künschtler wie er nicht abzugeben hat, bleibt die Beziehung zwischen ihr und Bruce völlig unklar – mal sucht er nach Zärtlichkeit, wird aber zurückgewiesen, mal umgekehrt. Sinn macht das nie. Aber auch unsere Protagonistin (ich benutze das jetzt mal im weitesten denkbaren Sinn) Marie fährt nicht viel besser – auch sie ist nur eine Chiffre, ein blankes Stück Papier ohne Eigenschaften, die über ihre Krankheit hinausgeht (und genau diese einzige Eigenschaft macht natürlich den ganzen Film lächerlich, denn das Mädchen, von dem man uns gezeigt hat, dass es nicht mal hundert Meter joggen kann, eh es zusammenbricht, rennt in der zweiten Filmhälfte gefühlt mehrere Marathondistanzen, kämpft mehrfach mit dem Vigilanten und schlägt sich dabei ziemlich gut). Das soll womöglich, wenn man Maries Schlussmonolog ins Kalkül zieht, auch wieder eine Metapher dafür sein, dass man alle Widerstände überwinden kann, aber es macht den Film nun mal völlig unglaubwürdig (nicht, dass er sonderlich glaubwürdig from begin war).

Die „Handlung“ basiert ausnahmslos auf Zufälligkeiten und dem von Bruce eifrig genutzten Jason-Voorhees-patentierten Off-Screen-Teleporter, aber davon, dass „The Demolisher“ einen Plot hätte, von dem er wüsste, kann man eh nicht sprechen.

Jaja, gut, hör ich die „Kritiker“ sagen, aber die Handlung ist doch nicht *wichtig*, wenn der Film ganz offensichtlich die Entfremdung, Kälte und Distanziertheit der modernen Gesellschaft anprangern will. Prangert an, was ihr wollt, ich will erstens mal primär einen unterhaltsamen Film, und zweitens, wenn jemand Gesellschaftskritik treiben will, soll er es bitteschön *gut* machen und nicht einfach random stuff auf die Leinwand klatschen, alles distanziert und verfremdet zeichnen und „it a day callen“. Ja, der Vergleich zu Nicholas Winding Refn drängt sich schon ein wenig auf (nicht nur, weil Meister Refn im Nachspann auch gedankt wird), aber der hat halt was auf der Pfanne und ist in der Lage, seine oberflächlichen Genre-Motive zu nutzen, um völlig andere Geschichten zu erzählen, und dies auch auf künstlerische Weise, weil er es KANN. Carrer ist ein lausiger Nachäffer, der glaubt, zusammenhanglose Bilder irgendwie aneinanderzuschrauben und mit einem (zugegeben guten und den eindeutigen Höhepunkt des Films markierenden) coolen Soundtrack zuzukleistern, wäre genug der Kunst.

Nein, Monsieur. Es reicht eben nicht, Dialog so spartanisch einzusetzen, dass alle gesprochenen Zeilen im Film auf eine DIN-A-4-Seite mit Standardschriftgröße passen. Es reicht eben nicht, belanglose Szenen wie „Bruce trägt Samantha eine Treppe runter“ in Super-Slow-Motion auszuwalzen. Es reicht eben nicht, Szenen, die Inhalt für 15-20 Sekunden haben, auf drei-vier Minuten auszubauen. Es reicht eben nicht, wenn Ry Barrett, der Bruce-Darsteller und „Drehbuchautor“, „intense“ so spielt wie eine Parodie auf „intense spielen“.

Und auch die teilweise eindrucksvolle Kameraarbeit reicht nicht – ja, da gibt’s die ein oder andere durchaus beeindruckende steadycam-Fahrt, schöne weite Einstellungen oder geradezu geometrisch komponierte Shots, wenn sie sich andererseits wieder in sinnlosen Detail-Close-ups verhaspelt oder die wenigen Actionszenen so filmt, dass wir von der Action nichts mitkriegen können dürfen wollen (ich war echt verwundert, dass wir im Schlussakt, wenn Bruce sich im Mandrill-HQ balgt, ein paar echte Splatter-Effekte bewundern dürfen. Sekundenbruchteilskurz, aber sie sind da).

Schauspielerisch… naja, ich will nicht kritteln. Die Anweisung war offensichtlich, distanziert und kühl zu spielen, damit die eine große emotionale Szene, in der Bruce eine Art Zusammenbruch hat, besser wirkt, aber nichts und niemand wirkt auch nur annähernd natürlich, wie ein echter, lebender, atmender Mensch, weder Barrett noch Tianna Nori („Bite“ – der war auch schon nicht gut) als Samantha oder Jessica Vano als Marie. Alle wirken wie Schauspielautomaten (oder Leute, die durch die deutsche Bühnenschule gegangen sind. Karoline Herfurth und so).

Da man einen Schotterfilm wie diesen ansonsten nicht los wird, hat Meteor Film ihn in ein schickes Steelbook gepackt und die Soundtrack-CD beigelegt (für die hab ich vielleicht tatsächlich noch Verwendung, sofern auch der sort-of-featured song „Super Hero“ drauf ist).

Der Coverblurb der Blu-Ray zieht Vergleiche zu „Exterminator“ und „Maniac“. Das ist natürlich Quatsch, denn wo der eine brillant-brutale Psychostudie ist und der andere wenigstens ehrlicher Exploitation-Trash, ist „The Demolisher“ nichts anderes als auf Hochglanz polierter pseudoanspruchsvoller Quark mit Ablaufdatum 1974. Lieber einen der Klassiker kucken.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 9

BIER-Skala: 1


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