- Original-Titel: The Body Beneath
- Alternative Titel: Vampire's Thirst |
- Regie: Andy Milligan
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1970
- Darsteller:
Gavin Reed (Rev. Alexander Algernon Ford), Jackie Skarvellis (Susan Ford), Berwick Kaler (Spool), Susan Heard (Alicia Ford), Richmond Ross (Paul Donati), Emma Jones (Candace Ford), Felicity Sentance (Jessie), Susan Clark (Anna Ford), Judith Heard (Elisabeth), Victor Parish (Friedhofswärter)
Vorwort
Milligan, die Zweite…
Ich hatte bereits in meinem „Karriere“-Überblick für den guten Andy im THE GHASTLY ONES-Review berichtet, dass der Meister 1969 auf Einladung des britischen Produzenten Leslie Eliott für einen Multi-Film-Deal nach London umsiedelte. Die Geschäftsbeziehung kollabierte bereits nach dem ersten gemeinsamen Projekt NIGHTBIRDS, aber Milligan blieb trotzdem ein Jahr in London und drehte dort, auf Rechnung des US-Sexploitationproducers William Mishkin, der ihm bereits einige Grindhousefilme in den USA finanziert hatte, drei Horrorfilme, die er in den nächsten zwei-drei Jahren fertigstellte und veröffnete: BLOODTHIRSTY BUTCHERS, THE BODY BENEATH und THE RATS ARE COMING! THE WEREWOLVES ARE HERE!, der als letzter Film dieser nicht zusammenhängenden „Trilogie“ 1972 in die US-Kinos kam, nachdem Milligan noch einige Szenen nachgedreht hatte.
Heute aber soll es um THE BODY BENEATH gehen – der Titel ist relativ nichtssagend (wenn man das mit den reißerischen Titeln vergleicht, die Milligan sich ansonsten ausdachte) und hat auch exaktemente nichts mit dem Filminhalt zu tun. Womit Andy uns hier kommt, ist seine Interpretation einer Vampirgeschichte…
Inhalt
Wir beginnen auf einem alten englischen Friedhof mit überwuchterten Gräbern – stimmungsvoll, Jean Rollin würde sich hier wie zuhause fühlen. Eine Frau in einer unglaublichen Abscheulichkeit von modischer Entgleisung (ihr pink-rotes Kleid entwickelt sich gen oben in einen Schal, der sich dann auch noch als Kopfbedeckung um die Murmel der Ollen wickelt – da ging mit Andy mal wieder der verhinderte Modeschöpfer durch. Wie üblich entwarf er die Kostüme selbst unter seinem Fashion-Designer-Pseudonym Raffiné). Die Dame (Susan Clark, WANDA, FRENCH QUARTER) möchte Blumen niederlegen und selbige auch wässern, doch der auf britische Weise höflich unhöfliche Friedhofswärter teilt mit, dass der Friedhof in Bälde schließe und für solche Scherze keine Zeit mehr sei. Die Arbeit scheint abzustumpfen. Die Frau legt die Blumen dennoch aufs Grab, doch als sie sich wieder aufrichtet, ist sie schockiert – denn sie ist plötzlich von drei Schlümpfen umgeben! Korrigiere, drei Schlumpfinen! Jedenfalls drei blauhäutige Blondinen mit blutrot geschminkten Lippen und primärfarbigen Stofffetzen als Kleidern, die aussehen, als wären sie einem Kinderfasching entronnen und sich mit gespreizten Krallen auf unser armes Frauenzimmer stürzen… Aaah yes.
Wir schalten um ins Wohnzimmer von Graham Ford (Colin Gordon, allerdings nicht der halbwegs bekannte britische Fernsehdarsteller gleichen Namens), der auf seiner Couch vor sich hin döst. Die Türklingel weckt ihn – vor der Tür steht ein Reverend in weiblicher Begleitung, aber erfreulicherweise (oder auch nicht) will der nicht über Gott reden, sondern stellt sich als Alexander Algernon Ford (Gavin Reed, JOSEPH AND THE AMAZING TECHNICOLOR RAINCOAT, TOOTSIE) nebst Eheweib Alicia (Susan Heard, NIGHT BIRDS, THE MAN WITH TWO HEADS) vor. Der Reverend ist, wie der Name naheliegt, ein entfernter Verwandter und hat über die „zugezogen“-Rubrik in der Zeitung herausgefunden, dass Graham und seine Frau Anna jüngst aus Kanada nach London gezogen seien und er es für seine Verwandtenpflicht hält, einen Anstandsbesuch abzuhalten. Algernon ist hobbymäßig nämlich auch Genealoge und hat den Familienstammbaum der Fords bis ins Jahr 98 vor Christus zurückverfolgt und, für meinen Begriff etwas ungewöhnlich für einen Mann Gottes, erstellt auch Horoskope. Dass Graham ein Fisch ist, sieht Algernon ihm an der Nasenspitze an. Nun, aber eigentlich ist Algernon hier, um die neuen Fords zum Dinner einzuladen. Auch der Reverend und seine Holde sind nämlich erst seit relativ kurzer Zeit vor Ort, um eine alte, aufgelassene Kirche wieder mit neuem religiösen Leben zu erfüllen, und aus diesem kühnen Grunde hat er auch die benachbarte Carfax Abbey (Bram-Stoker-Kenner horchen auf) angemietet. Graham nimmt die Einladung unter dem Vorbehalt der Zustimmung seiner derzeit abwesenden höheren Instanz an. Wo ist Mrs. Ford eigentlich? Die wollte das Grab ihrer Mutter auf dem alten Friedhof besuchen… und jetzt, wo Graham drüber nachdenkt, ist sie eigentlich ziemlich spät dran. Der Friedhof gehört zufälligerweise auch zur Abtei und der Kirche, aber ehe sich Graham und Algernon noch darüber unterhalten können, stolpert Anna Ford, wie nicht anders zu erwarten unsere modisch verirrte Dame aus dem Prolog, relativ verstört, aber scheinbar unverletzt, in die Wohnung. Was die Reverend Fords dazu nutzen, sich zu verabschieden.
Woanders. Ein junges Liebespaar ist mit dem beschäftigt, was junge Liebespaare in ihrer Freizeit gern treiben – rammeln wie die Kesselflicker. Erstaunlich genug, dass sie irgendwann damit aufhören. Das findet auch der weibliche Part des sexuell aktiven Duos, Susan Ford (Jackie Skarvellis, THE RATS ARE COMING! THE WEREWOLVES ARE HERE!, GUNBUS), den ihr Verlobter Paul Donati (Richmond Ross) hat nichts anderes im Kopf außer Sex Sex Sex. Susan ist ein wenig nervös, und versichert Paul mehrfach, dass sie ihn liebe, aber sogar Paul, als Sackträger eigentlich nicht darauf gepolt, subtile Untertöne zu erkennen, begreift, dass das nicht das ist, was sie ihm eigentlich sagen will. Susan druckst weiter herum und Paul deduziert zutreffend, dass Susan schwanger ist. Und Susan fürchtet, dass das der glücklichen Beziehung einen heftigen Schlag versetzen wird. Zu allgemeiner, speziell Susans Überraschung ist Paul aber verblüffend cool mit dem Gedanken, junger Vater zu werden, auch wenn er zugibt, dass das ein Jahr vorher noch anders ausgesehen hätte. Mittlerweile ist das Paar aber zweieinhalb Jahre zusammen, alles läuft prima, auch finanziell kann man sich ein Kind leisten, heiraten wollte man eh in Bälde, und Paulemanns einzige größere Sorge ist, dass das Liebesleben darunter leidet. Für einen sexsüchtigen jungen Mann Ende der 60er, Anfang der 70er in London ist Paul ein recht konservativer Knochen. Wo sie Paul offenbar grad in einer günstigen Stunde erwischt hat, verklickert Susan ihm auch gleich, das sie heute aushäusig übernachten wird. Sie wurde von einem gewissen Reverend Ford, einem entfernten Verwandten, nach Carfax Abbey auf ein Gespräch eingeladen, und der Trip ist ein bisschen zu weit, um noch am gleichen Abend zurückzukommen, also wird sie bei einer Freundin übernachten. Obschon Susan nicht genau weiß, was der Reverend von ihr will, macht sie sich durchaus Hoffnung, eine Gratis-Vermählungszeremonie aus dem Gottesmann herauszukitzeln.
Woanders. Wir befinden uns im Schlafgemach von Candace Ford (Emma Jones), und ich habe keine Ahnung, womit die ihr Geld verdient – es geht ihr gut genug, um mit der süßen Lorna (unkreditiert) ein Dienstmädchen zu beschäftigen und der Kleiderschrank ist mit, hähempt, modischen Fummeln gut bestückt. Ich vermute mal, dass Candace so etwas wie ein leicht verblühtes ehemaliges It-Girl ist, das von vergangenem Glamour lebt. Jedenfalls ist auch Candace willig, in den Hafen der Ehe einzulaufen und mit einem gewissen Mr. Willis gibt es wohl auch einen geeigneten Kandidaten, der sowohl Candaces als auch Lornas Approval findet. Auch hier stört die Türklingel, dieses Mal aber steht kein Reverend mit dem britischen Wachtturm-Äquivalent vor der Tür, sondern ein junger Buckliger (Berwick Kaler, SPENDER, EINE LAUSIGE HEXE, RITTER AUS LEIDENSCHAFT) mit einer Blumensendung für Miss Candace, eine gelbe Rose… Lorna nimmt die Sendung entgegen und wird fast vom Schlag getroffen – denn als sie sich umdreht, stehen die Schlumpfinen auf der Treppe! Der kurze Moment und der schmale Türspalt haben ausgereicht, um die Vampirinnen (hey, it’s not really a spoiler, is it?) einzulassen. Die Schlumpfinen hypnosaften Lorna, die die Blume ihrer Chefin überreicht. Natürlich sticht sich Madame Ungeschickt Candace an einer Dorne, was Lorna ermöglicht, eine Blutprobe zu nehmen (entweder haben die Schlumpfinen ihr die zugesteckt oder englische Dienstmädchen haben immer Probenträger in der Tasche) und die den nunmehr draußen vor der Tür wartenden Schlumpfinen zuzuwerfen. It’s all rather mysterious and stuff.
Am nächsten Morgen trifft Susan, eine halbe Stunde zu früh, in Carfax Abbey ein und wird vom rundgesichtigen, aber auch ganz putzigen Dienstmädchen Jessie (Felicity Sentance, NIGHTBIRDS) eingelassen. Der Reverend wird sich gleich um sie kümmern… Den muss man aber erst mal aufwecken, allerdings nicht aus seinem Sargschlaf, er pennt mit Alicia in einem Four-Poster recht herkömmlicher Bauart. Algernon ist ein wenig gestresst und leicht angenervt – das ständige Herumrennen bei Tageslicht (!) schlägt ihm auf Gemüt + Konstitution, aber einer (bzw. zwei, mit Alicia, die allerdings aussieht, als wäre auf irgendeinem schlechten Gras) muss es halt tun. That will hopefully be explained later on.
Das Reverendpärchen empfängt also Susan und Algernon erklärt, dass Alicia einen Tick habe, wonach sie nie laut spreche, sondern alles, was sie zu kommunizieren wünsche, Algernon ins Ohr flüstere, damit er es weitergebe. Höchst ungewöhnlich und schräg, gibt Algy zu, aber er hat sich dran gewöhnt. Ansonsten zieht er erneut die „wir-sind-entfernte-Verwandte-und-die-Fords-sind-bis-zu-den-alten-Römern-zurückzuverfolgen“-Routine durch und schlägt einen Toast vor. Susan bestellt einen Sherry, die Reverends beschränken sich auf… Tomatensaft (sicher, sicher…). Warum das dann? „We never drink… wine… at this time of day!”, erklärt Algernon und zumindest, was die Uhrzeit und das Runterschütten alloholischer Getränke angeht, bin ich geneigt, ihm zuzustimmen. Cin! Natürlich ist Susans Sherry mit einem Schlafmittel versetzt…
Graham bemerkt indes gewisse Verhaltensänderungen bei seinem geliebten Besen. Anna himmelt den Mond an und findet ganz generell die Nacht ganz toll, was Graham wundert, weil sein Schatzischnucki bislang eher der Dunkelheit furchtsam gegenüber eingestellt war.
Susan kommt in einem recht leeren Zimmer im Bett wieder zu sich und wird alsbald vom Buckligen besucht. Der heißt Spool und bringt ihr etwas Happa-Happa. Der Hunchback ist freundlich genug, aber es ist auch klar, dass er in Angst vor seinem Meister lebt und daher nicht wagt, Susan zu verraten, was der ganze Spuk eigentlich soll. Muss er auch nicht, denn Algernon taucht nur wenig später auf und ist erstaunlich freigiebig, was Grund und Sinn der Freiheitsberaubung ist. See, in einigen Dingen hat Algernon die Wahrheit gesagt – die Fords sind eine steinalte Familie, die bis in die Römerzeit zurückgeht, und ja, Susan ist mit dieser Sippschaft verwandt. Was bislang unerwähnt blieb, ist, dass die Fords primär eine Familie von Vampiren sind. Was uns jetzt nicht überrascht, Susan aber schon. Er und Alicia sind schon hunderte Jahre alt und quasi-unsterblich, müssen jedoch alle 40 Jahre zur Heimatscholle, mithin dem bewussten Friedhof, zurückkehren, um sich zu regenerieren. Was jetzt noch nichts speziell mit Susan zu tun hat, aber dazu kommen wir gleich. Über die Jahrhunderte hinweg hat sich die Blutlinie der Fords heftig ausgedünnt, frisches, starkes Blut braucht der Clan, dessen kinda-sorta gewählter Vorsteher er ist, und da kämen Susan und speziell ihr ungeborenes Kind ins Spiel. Algernon vermutet, dass der Nachwuchs kräftig genug ist, um quasi der Stammvater oder die Urmutter einer neuen Generation Blutsauger-Fords zu werden, und dagegen, bitteschön, möchte sich Susan doch nicht sperren. Ein frommer Wunsch, aber einer, dem Susan nun nicht mit der angebrachten Aufgeschlossenheit gegenübersteht. Algernon muss ein bisschen nachhelfen –als Susi mal wieder sanft entschläft, nutzt er die Gelegenheit, um sie zu beißen.
Am nächsten Tag steht schon wieder Besuch vor der Abtei-Tür. Es ist Paul, der sich ob der fortschreitenden Abwesenheit seiner Verlobten langsam Sorgen macht und außer ihrem angekündigten Besuch beim Reverend keine Anhaltspunkte hat, wo sich rumtreiben könnte. Jessie öffnet und jagt den ungebetenen Gast relativ harsch mit der Versicherung, Susan habe am vorigen Nachmittag ordnungsgemäß die Abtei verlassen, vom Hof. Das befriedigt Paul nicht, und interessanterweise auch nicht Jessie, die ihrem Chef Vorhaltungen macht. Sie hat Paul ausgerichtet, was man ihr zu sagen aufgetragen hat, wann immer sich jemand nach Susan erkundige, aber sie ist sich ziemlich sicher, dass Susan das Gebäude nicht verlassen hat und bei aller Freundschaft und Dienstverpflichtung, für ihren Dienstherren zu lügen war eigentlich nicht ausgemacht. Algernon fasst dies als subversive Impertinenz aus und feuert Jessie, die also offenkundig nicht in die Pläne des Vampirchefs eingeweiht ist, on the spot, d.h. mit einer Stunde Zeit, die Sachen zu packen und vom Hof zu reiten, was ich jetzt nicht für seine allerbeste Idee halte, alldieweil wir ziemlich sicher sein können, dass Paul noch in der Gegend herumschleicht und Jessie jetzt deutlich motivierter sein wird, dem jungen Burschen ein paar Informationen zuzuschanzen.
Paul ist auch noch da und klopft nochmals an die Pforte. Jetzt öffnet der Chef selbst und gibt sich, wie es in der Öffentlichkeit seine Art ist, verbindlich und freundlich. Ja, seines Wissens nach ist Susan am letzten Nachmittag gegangen, nein, er hat das leider nicht persönlich gesehen, aber er fragt gerne mal zur Versicherung bei seiner Frau nach. Während er wartet, fummelt Paul an seinem Zigarettenetui und entleert es versehentlich auf dem Boden. Als Algernon zurückkommt, ist Paul noch damit beschäftigt, die Glimmstengel wieder einzusortieren und, wie’s der Deibel so will, die Innenseite des Etuis ist verspiegelt. Algernon gibt zu Protokoll, dass seine Frau Susan höchstpersönlich zur Tür geleitet hat und möchte nun Paule hinauskomplimentieren, aber eine nicht ganz korrekt stehende Kerze stört sein ästhetisches Wohlbefinden. Zufällig fällt Pauls Blick in dem Moment in seinen Spiegel und… dort ist nur die Kerze zu sehen, aber keine Reflektion eines selbige herumschiebenden Reverends!! Algernon fliegt nun schon etwas der Draht aus der Mütze und er befördert den protestierenden Paul handgreiflich vor die Tür.
Paule ist natürlich nun angespitzt, sucht nach einem Hintereingang und stolpert über Jessie, die, wie wir schon vermuteten, jetzt schon deutlich mitteilsamer ist. Sie ist sich sicher, dass Susan im zweiten Stock des Gebäudes gefangen gehalten wird und einen Weg ins Haus kennt sie auch. Tatsächlich gelingt der Durchmarsch ins zweite OG und eine Kontaktaufnahme mit Susan durch die abgeschlossene Tür. Bevor Paul allerdings überlegen kann, wie er das schier unüberwindliche Hindernis überwinden kann, schleicht sich der beknüppelte Spool an und schlägt Paul nieder.
Sieht also so aus, als hätte der Vampire Clan alles im Griff. Aber alles hat seinen Preis, so z.B. die für Blutsauger bekanntlich eher untypische Fähigkeit, am hellichten Tag rumlaufen zu können. Hierfür benötigen Alicia und Algernon regelmäßige Bluttransfusionen, und selbst mit dieser zusätzlichen Power empfindet Algernon das als zunehmend anstrengend und ermüdend. Aber nicht ermüdend genug, um sich nicht um Verräter kümmern zu können, wie z.B. die arme Jessie. Die hat nämlich offenbar das Kleingedruckte im Anstellungsvertrag nicht gelesen, auf Verrat steht – selbst wenn das Arbeitsverhältnis schon beendet wurde – die Todesstrafe. Die Ausführung derselben überlässt Algernon Alicia und ihren Stricknadeln (Stricken ist nämlich Alicias Hobby), die Jessie in die Augen gerammt werden (es ist die einzige echte Splatterszene des Films – kein Vergleich zum Gore Galore von THE GHASTLY ONES). Schnüff.
Während Paul gefesselt in einem Zimmer der Abtei zu sich kommt, hat Algernon seine komischen fünf Minuten (dreimal die Viertelstunde) und versteift sich aus mir unerfindlichen Gründen darauf, dass Graham, der immer noch nicht ahnt, dass seine Frau vampirisiert wurde und sogar schicke Bissmale in Kraterausmaßen am Hals trägt (man berührt sich im Hause Mr. Graham Ford offenbar recht selten), und sein kanadisches Blut nix taugen, und wer nix taugt, braucht auch nicht zu leben. Die Schlumpfinen mögen ihn doch bitte exekutieren. Gesagt, getan, und wieder eine unblutige „die untoten Lumpenpuppen knuffen ihr Opfer zu Tode“ (ja, ich fühle mich ein wenig an „Manos“ erinnert) Angelegenheit… Abgesehen davon fühlt Algernon sich auch nicht auf der gesundheitlichen Höhe – er leidet unter Bluthochdruck, nicht mal Alicias Blutegelbehandlung schlägt an, und generell fragt sich der Vampir, warum die Transfusionen bei ihm wesentlich weniger lang vorhalten als bei seinem Weib (it’s a plot point leading right into nowhere land).
Möglicherweise erinnert ihr Euch noch düster an Candace, Ihr wisst schon, die mit der Blutprobe. Ihre Zeit ist nun gekommen, und zwar per Entführung. Auch Candace begehrt zu wissen, was der ganze Scheiß jetzt eigentlich soll, und wieder ist Algernon ein Musterbeispiel eines seine potentiellen Opfern mit Freuden zu Tode labernden Schurken. Wir haben ja schon etabliert – die Fords sind eine steinalte Vampirsippe, und mit Susans Baby glauben sie, den Schlüssel zur glücklichen Zukunft gefunden zu haben, aber bis der/die/das Kleine in einem gebrauchsfertigen Zustand ist, ist ja noch ein bisschen hin. Und da kommt der Umstand ins Spiel, dass die Fords, being the degenerate band of incestuous assclowns they are (und ja, Algernon bestätigt, dass die Vampirfords nur innerhalb der Familie heiraten und sich vermehren), Bluter sind (sie stammen offenbar von der grünhäutigen Außerirdischen aus QUEEN OF BLOOD ab. Nur mit dem Farbton müssen sie noch nacharbeiten…) und daher eben regelmäßigen Nachschub brauchen. Candace wird vor eine Wahl gestellt – sie kann mehr oder minder freiwillig für einen Zeitraum von so ungefähr 6 Monaten die personifizierte Blutbank der Fords spielen, oder MÖÖP. Sofern Candace sich vernünftigenfalls für die Blutspende entscheidet, könnte Algernon sich eventuell sogar großzügigerweise überlegen, ihr nach Ablauf dieser Dienstzeit die Unsterblichkeit zu gewähren. Candace hält dieses Angebot für gequirlten Kuhmist in der Großhandelspackung und lehnt ab, aber Algernon räumt ihr Bedenkzeit ein.
Paulemann erweist sich inzwischen als cleveres Kerlchen. Seine Gastgeber haben eine Glasvase im Zimmer stehen lassen und es gelingt Paul, diese umzuschmeißen. Das allein macht die stabile Kristallvase nicht kaputt, aber das erledigen ein paar schmackige Fußtritte. Und jetzt hat Paul ein paar scharfe Scherben, mit denen er seine Fesseln durchritzen kann, ohne Rücksicht auf etwaigen eigenen Blutverlust. Er stürmt in Susans Zimmer, herzliche und liebevolle Wiedervereinigung, aber… naja, die Tür ist in Schloss gefallen und hat sich dabei offenbar verriegelt. Damit hat sich die Situation jetzt nicht entscheidend verbessert, aber wenigstens sind die Liebenden zusammen. Der Plan für das weitere Vorgehen ist einfach – man muss warten, bis jemand kommt, und dem dann was über den Nüschel ziehen. Da Spool aber gerade erst da war, wird das ein Weilchen dauern. Solang kann man aber miteinander rumpoussieren, so time’s not completely lost.
Stichwort Spool. Unser friendly neighborhood hunchback ist wieder mit seiner Rolle als Essensausträger beschäftigt und bringt nun Candace leckeren Schmackofatz. Wie Susan vor ihr versucht Candace das Vertrauen des Bucklingen zu gewinnen und im Gegensatz zu ihrer jüngeren Verwandeten gelingt es ihr, vielleicht ob ihrer mütterlichen Ausstrahlung (höhö), Spool zumindest ein paar Takte über seine Vergangenheit aus der Nase zu ziehen. Er steht seit sieben Jahren in Algernons Diensten. Er stammt aus einer gewalttätigen Familie (bzw. seine Stiefmutter und sein Stiefbruder waren gewalttätig ihm gegenüber), und seinen Buckel verdankt er der Tatsache, dass sein Stiefbruder ihn dereinst vor den Bus geschubst habe. Als er als Krüppel aus dem Krankenhaus zurückkam, schob seine Familie ihn in ein Heim ab, aus dem Algernon ihn dann gerettet habe. Insofern ist er dem Vampir-Chef nicht undankbar und will auch nicht illoyal sein, aber andererseits lebt er eben auch in permanenter Angst vor seinem Gönner. Candace versucht ihn zur Fluchthilfe zu überreden, aber der Bucklige beißt erst an, als Candace verspricht, ihn mitzunehmen. Dumm nur, dass Algernon alles mithört und, wie wir wissen, zur Zeit ja eh relativ unleidlich ist. Candace wird getötet und auch Spool wird hart bestraft – für den Rest des Tages wird er an einen Baum im Abteiarten genagelt.
Algernon ist ziemlich angepisst – es steht nämlich auch das große Vampirtreffen bevor, dem er in seiner Rolle als Clanchef vorstehen muss, und dabei sei auch ein Opfer zu vollziehen (ich bin mir nicht sicher, ob er ein rituelles Opfer im Wortsinne oder nur ein metaphorisches meint… wie sich das später abspulen wird, halte ich die zweite Variante für die sinnvollere). Zum ersten Mal in seiner Karriere geht ihm die Versammlung ziemlich auf die Nerven,
Die Nacht bricht herein und vom nahen Friedhof eilen die untoten Fords etlicher Generationen zur Abtei, und meine Güte, die sehen alle aus wie bedauernswerte Opfer von Kinderschminken (und zwar nicht im Sinne von „Kinder, die geschminkt werden“, sondern „Erwachsene, die von ihren Kindern geschminkt werden“). Andererseits – I’m kinda impressed, Milligan hat ein gutes Dutzend Statisten aufgetrieben, die bei dem fröhlichen Possenspiel mitwirken wollten. Erster Akt des Gathering ist ein Freß- und Saufgelage ersten Ranges. Und die Kostüme! DIE KOSTÜME!!! Die Robe, in die sich Algernon zur Feier des Tages geworfen hat, liegt irgendwo zwischen Faschingsprinz, Inka und Rudis Reste-Rampe. Dafür gehört man aus Prinzip verdroschen. Amüsant ist auch, dass Milligan versucht, eine Art „otherworldy“ Atmosphäre zu schaffen, in dem er auf die Ränder seines Kameraobjektivs Vaseline schmiert. Sieht nicht sehr „otherworldy“ aus, man möchte ihm nur ein Reinigungstuch in die Hand drücken.
Nach dem Geselchten und Gesottenen ist es Zeit für den politischen Teil des Abends, und Algernon und seinen Plänen stellt sich unerwartet (von den Körperausmaßen her gesehen imposante) Opposition in Form der Vampirlady Elisabeth (Judith Heard) in den Weg. Ya see, Algernons Absicht ist es, den gesamten Clan in die Neue Welt auszulagern – und wenn Vampire etwas sind, sind sie bekanntlich Traditionalisten, die an ihrer Heimatscholle hängen. Elisabeth lässt sich offiziell das Wort erteilen (es gibt ja schließlich REGELN!) und bestätigt praktisch alles, was Algernon an Argumenten offenkundig (aber nicht vor uns) vorgetragen hat: die Ford-Blutlinie ist schwach und braucht neuen Input, wofür prinzipiell die amerikanischen und kanadischen Fords geeignet wären, in England wird der Boden langsam heiß, was vampirische Aktivitäten angeht (wofür uns niemand einen Beweis anbieten kann), und die Polizei entwickelt sich langsam zum Problem (auch das verweise ich angesichts des vorgelegten Bildmaterials ins Märchenreich). Kurz und gut – Algeron hat eigentlich völlig Recht und Elisabeths sorgfältig ausgearbeiteter Gegenvorschlag heißt „ich mag net, wäää!“. Erstaunlicherweise findet diese Argumentation recht viel Zustimmung und Beifall unter den versammelten Blutsaugern. Algernon gibt sich in seiner Antwortrede persönlich enttäuscht von seinen Familiengenossen, auch und insbesondere von dem in eine römische Toga gehüllten Vampir Cäsar. Ein „et tu, Caesar?“ kann sich Algy nicht verkneifen. Algernon weist darauf hin, dass die Fords bislang unter seiner Führung ganz gut gefahren sind und die Gefahren, die auch Elisabeth gerade aufgezählt hat, höchst real sind und die Existenz der Vampire gefährden: „Man kann in London nach 23.00 Uhr gar nicht mehr durch die Straßen gehen, weil man anlasslos von der Polizei kontrolliert werden kann! London ist ein Polizeistaat geworden!“ Algy stellt ein verklausuliertes Ultimatum, das auf „entweder ihr macht was ich sage oder ihr könnt mich alle mal“ hinausläuft, und wenn er nicht die Herzen der Vampire gewinnt, dann offenbar zumindest ihren Verstand, denn dem Auswanderungsbefehl stellt sich jetzt kein entschiedener Widerstand mehr in den Weg – er hat ja auch schon alles vorbereitet, ein Schiff gechartered, das noch in dieser Nacht auslaufen sollen, und wer von den Vampiren dazu körperlich in der Lage ist, wird verdonnert, beim Einpacken der Wertsachen zu helfen.
Aber es sind natürlich noch ein paar lose Enden zu verknüpfen. Spool z.B., der, mittlerweile abgenagelt, gerne mit in die Neue Welt reisen möchte. Algernon stellt das in die Entscheidung der Community – einerseits hat Spool jahrelang treu gedient, andererseits ist da dieser aktuelle Vorfall mit Candace. Die Gemeinschaft ist ungnädig und senkt kollektiv (und wortwörtlich) die Daumen. Damit ist Spool als Nachtisch freigegeben. Dann gäbe es dann noch Susan und Paul. Die müssen beide vernichtet werden, befindet Algernon. Man wird Susi töten und Paul bewusstlos so neben ihr drapieren, dass es zwangslos so aussehen muss, als hätte er sie abgeschlachtet, womit Paule dann auch aus dem Spiel genommen wäre (eine Vampirplotte wird ihm ja niemand glauben).
Und so blenden wir um in Susans Zimmer, wo die beiden Liebenden am Boden liegen, Susan mit einem dekorativen Dolch mitschiffs. Aber Susan kommt zu sich, zieht sich das Messer aus dem Bauch und rollt auf den bewusstlosen Paul, um ihn zu beißen… wenig später stehen die Beiden gemeinsam am Fenster und Susan proklamiert beim Blick über Abtei und Friedhof: „All das gehört jetzt uns!“
Andy Milligan ist mir irgendwie auch nach dem zweiten Film ein Rätsel. Ich hätte es nicht gedacht, aber wie schon bei THE GHASTLY ONES sitze ich jetzt schon 24 Stunden da und mache mir über den Film Gedanken, tiefschürfende Gedanken. Und das bei den Werken eines Filmemachers, den ich nur für ein ganz besonders unterbelichtetes Exemplar von Garagenfilmer gehalten habe.
Man verstehe mich nicht falsch – Andy Milligan IST bzw. war ein unterbelichtetes Exemplar von Garagenfilmer, aber es steckt meines Erachtens doch mehr hinter der Cheapo-Pappmache-Fassade als man auf den ersten Blick denkt…
Gehen wir erst mal die einfach zu klärenden Aspekte von THE BODY BENEATH an. Der Streifen ist ein deutlich polierterer, professioneller gearbeiter Film als THE GHASTLY ONES. Man merkt deutlich – Milligan hatte in England zwar nicht unbedingt mehr Mittel zur Verfügung (die IMDb spekuliert auf ein 20.000-Dollar-Budget), aber *bessere*. Besseres Equipment, bessere Schauspieler, bessere Locations. Klar, Milligan ist immer noch ein ganz besonders mieser Kameramann und seine Fähigkeiten als Cutter haben sich auch nicht deutlich verbessert, aber es fällt weniger auf, weil die Produktion insgesamt deutlich glatter, geschliffener ist, und die teilweise absonderlichen Kameraeinstellungen und der vogelwilde Schnitt nicht so auf die Augen gehen wie bei THE GHASTLY ONES. Dadurch wird aber natürlich dessen „Vorteil“ negiert – wir haben hier nicht diese grand-guignol-meets-cinema-verité-Atmosphäre des Protoslashers, sondern einen eher konventionellen Look, den man beinahe mit einem richtigen Film verwechseln könnte. Die Regieentscheidungen sind öfters fragwürdig, und auch das Script erlaubt sich unnötige Abschweifungen (der ganze Graham-Ford-Subplot hat keinerlei Relevanz für die eigentliche Geschichte und kann ersatzlos gestrichen werden, ohne dass dem Film was fehlt), aber… es ist eben nicht dieses handwerkliche Schlachtfeld von THE GHASTLY ONES.
Dafür ist THE BODY BENEATH auch kein Splatterfilm – bis auf die Stricknadelattacke auf Jessie (und die sehen wir auch nicht im Bild, sondern nur ihr Resultat) ist der Film für einen Vampirfilm geradezu dreist blutarm (das meiste Kunstblut befindet sich in den Transfusionsbeuteln der Vampire), wer hier auf Extrem-Gedärm-Gore oder abgetrennte Gliedmaßen handelt, wird hier enttäuscht – und eher in ein hysterisches Lachkoma ob des „Make-ups“ für die Vampire fallen. Mit „special FX make-up“ hat das sicher nichts zu tun…
Wo mich THE BODY BENEATH aber überrascht, ist in der Geschichte – nicht so sehr in der tatsächlich ausformulierten Drehbuchform, sondern dem, was das Szenario unausgesprochen impliziert (ob absichtlich oder nicht lasse ich mal dahingestellt). Was Milligan hier ausbreitet bzw. auszubreiten versucht, ist ein wirklich interessanter Take die Blutsaugermythologie, und deswegen bin ich zumindest etwas traurig, dass Milligan seiner eigenen Mär nicht so recht traut und nicht Algernon Ford zum wirklichen Protagonisten seiner Geschichte macht; er entwickelt sich zwar mehr oder weniger by default dazu, weil ihm die diversen Subplots um die Ford-Verwandten einigermaßen entgleiten, umso deutlicher fällt aber auf, dass die Geschichte ziemliches Potential hätte, wenn sie konsequent aus „Vampirsicht“ geschildert würde.
Viel hängt an der Performance von Gavin Reed als Algernon, der der Versuchung widersteht, aus dem Vampiroberhaupt einen Klischee-Bad Guy zu machen, sondern die Rolle eher „underplayed“. So wie Reed die Rolle interpretiert, ist Algernon nicht per se „böse“ (ja, er ordert ohne große Emotion den Tod diverser Charaktere, aber aus seiner Sicht ist das „for the greater good“), sondern als eine Art blasé Berufsbürokraten, der in eine verantwortliche Rolle gedrängt worden ist, weil sich mutmaßlich kein anderer Kandidat gefunden hat. Er ist willens, seine Aufgabe nach besten Kräften und zum Besten der ihm anvertrauten Familie zu erfüllen, aber – nach hunderten Jahren Dienst für eine Bande, die er, wie wir im Schlussakt bemerken, höchstwahrscheinlich für nicht mehr als einen Haufen undankbare Bastarde hält, die überhaupt nicht würdigen, welche persönlichen Opfer *er* bringt, damit sie einigermaßen sicher leben können, geht ihm der ganze Kram langsam an die Substanz, er ist der Sache müde geworden (und was man auf den ersten Blick für ein plothole halten könnte – und vermutlich auch sollte – gewinnt, folgt man dieser Interpretation, gewisse Brisanz: er befiehlt die Ermordung Susans, aber er selbst hat sie vampirisiert und müsste daher wissen, dass sie durch einen Messerstich nicht zu töten ist. Hat er das so arrangiert, damit Susan und Paul in England unbeeinflusst vom alten Ford-Clan eine neue, stärkere Vampirsippe begründen können, während er und seine Leute in der Neuen Welt langsam, aber sicher aussterben? You see, there’s quite powerful stuff buried inside a mess of a movie). Algernons Zerrissenheit zwischen Pflichtbewusstsein und dem Wunsch, aus dieser Verantwortung entlassen oder wenigstens dafür gewürdigt zu warden, was er leistet, führt sogar zu einem leibhaftigen “Ro-Man”-Moment, wenn er, zu seinem scheinbar ehrlichen Bedauern gezwungen, Spool zu bestrafen, philosophisch wird: “I have no soul – and yet I feel compassion”.
Verdammte Hacke, da drin steckt Potential für echtes Drama – oder aber auch für schwarze Komödie, wenn man es von einer anderen Position aus betrachten möchte; in der Hinsicht kann man die Versammlung der Vampire, die tonal völlig gegenüber dem Restfilm aus der Reihe tanzt, als eine Satire auf sinnfreie parlamentarische Debatten um des Debattierens willen betrachten (und, hey, wenn Algernon sich beschwert, dass man als anständiger Vampir nachts nicht mehr durch London latschen kann, ohne von der Polizei kontrolliert zu werden, haben wir die Grenze zur reinen Komödie sowieso überschritten, ob, Milligan-Gebetsmühle anwerf, nun absichtlich oder nicht).
Die restlichen Schauspieler sind natürlich bei weitem nicht so gut wie Reed, wenngleich auch Richmond Ross und Jackie Skarvellis ihre jeweiligen Aufgaben ordentlich erfüllen und Berwick Kaler, der sowohl ein formales (den „sympathetic hunchback“) als auch in inhaltliches (eine Figur, die von einer grausamen Familie gequält wurde, was ohne weiteres wieder ein Rückgriff auf Milligans eigene Biographie ist) Motiv aufgreift, das wir aus THE GHASTLY ONES schon kennen, und dabei auch eine ganz gute, bemitleidenswerte Figur macht (und sein Ende, ja, auch das erinnert mich ein wenig an Torgo und MANOS. Wobei ich auch hier davon ausgehe, dass Milligan MANOS nie gesehen hat).
Am Ende des Tages ist meine Schlussfolgerung, dass Milligans Reputation als miserabler Regisseur und einer der schlechtesten seiner Zunft sicher nicht unberechtigt ist, andererseits aber Milligan als „auteur“ vielleicht sogar sträflich unterbewertet ist. Es gibt nicht viele B-Filme, die mich tatsächlich zum Nachdenken anregen und Milligan hat jetzt in dieser Hinsicht eine Quote von 2/2. Es liegt wohl auch und vor allem daran, dass Milligans erste Liebe im kreativen-medialen Bereich das Theater war – und vielleicht bei diesen Leisten als Theater-Autor und –Regisseur hätte bleiben sollen (dass erim Herzen hauptsächlich für die Bühne lebte, äußert sich ja auch daran, dass er sowohl an der Ost- als auch an der Westküste eigene Theatergruppen auf die Beine stellte). THE GHASTLY ONES hätte prima als grand-guignol-Theater funktioniert und dabei alle technischen Unzulänglichkeiten ausblenden können, und THE BODY BENEATH (trotz des etwas größeren Scopes) gäbe mit ein-zwei Rewrites, die entweder die philosophischen oder die schwarzhumorigen Aspekte in den Vordergrund gestellt hätten, ein absolut taugliches off-broadway-thinkpiece werden können. Film ist, ganz simpel gesagt, nicht Milligans Medium – andererseits sprechen wir nur deswegen heute noch über ihn.
Was also ist meine endgültige Meinung? Ich habe letztendlich keine Ahnung. Wo THE GHASTLY ONES seine „Sonderstellung“ als Unikum und Unikat durch die katastrophale Technik verdient, ist THE BODY BENEATH technisch besser, inhaltlich interessanter (wenn man auch zwischen den Zeilen lesen und interpretieren muss und kann), aber natürlich auch konventioneller und „langweiliger“, alldieweil der Streifen arm an „Action“ im kinematischen Sinne ist. Milligan bleibt sicherlich ein „acquired taste“, aber einer, der, wenn man mit nicht primär mit dem Ziel herangeht, sich schadenfroh über den Film zu beömmeln (SchleFaz-Syndrom), einen näheren Blick durchaus lohnt.
THE BODY BENEATH ist Film Nummer 2 in Retromedias Milligan-Box. Auch dieser Film wird in 1.66:1-Widescreen (anamorph) präsentiert. Die Bildqualität ist im Vergleich zu THE GHASTLY ONES superb, nur eine Rolle (so von Minute 40-48) leidet unter massiven Beschädigungen, offenbar durch Brandschäden. Der Ton ist okay, aber auch wieder sehr leise.
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 7
BIER-Skala: 4
Review verfasst am: 10.09.2019