Terror Eyes – Der Frauenköpfer

 
  • Deutscher Titel: Terror Eyes - Der Frauenköpfer
  • Original-Titel: Night School
  •  
  • Regie: Ken Hughes
  • Land: USA
  • Jahr: 1981
  • Darsteller:

    Leonard Mann (Judd Austin), Rachel Ward (Eleanor), Drew Snyder (Vincent Millet), Joseph R. Sicari (Taj), Karen MacDonald (Carol), Annette Miller (Helene Griffin), Bill McCann (Gary), Elizabeth Barnitz (Kim Morrison), Meb Boden (Anne Barron)


Vorwort

In Boston treibt ein Mördersmann sein Unwesen – sein jüngstes Opfer: die Aushilfslehrerin Anne, die nach Feierabend auf dem Spielplatz des Kinderhorts, in dem sie jobbt, von einem Unhold in Motorradkluft (schwarz wie die Nacht) geköpft wird. Für Lt. Judd Austin, den ermittelnden Bullen, Harvard-gebildet und der Ansicht seines Partners Sgt. Taj nach nicht sonderlich „streetwise“, eine harte Nuss – es gibt keine Spuren, keine Zeugen, kein Motiv, dafür ist es die zweite enthauptete Frauenleiche innerhalb weniger Tage. Die Köpfe der Opfer wurden jeweils im Wasser gefunden – beim ersten Opfer in einem Teich, bei Anne in einer wassergefüllten Mülltonne. Austin vermutet einen Zusammenhang, Taj hält’s für schlichten Zufall.

Anne besuchte eine Abendschule und Austin hofft vom Lehrkörper und den Klassenkameradinnen Hinweise auf den Umgang des Opfers zu finden. Weder Schulleiterin Griffin noch ihr Lehrer Vincent Millet, der Anthropologie (in diesem Fall anhand primitiver papua-neuguineascher Völker) unterrichtet, können Austin weiterhelfen. Millet verweist den Cop an Annes einzige Freundin, Kim. Kim kann auch nicht viel sagen, außer, dass Anne eine Affäre mit einem älteren Mann hatte, aber dazu auch keine Einzelheiten verriet. Das bringt Asthon nun auch nicht auf einen grünen Zweig der erfolgreichen Ermittlung, allerdings kommt ihm Professor Millet irgendwie komisch vor – und ein wenig ZU vertraut im Umgang mit seinen Schülerinnen. Könnte er die ominöse geheime Affäre sein?

Jedenfalls kann Austin bald wieder eine kopflose Leiche bewundern – in diesem Fall die von Kim, die in ihrer Freizeit in einem Aquarium arbeitete und nach einer Fischfütterung enthauptet wurde. Ihre Rübe schleppte der Killer ungeachtet des Risikos vom Tatort zwei Stockwerke nach oben, um ihn dekorativ in eins der Aquarien plumpsen zu lassen. Der hat Humor. Austin bleibt nicht verborgen, dass der abbe Kopf wieder im feuchten Element gelandet ist und fühlt erneut Millet auf den Zahn, der mit seiner Forschungsassistentin Eleanor zusammenlebt – rein beruflich, versichert Eleanor, aber dem ist natürlich nicht so. Im Gegenteil – die heißen Spielchen, die das Pärchen unter der Dusche treibt, sind ganz gewiss nicht jugendfrei.

Allerdings ist nicht alles Peace, Fun & Pancakes, denn das Millet alles vögelt, was jung und nicht bei drei auf’m Baum ist, ist Allgemeinwissen – sogar bei Carol, der Kellnerin in Eleanors bevorzugtem Cafe, dem Lamplight Restaurant. Carol empfiehlt unter Geschlechtsgenossinnen, den Hagestolz in den Wind zu schießen.

Am Abend ist Carol allein im Lamplight – oder doch nicht so ganz, denn der geheimnisvolle Killer in schwarzer Motorradmontur macht sich ans Werk. Es gestaltet sich zwar als hartes Stück Arbeit, aber Carol kann am Ende erfolgreich enthauptet werden. Der Kopf wird im Waschbecken der Restaurantküche versenkt.

Während Austin natürlich wieder auf die Wasser-Theorie abfährt, verfällt Taj auf den Gedanken, Gary Dunce, der leicht minderbemittelte Tellerwäscher und odd-job-Boy des Lamplights, könnte der Täter sein, hat der doch immerhin schon mal eine Verhaftung wegen Exhibitionismus auf dem Kerbholz. Alas, es fehlen die Beweise und wie es schon in „Murder Rock“ hieß, meint Austin, der ist kein Mörder, der ist’n Arschloch.

Taj setzt sich dennoch mit einer Überwachung durch, und scheint richtig zu liegen. Gary stalked Schulleiterin Griffin, die sich eine Schülerin zum Spielen mit nach Hause genommen hat. Doch während Gary durchs Fenster erregende lesbische Spielchen erlebt, dringt jemand in Motorradkluft in Griffins Haus ein…


Inhalt

„Terror Eyes – Der Frauenköpfer“! Das klingt doch! Vielleicht nicht unbedingt nach einem Film, den Alice Schwarzer in heavy rotation laufen lässt,a ber doch nach einem amtlichen Schlitzerfilm Marke Lucio Fulcis „New York Ripper“!

Natürlich ist die Wahrheit wesentlich weniger aufregend, was sich auch am vergleichsweise gemütlichen Originaltitel „Night School“ (eben „Abendschule“) fest machen lässt. Aber deutsche Verleiher waren schon immer gut darin, Filmen vermeintlich zugkräftige Titel zu verpassen, um die Gorebauern-Klientel (der mich mich ja gelegentlich durchaus zugehörig fühle) abzuholen. Den Briten war das Spektakel immer noch pervers genug, um den Film auf die berüchtige „video nasties“-Liste zu setzen, aber wie wir, seitdem die ungeschnittenen Versionen dieser Streifen ja problemlos zu sehen sind, wissen, hat das noch in den seltensten Fällen wirklich etwas zu sagen gehabt; die britischen Zensoren hatten oft genug einfach nur einen an der Waffel.

Vermutlich waren die Tommies aber einfach nur geschockt, dass ein Regisseur wie Ken Hughes, der familienfreundliche Unterhaltung wie „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ nun ein Stück gewalttätigen Schundkinos ablieferte und reagierten reflexhaft. Dabei hatte Hughes 1977 mit „Sextette“, dem vielfältig verlachten und verachteten Comeback-Vehikel von Mae West, das verzweifelt versuchte, die 80jährige Mae immer noch als von allen Männern begehrtes Sexsymbol zu inszenieren, und nowadays gemeinhin als einer der größten Trash-Hämmer des Universums gilt, schon seine einschlägigen Erfahrungen mit schlechtem Geschmack… Kurios auch, dass das reichlich misogyne Script von „Terror Eyes“ von einer Frau verfasst wurde, Ruth Avergon, die allerdings keine weiteren Credits zu verzeichnen hat und die im weltweiten Netz auch keine Spuren hinterlassen hat.

Irgendwie schade, denn die Hintergründe und Inspirationen von Frau Avergon hätten mich schon interessiert, denn die große Überraschung, die sich hinter „Terror Eyes“ verbirgt, ist – nein, nicht unbedingt, dass der Film kein Slasher ist, wie man vom deutschen Marketing her vielleicht Glauben gemacht wurde, sondern dass es einer der wenigen Filme ist, die ich ohne weiteres als einen „amerikanischen Giallo“ bezeichnen würde.

Der Giallo ist nun mal ein ur-italienisches Genre und auch ein solches, mit dem sich die Filmindustrien anderer Nationen nicht wirklich befasst haben; gerade Hollywood machte doch einen ziemlich deutlichen Trennungsstrich zwischen „Krimi“ und „Thriller“ auf der einen, und „Horror“ auf der anderen Seite. „Terror Eyes“ mag in Sachen Gewaltdarstellung etwas zahmer sein als die italienischen Kollegen, aber Struktur, Zielsetzung und Machart sind doch verdammt nah dran am italienischen Ideal.

Die Killergestalt in der schwarzen Motorradkluft ist sogar SO italienisch, dass ich sie über Jahre hinweg mit der aus „Der Tod trägt schwarzes Leder“ verwechselte; beide Filme wurden damals (TM) in Hahn/Jensens „Lexikon des Horror-Films“ besprochen und mental schraubte ich die Inhaltsangaben verkehrt herum zusammen und war, als ich das erste Mal „Der Tod trägt schwarzes Leder“ sah, verwirrt, weil der nicht so endete wie es meine Hahn/Jensen-Erinnerung mir als richtig eingedampft hatte. Tja, sowas kann in den besten Familien vorkommen…

Aber gehen wir noch mal sachlich heran – sicherlich entwickelt sich „Terror Eyes“ primär aus der amerikanischen Krimitradition, vulgo dem Polizeiermittlungsfilm, und reichert diesen mit einer ordentlichen Portion Sleaze an. Bis auf eine Ausnahme sind die Opfer allesamt attraktives Junggemüse, das die Kardinalsünde begeht, sich mit einem älteren Macker einzulassen. Das Frauenbild ist grundsätzlich nicht sonderlich positiv; selbst eine nebensächliche Figur wie die Freundin des ermittelnden Bullen scheint sich ausschließlich darüber zu definieren, ihrem Angebeteten auf jede erdenkliche Weise zu Diensten zu sein (dafür verabschiedet sie sich aber auch nach der Eröffnungsszene komplett aus der Handlung) – wenn man so will (vorsichtige SPOILER-Warnung) ist schon das ein dezenter Hinweis auf die Auflösung der Plotte (die Hahn/Jensen, um noch mal auf das nicht so dynamische Duo der wenig horroraffinen Filmkritik zurückzukommen, nicht kapierten, obschon sie für meinen Geschmack psychologisch schon annähernd stimmig ist). Wie auch den italienischen Genrecousins ist der „whodunit“-Aspekt der Story eher aufgesetzt und für den Film an und für sich nicht gesteigert wichtig. Austins Ermittlungen verlaufen weitgehend im Sande, sein Partner Taj ist auf dem falschen Dampfer, die Auswahl an Verdächtigen sowieso nicht sonderlich groß – und nachdem sich der Film aus seinem überschaubaren Verdächtigenpool sowieso auf Vincent Millet kapriziert, bezieht sich die Spannung einmal mehr primär aus den Fragen, wen der Killer noch erwischen wird, und wie er sich verraten wird. Der red herring um den exhibitionistischen Spanner Gary hat nicht wirklich die Chance, eine wirklich plausible Alternative zu werden und dient mehr dazu, ein paar Minuten Laufzeit totzuschlagen. Der finale Twist der Geschichte ist so schwer nicht vorauszusehen, wenn man dem Film mit einem Mindestmaß an Aufmerksamkeit folgt.

Für Ken Hughes war es die letzte Regiearbeit – vermutlich keine große Überraschung nach „Sextette“ und diesem Film, dass sich dem Routinier keine weiteren Projekte mehr anboten. Dabei lässt Hughes sich nicht anmerken, dass „Terror Eyes“ sicher auch kein Film war, den er persönlich auf seiner Favoritenliste recht weit oben hatte. Es ist eine Low-Budget-Angelegenheit (und offensichtlich primär aus der armenischen Gemeinde New Yorks finanziert, weswegen wohl auch einem armenischen Charakter, Taj, relativ viel Raum eingeräumt wurde), aber durchaus sauber inszeniert mit einigen wirkungsvollen Sequenzen; speziell die Kills an Anne, Kim und Carol würden sich durchaus einen Platz im 80er-Jahre-Slasher-Pantheon verdienen, wären sie etwas splatter-orientierter – sie sind nicht gänzlich unblutig, scheuen aber vor dem richtig graphischen Effekt zurück (was vielleicht auch nicht so schlecht ist, denn die abgetrennten Köpfe, die wir tatsächlich kurz bewundern können, sind nicht gerade Meisterstücke). Ein regelrechter kleiner Rohdiamant des Suspense-Kinos ist die Entdeckung (bzw. die quälend lange Reise dorthin) von Carols Kopf.

Den Score steuert Brad Fiedel („Terminator“) bei, wobei der Maestro hier noch weit von einprägsamen Themes entfernt ist und einen konventionellen, aber hörbaren Score abliefert.

Die FSK 18 resultiert natürlich aus dem Zeitgeist der frühen 80er… „Terror Eyes“ ist in Sachen Gewalt, wie gesagt, relativ zahm und blendet weg, bevor’s wirklich garstig werden kann, eine Duschszene und anschließende kleine Ferkelei sorgen für nackte Tatsachen. FSK 16 wäre allemal okay.

Leonard Mann in der Hauptrolle des Judd Austin ist nicht besonders ausdrucksstark und/oder eindrucksvoll, eine eher farbloser Genosse, der sich, wen wundert’s, auch öfter in Italien herumtrieb, u.a. in „Drei Amen für den Satan“, „Die Killer-Meute“, „Kampf um die 5. Galaxis“ oder auch Cesare Ferrarios Spät-Giallo „Night Ripper“. Rachel Ward wurde zwei Jahre später durch die „Dornenvögel“ zum TV-Star, war zwischendurch aber auch in „Tote tragen keine Karos“ und dem Burt-Reynolds-Vehikel „Sharky und seine Profis“ zu sehen. „Terror Eyes“ war ihre erste Filmrolle – und dann gleich eine Hauptrolle. In der Tat kann man Wards Star-Power durchaus erahnen, sie ist jedenfalls die mit der größten Screenpräsenz im Cast (und macht sich, was sicher auch ein Argument ist, auch nackig…). Drew Snyder („Phantomkommando“, „Der Feuerteufel“, „WarGames“) ist mir etwas zu farblos als Vincent Millet – dass der Typ ein Frauenheld ist, dem jedes attraktive Gerät verfällt, ist schon recht schwer zu schlucken.

Joseph R. Sicari („Zwei irre Typen auf heißer Spur“, „Heiß auf Trab“, „Mafia!“) sorgt als Taj in seinen Dialoggefechten mit Mann für eine Prise humoristischer Auflockerung. Karen MacDonald (etwas sehr aufdringlich als Carol) hatte kleine Auftritte in „Hexenjagd“ und „Orphan“, scheint aber ansonsten primär eine Bühnenlaufbahn verfolgt zu haben. Annette Miller, als lesbische Schulleiterin ganz okay, kann man in einer kleinen Rolle in „Karate Kid IV“ sehen, während Bill McCann (als Gary angemessen mitleiderregend) nur noch im Cher-Vehikel „Meerjungfrauen küssen besser“ ein bessere Komparsenrolle hatte.

Die DVD von Maritim Pictures bietet den Film in für Alter und Gewichtsklasse des Films okayem 1.78:1-Widescreen (anamorph), sowohl deutscher als auch englischer Ton liegen nur in Dolby Digital 1.0 vor und reißen demzufolge keine Bäume aus. Als Extras gibt’s nur den Trailer.

Wer also Interesse aufbringen kann, wie sich Amerikaner (bzw. ein britischer Regisseur mit US-Cast und -Crew) einem Giallo annähern, sollte bei „Terror Eyes“ mal reinsehen. Es ist ein durchaus spannender, ordentlich sleaziger, wenn auch nicht übermäßig blutiger Thriller mit einer erwähnenswerten Debütperformance von Rachel Ward. Das ist deutlich mehr als ich erwartet hatte…

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 6


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