Teleios – Endlose Angst

 
  • Deutscher Titel: Teleios - Endlose Angst
  • Original-Titel: Teleios
  • Alternative Titel: Deep Space | Beyond the Trek |
  • Regie: Ian Truitner
  • Land: USA
  • Jahr: 2017
  • Darsteller:

    Sunny Mabrey (Iris Duncan), Lance Broadway (Commander Linden), T.J. Hoban (Chris Zimmer), Christian Pitre (Emma Anderson), Mykel Shannon Jenkins (Doctor Orson), Ursula Mills (Lulu), Weetus Cren (O’Neil), Michael Nouri (Nordham)


Vorwort

In gar nicht soo ferner Zukunft ist die genetische Modifikation von Embryonen an der Tagesordnung – die optimierten Übermenschen nennt man „GC-Menschen“, nach der Firma, die sich die entsprechende Methodik clevererweise hat patentieren lassen. Gcs sind intelligenter, ausdauernder und nicht von lästigen Emotionen befallen wie die „Primis“ (wie Gcs gerne uns „Normale“ nennen) – basically Vulkanier ohne Spitzohren, und deswegen auch bestens geeignet für Weltraummissionen.

Die Crew der TELEIOS z.B. ist damit beauftragt, zum Titan zu reisen und nachzukucken, was dort mit einem Minenschiff passiert ist, das eine Wundersubstanz, die die kaputte Atmosphäre der Erde heilen könnte, eingetütet hat und eigentlich damit zurückkehren sollte. Nur hat man seit drei Jahren nichts mehr von der Mannschaft gehört und geht davon aus, dass die tot ist.

Commander Linden, der Chef der TELEIOS-Mannschaft, die ausschließlich aus Gcs besteht, und sein Team stellen auch schnell fest, dass etwas gehörig schief gegangen ist. Kaum versucht das kleine Schiff der Gcs anzudocken, droht der Frachter auf den Titan zu stürzen. Nur mit Müh und Not gelingt es der TELEIOS, sich mitsamt dem großen Kahn aus der ärgsten Anziehungskraft des Saturnmondes zu befreien. Beim Übersetzen auf den Frachter werden die Gcs zu ihrer starken Verwunderung von Heavy Metal-Mucke empfangen. Narrenhände haben Tisch und Wände beschmiert und aus dem Treibhaus für Sauerstofferzeugung ist der reinste Dschungel geworden. Bis auf Lulu, den Schiffsroboter (oder „ART“, wie man die künstlichen Menschen modisch nennt), ist aber von einer Crew nichts zu sehen. Lulu allerdings weiß, dass es noch ein Besatzungsmitglied gibt – Ingenieur O’Neill, aber aus dem ist, nachdem aufgefunden, auch nicht viel Brauchbares herauszukriegen, hat er sich doch in eine gepflegte Vollmeise zurückgezogen.

Die bruchstückhaften Logbuchaufzeichnungen deuten auf eine größere gewaltsame Auseinandersetzung innerhalb der Mannschaft hin, aber das ist ein eher peripheres Problem, denn gravierender ist es (wie auch die immergleichen Nachrichten von GC-Chef Nordham es aussagen), dass die so wertvolle Ladung verschwunden ist und wiederbeschafft werden muss. Lulu kann aufgrund gelöschter Erinnerungen nichts dazu beitragen, also ist es notwendig, aus O’Neill verwertbare Informationen herauszuquetschen. Doktor Orson, ausgerechnet der Medizimann der Truppe, wäre durchaus dafür, etwas, äh, härtere Verhörmethoden auszupacken, aber Linden beauftragt Iris Duncan mit der Befragung, da die als Nebenfach Psychologie hatte (aber mit Dottore abgeschlossen).

Duncan beißt sich an O’Neill aber ziemlich die hübschen Zahnreihen aus – der Herr wünscht nicht zu parlieren, und wenn überhaupt, dann nur mit sich selbst oder Lulu, und dann auf Mandarin oder Russisch und in Literaturzitaten. Während Duncan auf den Gedanken verfällt, dass O’Neill ein kleines Techtelmechtel mit der hierfür eigentlich nicht programmierten Lulu pflegt, bemerken die Gcs kleine, unbotmäßige Veränderungen an sich – Orson wird auf einmal vergesslich, Linden geht bei geringsten Widerworten an die Decke, Anderson wird zum angstschlotternden Nervenbündel und Zimmer überkommen jahreszeitlich bedingte sexuelle Gelüste. Als genetisch optimierte Übermenschen fehlt ihnen jede Erfahrung mit diesen Emotionen und so verliert Linden zunehmend die Kontrolle über seine Untergebenen. Haben diese Veränderungen etwas mit O’Neills kryptischen Anmerkungen betreffend der Ladung zu tun?

Jedenfalls ist der Erfolg der Mission in großer Gefahr, wenn die Gensupermänner und -frauen nicht O’Neill knacken und ihre neuen Emotionen in den Griff kriegen.


Inhalt

Horror, Fantasy, Thrill – alles schön und gut, aber wer mich schon länger kennt, weiß – I’m the original SciFi nerd. Ich hab mit zehn mit Begeisterung Asimovs „Foundation“-Zyklus, Perry Rhodan und (mit vielleicht etwas weniger Begeisterung) Herberts „Dune“ gelesen, und über die Sache mit dem Sex hat mich weniger das Fernsehen oder die Eltern aufgeklärt als die freizügigen 70er-SF-Romane von Robert Silverberg oder Phillip José Farmer (okay, und „Barbarella“. Hihi).

Will sagen, ich find’s arg schade, dass SciFi außerhalb der großen Franchises im Kino praktisch nicht mehr stattfindet (auch wenn das Fernsehen mit „The Expanse“ oder „The Orville“ beweist, dass zumindest das episodische Format noch nicht tot ist), und freu mich über alles, was so aussieht, als wäre es Science fiction und nicht gerade von den allerletzten Debilbären für dreidollarfuffzich auf der Digitalkamera hingerotzt.

„Teleios“ bürdet sich unnötigerweise selbst eine enorme Last auf – zumindest die deutschen Verleiher tun das, zieren sie das Cover doch mit Verweisen auf „Solaris“, „Blade Runner“ und „Event Horizon“. Ob eine Indie-Produktion mit schmalem 1-Mio-Dollar-Budget diesen Vorschusslorbeeren gerecht werden kann? Wahrscheinlich eher nicht, aber gehen wir doch mal mit gediegenem Optimismus an die Sache heran, schließlich war „The Osiris Child“, ein auch mit sehr begrenztem finanziellen Spielraum entstandener australischer Indie-SF-Film, eine erstaunlich launige Angelegenheit.

Was Writer/Director Ian Truitner („Cutting Room“) da auf die Beine stellt, ist auf jeden Fall ziemlich ambitioniert für sein Preisschild. Sieht man sich „Teleois“ an, bemerkt man, hoppla, die Vergleiche, die der Verleih zieht, sind gar nicht mal sooo aus der Luft gegriffen. Das verlassene Raumschiff, das mysteriöse Verschwinden der Crew, das klingt schon ein bisschen nach einer (jugendfreien) Sparausgabe von „Event Horizon“, der Einfluss, den etwas (oder jemand?) auf das Verhalten der Rettungscrew ausübt, lässt schon einen Blinzler in Richtung „Solaris“ (aber eher dem US-Remake) zu, und die immer wieder aufgeworfene Frage, wer den nun wirklich „menschlich“ ist – die normalen Unmodifizierten, die genetischen Superwesen oder vielleicht doch die künstliche Intelligenz des ARTs Lulu liebäugelt natürlich mit den zentralen Themen von „Blade Runner“.

Selbstverständlich kann „Teleois“ weder die Höllenvisionen von „Event Horizon“ noch die künstlerische Eleganz von „Blade Runner“ in die Waagschale werfen – es ist letztlich halt doch eine Low-Budget-Produktion, und eine solche, die sich ein wenig mit ihrer Prämisse ins Knie schießt. Es ist fraglos unabdingbar für den Handlungsverlauf, dass unsere Rettungs-Protagoniste „GCs“ sind – nun kann man sich aber leider auch vorstellen, wie spannend und emotional mitreißend „Star Trek“ geworden wäre, wenn wir nur Vulkanier an Bord der Enterprise gehabt hätten. Die genetischen Herrenmenschen beiderlei Geschlechts sind erquicklich unlikeable – angeberische Klugscheißer mit überzogenem Selbstwertgefühl (also, *alle* Emotionen hat man den Typen nicht rausgeprügelt. Besonders Dr. Orson ist ein leuchtendes Vorbild für alle arroganten Arschlöcher der Welt). Nach wenigen Minuten in ihrer Gesellschaft wünscht man sich dringlich einen brutalen Killer, der die selbsternannten Übermenschen abschlachtet. Nun könnte man auf die Idee kommen, dies sei gewünscht, damit wir uns mit dem „Normalo“ O’Neill identifizieren, aber der hat nicht nur eine entfernte Ähnlichkeit mit Til Schweiger (wofür weder Darsteller, Film noch Charakter was können), sondern geht durch seine kryptische Pseudo-Macke (wir ahnen schnell, dass O’Neil seinen Dachschaden zumindest zum großen Teil simuliert) auch relativ rasch auf den bewussten Zeiger.

Die schroffe, arrogante Art der GCs ist natürlich dramaturgisch notwendig, wenn ihre spätere forcierte „Emotionalisierung“ wirken soll, andererseits ist der Haken, dass wir bei einem Film, der bewusst als Mystery angelegt ist, keinen klaren Antagonisten hat, wir schon irgendeinen Grund bräuchten, warum uns das nicht scheißegal sein sollte, was für Probleme die ach so dollen Gensuperhelden (die, wie gesagt, die normalen Menschen ja durch die Bank verachten) haben.

Das Mystery an sich ist ein bisschen mager, zumal der Film sich letztlich nicht wirklich einig ist, wie wichtig es ist und nicht doch die emotionale Entgleisung der GCs das eigentlich Relevante ist (Spoiler: so ist das dann auch). Ein bisschen Würze kommt dadurch in die Sache, dass wir so spätestens zum Ende des zweiten Aktes herausfinden, dass es nicht ein, sondern zwei getrennt voneinander zu betrachtende Phänomene gibt (was heißt, das man uns bis dahin einigermaßen clever auf eine falsche Fährte gesetzt hat, aber eben dann auch heißt, dass der MacGuffin der verschwundenen Ladung in der Sicht auf das Große und Ganze von recht geringer Bedeutung ist).

Immerhin, der Film ist recht flüssig inszeniert, obwohl er auch zu den eher „geschwätzigen“ SF-Filmen gehört (was ich in dem Fall mal nicht als negativ konnotiert sehen möchte). Die Weltraum-CGI sind nicht gerade überzeugend (da fühlt man sich an die guten alten Zeiten von „Babylon 5“ erinnert), aber sie sind auch nicht wichtig – der Film könnte auch in einem Untergrund-Bunker spielen, die Handlungsabläufe sehen nicht wesentlich anders aus.

Ich lasse mich recht selten zu Production- und Kostümdesign aus, ich halte das im Allgemeinen nicht für meine spezielle Baustelle, aber für „Teleios“ muss ich eine Ausnahme machen. Stichwort Production Design – die Raumschiffsinteriors sehen durchaus okay für die Preisklasse Film aus, aber der Umgang damit wurmt mich. Weder das Design an sich noch die filmische Umsetzung vermitteln ein echtes Gefühl der „Räumlichkeit“, der Entfernungen, ja, es ist in den meisten Fällen nicht mal klar, auf welchem der beiden Raumschiffe wir uns befinden. Wenn wir als Zuschauer aber kein Gefühl dafür entwickeln können, wie weit beispielsweise die Zentrale und der Frachtraum voneinander entfernt sind, fallen Spannungsszenen gerne flach, weil uns die Bezugspunkte fehlen. „Teleois“ erweckt den Eindruck, als wären alle wesentlichen Räume praktisch direkt nebeneinander, weil … darauf erpicht ist, keinen Leerlauf entstehen zu lassen und meistens direkt von einem in einen anderen Raum schneidet. Wenn wir an berühmte Filmraumschiffe wie die „Discovery“, die „Nostromo“, die „Enterprise“ denken, haben wir recht gute Vorstellungen über die Dimensionen, die Raumaufteilung. Die „Verweigerung“ von „Teleois“, seinem Schiff eine echte gestalt zu geben, macht es, wie gesagt, schwierig, in behaupteten spannenden Situationen den notwendigen Druck aufzubauen, wie es auch dem Zuschauer erschwert, sich in das Schiff „hineinzuversetzen“ – so, wie … es behandelt, wirkt es eben einfach nur wie ein Set, das auch einen Bunker, eine Raumstation, ein High-Tech-Hochhaus darstellen könnte.

Ebenfalls recht unglücklich sind die Kostüme. Im Bemühen auf eine gewisse „corporate identity“ für die „Teleios“-Besatzung hat man sich auf blaue jump suits mit einem seltsamen braunen Front-Besatz aus Lederimitat o.ä. entschieden. Sieht bei den Herren der Schöpfung manierlich aus, betont bei den Frauen aber ganz besonders die, ehm, speziell weiblichen Körperpartien. Nicht, dass ich mich besonders beschweren möchte, aber ein Grund für dieses Design, der nichts mit „Sexismus“ zu tun hat, will mir ehrlich gesagt nicht einfallen. Von den Licht-Laufbändern als Kragen will ich mal gar nicht reden…

Die Musik ist größtenteils langweilig, bis auf den Metalsong zum Rendezvous der Schiffe. Der ist tatsächlich von GWAR und wird von Duncan, offensichtlich nicht nur Psychologin, sondern auch Musikhistorikerin, halbwegs korrekt identifiziert (d.h. sie weiß den Bandnamen, klassifiziert die Mucke aber als Death Metal, worüber ich mit ihr ggf. bei einem Glas Rotwein und Strip-Poker diskutieren würde).

Über weite Strecken spielt „Teleois“ sich gewaltfrei, langt in den letzten zehn-fünfzehn Minuten mit ein paar für FSK 12 überraschenden Goreschüben (getarnt in Flashbacks ) jedoch ganz ordentlich zu.

Zum Ensemble:

Wie schon erwähnt, haben unsere fünf Hauptfiguren das Handicap, dass sie durch ihre genetische Überlegenheit nicht sonderlich sympathisch wirken (sollen). Sunny Mabrey („xXx 2: The Next Level“, „Snakes on a Plane“) schlägt sich als Duncan ganz wacker (wobei ihr „Tick“, dass ihr vor Nervosität die Hände zittern, ein wenig sehr gekünstelt rüberkommt). Lance Broadway („Olympus Has Fallen“) macht sich als ebenso steifer wie reizbarer Kommandant ebenfalls ganz brauchbar. T.J. Hoban („It’s Always Sunny in Philadelphia“) irritiert mich durch seinen Silberblick – sollte ein Gen-Supermensch nicht gerade aus kucken können? Ordentliche Muckis hat er, aber den intellenzmäßigen Übermenschen kauf ich ihm irgendwie nicht ab. Christian Pitre („Bounty Killer“) wirkt in ihren Wein- und Verzweiflungskrämpfen auch nicht sonderlich überzeugend, wohingegen Mykel Shannon Jenkins („Undisputed 3: Redemption“) ein zumindest glaubwürdiges Oberarschloch hinkriegt. Weetus Cren (der auch an den Spezialeffekten mitgewerkelt hat) ist als O’Neil halbwegs okay, Ursula Mills („Bunker“, „Vessel“) als Roboter Lulu angemessen künstlich.

Als namhafter character actor vom Dienst hat sich Michael Nouri („Flashdance“, „The Hidden“, „Fatal Sky“) in den Cast verirrt. Als fast nur per Videobotschaft gesichteter GC-Chef Nordham übernimmt er den klassischen „ich bin gar nicht am Set“-Part, den normalerweise doch Lance Henriksen spielt…

Die Blu-Ray von Tiberius Film bringt den Film in angemessener Bild- und Tonqualität, die deutsche Synchronfassung ist durchaus gelungen. Als Extras gibt’s leider nur den Trailer sowie eine Trailershow auf weitere Tiberius-Titel.

Abschließende Worte – ich hätte „Teleios“ gern besser gefunden als er tatsächlich war. Prinzipiell rennt man mit einem Konzept wie diesem bei mir offene Türen ein, aber irgendwie ist mir die Ausführung etwas zu halbgar, kommt es mir vor, als gäbe es aus der hier postulierten Zukunft andere, interessantere Geschichten zu erzählen als diese, erscheint es mir, als hielte sich der Film für intelligenter und raffinierter als er wirklich ist. Auch wenn „Teleios“ nicht wirklich *schlecht* ist, würde ich die vom Verleiher selbst als Vergleichswerte herangezogenen Klassiker allemal vorziehen (sogar den Clooney-„Solaris“).

© 2018 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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