Tekken

 
  • Deutscher Titel: Tekken
  • Original-Titel: Tekken
  •  
  • Regie: Dwight Little
  • Land: USA/Japan
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    Jon Foo (Jin Kazama), Kelly Overton (Christie Monteiro), Cary-Hiroyuki Tagawa (Heihachi Mishima), Darrin Dewitt Henson (Raven), Luke Goss (Steve Fox), Mircea Monroe (Kira), Tamlyn Tomita (Jun Kazama), Candice Hillebrand (Nina Williams), Marian Zapico (Anna Williams), Ian Anthony Dayle (Kazuya Mishima), Gary Daniels (Brian Fury), Cung Le (Marshall Law), Roger Huerta (Miguel Rojo)


Vorwort

Der Krieg gegen den Terror hatte den Niedergang der Nationalstaaten zur Folge – an ihre Stelle sind große Konzerne getreten, die die von ihnen vereinnahmten Landstriche diktatorisch beherrschen. Nordamerika wird von Tekken beherrscht, die auch aufgrund des viermaligen Siegs im „Iron Fist“-Turnier, in dem die Konzerne ihre jeweiligen Champions aufeinander einprügeln lassen, Chef im internationalen Business-Ring. Das alles juckt Jin wenig, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, Schmuggelware aus Tekken City in den riesigen Slum „Anvil“, in dem der Großteil der Bevölkerung sein Dasein, geplagt von den imperialen Sturmtruppen, eh, sorry, den „Jackhammers“, fristet, und das, obwohl seine Mutter, die ihn auch in allen erdenklichen Kampfkünsten ausgebildet hat, ihm jeglichen Umgang mit und um Tekken verboten hat. Eines weniger schönen Tages killen die Jackhammers auf ihrer Jagd nach Rebellen aber seine liebe Mum – aus dem unpolitischen Überlebenskünstler wird ein Revoluzzer – die einfachste Möglichkeit, Tekken zu infiltrieren und Heihachi Mishima, den großen Führer des Konzerns, abzumurksen, scheint es zu sein, sich durch den Sieg in einem offenen Ausscheidungskampf für das Iron-Fist-Turnier zu qualifizieren. Dies gelingt Jin auf eindrucksvolle Weise – Tekken-Veteran Steve Fox nimmt den Burschen unter seine Fittiche – Steves Tipps und der moralische Beistand der Kämpferin Christie Monteiro helfen Jin dabei, die erste Runde zu überstehen, sehr zum Mißfallen von Kazuya Mishima, dem Juniorchef, dem sein alter Herr schon viel zu lange auf dem Chefsessel klebt und der schnell herausfindet, aus welcher DNA der „Champion des Volkes“ genau gestrickt ist. Als der Versuch, Jin per Attentat aus dem Weg zu räumen scheitert, putscht Kazuya erst mal seinen Papa aus Amt und Würden und proklamiert neue Regeln- von nun an wird im Tekken-Ring bis zum Tod gekämpft…


Inhalt

Und mal wieder eine Videospielverfilmung, und dann nicht mal von Uwe Boll… Die „Tekken“-Reihe gehört zu den langlebigen Erscheinungen im beat-em-up-Genre, wurde von mir (der mit beat-em-ups ungefähr mit „Streetfighter II“ aufgehört hat) aber selbstredend nie gespielt. Weswegen ich den Game-Nerds auch unverblümt gleich zu Beginn dieses Reviews auf den Weg gebe, dass mir relativ wurscht ist, wie eng oder auch nicht sich „Tekken“, der Film, an Storyline und Charaktere der Games hält – ich halte es wie mit allen Spieleverfilmungen: der Film an sich muss was taugen, wenn er zudem die Vorlage nicht komplett schändet, ist das ein netter Bonus.

Die Aufgabe, aus dem schlichten „Steroidklöpse kloppen aufeinander ein“-Szenario des klassischen Prügelspiels ein womöglich abendfüllendes Screenplay zu zimmern, fiel Alan B. McElroy zu, der kein heuriger Hase auf dem Gebiet des Randalefilms ist. Auf sein Kerbholz gehen die Drehbücher zu Halloween 4: The Return of Michael Myers, „Rapid Fire – Unbewaffnet und extrem gefährlich“, „Spawn“, „Wrong Turn“, The Marine und – schluck – „Left Behind“. Ein Mann, wie man sieht, für’s eher Grobe und damit freilich bei der Verfilmung eines beat-em-ups schon irgendwo an der richtigen Stelle, zumal das Game-Franchise die unkaputtbare Prügelfilmformel „Turnierfilm“ gratis mitliefert. Eine Prise „Rollerball“ (Original) dazugegeben (Konzerne, die gegeneinander kämpfen lassen , ein Held, der als „Repräsentant des Volkes“ amtiert, und die Verschärfung der Regeln, um ebenjenen Helden auszuschalten),und mit ein wenig halbherziger SF-Dystopie-von-der-Stange abgeschmeckt (wenn man so will, kann man sogar noch „Jugger“-Anklänge finden), fettich ist die Soße. Character development ist da ebensowenig gefragt wie feinsinnige Dialoge.

Es braucht halt nur einen einigermaßen griffigen Aufhänger, um unseren Protagonisten ins Turnier zu bekommen, und von da an wird eh die Zeit hauptsächlich mit „auf die Waffel hauen“ verbracht, dazwischengeschaltet sind nur noch Kazuyas Intrigen, sowohl seinen lieben Papa abzuservieren als auch Jin loszuwerden, der (SPOILER VORAN) sein eigener Sohn und Resultat einer lauschigen Vergewaltigung unter Freunden (SPOILERENDE) ist und demzufolge Kazuyas frisch abgesteckte Pfründe empfindlich stören könnte. Alles andere ist Zugabe – seien es die Konzernangehörigkeiten der anderen Kämpfer (man könnte sich ja fragen, ob die rivalisierenden Firmen es so toll finden, dass Kazuya die Fighter vor dem Halbfinale festsetzt und die Regeln eigenmächtig ändert) und ihre sonstigen Eigenheiten, die Tatsache, dass Brian Fury im Filmsinne (ob das in der Spiele-Reihe ähnlich ist, ist mir wie gesagt recht egal) sich mit diverser Cyborg-Technologie hat aufrüsten lassen (es wird mal kurz von Kazuya als laues Druckmittel gegen ihn eingesetzt, damit Fury auf Konzernspur bleibt, denn dieses „Doping“ ist laut Turnierregeln verboten), das romantische Liebesdreieck (Christie hat offensichtlich ein gewisses Interesse an Jin, der aber hat in „Anvil“ eine Freundin am Start), das alles füllt ein paar Minuten Laufzeit zwischen den Kampfszenen, tut aber letztlich nichts zur Sache.

Hin und wieder strauchelt der Streifen über ein Plothole (das Gravierendste ist sicherlich, dass die Jackhammers zu Filmbeginn gezielt Jin suchen, seiner Mutter sogar ein Foto vor die Nase halten, aber Jin später ungehindert am Qualifikationskampf teilnehmen kann und Kazuya – Sicherheitschef von Tekken und damit verantwortlich für den ursprünglichen Jackhammer-Einsatz – Bauklötze staunt, wer da plötzlich Hand- und Fußkanten schwingt) und generell finde ich es ein wenig gewagt, Heihachi Mishima darüber rhabarbern zu lassen, dass Tekken ja nur den Frieden wolle, wenn man den Konzernleitspruch „Kraft durch Ordnung“ betrachtet (da ist man noch nicht ganz, aber bald, in Star-Trek-Patterns of Force-Territory). Da denkt man ein paar Sekunden drüber nach, aber dann haut mal wieder Charakter B Charakter A seine Fußsohle mit Anlauf in die Fresse und man erinnert sich daran, in welcher Sorte Film man sich gerade aufhält und dass man’s weder hingerotzte Pseudoideologien noch konfusen Handlungsaufbau sonderlich ernst nehmen sollte, solang’s ordentlich auf die Kauleisten gibt. Gestört hat mich eigentlich nur, dass (SPOILER) Steve Fox‘ Opfertod so völlig belanglos ist – er lässt sich killen, um die Flucht von Jin & Co. zu decken, die aber zwanzig Sekunden später den Jackhammers in die Arme laufen (SPOILERENDE).

Dafür sorgt dann einer der unbesungenen Helden des nicht-mehr-ganz-B-aber-auch-noch-nicht-A-Kintopps, Dwight Little, der sich schon des öfteren mit McElroy zusammengetan hat und neben „Halloween 4“ und „Rapid Fire“ auch stolze Werke wie den Seagal-Holzer „Zum Töten freigegeben“ und den Englund-„Phantom der Oper“ verantwortet und nach „Free Willy 2“ und „Mord im Weißen Haus“ kurz vor der Etablierung in der ersten Liga der Studio-Auftragsarbeiter stand, aber dann ohne großes Federlesen in TV-Gefilden abtauchte (er gehört/e zu den Stamm-Regisseuren von „Practice“, „Prison Break“, „Dollhouse“ und aktuell „Bones“) – dazwischen packte er nur noch den ganz okayen „Anacondas – The Hunt for the Blood Orchids“. Little ist ein zuverlässiger solider Handwerker mit einem guten Gespür für ’nen visuell netten Shot, aber niemand mit ’ner auffälligen eigenen Handschrift – eigentlich eine Überraschung, dass er bei den großen Studios nicht gefragter war, das ist immerhin eine Eigenschaft, die man dort gerne sieht und mit „Free Willy 2“ hat er ja auch einen echten Kassenschlager am Gürtel… Little tut auch hier das, was er in seinen früheren Filmen zu pflegen tut – er treibt die Geschichte ohne große Rücksicht auf Verluste forsch voran, hält sich kaum mit überflüssigem Charakterfirlefanz auf (ja, für ’ne unnötige Sexszene ist natürlich Zeit, wozu hat man eine Actrice verpflichtet, die bereit ist, sich auszuziehen) und hat nach wie vor ein Gespür für den ein oder anderen interessanten, gut aussehenden Shot (eingefangen von Brian J. Reynolds, einem routinierten TV-Kameramann und multiplen Emmy-Nominenten, der einige Jahre Stamm-DOP bei „The Closer“ war). Natürlich kann „Tekken“, was Sets, Effekte und generell betriebenen Aufwand angeht, nicht mit einer Major-Produktion aktuellen Baujahrs mithalten (ich möchte auch mal dezent am von der IMDb 35-Mio-Dollar-Budget zweifeln. So knappe 20 Mille dünkt mir eher realistisch), was sich vor allen in den Panorama-Shots des „Anvil“ und Tekken Citys, die ein bisschen *sehr* ihre Computerherkunft vor sich her tragen äußert. Die vielfach kritisierte Idee, die Fights selbst in einer Arena und in stilisierten, an die Level-Hintergründe der Games erinnernden Kulissen stattfinden zu lassen, finde ich eigentlich ziemlich knorke – es ist zum einen wohlmeinender Nod in Richtung der Spiele und zum anderen auch noch eine gute dramaturgische Ausrede für eben diese Game-Verwandschaft. Die Kämpfe werden dadurch abwechslungsreicher, ohne dass der Streifen ein Glaubwürdigkeitsproblem entwickelt (wie er es täte, wenn die Fighter an „reale“ Orte verfrachtet würden, um sich dort zu hauen).

Die Fight selbst, choreographiert vom französischen Experten Cyril Raffaelli („Transporter – The Mission“, „Hitman“, „Banlieue 13“) sind eigentlich ganz patent. Man könnte sich ein wenig mehr stilistische Abwechlsung wünschen (bis auf Yoshimitsu, der in seiner Samurai-Rüstung samt Schwert aufkreuzt – hm, und da tun die so, als wären Todesfälle in der Arena was neues? Ich glaub nicht, dass Yoshi einer ist, der auf Schultersiege setzt… – befleißigen sich alle doch eines recht ähnlichen MMA-angehauchten, aber natürlich auf spektakuläre Jump-Kicks u.ä. ausgerichteten Stils) und wären eigentlich auch ganz dynamisch fotografiert, leider stört Little den natürlichen Flow der Fights durch zuviele bedeutungslose Zwischenschnitte auf das Publikum (außerdem gibt’s nur einen Girlfight. Boo!). Weiteres Indiz dafür, dass ich mittlerweile wohl völlig abgestumpft bin, ist mein Eindruck, dass die FSK-18-Freigabe übertrieben ist, ’n blaues Siegel hätte es m.E. auch getan, die Kämpfe sind zwar ruppig, aber nicht splattrig.

John Hunters Score ist zwar treibend und flott, aber auch sehr generisch moderne Kampfsportmucke, wie sie praktisch in jedem Martial-Arts-orientierten Film dieses Jahrtausends hätte vorkommen können…

Nicht ganz so glücklich bin ich teilweise mit dem Cast. Jon Foo kommt zwar aus dem Jackie-Chan-Stunt-Team und hat sich erste Meriten in „Revenge of the Warrior“ und „Universal Soldier 2: Regeneration“ verdient, aber für eine Hauptrolle ist er für meine Begriffe einfach zu uncharismatisch. Böswillig könnte ich sagen „ist halt ein rumspringendes und -kickendes Schlitzauge mehr“, wie’s in Hongkong zu mindestens vierzehnt auf ein Dutzend gehen, aber ich könnte jetzt nicht behaupten, dass ich da den nächsten Jet Li gesehen hätte. Kelly Overton („Ring 2“) muss eigentlich nur in ihrem extrem hinkuckbaren Kostüm extrem hinkuckbar aussehen (in ihren Actionszenen wird sie eh weitestgehend von einem Stuntgirl vertreten) und bekommt das klaglos hin. Cary-Hiroyuki Tagawa („Der letzte Kaiser“, „Pearl Harbour“, „Mortal Kombat“) hat sich ein Make-up verpassen lassen, mit dem er mühelos in einem 70er-Kampfsportschinken den bösen Overlord hätte geben können (evil eyebrows FTW!) und überlässt ebenjenem Make-up (und der Frisur) das komplette Acting (ironischerweise ist seine beste Szene die, die als Kicker nach dem Nachspann komplett ausgespielt wird). Ian Anthony Dale („Hangover“, „Surface“) ist mir dagegen etwas zu zurückgenommen, er könnte für meinen Geschmack etwas mehr aufdrehen. Luke Goss („Blade II“, „Cold & Dark“, „Death Race 2“), der ehemalige „Bros“-Teenieschwarm, hat irgendwas – zwar kommt er mir manchmal ein bisschen vor wie Jason Stathams Zweitbesetzung, aber der Bursche strahlt Enthusiasmus, Spielfreude und, ja, sogar ein wenig Charisma aus. Prügelfilmveteran Gary Daniels (Full Impact, „Bloodfist 4“, „Fist of the North Star“) hat als Brian Fury wenig zu spielen, aber immerhin zwei recht gute Kampfszenen und wirkt hier auch mal physisch wirklich imposant. Mircea Monroe („House of the Dead 2“) erfüllt die Nippel-Quote, ansonsten wäre auf der Cast-Seite noch zu erwähnen, dass mit Roger Huerta (Rojo) und Cung Le (Marshall Law) zwei legitime MMA-Fighter mit von der Partie sind. Während Ex-UFC-Kämpe Huerta sein Filmdebüt feiert, konnte Cung Le (ehedem Strikeforce-Mittelgewichts-Champ, der seinen WM-Gürtel der Filmkarriere zugunsten aufgab) schon in „Dark Assassin“, „Fighting“ und „Pandorum“ üben (auch in Hongkong hat er mittlerweile schon an der Seite von Donnie Yen und Simon Yam gedreht). Von schauspielerischen Leistungen sind beide befreit, sie müssen nur fighten (und besonders Le hat da schon ziemliche Intensität zu bieten).

Bildqualität: Die DVD von Splendid bringt den Film in schönem anamorphen 2.35:1-Widescreen. Da hab ich keinen Grund zur Klage, das sieht auch auf dem großen Flatscreen richtig gut aus.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton in Dolby Digital 5.1, Untertitel gibt’s auf Deutsch und Holländisch. Die Originaltonspur ist sehr gut verständlich, gut abgemischt und hat auch ordentlich Druck auf der Bassspur…

Extras: Interviews mit Crew und Cast, Trailer.

Fazit: Spieleverfilmungen haben immer einen schweren Stand – die Fans der zugrundeliegenden Franchises zerreissen gerne alles in der Luft, was nicht hundertprozentig so wie im Spiel aussieht, ohne zu berücksichtigen, dass Film und Videogame halt doch unterschiedliche Paar Stiefel sind und das, was auf der Konsole funktioniert, im Film noch lang keine gute Idee sein muss. Sicher kann „Tekken“ nicht mit „Mortal Kombat“, der singulär einzigen beat-em-up-Verfilmung, die sowohl als Adaption des Spiels als auch als Haudrauf-Actionfilm funktioniert, mithalten, aber für solide Unterhaltung ist gesorgt – die Anleihen bei „Rollerball“ machen aus dem Streifen aber noch lang nicht zur, hihi, gesellschaftskritischen SF-Satire (wo „Rollerballs“ Finale, wenn James Caan den Ball zum, wie ich’s irgendwo gelesen und für gut befunden habe, „symbolischen 1:0 für die Menschheit“ einlocht, ein großer ikonographischer Moment ist, ist das Finale von „Tekken“ emotional völlig flach), aber das ist auch nicht das, wofür die Produzenten McElroy und Little bezahlt haben – die wollten einen zünftigen Actionreißer, und als solcher ist „Tekken“ zumindest solider Durchschnitt.

3/5
(c) 2011 Dr. Acula


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