Tauchfahrt des Schreckens

 
  • Deutscher Titel: Tauchfahrt des Schreckens
  • Original-Titel: Warlords of Atlantis
  • Alternative Titel: Warlords of the Deep | Tauchfahrt des Grauens |
  • Regie: Kevin Connor
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1978
  • Darsteller:

    Doug McClure (Greg Collinson), Peter Gilmore (Charles Aitken), Lea Brodie (Delphine), Michael Gothard (Atmir), Shane Rimmer (Captain Daniels), Cyd Charisse (Atsil), Daniel Massey (Atraxon), Donald Bisset (Prof. Aitken), Hal Galili (Grogan), John Ratzenberger (Fenn), Derry Power (Jacko), Robert Brown (Briggs)


Vorwort

1896… die „Texas Rose“ ist in der Gegend des Bermuda-Dreiecks unterwegs, weil Professor Aitken und sein Sohn Charles dort ozeanographische Forschungsarbeiten durchführen wollen. Hierfür haben sie sich die Dienste des routinierten Tauchers Greg Collinson versichert, der auch die hochmoderne Taucherglocke konstruiert hat, mit der er und Charles sich unter Wasser umsehen wollen.

Kapitän Daniels und seiner Crew ist die Gegend nicht geheuer, aber wer zahlt, schafft an und so gehen Greg und Charles auf Tauchstation. Unter Wasser werden sie gleich mal von einem riesigen Urzeit-Fischsaurier angegriffen, dessen sie sich mit Müh, Not und einem improvisierten Elektroschocker erwehren können. Kaum ist die Gefahr überwunden, taucht ein Riesenkrake auf, der sich aber nicht sehr für die Taucherglocke interessiert. Dafür aber entdecken unsere Forscher eine offensichtlich von Menschenhand geschaffene Statue, die augenscheinlich einen Höhleneingang „bewacht“. Kurzerhand wird das Ding angeleint und nach oben gezogen, wo Professor Aitken vor Begeisterung fast aus dem Kittel springt, ist das doch eine völlig unbekannte Kultur, die hier ein Relikt hinterlassen hat. Aus den jeweiligen Kitteln springt aber auch Daniels‘ Mannschaft, denn der Oschi ist aus purem Gold.

Greg und Charles möchten wieder hochgezogen werden, aber Maat Grogan und seine Spießgesellen machen sich die Rechnung auf, dass sich der Gold-Reibach leichter teilt, wenn’s zwei Leute weniger sind, und kappen das Kabel. Während sich Greg und Charles wundern, was los ist, wird der Professor niedergeschossen – und gleichzeitig das Schiff vom Kraken angegriffen. Bis auf den Schiffsjungen und den waidwunden Prof zerrt der Krake alle Mann über Bord…

Eine unterseeische Flutwelle spült die Taucherglocke durch die Höhle in eine unterseeische Landschaft mit Atmosphäre, Pflanzenwuchs und tierischem Leben. Auch die Texas-Rose-Crew wird hier angeschwemmt und macht momentan auf „tragischer Unglücksfall durch den Kraken“, alles andere müssen die Taucher ja jetzt nicht unbedingt wissen. Bevor allerdings das weitere Vorgehen abgestimmt werden kann, wird die Gruppe schon in Empfang genommen – von Atmir, der auskunftet, nicht von dieser Welt zu sein, und seiner Truppe helmbewehrter Wachen, die die Schiffbrüchigen „zur Stadt“ eskortieren wollen. Auf dem Weg dorthin gibt’s Begegnungen mit unerfreulichem Riesengetier, aber keine weiteren Verluste.

Die Stadt, die relativ unwidersprochen für Atlantis bzw. die Grundlage des diesbezüglichen Mythos gehalten wird (ohne dass der Film sich da festlegen möchte), ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die Außerirdischen sind die Chefs und lassen es sich in der „Oberstadt“ gutgehen, während „unten“ gewöhnliche Menschen, allesamt auch Opfer von „Schiffsunglücken“, für die Verteidigung und die allgemeine Wartung zuständig sind. Wie Atmirs Chefin Atsil, die an Charles einen Narren gefressen hat, ausführt, haben die Außerirdischen zwar mächtig Grips in der Birne, jedoch keinerlei Verständnis für technische Gerätschaften, dazu brauchen sie die Menschen. Und Charles als besonders helles Köpfchen wird benötigt, damit die Aliens die Technik entwickeln können, die sie zur Ab- und Heimreise benötigen. Aus Greg und dem Rest der Truppe sollen Arbeitssklaven wie die anderen Menschen werden, umoperiert, um die nach einigen Tagen für unsereins giftige Atmosphäre, die die Aliens brauchen, zu vertragen.

Während Charles mit einem prophetischen Ausblick auf die verdammte Zukunft der Menschheit umgedreht werden soll, schmachten Greg und die Seeleute im Knast, doch der Angriff zweier Mutanten-Schildkröten auf die Stadt verschafft ihnen eine Gelegenheit zum Ausbruch. Weil ihr Vater im Verlauf der Monsterabwehr getötet wird, schlägt sich die hübsche Delphine auf die Seite unserer Helden und unterstützt sie bei der Flucht, doch Greg will nicht ohne Charles abhauen. Und weil Greg der einzige ist, der mit der Taucherglocke umgehen kann, muss das Seemansgezücht notgedrungen bei der Befreiungsaktion mithelfen.


Inhalt

Mitte der 70er Jahre feierte Kevin Connor mit den beiden „Caprona“-Filmen und dem ähnlich gelagerten „Der sechste Kontinent“ Publikumserfolge – die fantasievollen, bunt-naiven Spektakel waren genau das, was das jugendliche Publikum sehen wollte, ideale „Ergänzung“ zu den japanischen Godzilla-Filmen und ähnlichen Fantasy-Filmen. Kein Wunde ralso, dass Connor gedachte, denselben finanziellen Rahm noch mal abzuschöpfen und mit „Tauchfahrt des Schreckens“ (aka „Tauchfahrt des Grauens“) ähnliche Gefilde nochmal, aber etwas „erwachsener“ zu beackern.

Dummerweise war es mittlerweile 1978, „Jaws“ und „Star Wars“ hatten das moderne Blockbusterkino erfunden und für naive Fantasy-Period-Pieces mit Pappmaché-Charme war die Zeit weitgehend abgelaufen. Connor verstand die Zeichen der Zeit, drehte mit „Motel zur Hölle“ und „Das Haus der Verdammten“ zwei reinrassige Horrorfilme und erfand sich dann als TV-Regisseur neu – selbst heute, mit 80 Jahren, ist er immer noch im Geschäft.

Während die „Caprona“-Filme in den 80ern und 90ern durchaus zum gern wiederholten Feiertags-Programm-Staple undiskriminierender TV-Sender wurden, fiel „Tauchfahrt des Schreckens“, weil weniger „familienfreundlich“ als die Capronas, etwas durch den Rost und harrt eigentlich noch seiner amtlichen Wiederentdeckung. Dass ich des Films in einer 6er-SF-Box für knapp 4 Euronen habhaft wurde, ist ein recht guter Indikator für die Wertschätzung, die man dem Film hierzulande entgegenbringt.

Und damit macht „man“ einen deutlichen Fehler, denn „Tauchfahrt“ ist vielleicht sogar das beste von Connors Fantasy-Abenteuern. Man kann kritteln, dass die Story sich recht viel Zeit nimmt, ehe sie wirklich in das unbekannte Unterwasserreich vordringt, aber bis dahin wird’s nicht langweilig – wir etablieren die Männerfreundschaft zwischen Praktiker Greg und Verstandesmensch Charles, haben erste Tiefseeabenteuer mit Monstern, schneiden dann das allgegenwärtige Thema menschlicher Gier an, wenn die Besatzung sich gegen die Wissenschaftler wendet und sind daher schon bestens unterhalten worden, wenn die ganze Protagonistenschar in „Atlantis“ (bleiben wir bei der Bezeichnung, auch wenn der Film darum herumdruckst und den Namen nur einem der Seeleute als spontane Assoziation in den Mund legt) ankommt. Und dann legt der Film noch ’ne Schippe drauf – dass die „Atlanter“ Außerirdische sind, ist für das Genre schon ’ne originelle Variante. Der Kontrast zwischen der dekadenten Oberstadt, in der die Atlanter im Luxus schwelgen und hauptsächlich dem süßen NIchtstun fröhnen (weil sie ja technisch unbegabt sind… die Armen!) und der eisern unter der Knute gehaltenen Unterschicht der Sklaven, die die ganze Handarbeit verrichtet, erinnert ein wenig an „Metropolis“, nur hier mit der zusätzlichen Schärfe, dass den Ausgebeuteten eine Revolution nicht mal viel nützen würde, weil sie „oben“ nicht mehr überleben könnten (ganz abgesehen davon, dass sie, deren Alterungsprozess aufgehoben wurde, auch mit der „modernen“ Welt nicht mehr zurechtkommen würden).

Recht kurios ist die Sequenz, in der Charles mit einer Art magischen Helm die Zukunft der Menschheit – in Form von Kriegsbildern und Hitler-Reden – erleben darf und wir als Zuschauer den Eindruck gewinnen, dass Charles diese Zukunft für super-töfte hält und gar nicht so angewidert ist, wie die Aliens es hoffen, damit er für sie arbeitet.

Dadurch, dass Delphine die Flucht an die Oberfläche aus genannten Gründen nicht mitmachen kann, sondern nur aus Trotz den Oberweltlern hilft, umschifft der Streifen geschickt die üblichen Love-Story-Klischees, und zu guter Letzt hat das Script sogar noch ’ne überraschende Auflösung für das Problem der kleinen, feinen Meuterei zu Filmbeginn.

Aber natürlich ist die Story mal wieder primär nur Aufhänger für Connors Spezialeffekt-Revue, und die ist wirklich patent. Klar, es wirkt heute alles etwas altbacken, erst recht, wenn man sich vor Augen hält, mit welcher direkten Konkurrenz es der Film an den Kinokassen zu tun hatte, aber für das, was er sein will, knallig-buntes Fantasyabenteuer sind die FX durchaus gelungen, ob das der Fisch-Saurier ist, der die Taucherglocke angreift, den fiesen Tausendfüßler im Sumpf, die Turtle-Mutanten (die sogar Wände hochklettern können) und natürlich speziell den Riesenkraken, der sich in der spektakulären Schlusssequenz so richtig an Mensch und Material vergreifen darf. Miniaturaufnahmen, Rückprojektionen, Stop-Motion-Effekte, das alles ist schön old-schoolig, fügt sich gut zusammen, auch wenn die Matte Paintings (für die unterseeische Stadt) nicht sonderlich überzeugend sind, aber das ist nur ein kleines Manko.

Natürlich ist alles jugendfrei, aber auch nicht gänzlich harmlos – immerhin werden zwei Charaktere on-screen von bösen Riesenmonstern lebendig gefressen (inklusive im Maul zappelnder Beine)- für Kinder-Matinee-Kino ist das schon recht heftig.

An der Schauspieler-Front gibt Doug McClure („Die Leute von der Shiloh Ranch“ und Connors go-to-lead für seine Fantasyspektakel) den hemdsärmligen man’s man, der Probleme notfalls gern mit seinen Fäusten löst, Peter Gilmore (TV-Star aus der schier endlosen Reeder-Soap „Die Onedin Linie“, auch in „Die Rückkehr des Dr. Phibes“ zu sehen) den Denker, der den Versuchungen der Aliens zu widerstehen hat, Shane Rimmer („Jenseits von Afrika“, „Dr. Seltsam“) den brummigen Kapitän. Lea Brodie („Sprengkommando Atlantik“) gefällt als selbstlos-trotzige Delphine, als Alien Atmir gibt sich Michael Gothard (James-Bond-Schurke in „In tödlicher Mission“, auch bei Ken Russell in „Die Teufel“ am Start) in lächerlich-drolligen Kostüm und ebensolcher Frisur die Ehre. Robert Brown, der hier Briggs, Delphines Vater und Kapitän der „Mary Celeste“ (!) spielt, wurde später M (von „Octopussy“ bis „Lizenz zum Töten“, nachdem er schon in „Der Spion, der mich liebte“ einen Admiral gegeben hatte).

Die Alien-Chefetage, gebillt als „special guest stars“ wird von Musical-Star Cyd Charisse („Brigadoon“, und mit 56 Jahren immer noch ein echter Hinkucker) und dem britischen Veteranen Daniel Massey („Im Namen des Vaters“, „Star!“), dargestellt.

Die mir vorliegende Fassung von Paragon bietet außer einem passablen, aber nicht überwältigenden Widescreen-Transfer leider nur deutschen Ton, aber wenn man nur knapp 60 Cent pro Film zahlt, darf man sich nicht beschweren.

Jedenfalls aber macht „Tauchfahrt des Schreckens“ als schön altmodischer Abenteuerfilm noch immer ordentlich Spaß, überzeugt vor allem in seinen Spezialeffekten und verdient eine ordentliche Wiederentdeckung.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 7


mm
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TomHorn
TomHorn
9. Juli 2017 23:46

Und John Ratzenberger, später bekannt als Postbote Cliff in „Cheers“, spielt den linkischen Matrosen Fenn. Das sollte nochmal erwähnt werden.