Tales of Tomorrow: Verdict from Space

 
  • Original-Titel: Tales of Tomorrow: Verdict from Space
  •  
  • Regie: Leonard Valenta
  • Land: USA
  • Jahr: 1951
  • Darsteller:

    Lon McCallister (Gordon Kent), Martin Brandt (Professor Adrian Sykes), William Lally, Bernard Lenrow, Watson White


Vorwort

Vor einem Gericht in Maine kämpft Gordon Kent ums Überleben – der Hobby-Erfinder wird beschuldigt, den Ärchäologen Professor Sykes ermordet zu haben, um mit dessen Kohle die Produktion eines von ihm entwickelten Super-Schweißbrenners zu finanzieren. Kent bestreitet jegliche Missetat, aber seine Geschichte ist schon arg unglaubhaft. Der Professor, berichtet Kent, sei eines Abends einfach bei ihm aufgetaucht und habe ihn mehr oder weniger unter Aufdrängung von fünftausend Dollar genötigt, ihn in die Wüste, zu einer Höhle, zu begleiten. In der Höhle sei eine mindestens eine Million Jahre alte Maschine verborgen, und deren Entdeckung würde Sykes gerne des lieben Ruhmes wegen für sich reklamieren. Doof nur, dass, seit Sykes über den antiken Brummer gestolpert ist, eine Tür zuschlug und die, rechnet der Prof sich aus, kann nur mit der superben Kraft des Super-Schweißers geöffnet werden. Da Kent den Zaster brauchen kann, willigt er ein, hält aber den Professor für mindestens etwas zerstreut, zumal sich die bewusste Höhle lange nicht finden lassen will. Endlich angekommen, erweist sich der Schweißbrenner in der Tat als ausgesprochen nützlich zur Türöffnung, wenngleich auf andere Art als gedacht. Die Maschine ist auch noch da – und Sykes demonstriert dem bass erstaunten Kent, dass dieses Gerät jegliche „Störung“ auf der Erde, vom Vulkanausbruch bis hin zur Atombombenexplosion akkurat aufgezeichnet hat. Kent vermutet, dass ein anderer Teil der Maschine ein Sender sein könnte – und just, als die beiden Abenteurer an der Maschine herumfummeln, zeichnet die eine gewaltige „Störung“ auf, die vom Sender auch treu in den Weltraum gefunkt wird…


Inhalt

Anthologie-Serien mit „phantastischem“ Inhalt gehören praktisch schon seit Anbeginn des Mediums zum Fernsehprogramm – jeder kennt „Twilight Zone“, aber auch Shows wie „Outer Limits“, „Alfred Hitchcock Presents“ oder „Thriller“ beackerten in ihren diversen Inkarnationen das weite Feld zwischen Horror, Fantasy und Science fiction. Die Ehre, die erste Anthologie-Serie phantastischer Natur zu sein, gebührt allerdings der heutzutage weithin unbekannten Show „Tales of Tomorrow“, die zwischen 1951 und 1953 ausgestrahlt wurde und es immerhin auf 84 halbstündige Episoden brachte (an dieser Stelle sei darauf verweisen, dass ich auf die Serie via der umfänglichen Kurzgeschichten-Sammlung „The Late Night Television Horror Omnibus“ stieß, die aus praktisch jeder phantastischen Anthologieserie eine Story präsentiert und dazu noch Informationen über die dazugehörige Show liefert). „Tales of Tomorrow“ befasste sich, wie der Name schon sagt, schon allein aufgrund der Anfang der 50er Jahre aufkommenden Popularität von Kino-SF hauptsächlich mit utopischen Themen, war aber auch einem gelegentlichen Ausflug in eher horrible Gefilde nicht abgeneigt und bediente sich sowohl klassischer Vorlagen (angefangen bei Mary Shelleys „Frankenstein“ selig) als auch aktuellerer, zeitgenössischer Stoffe.

Für die erste Folge, ausgestrahlt am 3. August 1951, entschieden sich die ABC-Verantwortlichen für „Verdict from Space“ aus der Feder des SF-Autoren Theodore Sturgeon, dem die Welt nicht nur „Sturgeon’s Law“ (90 Prozent von allem ist Mist, das langjährige Motto dieser Seite) verdankt, sondern auch etliche einflussreiche Kurzgeschichten, u.a. die Mitte der 70er als TV-Film adaptierte Story „KillDozer“. Sturgeon – der im Laufe seiner Karriere immer wieder unter heftigen Schreibblockaden litt und deswegen von Robert A. Heinlein eine Liste brauchbarer Ideen geschenkt bekam, von der er für den Rest seiner Schriftstellerkarriere zehrte – wird zwar von SF-Kennern als Meister speziell der short story geschätzt, war aber nie sonderlich populär – seines Namens wegen wurde der gute Ted also sicherlich nicht verpflichtet, aber immerhin sollte seine Beteiligung (er adaptierte seine Kurzgeschichte selbst) für gewisse Qualität bürgen.

In knapp 25 Minuten (die oben angegebene Laufzeit beinhaltet die commercials) ist natürlich schwer eine große, epische Geschichte zu erzählen, wir bekommen daher erwartungsgemäß einen pointierten Kurzfilm mit einer schlussendlich für Bewegtbild-SF aus den frühesten 50ern erstaunlich pazifistischen wie pessimistischen Weltsicht, der ein wenig darunter leidet, dass das junge Medium TV sich nach knapp vier Jahren Network-Existenz noch nicht so richtig darüber klar war, was es zeigen *kann* und was es zeigen *darf*. Und das war 1951 nun mal noch nicht viel – zudem muss man auch aus historischer Sicht anmerken, dass die meisten Produzenten von frühen Anthologie-TV-Serien vom Radio kamen und ihre dortigen Konzepte auf die neue Spielwiese übertrugen. Und Radio ist nun mal ein audiophiles Medium (ach), ergo sind auch frühe Fernsehangelegenheiten oft und gern ausgesprochen wortlastig, und „Verdict from Space“ macht da keine Ausnahme.

Man muss Sturgeon und den Produzenten allerdings bescheinigen, dass sie sich um einen hinreichend cleveren „roundabout way“ bemühten, set-up und Charaktere der Story zwar in Worten vorstellen zu müssen, aber nicht in altbackene Hörspieltraditionen zu verfallen (ich erinnere einmal mehr an die Kishon-Hörspiel-Satire, in der Charaktere sich ausführlich mit Lebenslauf und Beschreibung ihrer Kleidung vorstellen) – hier macht sich das framing device der Gerichtsverhandlung positiv bemerkbar, das zwar prinzipiell die Rolle potentiell langweiliger Exposition übernimmt, aber durch das schlichte Setting (wir steigen beim Kreuzverhör des Angeklagten durch einen extrem arschlöchrigen Staatsanwalt in einem Mordprozess, der im Verurteilungsfall mit der Todesstrafe enden wird, ein) wird dramatischer Zug ins Prozedere gebracht; wiewohl dieses Segment primär die Aufgabe hat, das Szenario, die wesentlichen Charaktere (mithin Kent und Professor Sykes) und sogar ein wichtiges Requisit (Kents Super-Schweißbrenner) vorzustellen, macht es von Anfang an klar, dass es für Kent ausgesprochen heftig um die Wurscht geht; nicht der ungeschickteste Einstieg, wenn ich weder Zeit, Geld noch technische Möglichkeit habe, um „elegantes“ Storytelling zu betreiben – simpel, effektiv, gets the job done.

Ich war nach diesem Einstieg sogar bereit für eine komplette „courtroom drama“-Episode (hätte ja sein können, dass sich einer der Prozessbeteiligten als Alien entpuppt oder z.B. das angebliche Mordopfer außerirdischer Herkunft war), aber etwas mehr gönnt man uns dann doch (d.h. insgesamt abgezählte drei Sets und nur unwesentlich mehr Kameraeinstellungen) – während die Jury sich zur Beratung zurückzieht, flashbackt Kent die Ereignisse, die ihn in seine unerfreuliche Lage gebracht haben. Auch hier zeigen sich Beschränkungen des Mediums und der finanziellen Ausstattung – das Storytelling muss aufgrund der zeitlichen Limitierungen sehr verkürzt werden (Kent schlägt in Sykes‘ Angebot, ihn auf der „Expedition“ zu begleiten, ein, sobald der ein Banknotenbündel auspackt – aber immerhin hat er dafür eine praktikable Motivation; die geheimnisvolle Tür, die Sykes stundenlang sucht, ist nicht wirklich „versteckt“, und dass Sykes den Zweck des Apparats entschlüsselt hat, müssen wir mehr oder weniger einfach als „informed attribute“ hinnehmen, ebenso wie die tödlichen Verletzungen, die Sykes sich zuzieht, als Kent die Maschine, nachdem sie zu „funken“ beginnt, zerstört), das Wüsten-/Canyonset lässt den Zuschauer wehmütig an die opulente Ausstattung von Ed-Wood-Filmen denken, und auch die mysteriöse Maschine selbst, die man uns sicherheitshalber nur aus einer starren Perspektive zeigt, dürfte Kenneth Strickfaden nicht gerade Freudentränen der Rührung über die Wange treiben.

Aber, und das ist ein großes Aber, gerade diese technischen und zeitlichen Hindernisse machen es schlichtweg nötig, dass die *Story* in den Mittelpunkt gestellt wird (was speziell für heutige Fernsehproduzenten ein geradezu revolutionäres Konzept darstellen dürfte) – sie ist zwar, angesichts der gut zwanzig Minuten, die Sturgeon und Regisseur Valenta, ein ansonsten weitgehend unbeschriebenes Blatt, zur Verfügung haben, recht simpel, aber sie nimmt Motive späterer Klassiker (in *diesem* bzw. *jenem*) Sinne wie „Der Tag, an dem die Erde still stand“ oder Plan 9 From Outer Space voraus. Sicherheitshalber mal SPOILER-Warnung… wie Kent in einem wahren tour-de-force-Monolog, nachdem die Jury ihn schuldig gesprochen hat (großer Moment übrigens, als die Jury-Mitglieder in den Gerichtssaal zurückkehren und ihre versteinerten Gesichter Kent schmerzlich bewusst machen, dass er „royally fucked“ ist), erklärt (’n bisken spät zwar), hat die Maschine nicht nur Naturkatastrophen aufgezeichnet, sondern auch Atombombentests und -abwürfe, und die Aufzeichnung, die die Maschine, ehe er sie zerstören konnte, ins All hinausfunkte, betraf die Zündung der ersten Wasserstoffbombe. Und, wie Kent argumentiert, signalisiert damit den Erbauern des Apparats, dass die Menschheit jetzt „gefährlich“ geworden ist und „wir“ uns auf eine Invasion vorbereiten sollten – die sich dann auch prompt, noch bevor der Richter das Strafmaß verkünden kann, in einem perfekten Radio-Moment – man zeigt’s uns nicht, aber Kent versichert uns, dass „tausende Raumschiffe“ am Himmel stehen, einstellt und uns in ein gediegen pessimistisches Ende entlässt. Tja, dass das Fernsehen ein „heile-Welt“-Medium ist, hatte sich 1951 glücklicherweise noch nicht rumgesprochen… (SPOILERENDE).

Spezialeffekte sind nicht zu bewundern, die Musik setzt sich aus einem ziemlich schaurigen Titelthema und einem auf übliche Weiser überdramatisierenden Score zusammen.

Lon McAllister, in den 40ern ein leidlich erfolgreicher Teen-Star, der sich schon Anfang der 50er weitgehend aus dem Business zurückzog und erfolgreicher Makler wurde, ist halbwegs glaubhaft als „everyman“, der gerade dadurch, dass er bodenständiger ist als der abgehobene Wissenschaftler, die wahren Zusammenhänge durchschaut und sein großer, hysterisch-verzweifelter Schlussmonolog ist bemerkenswert.
Den slightly mad scientist verkörpert wie gesetzlich vorgeschrieben ein europäischer Immigrant, in diesem Fall der deutsche Bühnenschauspieler Martin Brandt, der, nachdem er lange im von den Nazis einigermaßen geduldeten Kulturbund Deutscher Juden tätig war, quasi in letzter Sekunde – 1941 – die Flucht ergriff und in Hollywood hauptsächlich TV-Arbeit erledigte, gelegentlich in größeren Produktionen wie „Das Urteil von Nürnberg“ auftauchte und 1967 nach Deutschland zurückkehrte, wo er neben Theaterarbeit ebenfalls primär für’s Fernsehen tätig war (u.a. in „Der Stechlin“, „Berlin – 0:00 bis 24:00“). Brandt erinnert mich von Performance und Akzent her frappierend an den Österreicher John Mylong, den wir alle dank Robot Monster lieben und verehren.

„Verdict from Space“ ist eine der dreizehn First-Season-Episoden, die Schundfilmherausgeber extraordinaire Wade Williams in einer recht erschwinglichen 2-DVD-Kollektion (RC1, über amazon-Marketplace problemlos erhältlich) aufgelegt hat. Die Bildqualität ist mit „schwammig“ äußerst freundlich umschrieben, das s/w-Bild pumpt und ist nicht sonderlich kontrast-stabil, aber, verdammich, vor fast sechzig Jahren machte sich kein Fernsehproduzent die Illusion, dass seine Serie mal Objekt der Sammelwut wahnsinniger Filmfans wird. Überraschend gut ist der Ton – natürlich keine Dolby-Hifi-Qualität, aber gut verständlich und mit erträglichem Grundrauschen.

Die DVD selbst kommt ohne Bonusmaterial aus, aber ein Feature ist lustig: Williams (via Image Entertainment) präsentiert die Episoden exakt so, wie sie 1951 im Fernsehen liefen, d.h. inklusive der Werbeunterbrechungen. Wir erinnern uns – anno dunnemals konnte noch ein Sponsor eine gesamte Serie präsentieren, und im Falle von „Tales of Tomorrow“ war dies eine Firma namens „Kreisler“, die Uhrenbänder herstellte (da ich beim besten Willen nicht glauben kann, dass das selbst in vorchristlicher Zeit ein Geschäft war, an dem man sich ’ne goldene Nase verdienen konnte, erklären sich die Budgets der Show). D.h. wir können uns mehrminütig (in insgesamt drei Einblendungen, die Image für Leute, die sich von antiker Werbung nicht belästigen lassen wollen, als getrennte Kapitel gemastert hat) von den diversen Vorzügen der eleganten, haltbaren und überaus ansehnlichen Uhrenbänder von Kreisler (auf Wunsch mit personalisiertem Monogramm!) überzeugen – und für die Abschlusswerbung wird uns sogar noch ein entzückend im Duett geträllertes Werbeliedchen präsentiert. Es mag albern sein, aber ich finde diese „authentische“ Reproduktion des steinzeitlichen Fernseherlebnisses ausgesprochen amüsant (ob ich das zwölf Folgen weiter auch noch sagen werde, bleibt abzuwarten, aber das Booklet verspricht zumindest Abwechslung bei den Spots).

Fazit: Ich will mich nicht soweit aus dem Fenster lehnen und behaupten, „Verdict from Space“ wäre ein Beispiel für die intelligente SF, die wir uns als Genre-Fans so verzweifelt wünschen (wobei Moon und mit Einschränkungen District 9 zarte Hoffnung sprießen lassen), jedoch ist die Episode für ihr Entstehungsjahr mit ihrer subtil verpackten Kritik am beginnenden Wettrüsten der Kalter-Krieg-Fraktionen schon denkwürdig (ein paar Jahre später, in der Hochzeit der McCarthy-Hexenjagd, wäre eine solche Aussage vermutlich nicht mehr möglich gewesen). Freilich ist die Story nicht hochgeistig-raffiniert – das ist sowohl unter den zeitlichen Einschränkungen als auch der primitiven Technik gar nicht möglich; „Verdict from Space“ würde praktisch ohne wesentliche Veränderung auch als Hörspiel funktionieren – praktisch alles wird über Dialoge transportiert, das visuelle Element ist kaum von Bedeutung (einzig die oben angesprochene Szene mit der Jury deutet die Kraft des Bildes an). Vielleicht macht aber genau dieser Umstand „Verdict from Space“ (und „Tales of Tomorrow“) daher als Zeitkapsel um so wichtiger; die frühen Fernsehmacher versuchten wenigstens noch, mit ihren Geschichten zu überzeugen, während heute der visuelle Effekt – weil das ADS-geschädigte Publikum sonst weiterzappt – über allem steht. Da tut es sogar mal wieder richtig gut, in die altmodisch-hausbackene Fernsehwelt der frühen 50er zu schlüpfen – es ist fast schon eine Erholung…

3/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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