- Original-Titel: Tales of Tomorrow: Test Flight
- Regie: Charles S. Dubin
- Land: USA
- Jahr: 1951
- Darsteller:
Lee J. Cobb (Wayne Crowder), Vinton Hayworth (Davis), Cameron Prud’Homme (Marty), Harry Townes (Wilkins)
Vorwort
Wayne Crowder, Oberhaupt eines mächtige Industriekonzerns, hat es sich, seit er in einer Zeitschrift eine entsprechende – eher ironisch gemeinte – Vorhersage gelesen hat, in den Kopf gesetzt, der erste Mensch zu sein, der ins Weltall fliegt. Dafür ist er bereit, jeden Preis zu zahlen und die komplette Energie seiner Firma in den Dienst des Projekts zu stellen. Gegen den entschiedenen Willen seines Finanz-Controllers Davis, der stets darauf hinweist, dass Crowder nicht nur seine eigene Kohle, sondern auch die der anderen Aktionäre verprasst, hat er bereits mit dem Bau eines Raumschiffs begonnen, ungeachtet der Tatsache, dass es ihm bislang noch nach einem brauchbaren Antrieb mangelt. Eine weltweite Suche nach einem passenden Motor bringt den exzentrischen britischen Wissenschaftler Wilkins an Bord, der an einem elektromagnetischen Antrieb arbeitet und Crowder als erstes sagt, dass er das halbfertige Raumschiff, in dessen Entwicklung schon etliche Millionen geflossen sind, wegwerfen kann, weil’s zu seinem Motor nicht passt (das, allerdings, hätte *ich* Crowder auch sagen können). Wilkins bedingt sich aus, den ersten Testflug persönlich absolvieren zu dürfen. Crowder willigt ein und lässt Wilkins in New Mexico vor sich hin basteln.
Die Wall Street hält Crowder für durchgeknallt und sein Aufsichtsrat trägt sich mit dem Gedanken, ihn abzuservieren, erst recht, als Wilkins eine satte Tonne „Mercurium-37“ anfordert, ein derart seltenes Element, dass diese Menge quasi die gesamte Weltproduktion darstellt und Crowder in den Augen der Nationen der Welt, die es durchaus selbst gebrauchen könnten, zum Feindbild abstempelt. Crowder ist es gleich. Als Davis Crowder davon unterrichtet, dass der Aufsichtsrat ihn abgesetzt hat, um zu verhindern, dass der sich mit der Raumschiff und seinem Gegenwert von 1 Milliarde Dollar in Gebrösel verwandelt, drängt der Abgesägte Wilkins zum hastigen Start – im Glauben, sich als erster erfolgreicher Raumfahrer die ganze Welt untertan machen zu können. Doch er wird sein blaues Wunder erleben…
Inhalt
Nach zwei guten bis exzellenten Folgen (Verdict from Space und Blunder) stand zu befürchten, dass „Tales of Tomorrow“ auch mal mit einem Rohrkrepierer daher kommt. „Test Flight“, nach einer Kurzgeschichte des amerikanischen Ehren-Nebula-Award-Preisträgers Nelson Bond, die zehnte ausgestrahlte Episode (Nr. 3 bis Nr. 9 sind leider in der mir vorliegenden Sammlung nicht enthalten und möglicherweise verloren), kann das bisherige Niveau der Reihe jedenfalls nicht halten.
Marty ist noch deutlich enthusiastischer als ich…
Mir ist nicht ganz klar, inwieweit Schrottplatz-stock-footage etwas über den Bau eines Raumschiffs aussagt, außer, dass ich in diese Rakete sicher nicht einsteigen würde…
„Test Flight“ krankt einfach an einer ziemlich uninteressanten Geschichte, die in geschriebener Form sicherlich noch etwas besser funktioniert als im bewegten Bild; die Story ist einfach zu dialoglastig für eine wirklich kompetente Adaption, da praktisch der gesamte Plot ausschließlich aus expository dialogue besteht. Die Prämisse ist selbst für naive Golden-Age-SciFi dämlich (ein offensichtlich nicht ganz auf den Kopf gefallener Industriekapitän, der seine gesamte Firma aufgrund einer throwaway-Bemerkung in „Newsweek“ verjuxt – ich habe ja von fixen Ideen gehört, aber dagegen klingt Bill Gates‘ Wunsch, die gesamte menschliche Kultur besitzen zu wollen, ja regelrecht bescheiden und verständlich); Crowder ist Chef einer börsennotierten Aktiengesellschaft – im wahren Leben würde der Aufsichtsrat und die Aktionärsversammlung sich nicht so lange von einem offensichtlich spinnerten Vorstand auf der Nase rumtanzen lassen, zumal sein Projekt keinen ersichtlichen wirtschaftlichen Nutzen bringt (Crowders angedeutete Pläne zur World Domination entspinnen sich erst im Laufe der Zeit, zunächst mal ist sein Motiv ein schlichtes Ego-Bauchpinseln), dafür aber nicht nur die gesamten Firmenressourcen aufbraucht, sondern Crowder gegen Ende hin sogar zu schlichtem Diebstahl und/oder Veruntreuung bewegt; nee, im echten Leben wäre Crowder ein Fall für die Klapse, so dusslig, wie er sich verhält – er beginnt ein Raumschiff zu bauen, ohne die schlichteste Vorstellung vom zu verwendenden Antrieb und etwaigen durch den Antrieb eben bedingter Konstruktionsgrundlagen zu haben (und wundert sich dann, dass er seine halbfertige Rakete wegwerfen kann, als Wilkins ihm erzählt, dass sein Motor mit der Konstruktion nicht zusammenpasst); er schmeißt Wilkins hunderte Millionen Dollar auf Grundlage einer vielleicht dreißgsekündigen Kindergartenvorführung von Magnetkraft (gleiche Pole stoßen sich ab, etc.) und dem Gerede von „negativer Schwerkraft“ in den Rachen. Crowder ist dumm (was er als Vorstand eines Mega-Konzerns nicht sein *kann*), egoistisch, unlikeable, ein alles andere als liebenswerter Zeitgenosse; ich weiß nicht sicher, ob Bond beabsichtigt, dass wir mit diesem Kerl sympathisieren, tatsächlich *möglich*, ihm die Daumen zu drücken, ist es jedenfalls nicht.
„Chinesische Fingerfalle? Ja, die sind tückisch, die Dinger…“
Ehre, wem sie gebührt, das ist ein ganz nettes Modell und der Kameramann bekommt sogar einen ganz patenten tracking shot daraufzu hin…
Die Schlusspointe ist nicht der Rede wert (SPOILER). Ich denke, jeder Zuschauer mit mehr als einer Gehirnzelle weiß, wohin der Hase läuft, wenn Wilkins die Frage nach seinen persönlichen Motiven, unbedingt am ersten Testflug teilnehmen zu wollen, mit einem „sie haben ihre Gründe, ich meine“ abbügelt. Überrascht es irgendjemanden, dass Wilkins ein gestrandeter Außerirdischer ist, der Crowders unlimitierte Ressourcen dazu nutzen will, sich selbst einen Heimflug zu verschaffen? Es gibt mehr als eine klassische SF-Geschichte mit dieser Pointe… (aber wenigstens bekommt Crowder so seine E.C.-Comic-mäßige come-uppance). (SPOILER ENDE.)
Realistisches Raumschiffs-Inneres? You decide (immerhin – es IST realistischer als Hydra – Verschollen in Galaxis 4)
Ins All geflogen mit dem Ungeheuer aus der schwarzen Lagune. So’n Pech aber auch.
Technisch-handwerklich ist „Test Flight“ weitestgehend sehr primitiv – es gibt mal wieder abgezählte drei Sets, wobei sich der Löwenanteil der Handlung ausgesprochen spannungsförderlich in Crowders Büro, wo er, Wilkins, Financial Controller Davis und Crowders Vertrauter Davis um ihr jeweiliges Leben quasseln, abspielt. Dazu gesellt sich der „Kontrollraum“ der Abschußbasis und das Interieur des Raumschiffs (das immerhin einigermaßen liebevoll ausgestattet ist und sogar primitive Versionen von Andruckliegen beinhaltet). Regisseur Charles S. Dubin, der bis in die 90er hinein fürs TV tätig war (u.a. drückte er Serien wie „The Virginian“, „Cannon“, „Hawaii 5-0“, „Lou Grant“, „Hotel“, „M*A*S*H“, „Matlock“ und sogar „Sledge Hammer“ seinen Stempel auf) scheint mir mit den Gegebenheiten des Live-Fernsehspiels nicht sonderlich gut zurechtzukommen – einige der gewählten Kameraperspektiven wirken arg unglücklich (da hat man schon mal formatfüllend Lee J. Cobbs Rücken vor der Pupille), in keiner Sekunde schafft Dubin, Spannung oder wenigstens Drama aufzubauen (wie auch, wenn das Script den einzigen Charakter, der überhaupt irgendwas in der Birne zu haben scheint, nämlich Davis, zum „Schurken“ stilisiert). Selbst die knapp 25 Minuten, die „Test Flight“ (die commercial breaks abgerechnet) gerade mal dauert, strapazieren die Geduld des Zuschauers merklich – es gibt, wie gesagt, einfach kein echtes Drama. Crowder will seine Rakete bauen, er baut sie, Crowder will damit starten, er startet; die einzigen „Hindernisse“ sind Davis‘ gelegentliche Einwürfe, dass das Projekt Schwachsinn ist, zuviel Geld kostet, die Aktionäre Crowders Kopf sehen wollen, aber er unternimmt nichts (was selbst dem Charakter Crowder klar wird – als Davis androht, den Start der Rakete zu verhindern, drückt Crowder ihm mit dem Äquivalent eines „mach doch“ eine Pistole in die Hand und stiefelt dann gemütlich zur Startrampe, im sicheren Gefühl, dass Nulpe Davis genau *nichts* unternehmen wird). Da bleibt als Quelle für irgendwelche interessanten Verwicklungen nur der Wilkins-Charakter, und mit dem machen Dubin und Mel Goldberg, der die Bond-Geschichte adaptierte, praktisch niente (und schaffen es dennoch, den „Twist“ vorhersehbar zu gestalten).
Ein wenig abgenudelte stock footage, die Crowders Materialbeschaffung und später den Raketenstart symbolisiert, macht den Kohl ebensowenig fett wie einige erstaunlich sinnlose Schautafeln und für 1951er-TV gerade eben noch so erträgliche „Spezialeffekte“ (und zumindest ein nettes Modell-Set); die abschließende Transformationssequenz, obwohl mit sehr schlichter Überblendung bewerkstelligt, dürfte für das damalige TV-Publikum aber relativ schockierend gewesen sein. Ersatzweise wird das Ohr des Zuschauers durch einen fürchterlichen „score“, der aus nichts weiter als „dramatischen“ Hammond-Orgel-stings besteht (wie sie in Radiosoaps der 30er und 40er üblich waren).
Zudem sind die Schauspieler durch die Bank grauenvoll – Lee J. Cobb („Die 12 Geschworenen“, „Die Brüder Karamasov“, „In Like Flint“, Der Exorzist und im Herbst seiner Karriere Gaststar einiger italienischer poliziotti) und Vinton Hayworth („Die Schreckenskammer“, „Bezaubernde Jeannie“) liefern sich in der ersten Dialogszene ein geradezu historisches Duell um die Frage, wer seine Lines grausamer verunstalten, vergessen oder verhaspeln kann; von diesem Tiefschlag gleich zu Beginn erholt sich speziell Cobb, der ja, wie seine Vita besagt, gewiss kein schlechter ist, nicht mehr.
Cameron Prud’Homme (am Broadway für seine Leistung im Musical „New Girl in Town“ Tony-nominiert) als Cobbs väterlicher Vertrauter schlägt sich ganz wacker, als Wilkins ist mir Harry Townes in seiner ersten Rolle (er sollte im Anschluss bis 1988 stets gut beschäftigter character player in zahllosen TV-Serien werden und war z.B. auch in der Original-„Star Trek“-Folge „Die Rückkehr der Archonier“ mit von der Partie) etwas zu, hm, blah (wobei das Script immerhin den netten Zug hat, ihn ständig von „motor“ reden zu lassen, wenn Yankee Crowder „engine“ meint).
Wie gewohnt intakt sind die zeitgenössischen commercials, die uns heute wieder von Jacques Kreisler präsentiert werden und uns die Vorzüge der Uhren-Armbänder „Monte Cristo“ (für den Herrn, in der aparten Pistolen-Verpackung mit Abzugs-Verschluss) und „Flirtation“ (für die Dame) nahe bringen sollen (nur 12,95 $ bzw. 10,95 $ inkl. Steuer).
Bildqualität: Na, wie wird fast 60 Jahre altes Fernsehen wohl aussehen? Ein sehr verrauschter, mit einigen Defekten versehener Vollbildtransfer, der lustigerweise in den „commercials“ besser aussieht als in den eigentlichen Filmszenen. Aber gut, wir wissen, worauf wir uns eingelassen haben.
Tonqualität: Verrauschtes englisches Mono, aber noch verständlich.
Extras: –
Fazit: Nach zwei guten bis sehr guten Folgen markiert „Test Flight“ einen deutlichen Qualitätsverlust in den „Tales of Tomorrow“ (obwohl man der Serie mittlerweile einen schickeren Vorspann spendiert hat) – schon das Ausgangsmaterial ist nicht sehr gut – die Story krankt einfach an allen Ecken und Enden, von der Prämisse über die doofen Charaktere bis hin zum völlig fehlenden Spannungsbogen und doofen, da vorhersehbaren Twist -, aber auch filmtechnisch, selbst die Beschränkungen des Live-Fernsehspiels eingerechnet (schließlich zeigte „Blunder“, wie man trotzdem sauspannendes Entertainment hinbringen konnte), kann die Episode in keiner Sekunde überzeugen. Wenn dann auch noch ein routinierter Akteur wie Cobb ganz ersichtlich nicht gerade seinen Schokoladentag erwischt hat, fallen dem geneigten Rezensenten keine Gründe ein, warum man sich mit „Test Flight“ die Zeit vertreiben sollte. Das war gar nichts, und dafür gibt’s, bei allem Verständnis für kleines Budget und die Möglichkeiten bzw. den Mangel hieran des steinzeitlichen Fernsehens, keine Entschuldigung, speziell, wenn die vorangegangenen Folgen eindrucksvoll bewiesen, dass man aus einer guten Idee auch mit einfachsten Mitteln spannendes Fernsehen machen kann. Dieser „Testflug“ ist ein ganz klarer Absturz…
1/5
(c) 2009 Dr. Acula