Take It Out In Trade

 
  • Original-Titel: Take It Out In Trade
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  • Regie: Edward D. Wood jr.
  • Land: USA
  • Jahr: 1970
  • Darsteller:

    Michael Donovan O’Donnell (Mac MacGregor), Donna Stanley (Shirley Riley), Duke Moore (Frank Riley), Nona Carver (Sleazy Maisie Rumpledinck), Edward D. Wood jr. (Alecia, als Alecia), Linda Colpin, Monica Gayle, Lynn Harris, Elaine Jarrett, Casey Larrain, Phyllis Stengel, Donna Young, Louis Ojena, L.G. Allard


Vorwort

Mac MacGregor ist ein ungefähr elftklassiger Privatdetektiv, der seine, hihi, „Büros“ auf der Herrentoilette einer Gaststätte (von 14.30 bis 16.30 Uhr!) bzw. im Hinterzimmer eines Möbelladens unterhält. Trotzdem zieht er einen lukrativen Auftrag an Land – das reiche ältere Ehepaar Riley hat sich seine Nummer aus den Kleinanzeigen gefischt (die Methode des Equalizers funktioniert also tatsächlich).

Das Problem der Rileys ist allerdings weniger kriminalistischer Natur – ihre Tochter Shirley ist abgängig, allerdings, so pointed Papa Riley aus, ist das gute Ding 20 Jahre alt, nach dem Gesetzen des Bundesstaates also „legal“ und kann, da ist der Vater ganz realistisch, streng genommen machen, was es will. Jedoch sorgt sich Mama Riley, ganz die eingebildete Upper-Class-Lady, um den Umgang, den ihr Herzensstück möglicherweise nunmehr pflegt. Was wäre, wenn die dem Status und sozialen Standing der Rileys in ihrer Community nicht angemessen wären? Das wäre ja trés irresponsiblé! Man stelle sich vor, eine Tochter aus höherem Hause und eventuell in der Gesellschaft von… gasp!… Hippies! MacGregor ist der Fall an und für sich relativ wurscht, aber er wittert in den Rileys zahlungskräftige Klientel, die er mit seinem Spesenkonto ordentlich abzocken kann. Seine Geschäftsmethoden scheinen mir allerdings optimierungsfähig, denn er vereinbart mit Riley, nach Abschluss des Falls fürstlich (200 Dollar pro Tag plus Spesen bei Heranschaffung der Vermissten, 100 Dollar, wenn er die Segel erfolglos streichen muss) entlohnt zu werden, bis dahin aber die Kosten per eigener Kreditkarte vorzustrecken. Mir deucht, es hat so seine Gründe, warum MacGregor seine Geschäfte an von einem Lokus aus betreibt.

Nun stellt sich uns als geplagtem Zuschauer zwanglos die Frage – was is nu mit Shirley? Der, lernen wir, geht’s prächtig. Sie arbeitet als sexuelle Dienstleisterin in „Madame Pennys Etablissement“ für den Gast mit gehobenen Ansprüchen und dies absolut freiwillig, mit Freude an der Arbeit und an den monetären Aspekten derselben (kein Film für Radfems…).

MacGregor macht erst mal Urlaub – theoretisch auf Kosten seines Auftraggebers jettet er um die Welt, von L.A. über Kanada nach Europa, wo er hübschen Mädchen nachspioniert und sich da und dort selbst flachlegen lässt. Den besorgten Eltern versichert er via bunten Ansichtskarten, dass er allerhand Spuren der Abgetauchten nachgeht. Ein echter Held.

Immerhin, nach einigen Monaten des Herumeierns in der Weltgeschichte erinnert sich MacGregor daran, dass er zumindest pro forma auch mal die ein oder andere Minute in Recherchen zum Fall investieren muss. Also sucht er die drogensüchtige Puffschlampe Sleazy Maisie Rumperdinck auf. Aus der gealterten Bordsteinschwalbe prügelt er (unter zusätzlicher Androhung, ihre letzte Heroinspritze zu zerdeppern) zumindest eine potentiell brauchbare Information heraus – Shirley soll bei der stadtbekannten Dragqueen Alecia gesichtet worden sein. Nach so viel ernsthafter Fallarbeit braucht MacGregor erst mal wieder ein wenig internationales Flair und fliegt nach Griechenland, ehe er tatsächlich Alecia aufsucht.

Die angoratragende Alecia muss zum Glück der erkenntnisbringenden Aussage gezwungen werden (hier ist MacGregors verwüstender Finish, ihr die blonde Perücke vom Kopf zu reißen). Ja, Shirley hat eine Zeitlang bei Alecia gewohnt, aber, und da ist die Dragqueen durchaus ein wenig nachtragend, Shirley war ein „social climber“ und sobald sich die Möglichkeit ergab, in der Randgesellschaft weiter aufzusteigen, war sie weg, in diesem Fall zum schwulen Pärchen Ben und Pat. Alecia warnt die Schwulen allerdings vor MacGregors anstehendem Besuch.

Wäre nicht unbedingt nötig, dann Shirley ist auch dort längst in Unfrieden verschwunden. Trotzdem sind Ben und Pat nicht sonderlich auskunftswillig – MacGregor muss schon Shirleys Nachfolgerin als „Housemum“ beschlafen, um herauszufinden, dass Shirley jetzt bei Madame Penny’s anschafft. Nun endlich auf der richtigen Fährte macht sich MacGregor auf die Socken, aber weil der Schnüffler Ben und Pat ausgesprochen unsympathisch ist, geben sie Shirley eine telefonische Vorwarnung. Und die sitzt – weil Shirley natürlich nicht weiß, warum genau MacGregor sie sucht und sie durchaus ein paar Dinge angestellt hat, die man vorsichtig gesagt als „nicht so ganz in Ordnung“ bezeichnen könnte – und der Detektiv möglicherweise bei der Gelegenheit auch Geheimnisse ihrer Kolleginnen aufdecken könnte, die nach deren Ansicht besser verborgen bleiben würde, kann sie ihre Mit-Nutten überreden, MacGregor aus dem Verkehr zu ziehen…


Inhalt

Ich habe mich, zugegeben, vor diesem Film eine Weile gedrückt. Die Blu-Ray liegt nun schon ein paar Monate rum, aber… beinahe jedesmal, als ich überlegte, die Scheibe jetzt tatsächlich einzulegen, ließ ich’s am Ende bleiben. Das hat auch seinen Grund – lange Jahre (d.h. für mich auf jeden Fall seit ich Rudolph Greys Ed-Wood-Bio „Nightmares in Ecstasy“ gelesen hatte) war „Take It Out in Trade“ so etwas wie der Heilige Gral für Woodisten, dieses unerreichbare, sagenumwobene, geheimnisvolle Licht am Ende des Tunnels der Wood-Forschung; sein letzter „Spielfilm“ vor dem endgültigen Abstieg in die Pornographie, höchstwahrscheinlich nie öffentlich aufgeführt oder bei irgendeinem Vertrieb erschienen und angeblich verloren. Ehrlich gesagt bezweifelte ich lange, dass Greys Behauptung, er habe überraschend bei seinen Recherchen eine Kopie des Films lokalisiert und sogar gesehen, der Wahrheit entsprach – wenn des den Film doch angeblich tatsächlich GAB, warum sorgte Grey nicht dafür, dass er der Allgemeinheit zugänglich gemacht wurde? Oder gab wenigstens Hinweise darauf, in wessen Besitz sich die Kopie befand?

1995 brachte das Label Something Weird „Take It Out On Trade: The Outtakes“ als Videokassette heraus – genau das, was der Titel behauptete, stumme Outtakes, mit Musik unterlegt und bis vor kurzem eben die einzige Möglichkeit, Footage des Werks betrachten zu können. Immerhin stellte diese Veröffentlichung klar, dass Grey nicht geflunkert hatte, was Inhalt und Form des Films anging, aber auch, dass es nicht das Material war, das Grey gefunden hatte (da Grey auch aus den Dialogen des Films zitiert hatte). Erst 2014 wurde eine (offenbar weitere) vollständige 16-mm-Kopie des Films gefunden und von der American Genre Films Association AGFA liebevoll restauriert. Und schon Ende 2018 veröffentlichten AGFA und Something Weird die 2K-Bearbeitung in einer Blu-Ray-/DVD-Combo. Und da wäen wir dann eben nun.

Wenn man über 20 Jahre auf die Veröffentlichung eines Films wartet, bauen sich gewisse Erwartungen auf – erst recht, wenn ein anerkannter Experte wie Grey von einer „echten Entdeckung“ spricht. Andererseits – man weiß natürlich auch, dass es ein ultrabilliger Softsex-Film ist, der mit einem Fünftausend-Dollar-Budget an zwei hektischen Tagen heruntergekurbelt wurde (u.a. mit Unterstützung von Stunt- und Gorilla-Suit-Legende Ray „Crash“ Corrigan). Naja, und ich weiß auch, wie Eddies reinrassige Pornofilme „Necromania“ und „The Only House“ aussehen… also… I don’t know…

Aber was hilft’s – Augen zu und durch. Was man berücksichtigen muss – „Take It Out In Trade“ ist eine beabsichtigte Komödie (und das ist sicher nicht Eddies forté). Macht die Sache aber nicht unbedingt besser. Ein echter Plot ist nicht vorhanden – klar, theoretisch sollte MacGregor die vermisste Shirley (der Name ist zumindest mal ein echtes Wood-Trademark) suchen, aber erstens tut er das nur für ein paar Minuten, und zweitens besteht die Recherche auch nur daraus, dass er ein paar Leute fragt, die ihm jeweils den nächsten Namen geben, bis er bei Shirley vor der Tür steht. Muss man nicht unbedingt ein großer Detektiv ‚für sein, um das zu schaffen (okayokay, das ist natürlich auch der, eh, „Punkt“ – MacGregor ist ein Loser-släsh-Arschloch, und wird vom Zufall/Glück zur Lösung eines bedeutungslosen Falls getragen). Wären wir jetzt wegen des „Crime-Plots“ hier, gäbe es selbstredend nichts, das mit „Spannung“ verbunden wäre, aber wir sind ja eben auch in einem Sexfilm, der eine laue Ausrede braucht, um seine Titten- und simulierten Föckelszenen irgendwie miteinander zu verbinden. Außer MacGregor bekommt sowieso niemand einen definierten Charakter (Shirley tritt als handelnde, sprechende Person erst in den letzten 20 Minuten in Erscheinung), also muss man sich auf das Niveau einer Sex-Nummernrevue herablassen, die ab und an von kurzen Dialogschüben unterbrochen werden, die eine Handlung simulieren sollen.

Wenden wir uns also vom Plot ab und der Umsetzung zu. Als erstes ist natürlich festzuhalten, dass „Take It Out In Trade“ gnadenlos billig ist. Kann ja bei dem Mikro-Budget nicht anders sein. Gedreht wurde hauptsächlich in den Wohnungen der Beteiligten (und wenn man aufpasst, kann man z.B. feststellen, dass das Riley-Wohnzimmer die gleiche Location ist wie die inflationär gefilmte rote Treppe bei Madame Pennys, nur aus einem anderen Blickwinkel gefilmt). Der Umstand, an echten Locations anstatt auf offenen Sets zu filmen, bedingt zwangsläufig auch, dass look’n’feel des Films sehr klaustrophobisch sind, da Bewegungen innerhalb der Szenen kaum möglich sind (erstens, um eben zu tarnen, dass wir uns eigentlich an gleicher Stelle, in Filmlogik aber irgendwo anders befinden, und zweitens weil schlicht und ergreifend der Platz fehlt, um das Equipment mitzubewegen). Es gibt daher notgedrungen auch keine Ausstattung außer dem, was eben eh schon rumstand, mit kleinen Ausnahmen (das herzig falschgeschriebene „NO CREIDT“-Schild in Sleazy Masies Apartment ist sicher das Highlight, oder auch das Pappschild, dals MacGregor über das Toilettenschild hängt, wenn er Bürozeiten hat…), die ein bisschen an die naive Improvisationskunst erinnern, die Wood zu seinen „besten“ Zeiten auszeichnete. Wood schindet auch erfolgreich Zeit in der Wiederholung der gleichen Shots (ob es eine von Pennys Nutten ist, die ihre Brüste schwenkt oder, MacGregor, der mit einem Fernglas irgendwelche Weiber bespannt), oder das ständige Einfügen sinngemäß „gleicher“ Shots (wer ein leberzerstörendes Trinkspiel veranstalten will, der nehme einen Drink, wann immer ein halbnacktes Mädchen die bewusste ominöse Treppe rauf- oder runtergeht, das Padding mittels einer Vielzahl von Flugzeug-/Flughafen-stock-footage, die dabei hilft, MacGregors globale „Suche“ zu versinnbildlichen (und den Film vielleicht für planewatcher interessant macht) – manches bleibt auch einfach rätselhaft wie das Girl, das bei Pennys indoors mit einem gelb-schwarzen Regenschirm herumläuft und andeutet, dass Wood eine nicht wirklich greifbare, aber irgendwie vorhandene Symbolik zu erzielen versucht (wie wohl auch seine Vorliebe, möglichst viel im Film in der Farbe Rot zu halten. Kann aber auch daran liegen, dass seine „Sets“ einfach schon vorher primär rot waren und das ganze also keine beabsichtigte Farbgebung, sondern reiner Zufall ist).

Ein „Gag“, der sich schneller totläuft als man „Titten!!“ gröhlen kann, ist der Kunstgriff, den Umstand, dass Eddie nicht mal stock footage von den exotischen Zielen MacGregors Reise auftreiben konnte, gar herzige Reiseplakate eingeblendet werden (und für „Frankreich“ lässt Wood sogar einen Statisten mit Baskenmütze und einer Flasche Rotwein in der Hand vorbeistolpern. Für’n Baguette und ein gestreiftes Hemd hat’s nicht mehr gereicht, das perfektionierte dann „Killer Tomatoes Eat France“, der großartige und weithin unbekannte vierte Teil des Tomatenfranchises).

Grey mutmaßte, gewisse Aspekte von Woods Inszenierung seien surreal beeinflusst – die rote Treppe, die Frau mit dem Regenschirm, der unerklärliche Lichtblitz, der in unregelmäßigen Abständen vermeintlich bedeutende Plotentwicklungen untermalt. Es fällt mir schwer, da wirkliche Absicht zu vermuten, allerdings sorgen diese out-of-leftfield-Elemente für einen gewissen Unterhaltungswert (den der Film, wenn man ihn eben nicht als Softporno betrachten will, sondern als Ed-Wood-Film, gut brauchen kann).

Zu erwähnen wäre noch, dass „Take It Out In Trade“ in seinem Finale einen bemerkenswerten Rückgriff auf den ein Jahr vorher entstandenen „The Photographer“ (aka „The Love Feast“ aka „Pretty Models All In A Row“, der übrigens als Bonusfilm mitgeliefert wird). Auch in diesem Softcorefilm, bei dem sich die Scholaren nicht ganz einig sind, ob Eddie Wood nur das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielte oder vielleicht doch auch Regie führte (oder doch Woods damaliger Kneipenwirt Joe Robertson, der den Schmarrn auch produzierte), wird der „Held“ am Ende von einer Gruppe Weibsbilder überwältigt und zu Fetisch-Handlungen gezwungen (dort in Frauenkleider gesteckt und zum Sklaven gemacht, hier hogtied-gefesselt). Sicher nicht mehr als eine Fußnote, aber ich fand’s einen Absatz wert.

Der Schnitt ist etwas konfus (Eddie besorgte das selbst in einem kleinen Schuppen neben seinem damaligen Haus – und war technisch nicht mehr so ganz auf der Höhe, so dass Ronnie Ashcroft ihm einige Selbstverständlichkeiten neu erklären musste) und besonders die sekundenkurzen Zwischenschnitte auf irgendwelche Nacktheiten während eigentlich damit nicht verbundener Dialogszenen ist irritierend (sollte aber wohl Publikum, dass während Nonstop-Vorführungen ins Kino stolperte, daran erinnern, dass sie wirklich einen Nacktfilm sehen würden).

Die musikalische Untermalung ist dann nicht schlecht, wenn nicht auf komischen Effekt hin lustige Soundeffekte und Clowns-Musikcues eingespielt werden, sondern zwei kanadische Bands durchaus anhörbaren Proto-Jazz-Prog-Rock abliefern, der sich stellenweise anhört wie Iron-Butterfly-Outtakes aus „Ina-Gada-Da-Vida“-Zeiten.

Ja, natürlich kommen wir um den Elefanten im Raum nicht rum, den Sex. Es IST nunmal ein Sexfilm und verplempert daher den Großteil seiner Laufzeit mit nackten Tatsachen. Und da muss man nun mal sagen, dass Eddie kein großer Ästhet ist, weniger Jess Franco als mehr Joe D’Amato. Das Aufeinanderrumgerutsche von Männlein und Weiblein (wobei Männlein tunlichst die Unterhose anzubehalten hat, ist ja schließlich softer Sex, auch wenn Mumu-Shots okay gehen, natürlich ohne Penetration) ist so ziemlich der unerotischte Anblick, der sich mir seit langem bot (und man ist regelrecht dankbar, wenn der Sex unter einer Decke stattfindet), zumal die Herren der Schöpfung auch nicht gerade Adonis‘ kleine Brüder sind (unter den Herrschaften befindet sich übrigens Lou Ojena, der in „Orgy of the Dead“ die Mumie spielte. Falls man also wissen will, wie der Kerl ohne Klopapierumwicklung aussieht…). Die Mädels sind auf die Früh-70er-Art und Weise attraktiv – es ist also ein bisschen Resistenz gegen übertriebenes Make-Up, gern mal etwas schlabbernde Naturbrüste und ordentlich Busch vor der Einfahrt mitzubringen. Die Mädels dürfen sich auch untereinander beglücken, was dann zumindest etwas ästhetisch erfreulicher ist als bei männlicher Mitwirkung (auch wenn sich eins der Girls, Linda Colpin glaub ich, die deutlich sichtbare Krampfader am Bein vielleicht etwas hätte überschminken können). Ich sollte vielleicht sagen, dass Eddies damalige Masche war, potentielle Investoren darauf anzusprechen, für einen gewissen Obolus „private“ Versionen eines Films anzufertigen, die andere Szenen enthalte als die für den Verkauf und Vertrieb. Nona Carver erinnert sich in „Nightmare in Ecstasy“ daran, dass von „Take It Out In Trade“ zwei Versionen gedreht wurden, von denen eine etwas pornographischer gewesen sein soll. Nur der Himmel weiß, welche Version wir hier auf der Blu-Ray ankucken dürfen.

Es sei angemerkt, dass der Streifen überwiegend stumm gedreht wurde – nur in den großen apostrophierten Dialog- und Expositionsszenen gibt’s den Live-Kameraton. Ansonsten überdudelt die Musik das Geschehen auf der Leinwand, oder es gibt hanebüchene Nachsynchronisierung oder den nervigen voice-over-Kommentar von MacGregor…

Womit wir dann auch beim erfreulichen Thema Darsteller wären (von „Schauspielern“ zu reden, wäre wohl schon gewisser Euphemismus). Michael Donovan O’Donnell behauptet (ebenfalls in „Nightmare in Ecstasy“, seinen MacGregor an Phillip Marlowe angelehnt zu haben. Jeder Marlowe-Darsteller, verstorben oder nicht, rotiert ob dieser Anmaßung in Sondersicht im Grab, denn O’Donnell ist so bar jedes schauspielerischen oder komödiantischen Talents, dass es schon wieder eine halbe Freude ist. Immerhin – er hat einen konsistenten Look mit seiner Tweedjacke und seinem Hut. Über Bit-Parts kam O’Donnell praktisch nicht hinaus – einen seiner wenigen mit einem Screencredit gewürdigten Auftritte hatte er in Stephen Apostolofs „Hot Ice“ (eine Megagraupe vor dem Herrn), einen anderen (und seinen letzten) ausgerechnet in Warren Beattys großem Vanity-Projekt „Dick Tracy“.

Als Shirley Riley fällt Donna Stanley nicht weiter auf (also, abgesehen halt von ihren körperlichen Vorzügen) – Stanley hatte mit „The Stewardesses“ (hierzulande „Die Girls vom Jumbo Jet“) 1969 einen Sexploitationhit in 3D gehabt und von dort auch gleich Monica Gayle (hier eine der namenlosen Kolleginnen Shirleys) mitgebracht (Gayle wiederum war 1975 eindrucksvoll als Patch/Jago in Jack Hills grandiosem „Switchblade Sisters“). Frank Riley wird von Duke Moore gespielt, der in einer vier Dekaden umfassenden Karriere ausschließlich für Ed Wood tätig war (prominent u.a. in „Night of the Ghouls“ und „The Sinister Urge“, außerdem übernahm er die für Bela gedachte Rolle im Kurzfilm „The Final Curtain“, der dann teilweise in „Night of the Ghouls“ eingearbeitet wurde). Nona Carver war in den 50ern Burlesque-Tänzerin und spielte die Hauptrolle in dem von Wood geschriebenen Sex-Western „Revenge of the Virgins“. Offenbar war ihre Performance hier als verprügeltes Drogenwrack so überzeugend, dass jemand ob ihrer Schreie die Polizei an den Set rief… Unter den diversen Damen des Gewerbes findet sich, wie erwähnt, auch Linda Colpin aus „The Love Feast“ sowie die Soft- und gelegentlich Hardcore-Starlets Donna Young (immerhin mit kleinen Rollein in „The Black Gestapo“ und „Ilsa – She-Wolf of the SS“, Lynn Harris und Casey Larrain.

Höhepunkt des Films in jeder Hinsicht ist Ed Woods selbstpersönlicher Auftritt in der Rolle der Alecia – die gut fünf-sechs Minuten zeigen Eddie ähnlich „heartfelt“ wie in „Glen or Glenda“. Schon allein deshalb ist der Film ohne weiteres ein Muss für den Wood-Enthusiasten.

Technisch ist die AGFA-/Something-Weird-Blu fein ausgefallen. Die Bildqualität (4:3) ist so gut wie man es von einem fast fünfzig Jahre alten No-Budget-Film erwarten kann, der Ton brauchbar (auf Blu allerdings deutlich besser als der etwas matschige DVD-Mix). Als Extra gibt’s neben dem erwähnten Bonusfilm „The Love Feast“ noch einen Audiokommentar mit u.a. Rudolph Grey und Frank Henenlotter.

War meine „Angst“ vor der Sichtung nun gerechtfertigt? Ja und nein. Ja, der Streifen kann natürlich den Erwartungen an Ed Woods verlorenes letztes „seriöses“ Werk nicht entsprechen, dafür ist er einfach zu… langweilig, seine Sexszenen sichtlich von jemandem inszeniert, dem das keine Herzensangelegenheit war, hat zu wenig von Woods stilistischen Idiosynkrasien, schwurbeligen Dialogen und handwerklichen „Trademarks“. Andererseits – es ist ein klar als solcher erkennbarer Ed-Wood-Film, und das heißt, dass er trotz seiner zahlreichen Schwächen einen gewissen liebenswerten Charme hat (auch, weil er Sex als etwas durchweg positives zeichnet – und, hey, en Schwulenpärchen, das nicht negativ/abwertend geschildert wird [und geradezu prophetisch sogar „verheiratet“ ist], das musste man 1970 auch erst mal wagen), bei allen Abkürzungen, die eiue unter derart unmöglichen Umständen realisierte Produktion einfach nehmen muss. Also – kuckt den Film nicht unbedingt unter reinen Unterhaltungswertansprüchen, sondern im Kontext von Eddies Karriere und persönlicher Situation in dieser Phase, als seinen letzten ernstlichen Versuch, dem geänderten Zeitgeist gerecht zu werden (wie er in einem seiner Artikel selbst ausführte, war er „bemüht, sowenig körperliche Kontakte wie möglich“ zu zeigen, ohne das potentielle Bumskinopublikum zu vergrämen) – und dann doch meilenweit daran vorbeisteuerte, denn die Zeit des „nudie cuties“, und letztlich steht der Streifen deutlich in dieser Tradition, war da auch schon wieder einige Jahre vorbei -, dann hat man sicherlich den richtigen Rahmen für eine kritische und doch respektvolle Würdigung des Films.

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 9

BIER-Skala: 5


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