Sweat

 
  • Deutscher Titel: Sweat
  • Original-Titel: Sueurs
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  • Regie: Louis-Pascal Couvelaire
  • Land: Frankreich
  • Jahr: 2002
  • Darsteller:

    Jean-Hugues Anglade (Harvey), Joaquim de Almeida (Noh), Cyrille Thouvenin (Victor), Sagamore Stévenin (Simon)


Vorwort

Vier Männer, zehn Tonnen geraubtes Gold, ein Truck, die Wüste… Mastermind Noh, Gunman Simon, Truckfahrer Harvey und dessen Mechaniker Victor haben sich erfolgreich eine LKW-Ladung Goldstaub unter den Nagel gerissen – jetzt geht’s darum, den kostbaren Schatz außer (unbezeichneten nordafrikanischen) Landes zu schaffen; an der Küste wartet ein Schiff, nur müssen auf dem Weg dorthin hunderte Meilen durch die Wüste zurückgelegt werden. Aufdringlicher verfolgender Polizei entledigt man sich unproblematisch, doch schon bald kollidieren die höchst unterschiedlichen und inkompatiblen Gemüter des kriminellen Gesindels. Harvey killt Simon, weil der ihn nervt, dafür gelingt es Noh, Victor auf seine Seite zu ziehen und Harvey in der Wüste zurückzulassen. Wider Erwarten überlebt Harvey diese linke Nummer, doch pfeift ihm nun eine fröhliche Meise unterm Triller, will sagen, um seine ordnungsgemäße und verdiente Rache ausüben zu können, geht er auch über die Leichen von unschuldigen Zufallsbekanntschaften, die ihm über den Weg laufen. Im Minenfeld vor der Küste kommt es zur entscheidenden Konfrontation…


Inhalt

Und wieder mal Äktschn aus dem Land der Baguettes und des Rotweins. Die Franzosen profilieren sich ja nunmehr seit einigen Jahren als relativ zuverlässige Lieferanten extremst gut aussehender Actionfilme – Luc Besson machte es möglich, dass sich wieder ein internationales Publikum für französisches Genre-Kino interessiert.

Mit „Sueurs“ liegt nun (bzw. bald) auch der Debütfilm von Louis-Pascal Couvelaire vor, der vor kurzem mit der Verfilmung des französischen Nationalcomics „Michel Vaillant“ ins richtig große Big-Budget-Kino vorgestossen ist und einen zumindest kurzweiligen und optisch edlen (aber das wundert nicht) Rennfahrer-Actionstreifen vorlegen konnte. Irgendwie verwundert mich nicht, dass auch „Sueurs“ den Großteil seiner Laufzeit auf stark motorisierten heißen Reifen verbringt. Der Herr scheint dem Geschwindigkeitsrausch verfallen zu sein. Muss aber auch nicht schaden, zumindest nicht unbedingt kommerziell, denn das liegt ja durchaus am Puls der Zeit, weitgehend hirnamputiert-sinnfreie Turbo-PS-Heuler sind ja durchaus angesagt.

Was Couvelaires Stärke, der hier auch als Autor tätig ist, zweifellos NICHT ist, ist das Schreiben von schlüssigen Drehbüchern. „Sueurs“ kümmert sich einen feuchten Schmutz um eine Story, sondern walzt im Endeffekt eine einzige Verfolgungsjagd-Actionszene auf 99 Minuten aus – dieser Film hat keinen Plot (jedenfalls keinen, der über „vier Personen fahren von A nach B“ hinausgeht – selbst der Coup, also der eigentliche Raubzug, wird nur durch ein paar stilisierte Bilder in den kurzen Opening Titles abgehandelt), das bissl an Story Development, das Couvelaire wohl beim besten Willen nicht vermeiden konnte, investiert er in eine ziemlich banale „jeder-versucht-jeden-zu-bescheißen“-Geschichte, deren Bart länger sein dürfte als der aller ZZ-Top-Jungs zusammengenommen, aber über weite Strecken funktioniert das tatsächlich ganz gut.

Bzw. sagen wir’s so – solange der Film und damit seine Protagonisten „rollen“ (im Wortsinne), fällt’s nicht weiter auf, denn es dürfte heutzutage kaum einen Director geben, der Couvelaire im Inszenieren von Autostunts und Verfolgungsjagden was vor macht, sobald allerdings eine Fahrpause eingelegt wird und das Fitzelchen Story versucht, Winzigkeiten an Charakter-Background auszuloten, kommt nicht nur der Truck zum Stillstand, sondern auch der Film an sich – das ist das Dilemma des Films, denn zweifellos entwickelt der Streifen seine Rasanz, sein Tempo nur durch den fast völligen Verzicht auf Storyelemente, aber dadurch, dass der Zuschauer über die Figuren sprichwörtlich NICHTS erfährt, kommt selbstredend keinerlei emotionale Beteiligung zustande. Der Zuschauer verbleibt passiv, während austauschbare, inhaltslose Figuren, die man nicht mal „Charaktere“ nennen kann, versuchen, sich gegenseitig die Lebenslichter auszupusten; dem Film fehlt es eindeutig an einem auch nur ansatzweise sympathischen Charakter, einer wirklichen Heldenfigur, die dafür sorgen könnte, dass man beim Zusehen über das Stadium „ich ergötze mich an den Stunts und an der Fotografie“ hinauskommt.
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Schätzungsweise schuldet der Film die ein oder andere Inspiration dem (von Hollywood nachgefilmten) „Lohn der Angst“ (wobei der Klassiker halt alles richtig machte, und Spannung, mitreißende Charaktere und eine gute Story kombinierte), durch das Wüstensetting erinnert der Spass streckenweise frappierend an „Mad Max II“ (auch, weil die Protagonisten einen Tanklaster steuern). Optisch hat Couvelaire alles im Griff – allerdings, und da mag ja auch nicht jeder, in der bewährten französischen supersauberglattgeleckten Edel-Optik. Das sorgt durchaus für nette Kontraste im Verbund mit der kargen Wüstenlandschaft (und ist, wie nicht anders zu erwarten, phänomenal fotografiert), aber es mag manchem (sogar mir :-)) etwas *zu* glatt, etwas *zu* steril wirken; es hätte dem Film sicher nicht geschadet, wenn er dann und wann mal etwas rauher zu Werke gehen würde (nicht nur, was die Gewalt angeht, die zwar vorhanden, aber auch bis auf wenige Ausnahmen sehr steril abgehandelt wird, sondern auch, was die filmtechnische Umsetzung an sich angeht). Abgesehen davon ist 99 Minuten ziemlich einfarbige wüste Angelegenheit auch nicht gerade die visuelle Abwechslung in Tüten…

Es ist halt die gute alte Gretchenfrage – reicht es dem kritischen Konsumenten, eineinhalb Stunden (mit dem gelegentlichen Leerlauf… aber, wie das Auto, so der Film, gell) edelst gefilmte, aber irgendwie blutleere (sowohl im Wort- als auch im übertragenen Sinn) Stuntorgien zu sehen, ohne auch nur den Anflug einer wenigstens eine graue Zelle beschäftigenden Story zu bekommen (ich hab das Ende ungefähr nach 10 Minuten vorhergesehen. War dann nur noch eine Frage des „wie“ und selbst das war nicht sonderlich überraschend)? Nun, die Franzosen sind bekanntlich Spezialisten für schicke Verpackungen,. aber wenn ihnen schon nix als Begründung für die Action einfällt, sollen sie halt wenigstens, wie beim „Tödlichen Wespennest“ klauen. Hier allerdings kommt einem der Film trotz der nicht epischen Laufzeit von 99 Minuten und dem hohen Actionanteil ziemlich … lang vor.

Schön abgestimmt ist, da darf man wieder komplimentieren, die Musik, die zwischen Ethno-Klängen und rockigen Gitarrenriffs pendelt und sich als optimale akustische Untermalung erweist.

Natürlich ist das ganze kein Schauspielerkino – Jean-Hugues Anglade, den wir noch aus Roger Averys gewalttätigem „Killing Zoe“, bekommt den Durchgeknallten ziemlich gut hin, keine Frage, Joaquim de Almeida („Náufragos – Stranded“) könnte etwas mehr aus sich herausgehen, Cyrille Thouvenin bleibt ziemlich blass. Als (früh entsorgter) Killer Simon begrüssen wir Sagamore Stévenin, der später in Couvelaires „Michel Vaillant“ die Titelrolle spielen durfte.
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Bildqualität: Koch Media präsentiert den Streifen in 2.35:1-Widescreen (anamorph), wobei ich zur endgültigen Bildqualität, der Promo-DVD sei dank, noch keine Aussage treffen möchte. In der Presse-Fassung ist mir das Bild ein wenig zu verrauscht, aber das liegt sicher daran, dass zwei Filme auf eine DVD gequetscht wurden.

Tonqualität: Auch hierzu keine endgültige Aussage, aus oben genannten Gründen. Die deutsche Synchronisation gefällt mir allerdings nicht wirklich, vor allem Anglade scheint mir eher einen unpassenden Sprecher aufs Auge gedrückt bekommen zu haben.

Extras: Siehe oben. Die endgültige Ausstattung der Scheibe bleibt abzuwarten.

Fazit: „Sueurs – Sweat“ ist eine sehr zweischneidige Sache – einerseits ist die Action zweifelsohne rasant, auf allerhöchstem technischen Niveau und sagenhaft schick fotografiert, aber dem Film fehlt jeglicher Tiefgang – weil die Charaktere nicht mal eindimensional sind, sind sie dem Zuschauer ziemlich wurscht und das ist nunmal rein grundsätzlich der Spannung arg abträglich. Wem ein nur gelegentlich durch Dialoge unterbrochner 90-Minuten-Actionclip mit schweren Trucks genügt, dann mit dem Film seine Freude haben, aber mir ist das ganze erstens zu inhaltlos und zweitens zu glatt. Ein Showcase für die Fähigkeiten des Regisseurs im Action-Fach, aber nicht wirklich ein Film mit Dramaturgie, Spannung und Story…

2/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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