Survivor – Das Grauen aus dem ewigen Eis

 
  • Deutscher Titel: Survivor - Das Grauen aus dem ewigen Eis
  • Original-Titel: Survivor
  • Alternative Titel: Nightworld |
  • Regie: David Straiton
  • Land: Kanada/Luxemburg
  • Jahr: 1999
  • Darsteller:

    Greg Evigan (Adam King), Rachael Crawford (Kat Holden), Claudia Michelsen (Stark), David Hewlett (Doc), Diego Matamoros (Darren Sloan), Clé Bennett (Malcolm Jones), Gene Mack (Slick), Lawrence Bayne (Tanaka), James B. Douglas (Geezer), Balázs Koós (Jinx), Kurtys Kidd (Die Kreatur)


Vorwort

Irgendwo in der arktischen Tundra bohrt das Team der Station Morpheus 1 in Rekordtiefen (19 km) nach Öl. Die Stimmung ist mittelprächtig, aber man blickt mit freudiger Erwartung auf den anstehenden Schichtwechsel. Doch bei der Bohrung gibt’s Probleme – die präkambrischen Gesteinsschichten, in die sich Öl eingelagert haben sollen, stellen sich früher als erwartet ein, anstelle Öl sprudelt irgendein seltsames Zeug aus dem Schacht, das, wie sich zu allgemeiner Überraschung herausstellt, enorm heilkräftige Wirkung hat, jede Wunde und sogar eine gemeine Erkältung heilen kann. Firmenmanager Darren Sloan, persönlich eingetroffen, um die Lage zu peilen, weil die Kommunikation zur Firmenzentrale ausgefallen ist, betrachtet das Heilgel als potentiellen Ersatz für die entgangenen Ölgewinne. Doch schnell stellt sich heraus, dass das Heilgel nicht das einzige ist, was aus dem Bohrschacht an die Oberfläche gekommen is – und das ist nicht so freundlich…

Nachdem sich die ersten grauenvoll entstellten und komplett blutleeren Leichen einstellen, lässt Kat Holden, die Geologin des Teams und rein zufällig die entfremdete Ex von Stationsleiter Adam King, sich in den Bohrschacht abseilen (die ganzen 19 km? Respekt! Muss eine Art Weltrekord sein), findet sie dort unten ein offensichtlich eine Milliarde Jarhe lang im Gestein eingeschlossenes außerirdisches Raumschiff und allerhand Indizien dafür, dass das mordgierige Alien, das nun das Team dezimiert, nichts geringeres war als der Schöpfer allen Lebens auf der Erde – aber das nicht unbedingt aus für unsereins sonderlich erbaulichen Gründen…


Inhalt

Jaa, endlich darf ich mal wieder einen „Alien“-Klon besprechen. Gut, es ist nicht so, dass ich die „Survivor“-DVD nicht schon ein paar Jahre hier rumstehen hätte, aber manchmal muss man auf den richtigen Sonntag-vormittag-an-dem-man-viel-zu-früh-aufwacht-aber-auch-keinen-Bock-auf-Weiterpennen-hat warten…

„Surivivor“ ist ein Vertreter des Sub-Subgenres „‚Alien‘-Klon in Bohr-Anlage“, dem wir schon so mitreißende Gassenhauer wie den schnarchigen Targoor – Reise ins Grauen oder, in SF-lastigerer Ausprägung, Spacetrek verdanken. Man kann schon verstehen, warum nicht ganz so einfallsreichen Autoren dieses Setting reizvoll erscheint – es liefert die notwendige „Abgeschiedenheit“ ebenso gratis mit wie eine mit allen zugekniffenen Hühneraugen akzeptable Ausrede für das Auftauchen des meuchelnden Unholds (man bohrt halt sein Domizil an) und auch das seit „Alien“ populäre Motiv der „blue-collar“-normale-Arbeiter-Charaktere anstelle irgendwelcher strahlender Helden ergibt sich so wie von selbst.

„Survivor“, entstanden 1999 im Rahmen einer kleinen Reihe SF-haltiger TV-Produktionen der kanadischen, hauptsächlich im Fernsehbereich tätigen Schmiede Alliance Atlantis (u.a. zuständig für „PSI Factor“, „Ein Mountie in Chicago“, die „The Crow“-Serie, „Total Recall 2070“, „Beastmaster“ und mittlerweile dicke im Geschäft mit Bruckheimers „CSI“-Franchise; Kinoausflüge der Firma waren Cronenbergs „eXistenZ“, „Slackers“ oder Bowling for Columbine, außerdem investierte der Laden ein paar Groschen in Spielbergs München), die mit luxemburgischer Unterstützung – und daher vermutlich primär aus Gründen der Steuerabschreibung – Filmchen wie Cyberspace – Ein Alptraum wird wahr, „Im Banne des Mondes“, oder „Quest for the Lost Tribe“ auf die Beine stellte, unternimmt keine große Anstrengungen, die altbekannte Grundkonstellation „frisch“ und „innovativ“ zu variieren. Business as usual: wir haben einen Evil Capitalist (der aber nicht gar so „evil“ ist wie in vielen anderen Filmen dieser Art – er ist auch nur ein Manager der mittleren Führungsebene, und seine Motivation ist ein bisschen tiefschürfender als „because I can, MUWA-HA-HAA!“), einen rationalen Helden, der nichtsdestoweniger an einem Trauma laboriert und, hach-wie-originell, seine Ex, die ihm ins Team aufoktroyiert wird, obwohl er alles andere als begeistert davon ist.

Erstaunlicherweise gelingt Drehbuchautor Joshua Michael Stern (Schreiberling auch von Amityville Dollhouse, dem ganz passablen De-Coteau-TV-Film „Skeletons“, und jüngst auch Autor und Regisseur der anständig gefloppten Kevin-Costner-Politsatire „Swing Vote“) aus diesen sehr rezeptbuchartigen Zutaten nicht unbedingt ein schmackhaftes Mahl zu zaubern, aber wenigstens ein klein wenig mehr Sorgfalt aufzuwenden als für das filmische Äquivalent eines Happy Meal. Nein, die Story verläuft mehr oder weniger genau nach Subgenre-Vorschrift, „zitiert“ ein paar Genre-Vorbilder wie „Predator“ oder „Abyss“ und spult die erforderlichen Plotpoints ebenso routiniert wie uninspiriert ab.
SPOILER Die Idee mit den Außerirdischen als „Schöpfern“ irdischen Lebens ist ganz pfiffig, vor allem, da letztlich das Interesse des Alien-Monsters an den Menschen das geschäftsmäßig-technische eines Viehzüchters ist, denn das sind „wir“ nach „Survivor“-Mythologie: gezüchtetes Frischfleisch, das nur etwas zu lange auf sich allein gestellt war und dadurch auf komische Ideen kam – es macht letztlich vom Ablauf der Geschichte keinen großen Unterschied zur „missing link“-Idee aus „Targoor“, erhöht aber wenigstens für’s Finale den „Einsatz“ und erlaubt dem Script ein-zwei philosophisch-theologische Exkurse. SPOILERENDE

Nein, was Stern verblüffend gut gelingt für die Verhältnisse eines Low-Budget-TV-Horrorfilms, an dessen „künstlerische“ Meriten keiner der an der Produktion Beteiligten wohl einen müden Gedanken verschwendet hat, sind die Charaktere – es sind „stock characters“, Baukastenfiguren, aber Stern haucht ihnen tatsächlich, nicht durchgängig, aber an ausgesuchten Stellen, Leben ein: Kings Trauma, das verhältnismäßig beiläufig eingeführt und bearbeitet wird (er hat bei einem Tankerunglück durch eine selbstmörderische Aktion eine Ölpest verhindert und gilt in der Öffentlichkeit als Held – in Wahrheit allerdings war sein Vorgehen nicht so gefährlich wie gedacht, stand nur im Firmeninteresse und rettete sein armseliges Leben, während seine Kollegen im Kommandostand des Tankers verreckten), verknüpft mit der dadurch zerbrochenen Beziehung mit Kat (weniger „zerbrochen“ als „durch einseitige Flucht Adams beendet), Stationsarzt Doc, für den der Kampf gegen das Monster zum Kampf ums eigene Selbstbewusstsein wird, die Religiösität der als so burschikos gezeichneten Arbeiterin Stark: das mag alles nicht speziell bemerkenswert, neu und originell sein, wider Erwarten jedoch schreibt Stern damit einige wirklich schöne, fast schon anrührende Szenen (etwas bessere Schauspieler würden sicherlich helfen), die zumindest den Anschein erwecken, als hätten die Figuren etwas mehr Substanz als im üblichen SciFi-Channel-Movie-of-the-Week-Monsterheuler.

In der Tat ist „Survivor“ ein Film, der sich *fast* stärker als Charakterdrama denn als Monsterfilm sieht – beinahe in der Tradition des 51er Ding aus einer anderen Welt, an dem für Producer Howard Hawks ja auch weniger das Monster wichtig war als sein Lieblingsthema „characters under pressure“. Das Monster ist denn auch in „Survivor“ eher ein Nachgedanke – schon allein deshalb, weil der Streifen, being a TV movie, die grausamen Bluttaten, von der die Figuren berichten, nicht zeigen kann (das härteste, was uns der Film zumutet, ist ein blutiger, entkörperter und bis auf den Knochen abgelutschter Schädel) – heutzutage würde der Produzent selbstverständlich für den DVD-Markt eine „unrated“-Edition mit massenhaft Nudity und Splatter auf den Markt schmeißen, „Survivor“ allerdings bleibt FSK-12-freundlich anständig.

Was alles nicht heißt, dass „Survivor“ lahm und uninteressant wäre – David Straiton, ein Regisseur, der ansonsten ausschließlich Serienepisoden inszeniert und u.a. für „Dark Angel“, „Charmed“, „Star Trek: Enterprise“, „Eureka“, „Life“, „Dollhouse“, „Dr. House“ und „Fringe“ arbeitete, müht sich redlich, aus den Beschränkungen des Fernsehens und der Formelhaftigkeit des Scripts ein bisschen mehr zu machen als die Summe der einzelnen Teile. Die Kameraarbeit von Michael McMurray (Stamm-Kameramann von „Psych“ und „TekWar“) ist teilweise bemerkenswert (so man auf steadicam steht) – teilweise so bemerkenswert, dass man sich fragt, ob die lausige Ölbohrstation in der Tundra nur deswegen offensichtlich kilometerlange Korridore hat, damit McMurray da besonders lässige steadicam-Fahrten aufziehen kann (und darum, wiederum, muss das Script ein paar Klimmzüge vollführen, damit die Charaktere, um angemessen „unter Druck“ zu sein, vom Alien in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden).

Straiton trifft zwar ein paar… naja, fragwürdige Entscheidungen, was Szenenübergänge und establishing shots angeht, da hat aber eben wieder mal die Fernsehherkunft des Streifens ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Atmosphärisch ist „Survivor“ ganz in Ordnung, das Tempo ist trotz des Verzichts auf blutige Tatsachen und einer relativ ausführlichen Auftaktphase auch im akzeptablen Bereich für ein TV-Movie, und ordentlich spannend wird’s zum Finale hin auch (selbst wenn das Alien rechtzeitig zum Showdown eine erstaunliche Intelligenzreduktion erlebt).

Was dem Film fehlt, ist bei aller Liebe für Charakterentwicklung und Rationalität (in der Tat ist „Survivor“ lobendes Beispiel für einen Horrorfilm, dessen Charaktere sich nicht alle ständig wie gehirnamputierte Blödpansen verhalten), ein wenig Härte. Ein paar Blutspritzer und der erwähnte Schädel machen halt das Kraut, so rein horrortechnisch, nicht fett – zumindest ein paar Andeutungen mehr der Gewalt, die das Alien ausübt, hätten nicht geschadet (zumal auch der Monstersuit nicht gerade kalte Schauer des Grauens über die Gänsehaut treibt – aber er ist immerhin einigermaßen schleimig schön und erlaubt den obligatorischen Monsterkiefer-meets-Heroine-„Alien“-Gedächtnisshot, der hier allerdings mit ein wenig Oral-Rape einhergeht. Und das bei FSK 12!)

Zu den Darstellern… Greg Evigan („TekWar“) ist eine passable Besetzung für die Heldenrolle – er ist ein TV-Akteur ohne größere Meriten, aber jemand, der als „leading man“ in einem solchen Fernsehfilm nicht durch den Rost fällt und auch nicht mit der typischen demotivierten „bringen-wir’s-hinter-uns-mit-dem-Gagenscheck-kann-ich-eh-grad-mal-einen-Monat-die-Miete-zahlen“-„Leistung“ eines abgehalfterten B-Film-„Stars“ in einer Asylum- oder Wynorski-Schundproduktion aufwartet. Für Evigan sind Jobs wie dieser täglich Brot und kein „Abstieg“ auf der Karriereleiter.
Vom Restensemble überzeugt vor allen Dingen David Hewlett als ängstlicher Doc, noch etwas schmaler als einige Jahre später in „Stargate Atlantis“, aber schon mit deutlichen Anzeichen seiner likeability und seines komischen Talents.
Rachael Crawford (kurioserweise kurz zuvor in „Kai Rabe gegen die Vatikankiller“ aufgetaucht und ansonsten meist in Gast-Slots in TV-Serien zu Hause) als Kat ist leider schauspielerisch eine ziemliche Ödnis, und weil’s ein TV-Film ist, kann sie das noch nicht mal durch Nudity ausgleichen (aber ür ’ne Tank-Top-Szene reicht’s wenigstens).
Bei der Deutschen Claudia Michelsen („3 Chinesen mit dem Kontrabass“, „Kanzleramt“, „Flemming“) als Stark stört mich komischerweise die Synchro – fragt mich nicht, warum die Gute mit ’nem semi-englischen Akzent parliert, ansonsten hat sie aber ein paar der besseren Charakterszenen, die sie verbesserungsfähig absolviert.
Diego Matamoros („Bone Daddy“) macht seinen Evil Capitalist beinahe nachvollziehbar (bis auf seine Schlusswendung), Clé Bennett („Codename: Eternity“, „How She Move“) ist okay als Technik-Guru Malcolm.

Bildqualität: „Survivor“ ist in verschiedenen Combo-Releases aus dem Hause MAWA erhältlich, ich hab hier das Double Feature mit dem passablen Robert-Hays-TV-Thriller „Time Out – Richter der Zeit“. Bildformat ist 1.85:1 Widescreen, wobei es Player-/TV-Kombinationen geben soll, die den Transfer nicht in 16:9 abspielen, mein Equipment machte da ausnahmsweise mal keine Mucken (hm, stimmt aber – der Software-DVD-Player spielt 4:3). Die Bildqualität ist solide – kein Wunder, da man sich schlicht und ergreifend einer Premiere-Fassung (komplett mit „16:9 / Dolby Surround“-Einblendung zu Filmbeginn) bedient hat. Solide Schärfe, okayer Kontrast, akzeptable Kompression, insgesamt vielleicht auf der etwas grobkörnigen Seite.

Tonqualität: Deutscher Ton in Dolby 2.0 und 5.1. Auch hier gilt: zweckmäßig, mit solider Synchronarbeit (mit der erwähnten Ausnahme), aber nichts herausragendes.

Extras: –

Fazit: Wer eh schon keine „Alien“-Klone mag, kann auch diesen verpassen – hat man aber für das Subgenre ein gewisses Faible, kann „Survivor“ schon einen gewissen Unterhaltungswert in die Waagschale werfen. Der Streifen ist professionell gearbeitet, seine Kameraarbeit ist regelrecht *gut*, die Story zumindest nicht dümmer als in anderen Genrevertretern, dafür aber mit etwas besseren Charakteren gesegnet. Ein-zwei Splattereinlagen hätten dem Ding sicher nicht geschadet, aber solide TV-Genrekost ist das allemal; zumindest deutlich besser als 90 % des SciFi-Channel-Outputs…

3/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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