Strip Mind

 
  • Deutscher Titel: Strip Mind
  • Original-Titel: Strip Mind
  •  
  • Regie: Frank Geiger
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Jodie Ahlborn (Sam), Keiron Freigang (Renn), Gil Ofarim (Max), Kordula Kohlschmidt (Poe), Tomas Spencer (Berg), Nick Wilder (Prof. Ragloid)


Vorwort

Winterferien an einem amerikanischen College – nur wenige Studenten bleiben auf dem Campus. Renn, der Technik-Nerd, Berg, der angehende Medizinmann, die männermordende Poe, Campus-Obermacker Max und natürlich Sam, die essentielle graue Maus. Das Beziehungsgeflecht ist schnell aufgedröselt – Renn steht auf Sam, die aber lieber was mit Max hätte, der aber, wie Poe weiß, ein unauffälliges Ding wie Sam nicht beachten würde. Nach Maxens End-Semester-Fete böte sich tatsächlich eine Gelegenheit für traute Zweisamkeit, aber zu ihrem eigenen Leidwesen schickt Sam Max unter Verweis auf Kopfschmerzen wieder weg. Dafür beginnen sich seltsame Ereignisse abzuspulen – Sam findet es zunehmend schwer, sich an ihre Vergangenheit zu erinnern, sie erhält rätselhafte e-Mails, die ihren Computer abstürzen lassen und unheimliche Videos abspielen, sie leidet unter Halluzinationen, in denen sie von einem grausam verunstalteten Mann, der sie „Jennifer“ nennt, verfolgt wird und auf ihrem Körper bilden sich, ohne erkennbare Ursache, fürchterliche Brandwunden. Sam recherchiert, dass es sich bei dem Entstellten um Professor Ragloid handeln könnte, einen Lehrer des Colleges, der vor einiger Zeit bei einem Laborbrand ums Leben kam. Einzige Überlebende der Katastrophe war Ragloids zweiundzwanzigjährige Tochter Jennifer. Ragloid arbeitete an einem „Modifikationssignal“ zur Zellregeneration. Sam kommt der Verdacht, dass sie in Wahrheit Jennifer ist. Hat man ihr via Modifikationssignal eine neue Identität „programmiert“? Als Berg, den sie bezüglich ihrer Brandwunden ins Vertrauen gezogen hat, ermordet wird, beginnt die Sache auch für sie lebensgefährlich zu werden…


Inhalt

Ugh. Manche DVDs sollten wirklich mit großen Warnstickern, größer als das, was uns an FSK-Aufklebern nach Jugendschutzreform erwartet, versehen werden, damit arglose Filmkucker wie meinereiner, die ob Covergestaltung und- text auf die Idee kommen könnten, es zumindest mit einem leidlich interessanten und kompetenten Psycho-Mysterythriller zu tun haben, wenn sie sich durch die Grabbelkisten wühlen, nicht versehentlich ein wenig Klimpergeld locker machen und sich dieses Ding kaufen…

„Strip Mind“, der sich seiner teutonischen Herkunft zum Trotz als US-Produktion tarnt, ist nämlich das, was (erwartungsgemäß) dabei herauskommt, wenn ein Schwung, ähm, „Independent“-Filmer aus dem Dunstkreis von Olaf Ittenbach auf die Idee kommt, mal ’nen „richtigen“ Film zu drehen. Und was kann das nur sein? Klarer Fall – große Grütze.

Dabei begingen die Macher rund um Frank Geiger, Produzent so großartiger Ittenbach-Epen wie „Evil Rising“ und „Beyond the Limits“ noch nicht mal den Fehler, selbst ein Drehbuch zu verfassen, sondern verfilmten ein solches des amerikanischen Independent-Filmers Matthew Giaquinto (der mit „The Good Book“ einen dem Vernehmen nach passablen SF-Horror strickte, was aber auch schon wieder elf Jahre her ist); übrigens die einzige US-Beteiligung (und dass Giaquinto, der seit 2001 sprichwörtlich nichts mehr gemacht hat, an dem Film stärker beteiligt war, als dass er das Script in einen Umschlag steckte und nach Deutschland schickte, möchte ich mal bezweifeln) an diesem Werk. Giaquinto allerdings fällt zum Thema Realitäts-/Identitätsverlust auch nicht mehr ein als „Jacob’s Ladder“ mit „Die üblichen Verdächtigen“ zu mixen (und ich schätze, auf dem Mist der deutschen Beteiligten sind ein paar zeitgemäße „Ring“-Bezüge durch das mysteriöse – dafür letztlich aber komplett bedeutungslose Video, das hier halt per e-Mail verschickt wird). Da ich ehrlich gesagt niemandem wünsche, 83 Minuten Lebenszeit mit diesem Film zu verplempern, spoilere ich in der Folgezeit nach Herzenslust.

Es ist natürlich in keiner Sekunde überraschend – selbstredend IST Samantha Jennifer (da braucht der Film gar kein Gedöns ‚rum zu machen, weil er es nach einer knappen dreiviertel Stunde eh durch ein paar Zwischenschnitte/Erinnerungsfetzen verrät). Der Streifen versucht in der Folge, durch lächerliches Technobabble über das bewußte „Modifikationssignal“ zu postulieren, dass man Sam auf diesem Wege eine neue Erinnerung „eingepflanzt“ habe und sie nach dem Laborbrand von ihren College-Mitschülern (!) als Versuchskaninchen missbraucht wurde, weil die, unter Führung von Max, sich mit dem Gedanken trugen, Modifikationen gewinnbringend an interessierte Kreise zu verscherbeln. Weil aber ohne einen dusseligen und vorhersehbaren Schlusstwist nichts geht, entpuppt sich diese Erklärung aber im Finale als schlichte Fantasievorstellung der im psycho-amnesischen Koma liegenden Jennifer, die sich, a la „Usual Suspects“ Figuren und Namen unterbewusst aus ihrer Krankenhaus-Umgebung zusammengesucht hat („Dr. Berg“ ist ihr behandelnder Arzt, „Renn“ ihr Pfleger“, „Poe“ die Krankenschwester, „Max“ ihr offensichtlich beim Feuer umgekommener Freund und „Sam“, tja, so heißt ihre Beatmungsmaschine). Wowinger, fantastico, noch nie gesehen, und vor allem selten peinlicher. Bis wir bei dieser Auflösung angekommen sind, wundern wir uns über die Doofheit der Charaktere (alle Alpträume und Visionen Sams scheinen zentral mit einem abgesperrten Kellerraum des College zusammenzuhängen. Wann kommt Sam mal auf die Idee, sich dort umzusehen? Zehn Minuten vor Schluss…), vermeintliche plotpoints, die ins Nirvana führen (als nach Bergs Ermordung Sam von der Polizei verhört wird, ist der Polizeiermittler nur als „Schattenmann“ zu sehen) und weinen vor allem über die schlicht und ergreifend erbärmlichen Dialoge (die ich mir nur so erklären kann, dass jemand Giaquintos Script ins Deutsche übersetzt und dann wieder jemand anderes daraus ein englisches Shooting Script rückübersetzt hat, denn aus mir völlig unbegreiflichen Gründen musste der Film, der von einer KOMPLETT deutschen Crew mit einem KOMPLETT deutschen Cast gedreht wurde, unbedingt in englischer Sprache gedreht werden).

Gekostet hat das ganze Spässken sicher nicht viel (und die Kohle stammt u.a. aus der Tasche von Laser-Paradise-Oberhoncho Thomas Buresch, der dafür einen „executive producer“-Credit an seine Trophäenwand dengeln kann) – was sich leider auch an der Location äußert. Liebe Filmemacher: eine x-beliebige Realschule in Lüdenscheid-Nord (oder wo auch immer der Käse gedreht wurde… hm, angeblich in München. Dann eben Untergiesing) sieht in ihrem 70er-Jahre-hingeschlonzter-Betonhaufenlook halt beim besten Willen nicht nach US-College aus (welchen Grund gab’s gleich noch mal, warum diese Plotte in den USA spielen muss?). Wäre das Ding ein reines Amateurprodukt, könnte ich darüber hinwegsehen (würde es aber trotzdem anmerken), aber „Strip Mind“ versteht sich offensichtlich als professioneller Film und muss sich daher gefallen lassen, dass ich ihn allein schon deswegen durchfallen lasse.

Optisch ist der Film gefällig – gedreht wurde in HD, die Kamera führte mit Ingo Dannecker (der nicht aus dem Imperium des Olaf I. kommt, sondern vielmehr bis dato für Robert Block die Kamera schwang und Sukkubus – Die Nacht der Dämonen fotografierte und beim „VIII. Grad“ als Produzent mitwirkte) kein Talentloser. Zumindest was diesen Punkt angeht, muss sich „Strip Mind“ nicht hinter einer durchschnittlichen TV-Produktion verstecken (faint praise). Leider ist Geiger nicht in der Lage, der verschwurbelten Plotte Drive zu verpassen. Weder inszeniert er das „Mystery“ geheimnisvoll genug (Sam wirkt halt einfach immer nur wie eine hysterische Dummnuss) noch entwickelt er echte Spannung (dass die Flashback-/Halluzinationssequenzen achtbar gewerkelt sind, dürfte eher an Dannecker und dem akzeptablen Schnitt durch Henning Weick liegen). „Strip Mind“ plätschert vor sich hin, entwickelt die falschen Ideen weiter (anstatt die zwar gnadenlos bei „Ring“ geklaute, aber zumindest interessante Idee mit dem Video weiterzuentwickeln, vertändeln wir uns lieber mit pseudowissenschaftlichem Mumpitz um die „Zellregeneration“). Dass trotz des vorgeschalteten „twists“ das Ende absolut vorhersehbar ist, sofern man mehr als einen halben „surprise-you’re dead (oder sowas ähnliches)“-Thriller gesehen hat, goes without saying.

Der Score von Dariush Taghipour ist erträglich, der Song im Abspann sogar richtiggehend schön.

Effekttechnisch gibt’s ein paar nicht sonderlich aufregende Brandverletzungen sowie die recht coole augen- und mundlose Frau aus dem Video. FSK 16 ist fast schon ein wenig übertrieben (aber man war filmemacherseits dumm genug, ein paar Brüste einzubauen. Da ging’s hin, das grüne Papperl). Die wenigen visual FX suchen eher ihren Platz auf der Peinlichkeitsskala.

Im Independent-Bereich tut man sich bekanntlich schwer, gute Schauspieler zu finden. Auf der anderen Seite ist bekannt, dass sogar professionelle deutsche Darsteller-Schwergewichte gerne mal jegliche schauspielerlische Leistung einstellen, wenn man von ihnen verlangt, englisch zu sprechen. Und nun zählt man zwei und zwei zusammen und freut sich ’nen Keks, wenn man dabei zu sehen darf, wenn Akteure, die schon in ihrer Muttersprache ihren Weg nicht aus einer nassen Papiertüte spielen könnten, wenn sie jemand aufhält, mit einer Taschenlampe winkt und „HIER GEHT’S RAUS“ ruft (Formulierung ausgeborgt aus einen Kommentar bei peterdavid.net), in englischer Sprache dilettieren. Wie schon gesagt, es hilft ihnen sicherlich nicht, dass die Dialoge scheußlich sind, aber wenn man diese dann auch noch mit feinster Zehntklässler-Schulbuch-Englisch-Aussprache, bleibt beim Pubikum kein Auge trocken (aber nicht vor Lachen) und zumindest meinereiner wünscht sich die darstellerische Kompetenz der ersten GZSZ-Staffeln zurück. Es ist leider so – die Akteure sind damit überfordert, gleichzeitig zu spielen und Englisch zu sprechen (was SO offensichtlich ist, dass ich mich schon frage, warum man nicht umgekehrt vorgegangen ist, um den englischsprachigen Markt anzugreifen, also auf Deutsch drehen und auf Englisch nachsynchronisieren).

Jodie Ahlborn (Samantha, ansonsten nur noch in einer Folge von „Der Dicke“ aufgefallen) erinnert mich schwer an Anne Mendens „ich-bin-eine-Koksnase“-Performance in einem jüngeren GZSZ-Plot und kann nie Sympathien für ihren Charakter erzeugen. Keiron Freigang (im Action-Concept-Heuler „Crash Kids: Trust No One“ am Start gewesen) ist als Renn einfach zu eindimensional und blah, Kordula Kohlschmidt (Poe, „Nick Knatterton – Der Film“, eines der großen Mysterien deutschen Filmkulturguts) überlässt das Schauspielern ihrer Oberweite, Tomas Spencer (Berg, „Vollidiot“) leiert sich ebenfalls nicht gerade eine Performance für die Ewigkeit aus dem Kreuz. Der ehemalige Surf-Weltmeister Nick Wilder als Professor Ragloid (zu sehen u.a. in „SOS Barracuda“, „Unser Charly“, „Küstenwache“) hat zu wenig Screentime, um durch seine Routine punkten zu können, so dass erstaunlicherweise ausgerechnet Gil Ofarim (Max), Sohn des 60/70er-Musikers Abi Ofarim, zu sehen bislang in „Endlich Sex!“ und „Die Sturmflut“), den Preis für die beste schauspielerische Darbietung gewinnt (was wohl auch daran liegen könnte, dass er mit der englischen Sprache am wenigsten auf Kriegsfuß steht). Er verlässt „Strip Mind“ jedenfalls im Besitz seiner (darstellerischen) Würde. In einer Nebenrolle als Bibliotheks-Aufsicht verdingt sich der Ittenbach-Stamm-Nebendarsteller Barrett Jones („Garden of Love“, „Chain Reaction“, „Dard Divorce“).

Bildqualität: Uns überrascht nicht, dass „Strip Mind“ auf DVD bei Laser Paradise erschienen ist. Der 1.85:1-Widescreen-Transfer (anamorph) geht okay. Frei von Verunreinigungen oder Defekten, mit passablen Schärfe- und Kontrastwerten.

Tonqualität: Wahlweise stehen die englische Originaltonspur (ähempt) und der deutsche Synchronton (nicht von mir angetestet) in Dolby 5.1 zur Verfügung. Die englische Tonspur ist kristallklar, könnte ein wenig mehr Power um Bereich Sound-FX vertragen, ist aber ansonsten recht angenehm abgemischt.

Extras: Nada.

Fazit: Dieser Streifen entging einer Vollvernichtung in Langreviewform nur, weil ich ihn überhaupt nicht als Kandidaten im Auge hatte und ich keinerlei Ambitionen verspüre, mir diesen Film in den nächsten Jahren nochmal (mit Notizen) anzusehen. „Strip Mind“ ist ein dummer, langweiliger Pseudo-Mysterythriller, der seine verhältnismäßig gute Optik nicht nutzen kann, das doofe Script und das bis auf Gil Ofarim fürchterliche Anti-Schauspiel wenigstens ansatzweise zu übertünchen. Der geneigte Zuschauer auf der Suche nach einem patenten mindfuck-Movie ist also auf jeden Fall besser beraten, sich zum 28. Mal „Jacob’s Ladder“ anzusehen (wo ihn der Schlusstwist wahrscheinlich immer noch stärker überraschen wird als hier beim ersten Mal). „Strip Mind“ ist jedenfalls ein totaler Schuss in den Ofen – da ist mir ja „Beyond the Limits“ noch glatt lieber…

1/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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Björn
Björn
25. Oktober 2021 4:44

Habe mir gerade Strip mind reingezogen und gebe ihnen bei ihrer Bewertung voll und ganz Recht. Vielleicht ist noch zu erwähnen das Julia Dietze einen Party Gast spielt.

Last edited 3 Jahre her by Björn