Stray Cat Rock: Beat ´71

 
  • Original-Titel: Nora-neko rokku: Bôsô shûdan ´71
  •  
  • Regie: Toshiya Fujita
  • Land: Japan
  • Jahr: 1971
  • Darsteller:

    Meiko Kaji (Furiko), Tatsuya Fuji (Mappo), Yoshio Harada (Piranha), Takeo Chii (Takaaki), Michiko Tsukasa (Lemon), Eiji Go (President), Bunjako Han (Ayako), Takashi Fujiki (Goebbels), Sochiro Maeno (Himura), RIkiya Yasuoka (Hesu), Yoshio Inaba (Yoshitori Araki), Mari Koiso (Yume)


Vorwort

Einmal mehr begeben wir uns also in die Randgebiete japanischer Jugendkultur in den 70ern. Heute: Hippies. Piranha (Yoshio Harada, ONIBI – FEUERKREIS, THE HUNTED – DER GEJAGTE) ist so etwas wie der nominelle Vorsteher einer gemischtgeschlechtlichen Kommune, die so aus 8-10 Peoples besteht, und, wenn sie nicht gerade unter freiem Himmel in Parks übernachtet, einen maroden und nicht mehr fahrfähigen Bus bewohnt. Eine der weiblichen Kommunarden ist Furiko (Meiko Kaji, ganz weit weg vom Image der taffen Gangchefin der letzten beiden STRAY CAT ROCK-Filme), und she’s mightily in love mit Ryumei (Takeo Chii, STURZFLUG IN DIE HÖLLE, TOD IM FAHRSTUHL), einem fringe member der Kommune. Ich dachte immer, in solchen Kreisen wird alles geteilt, treibt’s jeder mit jedem, und sind individuelle Verpartnerungen eher verpönt… Immerhin, die Turteltauben, die sich aus Fun über Stöcke und Steine einer Industriebrache in der Hafengegend „jagen“, sind durchaus zum Schluss gekommen, dass ihr Herumpoussieren Piranha mutmaßlich eher nicht so gut gefallen dürfte, weswegen sie ihr Spiel auch tunlichst außerhalb der Sichtweite der Restkommune veranstalten.
 
Nichtsdestotrotz gibt’s da jemanden, der ein schlagkräftiges Veto gegen etwaige Freiluftliebesspiele abliegt – eine Biker-Gang, dieses Mal aber der schwer organisierten Art mit einheitlichen Uniform-Overalls mit Totenkopf-Patch an der Schulter – da fehlt nur noch die Hakenkreuz-Armbinde -, angeführt von einem gewissen President (Eiji Go, der praktisch nochmal seinen Charakter aus MACHINE ANIMAL aufträgt), fällt über Ryumei her. Furiko mischt sich in die Prügelei ein, was auch eine eher mittelgute Idee ist, geht sie doch umgehend k.o. Ryumei zückt aus Selbstverteidigungsgründen sein Messer und rammt es im Verlauf des Handgemenges einem Mitglied der Totenkopfbrigade in den Wanst. Der junge Herr verscheidet, dieweil Ryumei von den Kollegen des Abgestochenen vertrommen und weggeschleift wird. Mr. President findet noch die Zeit, das Tatmesser abzuwischen und dann der bewusstlosen Furiko in die Patschehand zu drücken…
 
Dies befördert, ohne dass uns selbiges filmisch dokumentiert würde, Furiko stantepete in eine erstklassige Justizvollzugsanstalt, aber da mag sie nicht lange bleiben. Nur einen Umschnitt später ist Furiko, „sechs Monate später“, bereits dabei, mit einer Leidensgenossin, ich nehme an, das ist Lemon (Michoko Tsukasa, TOKUGAWA II, MUJO, und wem missfällt, dass ich mich hier nicht exakt festlegen möchte, dann wiese ich darauf hin, dass es halt doch nicht ganz einfach ist, eine Japanerin von der andere zu unterscheiden, erst recht, wenn die Figuren im Film nicht wirklich gewillt sind, sich mit Namen anzusprechen), aus der neuen Heimat zu fliehen. Was auch ohne große Probleme funktioniert. In der nächsten Stadt werden zwei arglose Passantinnen um ihre Klamotten gebracht, und dann kann Furiko auch schon aufbrechen, um, liebeskrank, wie sie nach wie vor ist, Ryumei aufzusuchen. Lemon wird von ihr verdonnert, ihre Hippiefreunde über Ausbruch, Verbleib und Vorhaben zu informieren.
 
Die Hippies haben indes eine erstklassige Methode entwickelt, um Geld zu verdienen, ohne hierfür ernstlich soweit gehen zu müssen, spießige Spießerarbeit zu verspießen. Der Hippie-Lebensstil macht die breite Öffentlichkeit neugierig, und ein Journalist nebst angeschlossenem Fotografen drückt Piranha ein ordentliches Bündel Yen in die Hand, um dafür eine Reportage über authentisches Hippieleben machen zu dürfen. Die Kommune lässt sich nicht lumpen, schmaucht Dope, klampft Hippielieder auf der Wandergitarre und vollführt als „Main Event“ sogar eine (ziemlich züchtige, wenn man mich fragt) Orgie, aber am Ende lässt sich eine ordentliche Flower-Power-Gemeinschaft nicht einfach für eine Handvoll Yen an den Mainstream verkaufen. Piranha beendet die Orgie, rupft dem Fotografen den Film aus der Kamera und subtrahier Lügenpressevertreter und Fotofritzen handgreiflich aus dem Hippie-Bus. Die Kohle behält er natürlich. So macht man sich Freunde in den Medien.
 
In die aufgrund erfolgreicher Abkochung des Systems gelöste Stimmung platzt Lemon mit der Mitteilung über Furikos Ausbruch und ihr Vorhaben, Ryumei zu treffen. Der, so ist der allgemeine Kenntnisstand, wurde von seinem Vater „entführt“ und zurück auf den heimatlichen Familiensitz in der Provinz gebracht. Lemon würde es ganz schicklich finden, wenn die Hippies ihrer Freundin dabei assistieren würden, Ryumei zur Rede zu stellen. Piranha ist sich nicht so sicher, ob das eine gute Idee ist, aber man wird den Vorschlag überdenken (die Kommune ist dabei erstaunlicherweise nicht basisdemokratisch organisiert, sondern die Entscheidungen tritt offenbar ein Dreierkomitee, und das letzte Wort hat im Zweifel Piranha).
 
Nun, möglicherweise wäre der Entscheidungsfindung dienlich, wüssten Lemon und Piranha, was wir jetzt erfahren. Ryumei hat die letzten sechs Monate nämlich mit einem knallharten Umerziehungstraining verbracht. Sein werter Herr Vater, Yoshitaro Araki (Yoshio Inaba, DIE SIEBEN SAMURAI, WENN ER IN DIE HÖLLE WILL, LASS IHN GEHEN), ist hier draußen auf dem Land der Bürgermeister der Kleinstadt plus erfolgreicher Geschäftsmann, hegt aber höhere politische Ambitionen, und deswegen soll Takaaki, wie Ryumei eigentlich heißt, die Geschäfte übernehmen. Des lieben Vaters Rechte-Hand-Henchman mit dem unfassbaren Charakternamen Goebbels (Takashi Fujiki, SHIN GODZILLA, GIRL BOSS BLUES: QUEEN BEE’S CHALLENGE) hat in wochenlanger Arbeit die liberale Hippiescheiße im Wortsinne aus Takaaki herausgeprügelt, und jetzt ist der Junior wieder auf den rechten Weg zurückkehrt und hat sich sogar die Haare geschnitten (bzw. schneiden lassen), so dass der liebe Papa seinen Nachfolger stolz seinen diversen Untermanagern, Geschäftspartnern und politischen Steigbügelhaltern vorführen kann.
 
Bei einem kleinen Besäufnis in einer Bar (und ich hätte jetzt echt gedacht, sowohl „Besäufnisse“, für die man bezahlt, als auch der Besuch echter kommerzieller Bars wäre wieder dezent un-hippieesk) kommt das Kommunenkonzil, Piranha, Nekuro (Fujio Tokita, DAS SCHLOSS IM HIMMEL, ZATOICHI TO YOJINBO) und Mappo (Tatsuya Fuji, dieses Mal in einer eher unbedeutenden Rolle) hinsichtlich dem gewünschten Freundschaftsdienst für Furiko zu keiner abschließenden Entscheidung und vertagt daher die Debatte.
 
Am nächsten Tag streift die Bande durch die Innenstadt. Nekuro findet spontanen Gefallen an einer Straßenbaustelle (auch das scheint mir jetzt wieder nicht sonderlich hippietypisch zu sein) und schwatzt einem Arbeiter die Erlaubnis ab, für ein paar Minuten dessen Presslufthahahahahahammer bedienen zu dürfen. Piranha und der Rest der Truppe sehen mildly amused zu, wie Nekuro sich einen abhämmert, und, so wie ich die Bilder interpretiere, ist „sich einen abhämmern“ hier durchaus als Euphemismus zu sehen. Nachdem Nekuro sich offensichtlich zu einem Höhepunkt gehämmert hat, fällt er schlicht und ergreifend tot um. Pardauz.
 
Das unerwartete Ableben des Kameraden hat zwei Konsequenzen für die Kommune. Da wäre zum einen der Fall des vielleicht sechsjährigen Knirpses (ein Kenny! En Kenny! Oh mein Gott, ein Kenny!), für den Nekuro den lieben Papa gespielt hat. Nekuro wusste nicht, ob er wirklich der leibliche Erzeuger des Dreisushihochs ist, aber mit dessen Mama hat er schon rumgemacht, die war allerdings ein amtlicher Wanderpokal, so dass es abseits eines DNS-Tests nicht wirklich feststellbar ist, wessen Sperma nun für diese fleischgewordene Katastrophe auf zwei Beinen verantwortlich ist. Nakuras feiger Abgang führt nach allgemeiner Ansicht der Hippies dazu, dass Piranha als großer und weiser Anführer die Vaterposition unbürokratisch zu übernehmen hat, und, much too his credit, denn ich tät’s nicht, Piranha akzeptiert die neue Verantwortung relativ klaglos. Zum anderen steht nun der Operation Bringt-Furiko-und-Ryumei-wieder-zusammen nicht mehr wirklich was im Wege, denn keiner der Hippies hat eine großartig bessere Idee, womit man die Zeit totschlagen kann. Da der Bus allerdings, wie erwähnt, nicht fahrtauglich ist, und den verbliebenen acht Hippies zusammengerechnet ein Motorrad zur Verfügung steht, wird ein Fünfer-Tandem und ein herkömmliches 2-Personen-Fahrrad gesattelt und damit in die Provinz gestrampelt. Which leaves us to a long and boring „on the road“-montage. Schlagt mich, aber ich werde aktuell noch nicht grad pausenlos vor Aufregung vom Hocker gefetzt.
 
Nach dem wir diesem fröhlichen Treiben einige Minuten lang voller Spannung beigewohnt haben, erreicht die Rasselbande – nachdem sie zwecks FORESHADOWING an einer alten Mine, die mittlerweile zur Westernstadt für Filmproduktionen vorbeigefahren ist und dies auch ausdrücklich erwähnt hat – die Kleinstadt, in der Ryumeis Vater der große Oberhoncho ist. Dies justament zum gleichen Zeitpunkt, als Ryumei mit seiner väterlich autorisierten trophy bride im schicken Cabrio an einer Tanke hält und DIES wiederum zum gleichen Zeitpunkt, an dem auch Furiko, auf den bewährten Schusterrappen unterwegs, die gleiche Tankstelle erreicht. Während die genehmigte Schnalle sich das Näschen pudern geht, wittert Furiko die Chance, ihren Angebeteten zwecks Wiederaufnahme vorknastlicher Beziehung zu interviewen, wozu der, angesichts der Tatsache, dass sie ja mehr oder weniger unwidersprochen für ihn eingefahren ist, moralisch ja auch irgendwie verpflichtet ist. Furiko kassiert aber eine herbe Abfuhr und wird von des Vaters Totenkopfbrigade auch gewaltsam auf ein Motorrad gezerrt und weggefahren, und DIES wiederum bekommen in den letzten Zügen auch Piranha und die Seinen mit, dieweil Ryumei/Takaaki sich ohne Weiteres mit seiner offiziellen Tussi verzieht.
 
Die Hippies verfolgen die Biker zum stattlichen Landsitz der Araki-Family und begehren dort Einlass und Aushändigung Furikos, werden aber direkt wieder vertrieben. Damit lässt es Piranha aber freilich nicht bewenden. Zum Glück gibt’s in einem Waldstück eine verlassene Villa, in der sich die Hippies für den Moment einquartieren. Furiko darf feststellen, dass Takaakis Dad im Keller seines bescheidenen Domizils ein vollausgestattetes Privatgefängnis unterhält, und eine gastliche Zelle ist für die Nervensäge frei. Araki Senior ist die fortgeschrittene Präsenz der lästigen Hippies ganz generell ein Dorn im Auge, weswegen er seine Privathenchmen, die Totenkopfbiker, auf sie ansetzt. Die Hippies allerdings können die halbherzig ausgeführte Attacke zurückschlagen und sogar einen der Biker gefangen nehmen und an einen Stuhl kleben (die Hippies haben einen gewissen Vorrat an Superkleber, weil Nekuro den bevorzugt geschnüffelt hat). Androhung blutiger Gewalt, explizit vor den Augen des Steppkes, damit der was fürs Leben lernt, bringt den Gefangenen zum Reden und er gesteht, dass Furiko von den Arakis rechtswidrig festgehalten wird. Die Plaudertasche darf gehen, aber da seine Klamotten untrennbar mit dem Stuhl verbunden sind, muss er die zurücklassen und halbnackig, nur in einer dieser typisch japanischen Unterhosen-Windeln, die sicher einen sehr kawaii Namen haben, stiften gehen.
 
Piranha setzt auf öffentlichkeitswirksamen Protest und veranstaltet mit seinen Getreuen vor dem blickundurchlässigen Gartenzaun der Arakis eine Demo. Ich glaube zwar, dass ein sit-in hippiemäßiger gewesen wäre, aber vielleicht ist die Straße ja dreckig. Die „wir wollen Furiko“-Rufe erzielen keine besonders große Wirkung, da die Stadtbevölkerung auf den Anblick der ungewaschenen Protestanten, eh, Protestierer generell mit dem gleichen Enthusiasmus wie auf eine Heuschreckenplage reagiert und die Furikonapper eh keinen sonderlichen Incentive haben, auf die Forderungen der dreckigen Faulpelze und Sozialparasiten einzugehen. Die schönste Demo wird dann auch noch von lauter Rockmusik unterbrochen, da plötzlich ein Lkw gegenüber anhält, auf dessen Ladefläche „The Mops“ (was entweder der blödeste oder genialste Bandname aller Zeiten ist) eine kleine Kotzprobe ihres Könnens darbieten. Was man halt so tut, wenn man eine Tour oder ein Album zu promoten hat, aber kein Marketingbudget, um sich in Fernsehshows einzukaufen oder Kinoreklame zu schalten… Auch dieser Art des Entertainments steht das Kleinstadtvolk allenfalls mit einer „warum-hat-die-Verrückten-noch-keiner-eingesperrt-und-schickt-sie-mal-zu-Frisör“-Mentalität gegenüber, wohingegen die Hippies, obwohl sie ja eigentlich wichtigeres zu tun haben sollten, zur auch gar nicht mal sooo verkehrten Mucke ordentlich abgrooven. Das markiert übrigens auch den singulär einzigen einsamen Rocksong dieses Films. Die Möpse ziehen nach Vervollständigung ihrer kleinen Einlage mitsamt ihrem Laster weiter, womit die Situation exakt unverändert ist, wir aber erfolgreich drei Minuten totgeschlagen haben.
 
Die Demonstration bleibt nicht ohne Folgen. Als Bürgermeister der Gemeinde hat Araki Senior natürlich die Polizei in seiner Tasche, und die einheimische Bevölkerung, ist, wie erwähnt, eh strikt auf Anti-Hippie-Kurs, und der Umstand, dass die Piranha-Gang rechtswidrig ein Gebäude nutzt, das ihr ganz sicher nicht gehört, ist unstreitig. Dass die Hippies im örtlichen Gemischtwarenladen einen Großeinkauf getätigt haben, ohne hierfür eine finanzielle Gegenleistung zu entrichten, hilft ihrem Image auch nicht entscheidend weiter.

Araki hetzt aber zunächst mal seine Schlägertruppe auf unsere „Helden“. Bei einem nächtlichen Überfall wird die schlafende Yume von President und seinen Männern mit Stöcken verprügelt. Piranha und Mappo können die Angreifer zwar vertreiben, aber die Message ist eindeutig.

Am nächsten Morgen kommt dann auch die Staatsmacht in Form der natürlich vollumfänglich auf Arikas Portemonnaie liegenden Polente. Piranha geht nicht auf Konfrontationskurs, verlangt aber Aufklärung hinsichtlich Furikos Schicksal. Der Polizeichef hat keine moralischen Probleme, sich die Epauletten von der Uniform zu lügen und behauptet, der Landsitz der Arakis sei gründlich durchsucht worden, von einer Furiko habe man allerdings nicht mal ein Nasenhaar gefunden. Der Staatsmacht nichts entgegenzusetzen habend, schwingen sich die Hippies auf ihre diversen Fahr- und Motorräder und verlassen die Stadt. Allerdings nicht sehr weit…
 
Ihr erinnert Euch an die alte Mine und die Westernstadt? Genau dorthin verkrümelt sich die Flowerpower-Brigade, um dort der Dinge zu harren, die da kommen werden oder auch nicht (im Ernst: what exactly is the plan here?). Naja, zumindest unser Aushilfs-Kenny wird da Spaß haben, vermute ich. Keinen Spaß hingegen hat man bei den Arakis, wo der alte Herr schäumt – die olle Mine hätte er schon längst dem Erdboden gleich machen sollen, und auch Goebbels ist einigermaßen besorgt. Lagert in der Mine nicht noch ein erklecklicher Vorrat Dynamit? Jessas. Ich dachte immer, Japaner seien ordentlich, Marie Kondo und so, aber ihr räumt echt nix weg, oder? Nun, darum wird man sich später kümmern, finden werden die Hippies den Sprengstoff ja eh nicht, zunächst ist ein dringlicheres Problem terminal zu lösen, und das heißt Furiko und hockt immer noch in der Gefängniszelle. Der alte Araki ist nach mehrstündigem Brainstorming augenscheinlich zum Ergebnis gekommen, dass, solange Furiko noch atmet, nie Ruhe in die ganze Angelegenheit kommen wird, also wird man sie jetzt an Ort und Stelle exekutieren, und Takaaki darf zur Belohnung für sein bisheriges Bravsein zukucken. Takaaki hat bis jetzt die Schandtaten seines Vaters mitgetragen, aber jetzt hört der Spaß dann doch auf. Takaaki unterbindet die Erschießung, zumindest soweit es Furiko angeht – Goebbels ist da deutlich weniger glücklich -, klemmt sich seine Ex-Geliebte unter den Arm und geht schleunigst stiften, und dank der Mitteilsamkeit seines alten Herren weiß Takaaki nicht nur, wo er Unterschlupf finden wird, sondern auch, wie dieser verteidigt werden kann – mit Dynamit!
 
Zugegeben, der Empfang, den man Takaaki bei Hippies bereitet, ist einigermaßen frostig, und ganz grundsätzlich weiß ich auch nicht, warum die ganze Blase jetzt nicht ihre Siebensachen packt, die Fahrräder besteigt und so schnell wie möglich Land gewinnt, wo das ultimative Ziel der Operation, Furikos Befreiung, ja erreicht ist, aber zum Glück bin ich kein Hippie, ich darf hin und wieder eine Dusche benutzen und damit das Gehirn anregen. Die Hippies plündern unter Takaakis weiser Führung also das Dynamitlager der Mine (ich hoffe, die Stangen liegen alle noch deutlich vorm MHD), basteln sich daraus werfbare Bomben und bereiten sich ansonsten auf den Großangriff der Systemschweine vor.
 
Der lässt dann auch nicht lange auf sich warten. Araki hat einen Bulldozer sowie einen Lynchmob aus ausgewählt an-agitierten Eingeborenen organisiert, und sein privater Brutaltrupp unter Presidents Fuchtel ist ebenfalls zur Stelle. It’s showdown time! Zunächst mal gilt es, unser liebenswertes Präpubertier zu retten, der das herumfliegende Dynamit für „Feuerwerk“ hält, danach wird’s aber ernster. Die Hippies schmeißen also ihre Bomben, die Araki-Fraktion antwortet mit Gewehrfeuer. Schließlich ist es Takaaki, der versucht, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen und die Lage zu beruhigen, aber wir sind halt auch auf der Main Street einer Westernstadt, und President weiß, was sich da gehört – er schießt Takaaki tot. Das macht jetzt wieder Araki Senior ziemlich fertig, denn bei aller Mißratenheit des Sohnes, er war dann halt doch eigen Fleisch und Blut, und das ist dicker als Sake usw. Der alte Herr jedenfalls bricht zusammen und ist fürderhin nicht mehr zu gebrauchen.
 
Das allerdings lässt allenfalls President und seine Bluthunde unkontrolliert von der Leine, und der Chef der Schlägerbande steht der Reaktion seines Vorgesetzten sowieso mit gelinder Überraschung gegenüber, ging President doch davon aus, dass die Abmurksung Takaakis durchaus im Sinne dessen Vaters gewesen sein müsste. Grundsätzlich hat die Achse des Bösen den strategischen Vorteil – die Hippies sind in einer Höhle verschanzt, die zwar prinzipiell gut zu verteidigen ist, aber natürlich sind die Ressourcen, insbesondere, was den Bösen an den Kopf werfbare Dynamitstangen angeht, limitiert, was ein Problem ist, das die Belagerer eher nicht haben. Piranha kommt daher zum Schluss, dass drastische Maßnahmen notwendig sind. Er vererbt den Kurzen daher zwecks weiterer Erziehung an den nächstbesten Leidtragenden in der Rangfolge, schnappt sich eine Bombe und leuchtet die Zündschnur an, um damit President zu konfrontieren. Da hat jemand das suicide bombing erfunden.
 
Der Präsi versucht, wohl Übles ahnend, Piranha totzuschießen, aber trotz diverser eingefangener Kugeln stapft der unbeirrbar wie der Terminator selbst auf President zu und umarmt ihn herzlich – natürlich nur, um sich mitsamt dem bösen Feind in handliche Fleischfetzen zu transformieren. Ba-da-da-BUMM.

Der Rest der Hippies begreift das als Zeichen zum allgemeinen Angriff – im Bombenhagel fliehen die Restbestände von Arakis fliegender Eingreiftruppe, doch als der Rauch sich gelegt hat, scheint nur noch unser Kenny zu stehen (und wächst mir unheimlich ans Herz, indem er einem kleinen Hoppelhasen gegen den Kopf tritt. Scheißbalg. Steckt ihm eine brennende Stange Dynamit in den Arsch).
 
Und damit endet die STRAY-CAT-ROCK-Serie auf einer erwartungsgemäß melodramatischen, nicht gerade fröhlichen und pessimistischen Note…


Inhalt

Und, meine Damen und Herren, das ist auch ganz gut so, denn STRAY CAT ROCKs Schwanengesang macht deutlich, dass Nikkatus Schreiberlinge und Regisseure am Ende ihres Lateins angekommen waren, wie man aus dem losen Konzept „Girls, Gangs & Rock’n’Roll“ noch weitere interessante Geschichten bzw. wenigstens fetzige Exploitation-Hobel schnitzen könnte…
 
Liegt vielleicht auch daran, dass für den fünften Teil der Reihe wieder Toshiya Fujita (der drei Jahre später mit LADY SNOWBLOOD ein amtliches Meisterwerk hinlegen sollte) am Steuer saß, der schon beim zweiten Teil der Reihe, WILD JUMBO auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte, und der, wir erinnern uns, lag auch schon ein gutes Stück neben der Formel von DELINQUENT GIRL BOSS, die dessen Regisseur Yasuharu Hasebe mit SEX HUNTER und MACHINE ANIMAL serienprägend wieder aufgenommen hatte. Allerdings kann man sich beimi Script von Tatsuya Asai und Hideichi Nagahara schon fragen, ob die Story wirklich von Anfang an als STRAY CAT ROCK-Film konzipiert war oder Nikkatsu nur, um aus dem Konzept noch ein paar Yen rauszuquetschen, ein anderweitiges Script einfach notdürftig in einen Serieneintrag ummodeln ließ. Denn eins ist klar – von den Trademarks der Reihe ist in BEAT ´71 nicht mehr viel zu erkennen…
 
Dieweil der offensichtliche Aufhänger für die Serie das oben zitierte „Girls, Gangs & Rock’n’Roll“ war, sind die STRAY-CAT-ROCK-Filme schon ein bisschen mehr als typische juvi-delinquent-Filme, wie sie Hollywood in den späten 50ern im Sekundentakt in die Drive-ins schaufelte, sondern waren durchaus auf ihre bescheidene Weise gesellschaftliche Kommentare, ganz speziell natürlich dahingehend, dass Frauen, verkörpert durch die Charaktere von Akiko Wada in DELINQUENT GIRL BOSS und dann Meiko Kaji, als sie die zentrale Rolle übernahm, sich in der Männerwelt der Halb- und Unterwelt gegen Männer behaupten, sich ihnen als ebenbürtig oder gar überlegen erweisen. Von diesem Ansatz ist in BEAT ´71 nun wirklich gar nichts mehr übrig geblieben, der einzige Frauencharakter von Wert ist der von Kaji, und die ist als Furiko von der selbständigen Amazone zur ganz simplen, primitiven damsel-in-distress mutiert, die ganz klassisch von Kerlen gerettet werden muss. Von derjenigen, die Herrin der Lage ist, das manipulative Spiel in der Schattenwelt des „seedy underbelly“ der japanischen Gesellschaft mindestens so gut zu spielen wie die Männer, zur Trophäe, das ist schon ein ziemlicher Abstieg. Die anderen Frauen sind sowieso nicht der Rede wert, sind Hintergrundgestalten, während die Herren der Schöpfung wieder ganz klar das Kommando übernehmen – es ist nicht mehr Girls vs. Boys, es ist Boys vs. Other Boys, mit den Mädels als bestenfalls dekorativen Elementen, von der nicht wegzudiskutierenden starken feministischen Komponente von zumindest dreien der Vorgängerfilme ist man hier lichtjahreweit entfernt.
 
Das „Girls“-Element hat sich also erledigt, wie sieht’s mit „Gangs“ aus? Auch das ist zweifelhaft… mit „Gangs“ im Sinne von Straßengangs, die mehr oder minder Kriminelles veranstalten, hat BEAT ´71 jetzt auch nicht viel im Sinn, ergo also auch keinen echten Gang-Konflikt. Die Hippies sind vielleicht technisch gesehen eine Gang, aber faktisch eher eine Kommune mit (so ungefähr) den damit einhergehenden Idealen (auch wenn ich ziemlich fest davon überzeugt bin, dass Asai und Nagahara nicht wirklich verstanden haben, was Hippie-Kultur und –Lebensgefühl wirklich ausmacht. Schon allein die straffe Organisation der Gruppe mit Piranha als befehlshabendem Anführer entspricht sicher nicht dem typischen Bild der basisdemokratischen Flower-Power-Gruppe, und ganz besonders fällt auf, dass auch und gerade bei den Hippies die Frauen nichts zu melden haben. Piranha schafft an, das „Konzil“ der Gruppe ist ebenfalls rein männlich besetzt). Auf der Gegenseite haben wir die Gruppe um President, die aber auch keine herkömmliche Gang sind (was man schon daran sieht, dass sie Uniformen tragen), sondern so etwas wie die bezahlten Bodyguards von Araki Senior. Das ist also alles kein Gang-Tussel, das ist der gute alte Subkultur-vs-Establishment-Konflikt, und wiewohl das absolut eine tragfähige Grundlage für einen Film und ganz besonders einen Exploiter ist, ist das eben auch die Sorte Konflikt, die Hasebe in seinen drei Serien-Beiträgen nicht interessierten; dort blieb die Subkultur unter sich und focht ihre eigenen Sträußchen um die Dominanz im eigenen Haus aus, das „Establishment“, das Spießertum, waren da allenfalls abstrakte Konstrukte, die von *allen* Beteiligten abgelehnt wurden.
 
Rock’n’Roll? Tja… für den einzigen Film der Reihe, der die Musik direkt in seinem Titel trägt, ist BEAT ´71 auch in der Hinsicht leider ein Ausfall. Ein einziger Rocksong wird uns dargeboten und für den braucht Fujita schon eine ganz besonders alberne Ausrede… Wenn die Möpse auf ihrem Promo-Lkw for no reason irgendwo in der tiefsten Provinz der Landbevölkerung ein Ständchen bringen, dann nur deswegen, weil man halt *irgendwie* eine Musiknummer in den Film reinpfriemeln musste, und die Story ansonsten beim besten Willen keine Chance bietet, in einen Rockclub zu schalten, um dort wenigstens die Hausband musizieren zu lassen.
 
Nun gut. Gefällt mir alles nicht so sehr, muss aber den Film ja noch lange nicht versenken. Ist ja nicht so, als wäre in dem, was uns Fujita und seine Schreiberlinge vorsetzen, nicht Potential für einen ordentlichen Streifen drin, doch leider… leider… kann BEAT ´71 auch unabhängig vom Kontext der STRAY CAT ROCK-Reihe nicht viel. Die Charaktere sind eindimensional und langweilig – gerade über leading man Piranha erfahren wir praktisch nichts, weder, wie es ihn in den Hippie-Lifestyle verschlagen noch wie er seine Schäfchen um sich geschart hat und warum sie ihn als den unbestrittenen Anführer der Kommune respektieren (von den Hippies hat einzig Nekura ein wenig Background, und der fällt dann nach 20 Minuten tot um und hat zur Geschichte nur beigetragen, dass Piranha ein bissl Lone Wolf & Cub vorwegnehmen darf; die Filme gab’s da noch nicht, aber der Manga war frisch draußen und hat vielleicht wirklich ein bissl Inspirationsarbeit geleistet). Auch die weibliche Hauptfigur, Furiko, bleibt ein vollkommen unbeschriebenes Blatt – außer, dass sie Ryumei/Takaaki liebt, erfahren wir über sie nüschte, was auch schwierig wäre, da sie kaum Dialoge hat.
 
Die Gegenseite sieht auch nicht viel besser aus – President ist der simple gedungene Henchman, Takaaki bleibt ebenfalls blass, und sein Vater ist der klischeehafte böse Familienpatriarch, der seine Machtinteressen über alles andere stellt. Been there, done that, bought the T-Shirt. Einzig Presidents Eigenmächtigkeit im Showdown, Takaaki umzulegen, ohne hierzu ermächtigt zu sein, bildet ein kleines Überraschungsmoment.

Stichwort Showdown, das ist dann auch tatsächlich der einzige Part des Films, über den sich ehrliches Interesse heucheln lässt, denn obschon der kaum glaubwürdiger ist als ein Godzilla-Film aus gleicher Ära, *passiert* wenigstens mal etwas. Ein cleveres Autoren-/Regisseursteam hätte sicher mehr daraus machen können, dass man in einer Wildwestkulisse drehen konnte, und ein bisschen mehr Western-Elemente in das Finale gehievt, aber wenigstens haben wir mal etwas kinematisches. Okay, wir hatten die tödlich endende Auftaktschlägerei, aber zwischen diesen Bookends zieht sich die Angelegenheit schon sehr kaugummiartig. Auch weil Fujita einen potentiell interessanten Hook völlig auslässt – wir sehen weder Furikos Verhaftung, noch ihren Prozess, ihre Haft noch ihre Fluchtvorbereitungen. Das hätte ein bisschen Spannung, ein bisschen Druck reinbringen können, und, ja, auch ein bisschen Sleaze; aber wahrscheinlich hätte das die „true wuv“-Motivation (sofern man’s Motivation nennen will) Furikos gestört. Ja, wenn Furiko für ihre ungerechtfertigte Einknastelung Rache hätte üben wollen, das wäre ein Film geworden, den ich hätte sehen wollen. Statt dessen bekommen habe ich ein über weite Strecken schlicht langweiliges Hippiedrama mit ein paar versuchten und vergurkten Einsprengseln beabsichtigter Comedy und dem nicht wirklich politisch oder gesellschaftlich aufgearbeiteten Anti-Establishment-Fokus (da die Hippies ja auch kein wirkliches politisches oder soziales Ziel haben, sondern nur Furiko rauspauken wollen, sich mithin also kaum eine metaphorische Verwendbarkeit auf die Gesamtgesellschaft aus der Geschichte extrapolieren lässt).
 
Handwerklich gibt’s nicht viel auszusetzen- Fujita ist ja, wie WILD JUMBO und vor allem LADY SNOWBLOOD unter Beweis stellten, kein Schlechter, aber das Material hat einfach nicht genug Fleisch auf den Knochen, um sich daran erschöpfend abzuarbeiten. Die psychedelischen und psychotronischen Momente der Vorgängerfilme fehlen hier praktisch völlig, und auch wenn die Kameraarbeit nicht schlecht ist, fehlt dem Film die poppige Leichtigkeit der Restserie, statt dessen schleppt er sich über seine immer noch nicht gerade epischen 86 Minuten Laufzeit, arm an Höhepunkten, arm an Tempo. Demzufolge ist der Streifen sogar für die Verhältnisse der insgesamt recht zahmen STRAY CAT ROCK-Reihe eine Nullität in Sachen Sleaze und Exploitation (auch der Showdown mit Piranhas Selbstmordmission ändert daran nicht viel, weil die Explosion ungraphisch daher kommt). Es ist einfach eine müde Nummer, die klar macht, das aus der Serie die Luft raus ist – wie sollte es bei fünf Filmen in knapp über einem Kalenderjahr auch anders sein?
 
Waren die bisherigen Filme durchaus auch in gewisser Weise Schauspielerkino, zumindest für die leading parts, herrscht hier auch Frustration. Abgesehen von Eiji Go, der aber der Einfachheit halber den gleichen Charakter wie in MACHINE ANIMAL, nur eben in einer Overall-Uniform, spielt, kann niemand überzeugen. Yoshio Harada ist als Piranha einfach nicht charismatisch genug, um seine Position unter den Hippies verständlich zu machen, Tatsuya Fuji ist als Mappo ebenso völlig verschwendet wie Meiko Kaji als Furiko, die hier weit entfernt von ihrem taffe-Powerfrau-Image aus SEX HUNTER und MACHINE ANIMAL auf das hilflose Weibchen reduziert wird. Auch Takeo Chii als Takaaki bleibt farblos, so dass höchstens noch Takashi Fujiki als „Goebbels“ für ein bisschen Erinnerungswürdigkeit sorgt.
 
Auch BEAT ´71 wird von Arrow in einer durchaus prächtigen Blu-Ray-Fassung vorgelegt, Bild und Ton sind über alle Zweifel erhaben (auch dieser Film ist, wie serienüblich, nur auf Japanisch mit optionalen englischen Untertiteln zu betrachten). Als Extras für die gesamte Serie gibt’s ausführliche Videointerviews mit Fuji, Harada und Hasebe, Trailer sowie ein hübsches Booklet.
 
Fazit: BEAT ´71 ist mit Sicherheit der schwächste Film der Reihe – dem Streifen fehlt komplett die Energie, der Drive der Vorgängerfilme, die intellektuelle Schärfe und gesellschaftliche Relevanz, die mitreißende Musik und die psychedelische Umsetzung. Das ist alles immer noch ganz solide anzusehen und natürlich ist ein insgesamt recht liebloser Schnellschuss Made in Japan 1970 immer noch fünfmal besser als ein liebloser Schnellschuss aus Hollywood oder Europa 1970; dennoch aber überwiegt das Gefühl, dass niemand vor oder hinter der Kamera sonderlichen Bock auf den vierten Aufguss der Reihe hatte und die Sache mit einer auf Basis angebrachter Mindestprofessionalität stehenden „Bringen wir’s hinter uns“-Stimmung anging. Das Gang-Girl-Konzept wurde zwei Jahre später von Toei mit der SUKEBAN-Reihe aufgegriffen, und Meiko Kaji bekam um die gleiche Zeit von Nikkatsu die FEMALE PRISIONER SCORPION-Serie serviert, in der sie wieder ihre Badassigkeit ausspielen konnte, aber STRAY CAT ROCK fizzelt hier nicht mit einem Bang, sondern einem Winseln aus…
 
© 2020 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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