Starke Zeiten

 
  • Deutscher Titel: Starke Zeiten
  • Original-Titel: Starke Zeiten
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  • Regie: Otto W. Retzer, Helmut Fischer, Rolf Olsen, Klaudi Fröhlich, Siggi Götz
  • Land: BR Deutschland
  • Jahr: 1988
  • Darsteller:

    Helmut Fischer (als er selbst), Hans-Joachim Kuhlenkampff (Hans-Joachim Jennings), Otto Schenk (Eugen Dolezal), Der Hias (als er selbst), Tatjana Simic (Christina), Zachi Noy (Frank), Margit Geissler (Lilo), Hansi Kraus (Liebhaber), Otfried Fischer (Willie), Karl Dall (Scheich Abu Dallah), David Hasselhoff (David van Dyke), Isa Haller (Suleika), Manfred Lehmann (Omar), Julia Kent (Jessica Norman), Dey Young (Carrie Clifford), Christina Schuberth (Trude), Michael Winslow (Mike), Wolfgang Fierek (Peter)


Vorwort

Das deutsche Komödienkino der 80er Jahre polarisiert zweifelsohne mächtig. Gut, man kann sagen, das deutsche Komödienkino polarisiert spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, aber die 80er waren schon ein besonderes Brett – zu Beginn der Dekade mühten sich Regisseure wie F. J. Gottlieb oder Franz Marischka immer noch darum, den Humor der Lederhosen-Ära mit DIRNDLJAGD AM KILIMANDSCHARO oder SUNSHINE REGGAE AUF IBIZA in die Neuzeit zu transportieren, und parallel kam man auf die Idee, dass man fachfremde Koryphäen zu lustigen Filmschauspielern umschulen konnte – Sportikonen wie Zehnkampf-Versager Jürgen Hingsen, bis dahin als Bühnen- oder Sangeskomiker aufgefallene Figuren wie Karl Dall oder Mike Krüger, oder Fernsehmoderatoren wie Thomas Gottschalk. Man kann den kommerziell absolut geglückten Versuch, Gottschalk/Krüger zu einem Comedy-Duo a la Spencer/Hill (minus der Schlägereien) als Gipfel demonstrierter teutonischer Humorlosigkeit betrachten oder DIE SUPERNASEN oder DIE EINSTEIGER als den vergleichsweise wohltuenden Ansatz, anarchische Komödien, die nicht zwanghaft dem althergebrachten Komikverständnis folgten, sehen. Die Wahrheit liegt, wie so oft, wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.

Jedenfalls war die deutsche 80er-Comedy primär klamaukig, und STARKE ZEITEN von 1988, am Ende dieser Vogue, so ungefähr zur gleichen Zeit wie das Gottschalk-Vehikel ZÄRTLICHE CHAOTEN II etnstanden, kann man wahlweise als Höhepunkt oder absoluten Tiefpunkt dieser Entwicklung sehen – ein mit TV-Stars und einigen internationalen Gästen aufgepeppter Episodenfilm, den man vermutlich auch als Foltermethode in Guantanamo Bay einsetzen könnte. Oder man liebt ihn.


Inhalt

Episode 1 – Lästige Zeiten (Regie: Otto W. Retzer, Helmut Fischer)

Helmut Fischer, Star der populären TV-Serie MONACO FRANZE, will eigentlich nur am Morgen seine Zeitung holen, aber das gestaltet sich schwierig, wenn man so berühmt und bekannt ist, dass wirklich jeder einen erkennt und mit der Fernsehrolle identifiziert – vom neuen Postboten, der lautstark vermutet, dass der Star unterwegs zu seinem nächsten Rendezvous ist, über die Oma, die ein Autogramm haben will, der Zeitungsverkäuferin, (Polt-Partnerin Gisela Schneeberger) die gleich ihren Vertreter rufen will, der Monacos Gang so super nachmachen kann, dem Dachdecker (BR-“Nachtportier“ Hans Brenner), der als Gegenleistung für ein Autogramm dem Star un-be-dingt seinen dämlichen Hut verehren will, bis zur Dame in der Telefonzelle (Ilse Neubauer, Fischers Partnerin in DIE HAUSMEISTERIN), für deren Mama er dringend ein paar charakteristische Sätze in die Muschel murmeln soll. Kein Wunder, dass der gute Helmut zunehmend die Nervern verliert…

Der ideale Einstieg in einen launigen Komödien-Anthologiefilm – beherzte Publikumsbeschimpfung! Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich Helmut Fischer, der hier ja auch Co-Regie führte, hier den Frust über den Starrummel von der Seele spielte. Und in seiner lakonischen Art, die auch den Monaco Franze zur TV-Ikone machte, wird das sogar richtig lustig.

Episode 2 – Lausige Zeiten (Regie: Rolf Olsen)

Der berühmte Theaterschauspieler Hans Jennings (Hans-Joachim Kuhlenkampff, EINER WIRD GEWINNEN, DAS GEHEIMNIS DER MARY CELESTE) kann’s nicht fassen – seine junge Geliebte schickt ihn zugunsten eines Tennisprofis („Nr. 69 in der Weltrangliste!“) in die Wüste. Zutiefst in seinem Ego gekränkt beschließt Jennings, seiner Drohung, sich im Verlassensfall umgehend zu entleiben, Taten folgen zu lassen. Zu diesem Behufe ruft er den Floristen Eugen Dolezal (Otto Schenk, IMMER ÄRGER MIT HOCHWÜRDEN, LATE SHOW) in seine Wohnung, auf dass dieser ihm mit einem schnell wirksamen Pflanzengift zur Selbstermordung aushilft. Der bauernschlaue Dolezal erkennt schnell, dass Jennings sich den Suizid nicht mit herkömmlichen Methoden ausreden lassen wird, und greift zum Plan B – voller moralischer Unterstützung des Selbstmordplans und ausdrücklich geäußerter Begehrlichkeiten hinsichtlich verschiedener Wertsachen in Jennings Besitz vom Perserteppich bis zum Sportwagen, für die der zukünftig Verblichene ja keinerlei Verwendung mehr haben wird und als deren liebevoller neuer Besitzer sich Dolezal ins Gespräch bringt. Das treibt Jennings langsam, aber sicher, zur Weißglut und zur Überlegung, ob Mord nicht vielleicht besser als Selbstmord wäre…

Mit diesem Sketch vom deutschen cineastischen Parade-Schmutzfinken Rolf Olsen (SHOCKING ASIA) landet der Film einen überraschenden zweiten Treffer am Stück. Kuli brilliert als blasierter egozentrischer Schauspieler, der vom schlicht gestrickten, aber auf seine Weise cleveren und vom großen österreichischen Theater-Komödianten Otto Schenk als fürchterliche Nervensäge gespielten bähmischen Blumenverkäufer auf den Boden der Tatsachen geholt wird. Das Zwei-Personen-Stück kann nur funktionieren, wenn die beiden Darsteller miteinander harmonieren, und die beiden Akteure bringen den Kontrast zwischen dem bodenständigen einfachen Schenk und dem abgehobenen Etepetete-Snob auf den Punkt.

Episode 3 – Verrückte Zeiten (Regie: Klaudie Fröhlich)

In der Dating-Show von Showmaster Rudi (Rudi Carrell) „Single sucht Single“ gewinnt Kandidatin Christa (Tatjana Simic, FLODDER – EINE FAMILIE ZUM KNUTSCHEN, MY BLUE HEAVEN) ihr Traumdate auf Gran Canaria mit ihrem idealen Partner… dem tumben Bauerntölpel Hias (Erich Mathias Meyer, in seiner „Hias“-Persona als blödelnder Sänger zehn Jahre lang der Sidekick von Karl Moik im MUSIKANTENSTADL). Nicht ganz das, was der steile Feger Christa erwartet hatte, und erwartungsgemäß gestaltet sich stets von der Fernsehkamera begleitete romantische Wochenende überwiegend fremdschämtauglich. Trotzdem scheint Christa an dem naiven Intelligenzverweigerer ihren Gefallen zu finden – und so ist die Überraschung groß, als sie den Hias später an seinem Arbeitsplatz, einer Schönheitsklinik, aufsucht und herausfindet, dass der nicht etwa Hausmeister oder Rollstuhlschubser ist, sondern der Chef und Oberchirurg persönlich…

Nach zwei überraschend witzigen Episödchen musste ja ein Rohrkrepierer folgen – der Hias war schon bei seinen Fernsehauftritten als stereotyper dummer Bauernaugust eine humoristische Nullnummer, die daher wenig überraschend ausschließlich von der Zielgruppe des Mutantenstadls goutiert wurde, und selbst in den knapp zehn Minuten dieses Sketches überzieht der Hias sein Willkommen deutlich. Lustig ist daran, wie der Hias sich zum Deppen macht, wirklich gar nix, und nachvollziehbar, warum Christa ihn am Ende doch will, ist’s ooch nicht. Diese Episode scheint in der DVD-Fassung leicht gekürzt zu sein – HEINZ BECKER Gert Dudenhöffer müsste wohl in der Kinofassung einen etwas größeren Auftritt haben als nur als einer der unterlegenen Pseudo-HERZBLATT-Kandidaten. Rainer Basedow (SCHWERE JUNGS) und Dipl.-Nervensäge Mareijke Amado (MINI-PLAYBACK-SHOW) haben kurze Cameos als ein vom Hias genervtes Urlaubspaar im Restaurant. Immerhin zieht Tatjana Simic kurz blank…

Episode 4 – Turbulente Zeiten (Regie: Siggi Götz)

Der dicke Frank (Zachi Noy, EIS AM STIEL) ist gerade in seine neue Wohnung eingezogen und schläft den Schlaf der Ungerechten, alldiweil noch nicht ausgepackt habenden, bis er vom sanft von der Decke träufelnden Wasser geweckt wird. Über ihm ist Rohrbruch! Ärgerlich will Frank den Nachbarn zur Rede stellen, schafft es dabei jedoch, sich aus der eigenen Bude auszusperren und seinen Bademantel in der Tür zu verkeilen. Mehr als seine Boxershorts hat Schwabbelbacke Frank also nicht an, als er den Urheber der schönen Bescherung konfrontiert – Lilo (Nackedei-Starlet und spätere Puffbetreiberin Margit Geissler, DIE SCHÖNEN WILDEN VON IBIZA, GRAF DRACULA (BEISST JETZT) IN OBERBAYERN). Lilo hat aber keinen Rohrbruch, nur vor lauter Telefonieren vergessen, das Badewasser abzustellen. Franks Rettungsversuche machen die Sache erst mal nur schlimmer, und beide landen patschenaß in der übervollen Wanne. Nun, Missverständnisse werden geklärt und Lilo ruft für Frank sogar den Schlüsseldienst und spendiert einen viel zu engen Pyjama. Dummerweise bekommt Lilo Besuch von ihrem Liebhaber (Hansi Kraus, DIE LÜMMEL VON DER ERSTEN BANK, BIG MÄC), und der sollte tunlichst nicht den dicken Frankie sehen. Es bleibt nur die Flucht unters Bett, was für Frank ziemlich unbequem wird, alldieweil der Loverboy seine Lilo dringlichst zu rammeln wünscht. Allerdings ist der coitus ziemlich bald interruptus, weil unangemeldet Lilos ANDERER Liebhaber, ihr Chef Willie (Otfried Fischer, HAI-ALARM AUF MALLORCA, ABBUZZE – DER BADESALZ FILM, hier per Nachsynchronsiation seines bayerischen Dialekts beraubt) reinschneit, und der ist krankhaft eifersüchtig. Liebhaber #1 gesellt sich also notgedrungen zu Frank unters Bett, während auf dem Bett die nächste Nummer Matratzenakrobatik geschoben wird…

Mittelprächtige Situationskomik, deren Genuss davon abhängt, wie lustig man Zachi Noys übliche Screen-Persona des liebenswerten Dicken findet. Insgesamt verwendet diese auch von Siggi Götz geschriebene Episode gut abgehangene Witze aus Opas Mottenkiste (sogar der „es wird sich doch rausstellen lassen, wem dieser Arsch gehört“-Gag aus DIRNDLJAGD AM KILIMANDSCHARO wird hemmungslos recylcet)., und die Schlusspointe (nachdem Willie sich postkoital verpisst hat, hasselt Lilo Lover und Frank aus der Wohnung, um ihren NÄCHSTEN Liebhaber reinlassen zu können) ist eine erstklassige Fehlzündung. Still, it’s not really offensive…

Episode 5 – Bombige Zeiten (Regie: Klaudi Fröhlich)

Irgendwo in der Toskana residiert Scheich Abu Dallha (Karl Dall, DIRNDLJAGD AM KILIMANDSCHARO) im Kreise seiner Haremsdamen, insbesondere seiner Favoritin Suleika (Isa Haller, SUNSHINE REGGAE AUF IBIZA, MAN SPRICHT DEUTSH), und seiner Diener (Jürgen von der Lippes Show-Sidekicks aus DONNERLIPPCHEN, inklusive Andreas Kovac-Zemen alias Chappy, „Der Vollstrecker“). Ein Informantentankwart (Otto Retzer) hat dem hohen OPEC-Tier gesteckt, dass ein seltsamer Typ seit neuestem an seiner Tanke vorfahre und nur Wasser in den Tank seines Mercedes-Cabrios schütte. Das ist begreiflicherweise für jemanden, der seine Reichtümer mit Öl macht, eine schockierende Nachricht. Abu Dallha schickt seinen Henchman Omar (Manfred Lehmann, KOMMANDO LEOPARD, GEHEIMCODE: WILDGÄNSE) auf Beschattungstour, und der ermittelt, dass David van Dyke (David Hasselhoff, KNIGHT RIDER) in einer Bauernhütte ein Labor betreibt. Der Scheich sucht den Erfinder persönlich auf, doch die Idee hat auch Jessica Norman (Julia Kent, ZÄRTLICHE CHAOTEN, KILLING BLUE), Vertreterin der Shell Company. David ist nur zu gerne bereit, beiden Parteien seine Erfindung zu demonstrieren – nur mit Wasser fährt auch seine Karre nicht, man muss schon eine von ihm im Rahmen chemischer Experimente zufällig entdeckte Formel in Pillenform in den Tank dazugeben, damit aus dem Wasser von jeder Art von Motor verbrennbarer Sprit wird.

Jessica und David treten in Verhandlungen zwecks dem Verkauf der Formel an die Shell. Nachdem der Scheich mit seinem Versuch, sich die Formel per schlichtem Einbruch in Davids Labor anzueignen, schmählich gescheitert ist, überbietet er Jessicas Angebot, um die Formel zu erwerben und umgehend zum Schutz des OPEC-Monopols zu vernichten. David ist es herzlich egal, wem er die Formel verkauft, ihm geht’s nur um die Kohle, was Jessica bitterlich enttäuscht. Der Scheich verlangt aber noch eine Live-Demonstration, die beweisen soll, dass die Pille bei wirklich jedem Auto funktioniert. Aber David spielt ein ganz eigenes Spiel, und dafür braucht er die Hilfe von Omar, der ein bis zwei Augen auf die schöne Suleika geworfen hat…

Die Deutschen und ihr Hoff. Mit KNIGHT RIDER auf der Höhe seiner Popularitätswelle lag es ja auf der Hand, Hasselhoff als einen der internationalen Gaststars zu verpflichten, und mit seinem patentierten Charme zieht er diese Episode dann auch an sich (und eine Referenz an KITT verkneift sich die Geschichte natürlich auch nicht). Karl Dall war zu diesem Zeitpunkt ja bereits ein fixes Inventarstück in der Teutonen-Klamotte, und Old Triefauge war sich auch nie dafür zu schade, notfalls auch ins Kostüm eine wüsten Sohns, äh, Wüstensohns (diesen „Gag“ habe ich ungezwungen direkt aus dieser Episode geklaut) zu werfen (seine obligatorische Sangeseinlage „Millionen Frauen lieben mich“ wurde aus musikrechtlichen Gründen leider aus der DVD-Fassung herausgeschnitten. Der Fluch der MCP-wir-haben-die-Musikrechte-nicht-bringen-den-Kram-aber-trotzdem-raus-Billigscheiben). Mit Abstand am Lustigsten in der Episode ist Manfred Lehmann als des Scheichs Handlanger in der ständigen Angst, von seinem jähzornigen Arbeitgeber zum Eunuchen gemacht zu werden…

Episode 6 – Super Zeiten (Regie: Siggi Götz)

Die leidlich erfolgreiche Sängerin Carrie Clifford (Dey Young, ROCK’N’ROLL HIGHSCHOOL, SPACEBALLS) soll aus PR-Gründen auf Geheiß ihrer Managerin Trude (Christine Schuberth, JOSEFINE MUTZENBACHER, LADY DRACULA, GELD ODER LEBER) ein entzückendes kleines Negerkind adoptieren. Aufgrund eines Computerfehlers entpuppt sich ihr neues Mündel allerdings nicht als reizendes Baby, sondern als der voll ausgewachsene Jamaikaner Mike (Michael Winslow, POLICE ACADEMY 1-7, LAVALANTULA), dem dieser bedauerliche Fehler gar nicht mal so unangenehm ist, findet er seine neue Mama doch ausgesprochen attraktiv. Gegen den Willen von Trude nimmt Carrie ein Engagement im Ski-Hotel ihres Ex-Freundes Peter (Wolfgang Fierek, EIN BAYER AUF RÜGEN, DIRNDLJAGD AM KILIMANDSCHARO) an – wir sind in Zeiten lang vor DJ Ötzi, da waren Apres-Ski-Auftritte noch nicht sonderlich karrierefördernd. Während Carrie nach Obertauern aufbricht, soll Trude sich um Mike kümmern, doch der setzt sich ab, um Carrie zu folgen und bei ihr zu landen. Im Hotel versucht Mike mit seinen erstaunlichen verbalen Geräuschimitierungsfähigkeiten, etwaige Versöhnungsprozeduren zwischen Peter und Carrie zu sabotieren – und als sich herausstellt, dass Carries Band eine Saxofonistin fehlt, schlüpft er flugs in die Rolle der eilig alarmierten Musikerin Sandy Young, was den willkommenen Begleiteffekt bringt, dass Mike/Sandy sich mit Carrie ein Zimmer teilen darf. Doch als Mike realisiert, dass Peter Carrie wirklich ganz doll lieb hat, muss die jamaikanische human beat box auf der Skipiste alle Register ziehen, damit die verhinderten Liebenden doch noch zueinander finden…

Michael Winslow war möglicherweise der populärste POLICE ACADEMY-Star in Deutschland – sein Gimmick der Geräuscheimitation war und ist aber natürlich auch schon komisch… Gottschalk holte sich Winslow als Co-Star für ZÄRTLICHE CHAOTEN und wo er schon mal hier war, nahm der sympathische Ami STARKE ZEITEN eben mal mit. Von allen Episoden ist es die, die wohl am meisten davon profitiert hätte, wenn man sie ausgebaut hätte – es passiert alles ein bisschen rasch (sowohl der Überraschungseffekt, dass Mike ein Erwachsener ist, als auch seine Beziehungssabotage und der Willen, die Sache dann wieder in Ordnung zu bringen, das alles wird ziemlich hastig abgearbeitet, um genug Raum für das große Set Piece, Mikes chaotische Snowboard-Abfahrt zu schaffen), wobei Winslow in seiner Sandy-Young-Rolle als Tina-Turner-Verschnitt schon ein kleines Ausrufezeichen setzt. Problematisch an der Episode ist – neben der eher mauen Gag-Frequenz, die auch aus Winslows spezieller Fähigkeit nicht so viel Gewinn zieht, wie man sich erhoffen könnte, der Umstand, dass Dey Young nicht wirklich überzeugen kann und auch null chemistry mit Fierek mitbringt (ob da die Sprachbarriere…).

Generell ist der Film ganz anständig, aber auch nicht überwältigend einfallsreich fotografiert, nur selten kommt wirklich „Kino“-Feeling auf, meistens bewegen sich die Bilder auf dem Niveau einer akzeptablen 80er-TV-Serie. Muss auch nicht wundern, denn Klaudi Fröhlich z.B. inszenierte zumeist Fernsehshows (einige der Otto-Shows, den WWF Club oder DONNERLIPPCHEN), Rolf Olsen hatte seine besten Zeiten hinter sich, und Siggi Götz lieferte seine besten Arbeiten (TIMM THALER oder JACK HOLBORN) auch fürs Fernsehen ab.

Auch fehlt dem Film vielleicht wirklich die große zugkräftige Nummer – der Streifen ist fraglos in der Breite gut und praktisch nur mit bekannten Gesichtern besetzt, aber es fehlt so ein bisschen der Headliner (Hasselhoffs Geschichte ist letztendlich auch nicht so substantiell, dass er als „der“ Star des Films durchgeht), und dramaturgisch hätte ein gewisser roter Faden, der die Episoden ein wenig miteinander verknüpft, sicher nicht geschadet; statt einer Rahmenhandlung werden die Geschichten durch kurze Segmente mit den Affen aus RONNY’S POP SHOW, die affige Dinge tun, die ganz entfernt mit der jeweils nachfolgenden Story zu tun haben, verbunden.

Qualitativ sind die beiden ersten, satirisch(er) angehauchten Geschichten fraglos die Highlights – sowohl Fischers boshafte Abrechnung mit nervenden Fans als auch Kulis „battle of wits“ mit Otto Schenk machen ordentlich Laune. Die Hias-Geschichte ist der (erwartete) humoristische Totalausfall, die drei Episoden der zweiten Halbzeit (allesamt mit so 15-20 Minuten auch durch die Bank länger als die ersten drei, die bei etwa acht bis zwölf Minuten einticken) sind watchable, aber auch deutlich abgedroschener und bemühen sich hauptsächlich über den Charme ihrer Stars zu retten, was bei der Hasselhoff- und der Winslow-Episode sogar einigermaßen funktioniert, während die Zachi-Noy-Geschichte schon ziemlich platt bleibt (im Gegensatz zu ihrem Hauptdarsteller, ähm).

Die DVD von MCP leidet darunter, dass das Label, wie bei vielen Veröffentlichungen deutschen „Kult-Trashs“ aus den 80ern die Musikrechte nicht erhielt und die Songs von Boney M., Precious Wilson, Drafi Deutscher und Karl Dall entweder durch Cover-Versionen ersetzte oder, hinsichtlich Dall, ganz strich. Die Bildqualität (4:3 Vollbild) ist mau, der Ton (Stereo) bestenfalls erträglich. Ich lehn mich ein bisschen aus dem Fenster, aber ich würde mich nicht beschweren, wenn die Lisa Film mal eine Lizenz an einen etwas sorgfältiger arbeitenden Publisher vergeben würde…

Im Endeffekt schäme ich mich ein wenig für mich selbst, denn… ich fand STARKE ZEITEN überwiegend lustig. Ja, klar, die ersten zwei Kurzgeschichten sind fraglos wesentlich besser als der Rest, aber wenn man sich auf den Mindframe hirnigen Teutonen-Trashs herabgelassen hat, ist der Streifen allein schon aufgrund seiner Starparade irgendwie hinkuckens- und liebenswert. Das ist alles keine große Kunst, aber eine ziemlich präzise formulierte Zeitkapsel für den deutschen Humor anno 1988. Und das kann man nun entweder gut oder schlecht finden. Da ich hier oft genug den Negativ-Hansel spiele, entscheide ich mich heute mal für „gut“… Bier auf, Hirn aus, Film ab…

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 7


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