Star Trek: Patterns of Force

 
  • Deutscher Titel: Raumschiff Enterprise: Schablonen der Gewalt
  • Original-Titel: Star Trek: Patterns of Force
  •  
  • Regie: Vince McEveety
  • Land: USA
  • Jahr: 1968
  • Darsteller:

    Captain James T. Kirk (William Shatner)
    Mr. Spock (Leonard Nimoy)
    Dr. Leonard McCoy (DeForest Kelley)
    Izak (Richard Evans)
    Daras (Valera Nolano)
    Melakon (Skip Homeier)
    John Gill (David Brian)
    Eneg (Patrick Horgan)
    Uhura (Nichelle Nichols)
    Montgomery Scott (James Doohan)
    Pavel Chekov (Walter Koenig)


Vorwort

Betreten wir einmal mehr Neuland, was die hier besprochenen Angelegenheiten angeht und knöpfen wir uns also erstmals eine Episode einer TV-Serie an. Bevor jetzt aber jemand befürchtet, dass ich demnächst in eine tiefgründige Analyse der ersten 2000 Folgen Gute Zeiten, schlechte Zeiten ausbreche, bitte ich um Beruhigung. Erstens bleibt das heutige Review sicher eine Ausnahme und zweitens, naja, wie sagt man´s, ohne Milliarden von Trekkern und Trekkies gegen mich aufzuhetzen, irgendwie bietet sich die Original-Ausgabe von Star Trek doch ein wenig an… (und um sämtlichen potentiellen Kritikern ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen und auf vergangenem und vergänglichen Ruhm herumzureiten, ich war lange Jahre bekennender Trekker und hab vor langen Jahren ein Star-Trek-E-Fanzine herausgegeben, vielleicht hat der ein oder andere DFÜ-Veteran, der sich daran erinnert, dass es vor dem WWW auch noch andere Netze gab, so z.B. das gute alte Fido, mal ein Exemplar der „TrekNews“ abgegriffen). Okay, also zurück zum Thema. Die Kirk-und-Spock-Epoche wird von vielen Trekkern nostalgisch verklärt, aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass von den 78 Folgen TOS (The Original Series, für Nicht-Trek-Experten) maximal ein Drittel wirklich hochklassig ist.. Und neben vielen vielen durchschnittlichen Episoden gab es auch ein paar vollkommen missglückte Folgen, man denke an die grausige Third-Season-Episode Spock´s Brain oder die unrühmliche Halloween-Folge Catspaw. Obwohl sich also auch diese beiden Folgen durchaus auf dem Präsentierteller anbieten, habe ich mich für die Episode entschieden, die jahrzehntelang im Giftschrank der deutschen TV-Oberen vor sich hin schmorte und erst seit wenigen Jahren auch hierzulande offiziell zu sehen ist: Patterns of Force. Im typisch deutschen vorauseilenden Gehorsam hatten das ZDF und danach auch SAT.1 sich beharrlich geweigert, die Folge auszustrahlen (wenn ich mich recht erinnere, war Premiere der erste Sender, der sich an diese Folge wagte, aber ich kann mich da auch mal wieder irren). Warum? Easy… das Thema dieser Folge der besonders vom ZDF bei den ersten Ausstrahlungen hauptsächlich als, naja, nicht gerade Kinderserie, aber nahe dran angesiedelten Serie sind Nazis! Und Nazis dürfen ja nicht im Unterhaltungsprogramm auftauchen, schon klar…


Inhalt

Die Enterprise hat (Sternzeit 2534.0, für diesbezügliche Statistiker) den Auftrag, einen der Föderation abgehenden Experten und Wissenschaftler aufzuspüren. John Gill, weithin bekannter Historiker der Erdgeschichte, dessen Verdienst, wie uns Spock versichert, darin besteht, die Geschichte weg von Daten und Zahlen als Ursachen und Wirkungen zu betrachten, und der natürlich auch mal Kirks Ausbilder war, ist seit einem schlappen halben Jahr kommunikationstechnisch nicht mehr existent und man macht sich Sorge, was mit dem alten Prof passiert ist. Das System, das er als Beobachter, eh, beobachten sollte, verfügt über zwei bewohnte Planeten: Ekos, bevölkert von einer relativ rückständigen und kriegslüsternen Rasse und Zeon, auf dem recht hochentwickelte und friedliebende Wesen hausen, die sogar eine krude Form der interplanetaren Raumfahrt entwickelt haben, wie Spock doziert. Umso überraschter ist die Enterprise-Belegschaft, als ihr von Ekos eine unbemannte Rakete mit thermonuklearem Sprengkopf entgegenrauscht. Kirk & Co. machen sich weniger Sorgen wegen der zerstörerischen Wirkung des Atombömbchens, denn das wird einfach mit den Bordphasern in den Orkus geblasen (wobei wir in den Genuss eines hübschen Anti-Effekts einer Cartoon-Explosion kommen), sondern eher darüber, dass die Ekosianer nach bekanntem Stand der Dinge in gar keinem Fall über diese Technologie verfügen sollten. Ob da jemand nachgeholfen hat und wenn ja, war es John Gill? End Teaser Sequence & cue opening titles…

Der Sache muss natürlich auf den Grund gegangen werden und so beamen Spock und Kirk auf Ekos, nicht bevor sie sich als Plot Device von McCoy Transponder unter die Haut haben schiessen lassen, die, falls aus irgendwelchen Gründen die Kommunikatoren nicht greifbar sein sollten, von der Enterprise aus angemessen und als Ortung für ein An-Bord-Beamen verwendet werden können. In typischer Erde-1930er-Klamotten (vermutlich aus dem Fundus von The City on the Edge of Forever übergeblieben, zumindest Spocks Wollmütze sieht 1a-genauso aus wie die, mit der uns aller Lieblingsvulkanier in der gerade genannten Joan-Collins-Episode seine Horchlappen tarnte) materialisiert das Heldenduo mitten in der Hauptstadt von Ekos und wundert sich kurz darüber, dass alles verdammt nach Erde aussieht. „Es müssen wohl Humanoiden sein,“ stellt Spock fest, „wenn sie solche Häuser bauen“. Was´ ne Entdeckung… und in die Strassenklamotten aus der Depressions-Ära habt ihr euch aus Jux & Dollerei geschmissen, wa, Keule? (Und wir erfahrenen Trekker erkennen, dass es sich ganz offensichtlich um Star-Trek-TOS-Standardplot Nr. 3 b handelt, „Erde der Vergangenheit“, nur ca. fuffzehnmal von der Serie zelebriert). Na, unsere beiden Sportsfreunde bekommen gleich noch mehr zum Staunen, denn sie werden Augenzeuge, wie ein junger Mann, offensichtlich (zumindest für das geübte Auge eines Föderations-Offiziers, obwohl ansonsten keinerlei sichtbaren Faktoren dafür sprechen) ein Zeoner, von einer absolut authentischen Nazi-Patrouille aufgegriffen und recht unfreundlich abgeschleppt wird („Hände hoch, damit du nichts ekosianisches beschmutzt,“ grummelt der Chef der Patrouille). Die Uniformen sind bis hin zur Hakenkreuz-Armbinde perfekt (und damals wie heute freuen sich Requisiteure weltweit, wenn die Regisseure und Produzenten beschliessen, ihre SF-Abenteuer auf einer Erde der Vergangenheit anzusiedeln, weil man dann genüsslich im Fundus alter abgelegter Kostüme wildern kann, ohne für die Kreation von exotischen SF-Raumanzügen etc. Kohle und Kreativität ausgeben zu müssen). „Unglaublich“ finden das unsere Helden dies recht verständlicherweise.

Auf dem Hauptplatz der Stadt (nicht, dass sich irgendein Passant dort tummeln würde, also halte ich das für ziemliche Materialverschwendung seitens der Ekos-Nazis) hängt ein Riesenfernsehschirm und der präsentiert die aktuelle Wochenschau, die stolz verkündet, dass die Hauptstadt endlich „zeon-frei“ sei, wozu Stock Footage von V2-Raketenstarts, Nazi-Paraden und Sieg-Heil brüllenden Menschenmassen eingefiedelt wird. Spock und Kirk ist natürlich klar, dass es „virtually impossible“ sei, dass sich ein Nazi-System exakt wie auf der Erde der 30er Jahre (des 20. Jahrhunderts, natürlich) zufällig auch auf Ekos entwickelt haben könnte und nachdem der Bildschirm die Verleihung des Eisernen Kreuzes an eine Jungmaid namens Daras jubilierend abfeiert, fällt es den Raumfahrern auch schon wie Schuppen aus den Haaren – der geliebte Führer, der von einem Wandgemälde auf die Volksheldin Daras herablächelt, ist niemand anderes als John Gill!! (What surprise…).

Nun, wir hatten es schon angesprochen, da absolut keine alte Sau auf der Strasse unterwegs ist, sind unsere zwei staunenden Weltraumhelden schon bald dem wachsamen Auge des Gesetzes, sprich dem Streifenwehrmachtssoldaten Schütze Arsch, der des Weges defiliert, ein Dorn in selbigen, nämlich im Auge, und kommen ihm chronisch verdächtig vor. Kirk schlägt angesichts des Sturmgewehr schwingenden Nazifusssoldaten unbürokratisch vor, sich dessen Uniform zu bemächtigen und so zu Gill vorzustossen und Erkundigungen einzuziehen. Gesagt, getan, und schon ist Spock in einen Stahlhelmträger transformiert, was insofern passend ist, als der Eisenhut des Vulkaniers auffällige Lauscher tarnt. Man macht sich auf gen Partei-HQ und läuft dabei aber einem Gestapo-Offizier in die Quere. Spock erläutert, das Zeon-Schwein soeben gefangen genommen zu haben und wendet anschliessend seinen patentierten Nervengriff an, um auch seinem Capitano eine schicke Nazi-Uniform zuzuschanzen (es handelt sich schätzungsweise um die nervengriffreichste Episode der Star-Trek-Geschichte). Kirk schwingt sich in das schwarze Outfit und Spock komplimentiert: „Sie geben einen sehr überzeugenden Nazi ab!“ (Einer der Sätze, wegen der die Folge hierzulande so lange unter Verschluss blieb)). Und, jetzt mal ohne Schmarrn, schätze, der olle Kirk wäre dem alten Gröfaz tatsächlich als 1-A-Arier-Material vorgekommen. Kirk quittiert die Vulkanier-Bemerkung mit einem etwas undefinierbaren Blick.

Im übrigen fällt hier an dieser Stelle zum ersten Mal so richtig auf, dass Spock uns mächtig grünlich vorkommt, nein, das TV-Gerät hat keinen Grünstich, Spock sieht tatsächlich wie ein kleines grünes Männchen aus. Warum Spock in dieser Folge ganz besonders „farbig“ daherkommt, bleibt ein Geheimnis der Maskenbildner. Soll vermutlich die Message der Folge unterstreichen. Ich kann mich allerdings des Eindrucks nicht verwehren, als würde Spock von Szene zu Szene grüner werden…

Okay, back to the plot. Spock und Kirk in ihren perfekten Tarnungen erreichen die Parteizentrale, aber Verkennung militärischer Etikette führt zur Enttarnung: Spock legt nämlich beim Eintritt ins Gebäude den Helm nicht ab und als ein penetranter Major nachdrücklich auf selbiger Aktion besteht, muss der Vulkanier seine Öhrchen preisgeben. Freifahrtschein gen Zelle, wo Kirk und Spock von einem sadistischen Folterknecht ausgepeitscht, eh, „verhört“, werden. Man hält die beiden selbstredend für Zeon-Spione und Kirks Auskunft, er werde nur dem Führer persönlich Rede und Antwort stehen, hilft auch nicht weiter. Der peitschenschwingende SSler möchte angesichts der Redeunwilligkeit seiner Gefangenen zum zweiten Teil der bewährten „interrogate, then execute“-Methode übergehen, was der plötzlich eintreffende Parteigeneralsekretär Eneg verhindert. Der ahnt nämlich, dass die beiden Fremden, von denen der eine noch dazu grün blutet (könnte doch ein dezenter Hinweis sein, dass der nicht von Zeon stammt…) ein eher unzeonisches Geheimnis haben, konnten doch selbst die hochgelobten SS-Strategen in deren Labors die Funktionsweise der Waffen der Gefangenen entschlüsseln. Zwecks Hebung der Stimmungslage werden Kirk und Spock erst mal eingesperrt, mit dem Versprechen, in einer Stunde mit der Folterei weiterzumachen, und alleingelassen. Allein bis auf den Zellennachbarn, und das ist der Jüngling, dessen Verhaftung unsere Helden just nach ihrer Ankunft miterlebt haben. Der ist nu tatsächlich ein Zeon und hört auf den Namen Izak (Kapiert? KAPIERT???) und ist immerhin auch so schlau, die Enterpriseler nicht für Lands-, äh, Planetenleute zu halten. Seine Fragetechnik muss Izak aber noch erheblich überarbeiten, denn über die Fremden erfährt er nix, lässt sich dafür aber die komplette Ekos/Zeon-Kulturgeschichte aus dem Kreuz kleiern. Die Zeon, so erläutert Izak, sind nix anderes als elende Gutmenschen, die ihren aggressiv-gehandicapten planetaren Nachbarn entwicklungstechnisch auf die Sprünge helfen wollen, aber bei den bösen xenophobischen Ekosianern heftigst auf Granit bissen. Stellt sich die Frage, warum die Zeons dann nicht einfach die Ekosianer Ekosianer sein lassen würden, aber da gibt´s natürlich einen Grund. Die kriegerischen Ekosianer könnten ja eines Tages auf die Idee kommen, Zeon zu überfallen, und die Zeons sind sooo ultrapazifistisch, dass sie sich ohne Gegenwehr abschlachten lassen würden. Ganz besonders schlimm sei´s mit den Ekosianern aber erst geworden, seit der ultimo leader Gill vor ein paar Jahren aufgetaucht sei (hm, ich dachte, er meldet sich erst seit einem halben Jahr nicht mehr? Hat der Schlingel wohl vorher in seinen Reports unterschlagen, dass er ein Faschoregime installiert hat). Kirk beharrt weiter auf seiner Idee, zu Gill persönlich durchzudringen und seinem alten Mentor ins Gewissen zu reden. Dafür muss man erst mal aus der Zelle raus und dafür wiederum kann er sich beim Drehbuchautor bedanken, dass der die implantierten Transponder ins Script geschrieben hat. Die raspeln sich nämlich Kirk und Spock nämlich raus (zum Glück für unsere Heroen ruhen die Teile direkt unter der Haut) und improvisieren mit darin eingebauten Kristallen und der Zellenbeleuchtung einen Laser (!), der das Zellenschloss aufschweisst (McGvyer muss diese Episode gesehen haben, den Trick hab ich so ähnlich auch mal bei Richard Dean Anderson gesehen). Kirk ruft dann noch den vor dem Zellentrakt lauernden Wärter rein, Nervengriff Nr. 2, und dann drängt sich noch Izak als Begleitung auf. Aus dem extrem eindrucksvollen SS-Labor (kein Wunder, dass wir den Krieg verloren haben, bei DER Ausstattung… har-har) werden noch schnell die Reste der Kommunikatoren geborgen (zerlegt, denn die Nazis verstehen natürlich nix von Föderationstechnik), die Phaser sind dagegen verschwunden. Izak bedankt sich für die Rettung aus der SS-Haft und dem zu erwartenden unerfreulichen Schicksal, indem er – durch die Kanalisation, natürlich, und ich bin sicher, in einer sicherlich schwer überwachten Stadt wie der hier fällt das gar nicht auf, wenn sich drei wenig vertrauenserweckende Gestalten aus dem Partei-Hauptquartier schleichen (wie überhaupt?) und in den nächsten Gully stürzen – Kirk und Spock ins offizielle Hauptquartier der Zeon-Kolonie (so nennen die das wirklich…) führt und seinem Bruder Abram (falls es bei Izak noch nicht jeder begriffen haben sollte…) vorstellt. Abram ist hinsichtlich der Fremdlinge ein wenig skeptisch und überbringt Izak überdies die frohe Kunde, dass die Nazis Izaks Verlobte erschossen hätten… bzw. sie hätten sie angeschossen und dann ein paar Stunden lang auf offener Strasse zur Erbauung der Bevölkerung liegen und verbluten lassen. „Niemand hat ihr geholfen, also warum sollten wir dann denen da helfen?“ fragt sich Abram. „Weil wir dann nicht besser wären als die!“ argumentiert Izak. Moralkeule, ick hör dir trapsen (mann, ich befleissige mich schon einer Martin-Walser´schen Wortwahl, boy, bin ich belesen :-)). Bevor die Brüder das ausdiskutieren können, platzt plötzlich die vorhin im TV dekorierte Eisernes-Kreuz-Trägerin Daras mit ein paar Nazischergen ins traute Areal – Razzia… man beansprucht die Herausgabe der Fremdlinge, Abram stellt sich in den Weg und bezahlt dafür mit einer Kugel. Das allgemeine Entsetzen ist kurz, denn ausgesprochen idiotischerweise erweist sich die Razzia als blosser Vertrauenstest gegenüber Kirk und Spock (was hätte das beweisen sollen?) und Daras ist zwar eine Ekosianerin, aber eine von den GUTEN, ihr Paps hatte sich nämlich gegen die Partei gewandt und sie erhielt ihre erste Auszeichnung für das Denunzieren des eigenen Erzeugers, was genau dessen Plan war, die Struktur der Partei zu infiltrieren. Das ist alles reichlich doofsinnig und motivationstechnisch höchst unausgegoren, aber for chrissake, lassen wir es mal so stehen. Nun, es ist nun wenigstens allgemein etabliert, dass unsere Helden weder Ekosianer noch Zeons sind, ergo ALIENS. Und endlich erklären sich Kirk und Spock, dass Gill einer der Ihrigen sei („Was sind das für Menschen?“ fragt sich Abram zurecht angesichts dieser Offenbarung) und sie gerne von eben dem wissen möchten, was zum Geier ihn denn hier geritten habe. Aber an Gill heranzukommen ist nicht einfach, da der Führer selbst nicht mehr in der Öffentlichkeit auftritt und die Greuelgeschäfte seinem Vize Melakon überlassen hat. Allerdings sei heute eine wichtige Grundsatzrede des Führers fällig, die von einem ausgesuchten Personenkreis im Partei-Hauptquartier live verfolgt werden könne, und angesichts ihres Heldin-des-Volkes-Status gehöre Daras dazu. Da hat Captain Kirk natürlich eine geniale Idee…

Und so entert Daras wenig später in Begleitung eines Filmteams (!!) die Parteizentrale, Kirk spielt den grossen Regisseur, der mit seinem Kameramann Spock und Beleuchter Izak eine Reportage über die Volksheldin zu drehen vorgibt (immerhin, die Zeons scheinen einen ausgeibigen Fundus an Uniformen und sonstigen Requisiten zu haben). Das kommt keinem der Wachtposten verdächtig vor (man sollte meinen, zumindest ein Geselle wie Spock sollte sich einem Wächter, der was auf sich hält, einprägen) und so mischt man sich unters Parteivolk. Izak möchte Gill am liebsten umbringen (denn er ist nämlich psychologisch soweit, selbst als friedliebender Zeon-Pazifist Gewalt anwenden zu können), aber Kirk wiegelt ab: „Wir sind nicht wegen deiner Privatrache hier!“ Aber Kirk wird zumindest soweit enttäuscht, dass Gill seine Rede nicht persönlich vor Publikum halten wird, sondern auch die diversen anwesenden Bonzen nur auf einem Fernsehschirm mitverfolgen dürfen, mit Schampusglas in der Hand, wie Gill im parteieigenen Geheim-Fernsehstudio vor sich hin nuschelt. Kirk ist klar: entweder hat Gill, wenn er seine faschistoiden Fantasien protegiert, schwer einen an der Waffel oder er steht unter Drogen – genaueres kann aber nur McCoy feststellen. Man verdrückt sich unauffällig in eine Abstellkammer und ordert mittels eines von Spock wieder notdürftig zusammengeflickten Kommunikators den Bordarzt her. Die Ankunft von Pille verzögert sich, weil der Doc Schwierigkeiten mit dem Gestapo-Stiefel hat… Kirk lässt McCoy ohne Rücksicht auf die schuhtechnischen Befindlichkeiten runterbeamen und als justament nach Pilles Ankunft Eneg mit ein paar Fusssoldaten die Abstellkammer „stürmt“, improvisiert der Captain gar genial eine Geschichte vom besoffenen Arzt, der wohl auf der Reden-Fete kein besonders angenehmer Anblick sei und deswegen von ihm aus der Affäre gezogen worden wäre. Die Story würde zwar Pinocchio vermutlich einen Fünfmeter-Zinken bescheren (ganz abgesehen davon, dass Eneg als Parteisekretär vermutlich alle geladenen Gäste kennen dürfte und er McCoy deswegen überhaupt nicht und Kirk und Spock als die ihm ja persönlich bekannten flüchtigen Gefangenen erkennen sollte), aber Eneg ist´s zufrieden (könnte das ein Plot Point sein?). „Gute Arbeit, und passt auf, hier treibt sich ein Spion rum!“ Endlich kommt die bewusste Gill-Rede Tja, und dem geübten Kucker von Bundestagsübertragungen fällt gleich auf, dass Gill auch nicht ganz frisch wirkt und sein Mund verdächtig hinter dem Mikrofon verborgen bleibt. Und die Rede selbst besteht aus reichlich zusammenhanglosen faschistoiden Allgemeinplätzen über rassisches Schicksal, Recht auf Lebensraum und Bedrohungen von Aussen, der von den Parteigängern euphorisch abgefeiert wird. Melakon interpretiert das wirre Gebrabbel als Aufbruchssignal für die Invasion von Zeon, ein paar Raumschiffe mit Elitesoldaten seien schon auf dem Weg und würden das Zeon-Geschmeiss sicher ohne weitere Schwierigkeit von der dortigen Planetenoberfläche pusten. Das muss natürlich verhindert werden! Per Nervengriff verschafft die Heldenposse sich Einlass in den von laschen zwei Soldaten bewachten Senderaum, wo Gill als Pseudo-Zombie herumvegetiert. McCoy traut sich aufgrund der Unbekanntheit der offensichtlich verwandten Psychodroge nicht, irgendein spezielles Antidot zu verabreichen, sondern begnügt sich mit einem blossen Stimulanz, das aber auch erst nach der zweiten Dosis Wirkung zeigt, insofern dass Gill jetzt sichtlich lebendig ist. Dennoch muss Spock ran und per vulkanischer Bewusstseinsverschmelzung Gill in einen ansprechbaren Zustand bringen (der „mindmelt“ funktioniert hier offensichtlich vollkommen anders als sonst, denn normalerweise hat Spock durch die Verschmelzung doch quasi Direktzugriff auf den Brägen seines „Opfers,“ während er hier mehr oder weniger nur als Kickstarter fungiert).

Nun gut, Kirk hat sich zusammengereimt, dass Melakon der wahre starke Mann ist und Gill nurmehr als Symbolfigur missbraucht, stellt sich dennoch die Frage, was Gill zum Bruch der Prime Directive und zur Installation eines Nazi-Terrorregimes bewogen hat. Gill salbadert, dass Ekos bei seinem Eintreffen „fragmentiert“ gewesen sei und er nichts mehr im Sinn gehabt habe, als der Entwicklung des Planeten und seiner Einigung auf die Sprünge zu helfen. Und Nazideutschland sei nun mal „der effizienteste Staat der Geschichte“ gewesen – und Spock gibt Gill sogar noch recht („ein kleines, besiegtes Land stand kurz davor, die Weltherrschaft zu erringen!“ – hm, darüber kann man zumindest diskutieren, tät ich sagen). Und beinahe, so Gill, wäre sein Entwicklungshilfeplan auch aufgegangen, wäre da nicht der Machtmensch Melakon angesprungen, hätte Gill unter Drogen gesetzt und das ganze Nazi-Imperium übernommen. Tough luck. Wurzel alles Übels ist also weniger Gill, der alles nur gut gemeint hat (pfffz), sondern Melakon. Den müsste man also blossstellen, aber wie an den rankommen und Zeit gewinnen? Ganz einfach. Izak, Daras und McCoy präsentieren der verblüfften Belegschaft in der Party-Zone den gefangenen Zeon-Spion Spock und beantragen, diesen Melakon zuzuführen. Melakon lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen, ein wenig den Herrenmenschen raushängen zu lassen und seine Rassenlehre am praktischen Beispiel zu demonstrieren. „Definitiv eine minderwertige Rasse,“ stellte Melakon fest, labert von „bösartigen“ Augenpartien und einer Kopfform, die „Blödheit“ naheliegen lässt. Tja, Alien-Kenntnis scheint dann doch nicht so das Spezialgebiet von Meister Melakon zu sein. Währenddessen nutzt Kirk seine bekannte Charaktereigenschaft, Computer zu Tode labern zu können, um den vor sich hin siechenden Gill zu belabern: „Sie müssen REDEN!“ Und er meint natürlich kein Geständnis, sondern eine echte direkte Live-Ansprache an sein Volk. Selbstredend mit Erfolg, Gill flanscht sich mühselig ans Rednerpult und verblüfft das Parteivolk mit einer zweiten Rede…. „Wir alle wurden von einem Mann betrogen!“, stammelt der Führer und gibt kund, dass er den sofortigen Rückzug der Angriffsflotte befiehlt und hat auch noch für die Zeons die Grussadresse auf Lager, dass es sich bei dem Angriff nicht um eine Agression des ekosianischen Volkes, sondern nur um den privaten Kreuzzug des Verräteres Melakon handele. Anstatt jetzt wie jeder vernünftige Tyrann-in-spe´ den todkranken alten Knacker für senil zu erklären, ein Gläschen Schampus zu süffeln und den Angriff munter fortschreiten zu lassen, brennen bei Melakon sämtliche Sicherungen durch, er schnappt sich ein MG und beballert den Senderaum. Izak schiesst Melakon nieder, allgemeines Tohuwabohu würde ausbrechen, täte nicht Eneg eingreifen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen und zu verkünden, dass es nun Zeit wäre, „so zu leben, wie der Führer es gewollt hat“.

Gill, von Melakons Salven durchsiebt, verröchelt in Kirks Armen und kann noch bedauernd zu Protokoll geben, dass die Föderation mit ihrer Prime Directive, also der Nichteinmischung in fremde Kulturen, wohl doch nicht so ganz falsch liege. „Selbst wir Historiker lernen nicht aus der Geschichte. Ich machte die selben Fehler,“ letztwortet Gill, bevor er den Löffel reicht. Selbst Izak kann sich eine Träne im Knopfloch nicht verkneifen.

Eneg und Daras sind offensichtlich schicksalsvorgezeichnet, die Ekosianer nun auf einen pazifistischen Kurs zu trimmen und dürfen ersichtlich versuchen, ein humanes Nazi-Regime aufzubauen (denn immerhin will Eneg ja den Kurs des Führers fortsetzen) und bitten die Föderationshelden darum, sie gefälligst in Ruhe zu lassen, man will sich mit den Zeons von selber vertragen.

Die Raumfahrer beamen zurück auf die Enterprise, Spock spekuliert, dass beide Völker eines Tages würdige Neuzugänge in der grossen friedlichen Föderationsfamilie abgeben würden (!) und tauscht mit McCoy ein paar nett gemeinte Beleidigungen aus…

Dreissig Jahre durften wir diese Folge nicht offiziell sehen, aber, seien wir ehrlich, verpasst hammer nix, „Patterns of Force“, die Episode Nr. 52 der Original-Serie, ist nun wirklich kein Ruhmesblatt des Star-Trek-Canon, und das in so ziemlich keiner Beziehung. Abgesehen davon, dass der Story-Kniff „Abbild der Erde der Vergangenheit“ ja sprichwörtlich tausendmal von der Serie umgesetzt wurde (so ziemlich das Äquivalent zum TNG-Plot Device Holodeck, immer dann, wenn den Autoren nichts besseres einfiel, hetzten sie die Enterprise auf eine Vergangenheits-Erde, und selten mit Erfolg, einzig die Wildwest-Episode, in der Kirk und seine Crew in den Earp/Clanton-Shootout am OK Corral versetzt wurden, ist ganz pfiffig).

Also ist die ganze Plotte schon eh nicht besonders kreativ, und am heiklen Thema Nationalsozialismus verbrennt sich Produzent/Autor John Meredith Lucas aber auch noch ordentlich die Finger. Und damit meine ich nicht mal, dass Lucas die Message mit dem obligatorischen Holzhammer vermittelt (allein schon die Tatsache, dass die „Zeons“ – das allein ist ja schon subtiler Hinweis genug – auch noch jüdische Namen wie Izak und Abram tragen, ist ein bissel arg dick aufgetragen; wundert einen direkt, dass Lucas der Versuchung widerstand, die Ekosianer zu germanisieren, aber das Pseudo-Griechisch ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss), man könnt´s ja fast für ´ne Satire halten, nein, obwohl die ganze Chose sicherlich gut gemeint ist als Botschaft der Toleranz und Völkerverständigung, hat Lucas ganz offensichtlich nichts von dem kapiert, über das er hier geschrieben hat. Der infantil-verharmlosende Umgang mit dem Naziterror ist mehr als nur ärgerlich – ein paar dumme Witze wie Spocks Nazi-Spruch zu reissen, ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Holocaust-Überlebenden, Antifaschisten und Kriegsopfers, zumal Lucas andeutet, dass das NS-System möglicherweise ja gar nicht so übel gewesen sei, es sei „nur“ in die Hände von „wahnsinnigen Machtmenschen“ geraten und so pervertiert worden – also, im Geschichtsunterricht kann Mr. Lucas nicht so dolle aufgepasst haben, als es um die NS-Ideologie ging (sofern der Meister ein en solchen Kurs überhaupt belegt hatte), das ist schon ein gefährlicher Unterton, zumal der NS-„Terror“ in „Patterns of Force“ den Beweis wahren Terrors schuldig bleibt – ausser ein paar Nebensätzen über Exekutionen erschöpft sich das Terror-Repertoire der Ekos-Nazis in der Peitsche – sehr erschreckend, und damit ergo sehr verharmlosend.

Nun gut, betrachtet man die Geschichte eher „neutral“ und stellt sich vor, man würde über irgendein fiktives Terrorregime reden, hilft das auch nicht viel weiter, denn auch jenseits politischer Attitüde, so gut gemeint und gefährlich-daneben sie auch sein mag, ist die Story nicht wirklich einen Schuss Pulver wert. Die Story ist arg holprig konstruiert, einige Details sind eher unglaubhaft, es handelt sich um eine der patentierten „Spock saves the day“-Episoden (okay, vielleicht nicht ganz so extrem wie in mancher späterer Episode, aber soviele Nervengriffe wie hier gibt´s selten und einen mindmelt noch aus Zugabe). Motivationen und Charakterisierungen sind äusserst vage, selten erfahren wir tiefgründiges über die handelnden Personen, soweit sie nicht der Stammbelegschaft angehören – gut, das ist in vielerlei Hinsicht natürlich dem Format geschuldet, in 49 Minuten hat man halt nicht allzuviel Zeit, um griechische Tragödien abzuspulen, aber in besseren Star-Trek-Episoden ging das auch, da hatten die Schurken Tiefgang, aber hier wird alles mit einer „friss-oder-stirb“-Attitüde serviert, was die ganze Angelegenheit sehr unglaubhaft macht. Wie hat Gill überhaupt seine Herrschaft etabliert? Wie gelang es Melakon, sich in die exponierte Position zu bringen, die es ihm erlaubte, Gill „auszuschalten“? Warum konzentrieren sich die Zeons nicht darauf, ihren eigenen Planeten zu schützen? Wieso ist Eneg ein „Guter“? Viele Fragen bleiben offen… Inszenatorisch kann man Vince McEveety nicht viel vorwerfen, die Story wird von ihm zumindest relativ temporeich in Szene gesetzt, obwohl verhältnismässig wenig Action, dafür umso mehr Worte geboten werden. Insgesamt ist die Folge aber eher eine von der Sorte, die zwar verhältnismässig aufwendig aussieht (da man in richtig echt wirkenden Gebäude-Kulissen aufhalten kann und nicht in den von Star Trek so oft zelebrierten Pappmache-Alien-World-Hintergründen), aber in Realität eher eine der billigeren gewesen sein dürfte, da man in irgendeiner x-beliebigen Stadtkulisse drehen konnte. Aufwendige Massenszenen fehlen total, obwohl die beim Thema eigentlich angemessen sind, überhaupt ist ein erheblicher Mangel an Statisten und potentiell aufwendigeren Szenen auffällig.

Schauspielerisch kann auch niemand besonders überzeugen. William Shatner hat nicht allzuviel Gelegenheit, sein patentiertes Overacting in die Waagschale zu werfen (aber man muss Spock, wie angesprochen, schon rechtgeben, dass Shatner einen schneidigen Offizier abgibt), Leonard Nimoy bemüht sich mit seinem Grünstich schon fast als Hulk-Double und hat ein paar der geschmackloseren Dialogzeilen zum besten zu geben, vom Stamm-Team ist ansonsten nur noch DeForest Kelley mit einer tragenderen Rolle ausgestattet, aber mehr als drei-vier Minuten Screentime, aus denen er ausser einem pseudohumoresken Auftritt nicht viel herausholen kann, billigt ihm die Story nicht zu. Skip Homeiers Melakon hätte ich mir entweder etwas exaltierter oder noch „sachlicher“ gewünscht. Insgesamt hat Homeier aber für die zentrale Schurkenrolle sehr wenig Auftrittszeit und er tut sich schon deshalb schwer, weil wir nie richtig erfahren, wieso Melakon Gills Regime „pervertiert“ und für seine eigenen Zwecke ausgebaut hat. David Brian kann als John Gill auch kaum etwas herausreissen, was bei ihm aber auch daran liegt, dass er mehr oder weniger eine Art Zombie-Rolle spielt. Am besten fahren noch Richard Evans als Izak und Valera Nolano als Daras, wobei auch die Motivation der letzteren Dame eher schwammig und vage bleibt (Plan hin, Widerstand her, als Tochter den Papa den Nazis auszuliefern, nur damit man zur späteren Bekämpfung in der Parteihierarchie aufsteigen kann… sauber, schon ein ganz schön kalter Fisch, das Mädel).

Im weiten Feld der Star-Trek-Folgen der „alten Serie“ ist „Patterns of Force“ eine ziemlich unterdurchschnittliche… es gibt zweifellos schlimmere, die oben erwähnten Folgen „Spocks Brain“ und „Catspaw“ fallen einem da sofort auf, aber eigentlich tut sich hier nicht, was man in anderen Folgen nicht schon mal und zumeist besser gesehen hätte. Ohne Zweifel hat´s John Meredith Lucas ganz lieb gemeint, ein Plädoyer für die interkulturelle Verständigung und eine Parabel auf den Nationalsozialismus in ein Unterhaltungsformat zu stricken, aber er scheiterte halt am mangelnden eigenen Verständnis der Materie und aus der vermutlich geplanten herzergreifenden Botschaft, man solle sich doch auch bei rassischen Unterschieden vertragen, können böswillige Menschen vielleicht sogar eine Verteidigung des NS-Unrechtsregimes konstruieren – man hört´s ja öfter unter rechtslastigen Exemplaren unserer Spezies, dass das, was Adolf & Co. dereinst betrieben hätten, so schlecht ja gar nicht gewesen sei, nur das mit den Juden wäre halt nicht ganz so toll gewesen. Dass aber der Antisemitismus nun mal ein integraler Bestandteil der NS-„Kultur“ ist, um nicht zu sagen ihr treibender und tragender Gedanke, fällt bei einer solchen Betrachtungsweise halt mächtig unter den Tisch und das, liebe Freunde, sofern ihr überhaupt noch mitlest, darf eben nicht passieren.

Mein Gott, jetzt hab ich „Patterns of Force“ schon fast in den Rang von Neonazi-Propaganda erhoben. Ganz so schlimm ist´s natürlich doch nicht, und wenn man die Folge so interpretieren kann, so beruht das nicht auf der Absicht der Produzenten, aber man kann halt auch missverstanden werden, und auch dafür muss man sich ggf. verantworten. Fazit: „Patterns of Force“ ist eine Star-Trek-Episode, die nur absolute Die-Hard-Komplettisten unbedingt sehen müssen. Die Ideologie ist etwas schwurbelig, die Story holprig und wenig originell, da gibt´s wesentlich mehr aus dem Star-Trek-Universum, das sehenswerter, interessanter und ein bisschen weitsichtiger ist.

(c) 2002 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 3


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