Staplerfahrer Klaus – Der erste Arbeitstag

 
  • Deutscher Titel: Staplerfahrer Klaus - Der erste Arbeitstag
  • Original-Titel: Staplerfahrer Klaus - Der erste Arbeitstag
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  • Regie: Jörg Wagner, Stefan Prehn
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2000
  • Darsteller:

    Staplerfahrer Klaus (Konstantin Graudus)
    Schulungsleiter (Gustav Adolph Artz)
    Springender Kollege (Jürgen Kittel)
    Helmut, der abstürzt (Sönke Korres)
    Messer-Werner (Erik Rossbander)
    Günther ohne Hände (Till Duster)
    Halbierter Herbert (Dieter Dost)
    Winkender Kollege (Michael Sombetzki)
    Sekretärin (Clarissa Schröter)
    Kettensägen-Rudi (Jürgen Kobel)
    Wolfgang, der Hiwi (Tom Müller)
    Kopfhörer-Paul (Douglas Welbat)
    Klaus ohne Kopf (Dierk Rademacher)
    Erzähler (Egon Hoegen)


Vorwort

Ja, ich weiss, ich bin mal wieder gaaaanz früh dran mit einem Review – verklagt mich, bzw. seid lieber froh, dass ich tatsächlich doch noch echtes Geld investiert habe und mir, nachdem ich ungefähr seit drei Monaten überlege, ob ich mir die DVD nun anschaffen soll oder nicht, doch noch zugeschlagen habe (naja, bei einem amazon.de-Preis von 3,99 EUR spricht nicht mehr all zu viel dagegen). Staplerfahrer Klaus geistert nun schon seit einiger Zeit durch die Kinos dieser Republik und Festivals dieser Welt und hamstert fröhlich Kurzfilmpreise en gros. Was meine Wertschätzung zu Festivalpreisen angeht, dürfte meine Einstellung bekannt sein – kurz gesagt, es war noch nichts deppert genug, um nicht bei einem Hinterwäldler-Prolo-Filmfest noch ´nen Publikumspreis abzustauben, ergo halte ich diese Preise für ungefähr so aussagekräftig wie ein Rainer-Calmund-Interview (der Dicke vom Rhein hat ja bekanntlich die Angewohnheit, mit achttausend Worten buchstäblich nichts zu sagen). Sei´s drum, der Doc ist bekanntlich experimentierfreudig genug, um sich fast alles mal anzutun (mit der Ausnahme Harry Potter, der mir in keiner Form ins Haus kommt [tscha, hättest du dir mal keine Freundin angelacht… Future Doc]), und nach einem kurzen Intermezzo mit einer gedownloadeten Version (ich weiss, schändlich) wurde die DVD flugs geordert. Schätze mal, es wird keinen Verriss geben..


Inhalt

Unser corpus delicti ist eine Hommage an das verdienstvolle und leider absolut unzureichend in seiner Beduetung gewürdigte Genre des betriebsgenossenschaftlichen Lehrfilms, oder, um das ganze etwas weniger vom Covertext abzuschreiben und einen etwas breiteren Kontext zu setzen, des Aufklärungs-Lehrfilms per se – meinereiner wurde zwar nie einem betriebsgenossenschaftlichen Lehrfilm ausgesetzt, aber in meinen Schulzeiten so manchem Verkehrssachfilm und die hauen ja grundsätzlich in die selbe Kerbe (mein persönlicher „Favorit“ war der Sicherheitsfilm, der aus mir nicht ganz begreiflichen pädagogischen Gründen breit auswalzte, wie ein Stuntman auf dem Motorrad einen vielleicht 100 Meter langen brennenden Tunnel aus Heu- oder Strohballen zu durchfahren versuchte. Peinlicher- und fatalerweise verreckte ihm auf halber Strecke das Bike, deswegen sieht man den Typen heute auch so selten. Welch Schaden an zarter Kinderseele mögen solche Bilder angerichtet haben?).

Unser Held Klaus nimmt zu Beginn unseres Films, frecherweise kommentiert von niemand anderem als der Stimme vom Siebten Sinn (in meiner Jugend, wie auch das DVD-Bonusmaterial bestätigt, durchaus Pflichttermin für action- und gemetzelwütige Kids, denn wo sonst sah man in Zeiten vor Cobra 11 mehr zerdepperte Autos und grauslige Verkehrsunfälle als dort… was waren das für Zeiten, seufz-schwelg) Egon Hoegen himself, freudestrahlend den Schein entgegen, der ihn als ausgebildeten Gabelstaplerfahrer ausweist und berechtigt, ein solches Gefährt auf dem Betriebshof seiner Firma zu führen. Aber, wie uns Egon mahnend anmerkt, auch einem Profi am Steuerknüppel stellen sich Gefahren des Alltags in den Weg. Erst fang´wer janz harmlos an – weil ein Kollege inkorrekterweise nicht den ausgewiesenen Fussgängerweg benutzt, sondern auf der Staplerfahrspur joggt, muss er einen Hechtsprung über die Gabelzinken einlegen. Soweit, so berufsgenossenschaftlich. Konkreter wird das Gefahrenpotential, als Kollege Helmut uns Klaus bittet, ihn doch mal unbürokratisch ein paar Meter nach oben zu heben. Klausi ist skeptisch ob der Unfallgefahr, aber eine auf die Gabel gepackte Palette ist nach Helmuts Ansicht todsicher. He is wrong. Und zum ersten Mal läutet die Unfallglocke und das Blaulicht rauscht herbei. Wird nicht das letzte Mal sein, denn Werner legt unglückseligerweise sein Teppichmesser auf einer von Klaus hochzuverstauenden Kiste ab. Noch unglückseligerweise ist Werner einer von der Sorte, die sich beim Nachdenken am Kopf kratzen und deswegen den Helm abnehmen müssen…

Opfer Nummer 3 ist Günther, der sich aufdrängt, dem stotternden Motor des Staplers handgreiflich zu Leibe zu rücken und sich in selbigem vergräbt. Zwar bringt er das Gefährt wieder in Gang, aber zukünftig muss er sich wohl im Piratenbusiness, von wegen der dort nicht nachteiligen Ersatzflossen in Hakenform, betätigen (vielleicht hat Captain Sparrow noch ein Plätzchen frei). Als nächstes lernen wir, dass wir Fracht, die eventuell verrutschen könnte, wie z.B. scharfkantige Aluplatten, doch lieber festzurren sollte, es sei denn, man schätzt den ein oder anderen Kollegen so sehr, dass man zwei davon haben möchte.

Ein weiteres Sicherheitsrisiko stellt selbstredend die holde Weiblichkeit dar – liebe Chefs, lasst Eure Sekretärinnen, so Euch die Unfallstatistik lieb ist, nicht im Minirock durch die Lagerhallen staksen, vor allen Dingen, wenn man frischgebackene Staplerfahrer mit erwiesener Pechsträhne, Arbeiter mit laufender Kettensäge und solche, die aus Lärmgründen Ohrenschutz tragen, in der Belegschaft hat. Und was diese Kombination anrichtet, das, liebe Leser, solltet Ihr, falls Ihr den Film nicht eh schon kennt, doch selbst herausfinden…

Ich versteige mich selten zu Lobeshymnen (oder? Zumindest schreib ich, glaub ich, mehr Verrisse und Durchschnittsreviews als Lobpreisungen und Heiligsprechungen), aber heute ist einfach mal eine angebracht: Staplerfahrer Klaus ist DER Kurzfilm schlechthin, zuallermindest was solche aus deutscher Fertigung angeht – mit dem üblichen Ausstoss, den deutsche Amateurfilmer (solche, die regelmässig im badmovies.de-Forum posten, selbstverständlich ausgenommen) verbreiten, ist dieser Film in keinster Weise zu vergleichen, denn er verfügt über das im Übermass, was die meisten anderen Teutonenfilmer vermissen lassen – Einfallsreichtum und Professionalität. Wir haben es hier nicht mit einer Garagenproduktion zu tun, die an einem Sonntagnachmittag mit dem Camcorder von Aldi und einem Eimer Ketchup realisiert wurde, sondern mit einer höchstprofessionellen Angelegenheit, bei der gerade mal die kreativen Köpfe und Regisseure Novizen sind – die Crew und der Cast rekrutieren sich aus Profis, und das merkt man in jeder Sekunde. Gut, Prehn und Wagner haben natürlich den Vorteil, dass sie im Vergleich zu ihren Konkurrenten ein geradezu cameron´esques Budget von 180.000 DM zur Verfügung hatten – andererseits grösstenteils aus öffentlichen Fördermitteln, um die sich schlicht jeder bemühen könnte, wenn er von seiner Sache überzeugt ist. Des weiteren nahm sich die Produktion ungewöhnlich viel Zeit – zehn Drehtage für zehn Minuten Film; Eddie Wood selig würde der Draht aus der Mütze springen und das Gebiss rausfliegen.

Und letztendlich hat sich sowohl der finanzielle Aufwand als auch die Sorgfalt in der Produktion absolut gelohnt, das Endprodukt zeigt, dass es sich durchaus rentiert, wenn man gut vorbereitet in eine Produktion geht und sich dort auch Zeit nimmt, alles so weit wie möglich richtig zu machen – Staplerfahrer Klaus überzeugt in den technischen Teildisziplinen Kameraführung und ganz besonders im Schnitt (die Möglichkeiten, die kreatives Editing einer nicht auf finanziellen Rosen gebetteten Genreproduktion bietet, werden leider von den wenigsten Amateuren und Jungfilmemachern ausgelotet, dieser Film ist eine rühmliche Ausnahme), letzterer ist in den Schlussminuten von beeindruckender Rasanz und Virtuosität. Gleichfalls unter die gelungenen Aspekte einzustufen ist der ausschliesslich aus „Stock Music“, also Archivmusik, zusammengestellte Soundtrack). Doch die besten technischen Meriten und akustische Untermalung wären natürlich komplett für badmovie-Kater Pucki, sprich, die Katz´, wenn die Story, die Darsteller, und bei einer Genreproduktion die Spezialeffekte nicht funktionieren würden.

Aber keine Panik – da ist alles absolut im grünen Bereich. Die Story entwickelt sich von einer sanften Parodie auf die angesprochenen Lehrfilme peu-a-peu in ein schwarzhumoriges Splatterfest von fast schon Braindead-vergleichbaren Ausmassen, kein Körperteil ist sicher… und das alles nicht unbedingt auf technischem Hollywood-Niveau, aber immer überzeugend genug – gerade bei einer Splatterkomödie, und um eine solche handelt es sich hier letztendlich, würde übertriebener Realismus bei den Gore-Effekten nur schaden. Die Effekte sind technisch vergleichsweise schlicht, aber wirkungsvoll und blutig ohne Ende – und wie bei den besten Vertretern des Genres verkommt die blood´n´gore-Arbeit nicht zum Selbstzweck, sondern wird slapstickhaft-cartoonesk eingesetzt (wie manch Reviewer-Kollege anmerkt, könnte man das durchaus mit Tom-&-Jerry-Cartoons vergleichen, wobei bei denen natürlich kein Kunst- und Schweineblut zum Einsatz kommt). Wie gesagt, bei den Effekten bleibt kein Auge trocken und wenn man sich ansieht, dass das ganze tatsächlich FSK-16-freigegeben ist, muss man konstatieren, dass die FSK-Gremien tatsächlich auch mal ´nen guten Lacher schätzen oder vor Betrachtung dieses Werks ein guter Joint durch die Reihen der Zensoren kreiste.

Aufgelockert wird die Blutorgie durch einige witzig-primitive Zeichentricksequenzen in bester Schulungsfilm-Tradition (wer mag und zuviel Geld übrig hat, kann sich auf der offiziellen Staplerfahrer_Klaus-Website Original-Folien derselben zulegen.

Ich wollte ja noch was zu den Schauspielern sagen, und das tu ich auch. Auch hier macht sich wohltuend bemerkbar, dass die Regisseure nicht einfach einen Eimer Kumpel aus der Stammkneipe engagierten, sondern im Verlauf eines sorgfältigen Casting-Prozesses echte Profis verpflichteten. Konstantin Graudas, der den naiv-vom-Pech-verfolgten Unglückswurm Klaus dead on verkörpert, hat ein geregeltes Einkommen im deutschen Fernsehen und dürfte seine grösste Popularität aus einer Stammrolle in der RTL-Krimiserie Doppelter Einsatz (oder war die von SAT.1? Eigentlich ja wurscht, ich seh sie weder da noch dort) beziehen. Graudas ist perfekt – vom Strahlemann zum Katastrophenmann ist ein kurzer Weg und Graudas beschreitet ihn mit sichtlicher Spielfreude. Ganz gross sind auch die Leistungen von Kettensägen-Rudi Jürgen Kobel und Kopfhörer-Paul Douglas Welbat, einem Hansdampf in allen Gassen des Schauspielerdaseins, der vielen Kultfans als Sprecher und Co-Autor der kultigen Horror-Hörspielserien Larry Brent und Macabros ein Begriff ist. Ich wiederhole mich – es zahlt sich aus, auch für vermeintlich kleine Rollen in noch kleineren Filmen (oder umgekehrt) in den sauren Apfel „echte Schauspieler kosten aber doch Geld“ zu beissen und sich Profis zu angeln.

anolis zeichnet für die Neuauflage der Klaus-DVD verantwortlich – für den nun wirklich sprichwörtlichen Appel & ´n Ei erhält man nicht nur die 10 Minuten Film (in akzeptablem 1.66:1-Widescreen, wobei trotz des Digital Remasters ein paar Abstriche in Punkto Bildqualität machen muss, ein wenig schärfer könnt´ das Bild sein, aber wir wollen mal nicht päpstlicher sein als der Papst, einem einfallsreichen Film, der mit so viel Liebe gemacht ist, verzeihe ich das gerne), sondern über 75 Minuten Bonusmaterial. Herzstück ist ein 35-minütiges Interview mit den beiden Regisseuren, die ausführlich über die Vorgeschichte, Produktion des und Reaktionen auf den Film Auskunft geben und einiges an interessanten Fakten zum besten geben, u.a. auch über die immense Vorbereitungszeit, die sich aber wie erwähnt ausgezahlt hat. Es schliesst sich ein fünfzehnminütiges Interview mit Konstantin Graudas an, der auch einige witzige Anekdoten zu bieten hat und auch ansonsten viel Interessantes zu berichten weiss. Anschliessend gibt´s zwei getrennte Interviewsequenzen mit Douglas Welbat, zunächst etwa 8 Minuten, die sich direkt auf Klaus beziehen und dann ein zweites von ca. 13 Minuten Länge, das hauptsächlich auf Welbats Arbeit an Macabros und Larry Brent eingeht, interesting stuff (auch wenn ich nur eine einzige Larry-Brent-Cassette, die aber aus der ersten Auflage, hehe, besitze – fragt mich nur nicht, wo die abgeblieben ist). In einer kurzen Featurette beleuchtet einer der Co-Regisseure, man vergebe mir, dass ich nicht weiss, welcher welcher ist, anhand der Original-Requisiten von „damals“ einige der verwendeten Spezialeffekte und schliesslich gibt´s noch gut drei Minuten Storyboard-zu-Film-Vergleich (was wohl mehr für die absoluten Freaks interessant ist, aber trotzdem ein nettes Goodie). Da kann man nur mit den Prinzen sagen: soviel Spass für wenig Geld…

So, und bevor jetzt noch endgültig alle Gäule mit mir durchgehen, nur noch das Fazit: KAUFEN! ANGUCKEN! LIEBHABEN! So mancher sogenannte Filmemacher, der seine intelligenz- und witzlosen Ergüsse auf die Menschheit loslässt, sollte sich, bevor er sich je wieder hinter eine Kamera stellt, ein- bis zwölfmal Staplerfahrer Klaus ansehen und sich überlegen, ob er nicht vielleicht doch umschulen oder sich zumindest auf den Hintern setzen und sich was annähernd vergleichbar originelles, witziges und professionell Gemachtes einfallen lassen sollte (Mr. Krekel, I´m talking to you). Wäre Staplerfahrer Klaus ein abendfüllender Film (was natürlich leider-gottseidank anhand des gewählten Formats und der Story schlechterdings unmöglich ist), würde ich sagen, das ist Deutschlands Antwort auf Braindead. Aber auch so: uneingeschränkte Oberempfehlung! Partypflichtstoff! Wer hier nicht ablacht, ist vermutlich ohne Humor-Gen auf die Welt gekommen und hat´s nicht besser verdient. (Und an alle Filesharer: Kauft Euch den Film! Die Jungs haben´s verdient, den ein oder anderen Cent zu verdienen!)

(c) 2001 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 3

BIER-Skala: 10


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