Species

 
  • Deutscher Titel: Species
  • Original-Titel: Species
  •  
  • Regie: Roger Donaldson
  • Land: USA
  • Jahr: 1995
  • Darsteller:

    Ben Kingsley (Fitch), Michael Madsen (Preston Lennox), Alfred Molina (Dr. Stephen Arden), Forest Whitaker (Dan Smithson), Marg Helgenberger (Dr. Laura Baker), Natasha Henstridge (Sil), Michelle Williams (junge Sil), Whip Hubley (John Carey)


Vorwort

Seit den 70ern funkt Projekt SETI im Dienste der wissenschaftlichen Suche nach außerirdischer Intelligenz Signale ins All – 1993 gab es Antwort, zwei Botschaften, ein Rezept für eine unerschöpfliche Energiequelle und ein modifzierter DNA-Strang. Weil Wissenschaftler selten besseres zu tun haben und sich noch seltener schlechte Filme anschauen, befruchten die Eierköpfe eine menschliche Eizelle mit der veränderten DNA. Das Resultat ist Sil, ein Mädchen, das sich rasend schnell entwickelt und den Forschern graue Haare bereitet (soweit sie, wie Projektleiter Fitch z.B. nicht, noch welche haben) – und zwar so graue Haare, dass sie sich zur „Terminierung“ des Projekts entschließen, und das hat so etwas Endgültiges… Sil entzieht sich der angedachten Vergasung und flüchtet, nicht ohne die ein oder andere Leiche zu hinterlassen, gen Los Angeles. Fitch stellt ein Spezialistenteam zusammen, um den Mensch-/Alien-Hybriden dingfest und hauptsächlich tot zu machen – die Makrobiologin Laura, den Empathen Dan, den Verhaltensofrscher Arden und der Regierungs-Killer Preston sollen Sil zur Strecke bringen. Die hat aber zwischenzeitlich die nächste Entwicklungsstufe erreicht und sich in ein hochgradig attraktives Frauenzimmer verwandelt. Während Sil lernt, sich ihrer neuen Umgebung anzupassen und dabei nicht vergisst, den Ermittlern was in Leichenform zu ermitteln zu geben, kommen die Spezialisten auf den Trichter, dass Sils primäres Streben ist, sich baldmöglichst – aber mindestens mit dem perfekten Partner – zu paaren und konsequenterweise zu vermehren… Dies gilt es natürlich zu verhindern…


Inhalt

Heute mal ein alter Bekannter – „Species“ kennt ja eigentlich jeder, und ich müsste theoretisch nicht der dreihundertölfzigste sein, der sich noch ein paar Zeilen zu diesem Thema aus dem Kreuz leiert, aber ich hab mir halt neulich die 4er-Box mit dem kompletten Franchise en bloc zugelegt und bevor man sich in die Niederungen der Direct-to-Video-Sequels begibt, bietet es sich an, nochmal aufzufrischen, wie das aussah, als ein „Species“-Film noch ein richtiges Major-Projekt war (mit einem Budget von 35 Mio. Dollar) und richtig groß ins Kino kam.

„Species“ konnte seinerzeit über einen gepflegten Vorab-Hype ob der Mitwirkung von „Alien“-Schöpfer H.R. Giger verfügen – der Schweizer Kunst-Psychopath sollte das Creature Design und einen elaboraten „Alptraum-Zug“ beisteuern. Im Laufe der Produktion fiel dem US-Studio allerdings ein, dass der von Giger erdachte Krempel einerseits zu teuer und andererseits nicht wirklich *wichtig* für den Film ist und strich die gesamte Zug-Sequenz. Giger passte das gar nicht, realisierte den Part auf eigene Kosten (100.000 Dollar aus der Privatschatulle) und pochte auf vertraglich zugesicherte Verwendung seines Designs. MGM dankte es ihm dann damit, ein paar Sekunden der Sequenz in den Film zu packen – auf der alten Laserdisc fand der geneigte Kunde eine Making-of-Featurette, die ungefähr 20x länger war als was im Film von Gigers Zug zu sehen war – aber bei aller Sympathie für den durchgeknallten Eidgenossen: „weil’s cool aussieht“ ist nicht unbedingt die perfekte Begründung für den Einbau eines menschenfressenden Zuges in einen Film über ein fortpflanzungswilliges Alien. Oder anders ausgedrückt – ich kann die Entscheidung der Produzenten durchaus nachvollziehen.

Dennis Feldman, der Drehbuchautor (zuständig auch für „Auf der Suche nach dem Goldenen Kind“, den grandios gefloppten „Real Men“ und Virus), erdachte eine nicht uninteressante Plotte, die der nicht gerade über-originellen Grundidee der Jagd nach einem flüchtigen Alien eine starke sexuelle Komponente hinzufügt und sie damit aus dem Einerlei der klassischen chase-movies heraushebt und dem SF-Gedanken ein altbekanntes Slashermotiv hinzufügt – wer wahllos durch die Gegend fickt, wird umgebracht, ganz einfach (weil Sil Sexpartner, die von ihr als nicht ihren Ansprüchen genügend angesehen werden, eben gekillt werden. Wie sich das gehört). Damit ist „Species“ eigentlich der ultimative Anti-One-Night-Stand-Pro-Safe-Sex-Film und von jeder christlichen Fundamentalistengruppe bedingungslos zu empfehlen…

Was nicht wirklich funktioniert, ist die Aufteilung der Heldenfunktion auf das fünfköpfige Ermittlerteam – keiner der Charaktere hat einen wirklichen Fokus, sie werden über „informed attributes“ geprägt anstatt durch schlüssige Charakterentwicklung (dass Laura und Preston sich verlieben, kommt eher überraschend, ebenso wie Ardens plötzlicher Ausbruch an Samenüberdruck im Finale, und Dan… dessen Fähigkeiten haben eine Bandbreite von „ich-merk-nicht-dass-ein-Alien-drei-Zentimeter-unter-mir-ist“ bis „ich-kann-anhand-einer-Videoaufnahme-die-Emotionen-des-Aliens-fühlen“, zumal Feldman nicht wirklich eine Ahnung zu haben scheint, was „Empathie“ ist – bei ihm ist das eine Art Multi-ESP-Begabung, die alles kann (oder eben nicht), was das Drehbuch in dem Moment gerade verlangt). Es sind letztlich zu viele Charaktere für Parts, die maximal zwei Rollen hergeben.

Schon besser fährt da Sil – dem Script gelingt es gut, zunächst Sympathien für den Alien-Hybriden aufzubauen (und die kurzfristige Änderung, dass Sil ihr erstes Opfer in Notwehr tötet, ist sinnvoll gesetzt) und ihre Zielgerichtetheit, ihre kaltblütige Brutalität und ihre Intelligenz sukzessive zu steigern; zu Beginn des Films ist sie naiv, unbesonnen, leichtsinnig, im Schlussakt ist sie in der Lage, das komplette Expertenteam an der Nase herumzuführen (bei der Vortäuschung ihres Todes z.B.).

Positiv zu bemerken sind die Dialoge, die meist von einer nachvollziehbar knappen Geschäftsmäßigkeit sind (nur im Schlussakt wird’s gelegentlich etwas Pathos zu viel, wenn Marg Helgenberger darüber sinnieren muss, „welche Hälfte von ihr die Raubtierhälfte sei“ und meint, es wäre vielleicht die menschliche Seite… Michael Madsen hat zum Glück den passenden witty repartée auf Lager: „The dead half“).

Regie führte mit dem Australier Roger Donaldson ein unterschätzter Mann – er inszenierte 1984 das de-Laurentiis-Remake der „Meuterei auf der Bounty“ (mit Mel Gibson als Fletcher Christian und Anthony Hopkins als Captain Bligh), 1987 Kevin Costners echten Durchbruch „No Way Out“, 1988 „Cocktail“ mit Tom Cruise und wurde nach „Species“ mit dem lahmeren der beiden Hollywood-Vulkanausbrüche „Dante’s Peak“ und dem formidablen real-life-Polit-Thriller „Thirteen Days“ auffällig. 2008 drehte er mit Jason Statham in der Hauptrolle „The Bank Job“. Donaldson mag kein „auteur“ sein, aber er ist ein ausgezeichneter Handwerker und, wie seinem quantitativ überschaubaren, aber ungeheuer vielseitigem Ouevre zu entnehmen ist, in der Lage, in allen Genres, die ihm vorgesetzt werden, gute Arbeit zu leisten. „Species“ ist technisch weitgehend perfekt (so perfekt eben die FX-Technik 1995 war), und hat nur im Mittelakt leichte Probleme, das Tempo zu halten; die Auftaktphase ist ebenso furios wie der zwar genre-klischees bedienende, aber schnörkellos und zielstrebig inszenierte Showdown. Es ist eher ein Problem des Scripts, das sich gen Filmmitte etwas vertändelt, als des Regisseurs, dass „Species“ ob der kleineren Längen im zweiten Akt vielleicht zehn-fünfzehn Minuten zu lang wirkt (mit 104 Minuten bewegt man sich heutzutage zwar an der unteren Grenze für Blockbuster-Kino, seinerzeit war’s für einen Genre-Film noch eine geradezu epische Laufzeit). Mit Andrzej Bartkowiak steht ein Profi an der Kamera (der später selbst ins Regiefach wechselte, Action-Klopper wie „Romeo Must Die“, „Cradle 2 the Grave“ oder „Doom“ drehte und momentan an der neuen „Street Fighter“-Verfilmung schraubt), der auch keine künstlerischen Ambitionen hegt, aber weiß, wie er eine Actionszene zu fotografieren hat. Slick ist auch der Schnitt vom zeitweiligen James-Cameron-Stammcutter Conrad Buff. Insgesamt ist speziell das set-up der „Kills“, die zumeist off-screen stattfinden, gelungen, so dass Donaldson nicht mehr an Splatter-FX auffahren muss als unbedingt nötig.

Den Score steuert der stets zuverlässige Christopher Young bei, „music supervisor“ Jellybean Benitez (dessen größter Hit das Santana-Dance-Cover „Jingo“ sein dürfte) sorgt durch die zwar gefällige, aber auch ein wenig beliebige Auswahl von mid-90es-Pop dafür, dass „Species“ sich selbst recht eindeutig datiert.

Wie man sich täuschen kann – in meiner nostalgischen Verklärung (ich hatte den Streifen sicher zehn Jahre nicht mehr gesehen) hielt ich „Species“ für einen relativ saftig-harten Film – tatsächlich braucht „Species“ nicht mehr als zwei-drei echte Splattereffekte, was nur ein Indiz dafür ist, wie hoffähig Splatter mittlerweile im Mainstream geworden ist, während man die aus heutiger Sicht absolut vernachlässigenswerten Harmlosigkeiten seinerzeit für reichlich heftig im Kontext eines Major-Studio-Big-Budget-Produkts hielt. Anstelle von großangelegten Splattrigkeiten erfreut uns „Species“ daher mit einigen schön-schleimigen Ekeleffekten (und, hossa, Titten-Tentakeln – das hatte es vorher wohl auch nur in Hentais gegeben), teilweise CGI-animiert. Der Showdown in der Kanalisation ist ein schönes Beispiel für frühe CGI-Arbeit – wie später Peter Jackson in technischer Perfektion Gollum zum Leben erwecite, ist Sil im Finale per motion-capture-Verfahren entstanden; mangels eines verfügbaren echten, an Wänden und Decken herumkrabbelnden Darstellers, wurden die CGI hier über Puppen gelegt. Hier sieht man deutlich, welche Fortschritte die Digitalhexerei in den letzten 10-15 Jahren gemacht hat, denn während die Sil-Animationen 1995 sicherlich noch aufsehenerregend waren, wirken sie heute bieder, durchschaubar und offensichtlich nachträglich eingefügt – das soll jetzt keine despektierliche Kritik sein, sondern nur eine rein technische Feststellung: FX von der Güte von „Species“ kann heute jedes zweitklassige B-Studio hinrotzen.

Erfreulich ist natürlich die Tatsache, dass Natasha Henstridge in verschiedenen Stadien der Unbekleidung zu begutachten ist, auch Marg Helgenberger lässt sekundenkurz die Hüllen fallen.

Der Cast ist prominent – anno 1995 war’s noch vergleichsweise unüblich, dass sich echte Schauspieler ™ mit Oscars am Gürtel in Genre-Ware verdingten, und demzufolge noch eine ziemlich große Nummer, dass Ben „Gandhi“ Kingsley in einem Film über ein sexbesessenes Alienmonster mitspielt (heutzutage, wo Kingsley in jedem Bollwerk mitspielt, das sich ihm anbietet, ist das ziemlich entwertet); Kingsley wirkt im Vergleich zu angesprochenen späteren B-Movies noch regelrecht motiviert… Michael Madsen („Reservoir Dogs“, „Kill Bill“) ist für mich das darstellerische Highlight, so gut aufgelegt sieht man den Mann, der hier auch mal eine *etwas* andere Rolle als den üblichen schlecht gelaunten Gangster spielen darf (einen schlecht gelaunten Regierungs-Agenten), selten. Alfred Molina („Grabgeflüster“) und speziell Forest Whitaker (Battlefield Earth) sind ziemlich verschwendet, wobei Whitaker wenigstens die ein oder andere Szene mehr hat als Molina, der eigentlich erst mit seinem on-screen-Abgang wirklich auffällt. Lange Zeit habe ich mich gefragt, was mich an „Species“ schon immer ein wenig gestört hat, ohne es wirklich definieren zu können – seit gestern bin ich mir sicher, dass es Marg Helgenbergers („Tommyknockers“, „Mr. Brooks“) Performance war. Ich könnte immer noch nicht detailliert aussprechen, *was* es ist, aber ich werde mit ihrer Darstellkunst nicht warm. Natasha Henstridge dagegen (Adrenalin: Fear the Rush) macht sich ganz gut – nicht nur optisch, sondern auch in der Umsetzung ihres Charakters. Ist halt der weiteren Karriere nur selten förderlich, in seinem ersten großen Film nackt + böses Monster zu sein. Schade, denn die Henstridge deutete hier an, nicht nur über einen schmucken Körper, sondern auch schauspielerisches Talent zu verfügen.

Bildqualität: MGM/Fox verklappt das komplette Franchise zum Spartarif in einer (vom Design her nicht gerade prickelnden) 4-DVD-Box. „Species“ erscheint in einem grundsoliden anamorphen 2.35:1-Transfer – nicht spektakulär, aber absolut tauglich und auch gut genug, um im Showdown die Rechnerherkunft der Sil-Kreatur deutlich offenzulegen. Bilddefekte, Verschmutzungen und Masteringfehler sind nicht zu verzeichnen, Schärfe- und Kontrastwerte bewegen sich im leicht überdurchschnittlichen Bereich, die Kompression arbeitet klaglos.

Tonqualität: Neben deutscher Tonspur bietet MGM/Fox hier noch die englische O-Ton-Spur sowie spanische Synchronfassung, alles in Dolby Digital 5.1. Die Originaltonspur ist gut abgemischt, ohne herauszuragen, rauschfrei und kristallklar. Ein Rudel Untertitelspuren wird mitgeliefert.

Extras: Leider keine – die Extras der alten Laserdisc-Fassung fehlen ebenso wie etwaig neu produziertes Bonusmaterial. Für eine „definitive“ Franchise-Box doch eher unangebracht, aber das Preisargument gleicht einiges aus.

Fazit: „Species“ ist kein großer Klassiker – das war auch nie so gedacht, mehr als einen unterhaltsamen Kommerzreißer wollten die Produzenten (unter ihnen Frank Mancuso jr., der etliche „Freitag, der 13.“-Folgen betreute und auch die – nicht verwandte und verschwägerte – „Freitag“-TV-Serie finanzierte) nicht haben, und den bekamen sie. Ausgehend von einer tauglichen und zeitgemäß aufgepeppten Grundidee drehte Donaldson einen ambitionslosen, aber hochprofessionellen, glatten SciFi-Horror-Thriller, der, auch dank eines renommierten, wenn auch unterbeschäftigten Ensembles gut unterhält und ein wenig exemplarisch dafür stehen kann, wie „subtil“ plakativere Härten, wie sie bis dahin nur aus reinrassigen Horrorfilmen bekannt waren, Eingang ins (hierzulande jugendfreigegebene) Mainstream-Kino fanden. Darob muss man „Species“ nicht auf ein Podest stellen, aber ein flotter, gut ansehbarer Streifen ist er immer noch. Drei Sequels hätte es zwar nicht wirklich gebraucht, den Spaß am Original muss uns das allerdings nicht verderben.

4/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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