Spanish Judges – Blutiges Geschäft

 
  • Deutscher Titel: Spanish Judges - Blutiges Geschäft
  • Original-Titel: Spanish Judges
  •  
  • Regie: Oz Scott
  • Land: USA
  • Jahr: 1999
  • Darsteller:

    Vincent D’Onofrio (Max), Valeria Golino (Jamie), Matthew Lillard (Jack), Mark Boone Junior (Piece), Tamara Mello (Mars Girl)


Vorwort

Auf Jamie, die weibliche Hälfte eines bestenfalls zweitklassigen Ganovenduos, wartet in der heimischen Wohnstatt unangekündigter Besuch. Der freche Eindringling stellt sich als Jack und Bruder ihres Boyfriends Max vor. Dumm nur, dass Max nach seinem Dazustoßen glaubwürdig auskunftet, noch nie einen Bruder gehabt zu haben. Eine kleine Lüge unter zukünftigen Freunden hält Jack für nicht der Rede Wert, schließlich hat er ein lukratives Jobangebot, dass Jamie und Max je 100.000 Dollar für eine Nacht Arbeit einbringen soll. Jack braucht dringend Rückendeckung für die Übergabe zweier antiker Wummen, der „Spanish Judges“, die Jack für seine Auftraggeber im Zuge eines blutigen Shoot-outs organisiert haben will. Aufgrund akuter Ebbe in der gemeinschaftlichen Haushaltskasse stimmen Jamie und Max zu. Bevor an die Übergabe gegangen werden kann, muss aber noch ihr tumber, aber treffsicherer Pistolenmann Piece, der gerade mit einem „Geschäftspartner“ den Verbleib von zweitausend Dollar erfolglos zu klären versucht, ausgelöst werden. Pieces Freundin, die sich für eine Marsianerin hält, lässt sich auch nicht davon abbringen, der Übergabe beiwohnen zu wollen. Wie in Gangsterfilmen nicht anders zu erwarten, endet der vermeintlich risikolose Deal in einem von Jack provozierten Blutbad. Der mimt den Fröhlichen, hat man nun doch sowohl die Kohle als auch die Pistolen und somit richtigen Reibach gemacht. Max und Jamie sind sich recht sicher, dass irgendwas an der Sache nicht koscher ist, sind aber nur gern bereit, auf Jacks Unfrieden stiftende Einflüsterungen zu lauschen und sich bald gegenseitig an die jeweiligen Hälse zu gehen. Die Nacht werden nur wenige überleben…


Inhalt

Und wieder mal ein hipper Gangsterfilm, der natürlich im Fahrwasser der einschlägigen Tarantino-Filme daher kommt, sich aber doch in einigen Details angenehm von den üblichen bloßen Rip-offs abhebt.

Selbstredend sind wir wieder einmal Zeugen einer Geschichte, in der jeder jeden hintergeht, soweit, so oft gesehen. Mit der Rollengestalt des Jack haben wir hier allerdings einen „Katalysator“, der, quasi als das sprichwörtliche kleine Teufelchen auf der Schulter, den anderen Charakteren diverse Flöhe ins Ohr setzt, sie bewußt gegeneinander ausspielt. Die Begründung für dieses sein Tun, ergo die Auflösung der Plotte, ist nicht unbedingt großartig glaubhaft oder originell, allerdings hält Jack als wandelndes Plot Device die Story schön am Rollen, das Script vermeidet so lästige Durchhänger, sondern hält sein Tempo hoch – es hilft dabei natürlich, dass der Film sein Geschehen auf eine Nacht konzentriert (mit Ausnahme von ein-zwei Flashback-Sequenzen, wobei der Streifen abgesehen davon linear erzählt wird).

Durchgeknallte Charaktere und ironische Dialoge sind wir ja zwischenzeitlich zur Genüge aus dem Genre gewohnt, aber „Spanish Judges“ schießt in der Hinsicht den Vogel ab – sämtliche Charaktere sind so völlig durch den Wind (Max, jähzorniger Kontrollfreak mit Antiquitätentick; Jamie, mißtraurische Giftmischerin mit schlagkräftigen Argumenten; Piece, der geistig eher sparsam ausgestattete Knarrenheinz; „Mars Girl“, die Möchtegern-Außerirdische, an deren Übernatürlichkeit vielleicht *doch* was dran ist), wie man es noch kaum erlebt hat. Kombiniert mit den genreüblich vulgären, dafür aber oft einfach zum Brüllen komischen Dialogen und unerwarteten Ausflügen in Situationskomik könnte man fast auf die Idee kommen, es mit einer gewollten Genre-Parodie zu tun zu haben (und nach einer gelungenen Parodie schreit das Genre ja geradezu – „Plump Fiction“ kann man ja schwerlich als „gelungen“ klassifizieren). Zwar verzichtet der Streifen konsequent auf eine Identifikationsfigur, aber da die diversen Bösbuben- und -mädels so viele Macken und Dellen haben, über die man sich amüsieren kann, fällt das gar nicht wirklich auf.

„Spanish Judges“ lebt durch seine Geschichte und seine Charaktere – da kann der Regisseur, der mir bis dato unbekannte Oz Scott (praktisch ausschließlich im US-TV tätig und als solcher verantwortlich für Episoden aus Serien wie „Lois & Clark“, „L.A. Law“, „Timecop“ oder „C.S.I.“), kaum mehr was falsch machen. Macht er auch nicht, obwohl der Film sicherlich mit einem sehr schmalbrüstigen Budget entstand. Wären nicht die zwei großen Action-Szenen (Shoot-outs), könnte man „Spanish Judges“ für eine Theateradaption halten – 90 Prozent des Films spielen in einem einzigen Set, der Wohnung von Jamie und Max, und wenn man’s mal genau betrachtet, könnte man die wenigen „externen“ Szenen ohne große dramaturgische Probleme aus dem Film entfernen. Da das Wohnungs-Set aber detailfreudig-liebevoll dekoriert wurde und man als Zuschauer alle Hände bzw. Ohren damit zu tun hat, den Dialogen und den Tricksereien zwischen den Charakteren zu folgen, wird’s nie langweilig, trotz der nicht sonderlich aufregenden Inszenierung und der routinierten, aber uninspirierten visuellen Gestaltung.

Obschon, wie sicher bereits klar geworden ist, der Film weniger von spekulativen Gewaltexzessen als vielmehr dem character interplay lebt, verdient sich der Streifen seine KJ-Freigabe durch die beiden doch ziemlich knackigen und blutigen shoot-outs. Sicherlich kein splatterlastiger Bodycount, der einem John-Woo-Fan alter Schule Tränen der Rührung über die Wange treiben würde, aber für den ein oder anderen Hallowach-Effekt durchaus brauchbar. Der Film würde, wie gesagt, auch ohne die Gewaltausbrüche überleben, aber mit ihnen is‘ auch nich‘ schlecht…

Verzichten muss „Spanish Judges“ auf einen hippen, songlastigen Soundtrack Marke Tarantino. Der verwendete orchestrale Score ist zurückhaltend, wird dosiert eingesetzt und ist mit dem Adjektiv „unauffällig“ vermutlich am treffendsten umschrieben.

Erstaunlich ist das für einen unabhängig entstandenen Film bemerkenswerte Staraufgebot. Als schöngeistig-jähzorniger Mittelklasse-Ganove glänzt Vincent D’Onofrio („Men in Black“j, „Strange Days“), die kongeniale Partnerin für Wort- und sonstige Gefechte findet er in Valeria Golino, die ein breites Publikum aus den „Hot Shots“-Blödelfilmen kennt und die in „Spanish Judges“ zur Freude der Voyeure komplett blank zieht, aber auch sonst als durchtriebene Gangsterbraut eine gute Figur macht. „Scream“-Nervensäge Matthew Lillard hat mit dem manipulativ-bösartigen Jack eine Paraderolle gefunden – kein Wunder, dass Lillard auch als Co-Produzent einstieg. Seine im Normalfall leicht irritierende Screen-Präsenz erweist sich für die Rolle als Idealbesetzung. Immer wieder gerne sehe ich den vielseitigen character player Mark Boone Junior („Trees Lounge“, „I Still Know What You Did Last Summer“), der hier als leicht beschränkter Revolvermann ebenfalls eine gute Vorstellung bietet. Und Tamara Mello als „Mars Girl“ ist einfach süß…

Bildqualität: Cascarde Films legt „Spanish Judges“ in einem anständigen 4:3-Vollbildformat vor. Der Print ist sauber, frei von Defekten oder Verunreinigungen, bietet angenehme Schärfewerte, gute Farben und einen gut brauchbaren Kontrast. Die Kompression verrichtet klaglos ihren Dienst.

Tonqualität: Leider liefert Cascarde wie üblich nur die (nicht gerade hochgradig motiviert ausgefallene) deutschsprachige Synchronfassung bei. Diese bietet in Dolby Digital 2.0 gute Sprachqualität, regelt den Score fast zu weit zurück und stellt mit den wenigen „lauteren“ Szenen nichts gewinnbringendes bzw. anlageausreizendes an. Nothing to write home about.

Extras: Da Cascarde die berühmt-berüchtigten Features „Autostart“ und „Autorepeat“ ersichtlich wichtiger waren als die auf dem Cover versprochene „Slideshow“, bleibt in dieser Kategorie nur ein dickes NIX.

Fazit: Ich ging mit relativ geringen Ansprüchen spät gestern abend an „Spanish Judges“ – ob’s nun an der Uhrzeit und damit einer eventuell eingeschränkten Zurechnungsfähigkeit, kann ich nicht sagen, aber ich habe mich mit dem Film gut unterhalten. Er erfindet das Genre sicher nicht neu, punktet aber durch eine abgedrehten Charaktere und die bizarren Situationen. Die Schauspieler leisten, soweit die Synchronfassung dies noch bewerten lässt, durchaus gutklassiges. Auch wenn der Streifen im Schlußakt etwas ausfasert und das Ende nicht gerade das Gelbe vom Ei ist, kann ich „Spanish Judges“ guten Gewissens als kurzweiliges Entertainment für dem Abseitigeren aufgeschlossene Genrefreunde empfehlen. Cascardes DVD erfüllt bild- und tontechnisch den Zweck.

3/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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