Sniper: Special Ops

 
  • Deutscher Titel: Sniper: Special Ops
  • Original-Titel: Sniper: Special Ops
  •  
  • Regie: Fred Olen Ray
  • Land: USA
  • Jahr: 2016
  • Darsteller:

    Steven Seagal (Jake), Rob van Dam (Vasquez), Tim Abell (Vic), Charlene Amoia (Janet), Daniel Booko (Rich), Jason-Shane Scott (Tyler), Anthony Batarse (Bashir), Gerald Webb (Marcus), Dale Dye (Jackson)


Vorwort

Afghanistan – ein kriegskritischer amerikanischer Kongressabgeordneter, der sich mal vor Ort ein Bild von der Lage machen will, fällt in die Hände einer Taliban-Fraktion. Eine Spezialeinheit unter der Führung von Sgt. Vic Mosby haut den Politiker leicht zerdellt, aber lebendig, aus der Bredouille, muss aber auf der Flucht Sniper Jake Chandler und seinen verletzten Spotter zurücklassen (wenn das mal die Marines hören…).

Colonel Jackson, der lokale Befehlshaber, verweigert Mosby eine umgehende Rettungsmission, weil der Stützpunkt grade einen lästigen Munitions- und Soldaten-Engpass durchleidet. Zudem hat Jackson noch die zivile Beobachterin Janet Conrad am Hals, ihres Zeichens entitled brat/selten dumme Sumpfkuh, die un-be-dingt in einen Kampfeinsatz will.

Jackson hat aber eine andere Aufgabe für Mosby und seinen rechte-Hand-Mann Vasquez – ein Versorgungs-Truck, vollgepackt mit Munition und Treibstoff, ist irgendwo in der Pampa liegengeblieben. Den soll Mosby apportieren, oder, falls dies nicht opportun erscheinen sollte, ersatzweise in die Luft sprengen. Mosbys Drei-Mann-Team sieht sich um die blinde Passagierin Janet ergänzt, die keine Zeit verliert, überall im Weg rumzustehen und generell verblödet zu sein. Der Truck wird gefunden, doch auch der hat jemanden an Bord, der da nicht hingehört – Tochter und Enkel des örtlichen Taliban-Obermackers, die Reißaus genommen haben. Opa Taliban hätte besonders sein Enkelkind gerne wieder, und das bevorzugt in einem Stück, was Mosbys Truppe durchaus entgegenkommt. Mosby verfällt auf einen lustigen Gedanken – er sitzt doch jetzt auf einer gigantischen Munitionskiste, hätte dank Talibantusse praktisch freien Eintritt in das von den Terroristen besetzte Dorf, in dem sich noch Chandler und sein Hiwi versteckt halten. Das müsste sich doch irgendwie kombinieren lassen…


Inhalt

Ich würde ja darüber lästern, dass Steven Seagal mittlerweile auf dem totem pole abgehalfterter Action-Stars so weit nach unten gerutscht ist, dass Fred friggin‘ Olen Ray ihn sich leisten kann, aber dann fällt mir wieder ein, dass Seagal sich schon anno 2000 in Albert Pyuns Stock-Footage-Epos „Ticker“ zur Wurst machte, und da war Steven sogar noch einigermaßen in Form…

Naja, es ist ja nicht so, als ob der Dicke hier eine Hauptrolle spielen würde. Natürlich macht sich sein Name immer noch gut auf dem Cover wie seine per Photoshop auf einen generischen Soldaten-Körper gepinnte Visage und verkauft ein paar Einheiten mehr, und wenn das nun wieder ein paar Dollar in Freddie Rays Kriegskasse spült und er damit wieder eine neue restaurierte Version eines seiner Klassikers produzieren kann, bin ich der letzte, der sich beschwert…

„Sniper: Special Ops“ (nicht zum „Sniper“-Franchise gehörend) ist eine Co-Produktion von Hybrid, der Produktionsfirma, die einige von Rays jüngeren Indie-Produktionen (wie den recht patenten Western „American Bandits“ über die James-Brüder) stemmte, und Voltage Pictures, der Klitsche, an die Seagal seine Seele verkauft hat und abgesehen von einer Beteiligung an „Dallas Buyers Club“ noch nichts wirklich sehenswertes hervorgebracht hat.

Federführend ist hier aber sicherlich Ray, der auch das Drehbuch schrieb und als Produzent fungierte, und der als kleine Familienzusammenführung auch seinen Sohnemann Chris als associate producer und first assistant director ins Boot holte (wie wir wissen, ist Chris ja hauptamtlich als Produzent/Regisseur auf der Lohnliste von Asylum, von wo er wohl gleich VFX-Mann Joseph J. Lawson zu „Sniper“ brachte).

Gut, wir sind uns allgemein einig darüber, dass man Seagal heutzutage dafür verpflichtet, seinen Namen aufs Cover schreiben zu können (s.o.) und ihn dann irgendwo abzustellen, ab und zu im Sitzen zu filmen und ihn ansonsten mit Putin telefonieren zu lassen o.ä. Die eigentliche Hauptrolle übernimmt daher Tim Abell, einer von Rays Stammakteuren (erstmals eingesetzt in „Attack of the 50-Ft-Centerfold“) und bevorzugt in seinen DTV-Actionkrachern eingesetzt. Auch wenn Tim mit seinem Gesichtsteppich mittlerweile aussieht wie ein enterbtes Mitglied der Duck Dynasty, das ist etwas, was er hinbekommt (immerhin hatte er ja auch eine Hauptrolle in der Action-TV-Serie „Soldiers of Fortune Inc.“, immerhin an der Seite von Dennis Rodman. Hat also auch Erfahrung mit Leuten, die Dikatoren geil finden). Als Sidekick weiß Abell Wrestler Rob van Dam neben sich, der ja nun auch schon ein paar Jahren daran arbeitet, sich als DTV-Actionstar zu etablieren – mit mäßigem Erfolg, denn wie so mancher Wrestler hat der frühere ECW- und WWE-Champ so seine liebe Not damit, sein unbestreitbares Ring-Charisma vor der Filmkamera zu reproduzieren). Abgerunden wird der Cast durch Charlene Amoia („How I Met Your Mother“, „American Pie – Das Klassentreffen“) und Kommisskopp-Extraordinaire Dale Dye („Platoon“, „Starship Troopers“, „Falling Skies“). Kein Traumensemble, aber okay für die Mittel, die ein Fred Olen Ray üblicherweise zur Verfügung hat.

„Sniper“ betreibt allerdings Etikettenschwindel, denn eine Scharfschützen-Mär ist der Film maximal drei-vier Minuten lang. Nach der Eröffnungsszene, mit der sich Seagals Beteiligung am, ähm, Plot, auch so ziemlich erschöpft (den Rest des Films sitzt er neben seinem waidwunden Kumpel in einem zertrümmerten Hotelzimmer, hat die dicke Sonnenbrille auf und muss also nicht mal kucken, und lässt sich sogar dafür doublen, ganz ordinär eine Treppe runterzulaufen. In Sachen akute Arbeitsunlust hat Seagal anno 2016 wohl nur noch in Bruce Willis einen ernstzunehmenden Rivalen) lässt der Streifen das Sniper-Gimmick links liegen und verwandelt sich einen sehr generischen Kriegs-Actionfilm. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich gut, zumal der Aufwand budgetbedingt eben überschaubar bleiben muss und für richtig große set-pieces kein Geld da ist (selbst UFOs „Jarhead“-Sequels spielen da finanziell wohl in einer anderen Liga). Was an Action geboten wird, ist sicher ganz manierlich (auch wenn man mehr als ahnt, dass die anonymen towelhead-Taliban durchschnittlich dreimal erschossen werden, weil man nur eine begrenzte Anzahl von Extras/Stuntleuten hatte) und kann den anspruchlosen Ballerfreund bei Laune halten, aber auch recht blutleer (und -arm).

Der Plot lässt Ray auch keinen Raum für seinen typischen (gerne mal kindischen) Humor – und wir alle wissen, dass Ray immer dann am besten ist, wenn er selbst „part of the joke“ ist (wie in „Hollywood Chainsaw Hookers“ oder „Evil Toons“). Das Tempo ist allerdings ordentlich und Amüsemang kann man immerhin aus Charlene Amoias Charakter-Arc ziehen, wenn aus der Dumpftusse, die sich mit Freuden in die Schussbahn eines Raketenwerfers stellen würde, wenn sie ein gutes Foto kriegt, eine MG-schwingende Killerbraut wird. Nur unwesentlich realistischer als „Godzilla“, aber ganz spaßig.

Seagal selbst hat’s mal wieder einfach – er muss quasi nichts tun, wie wir schon etabliert haben, darf aber am Ende Tim Abell fist-bumpen und den letzten b/w-soldaten-Glamour-Shot zelebrieren, als hätte er den Tag gerettet. Top-Billing ist was feines (dass die zwei-drei Interludien, in denen wir im Filmverlauf zu Seagal und seinem Buddy blenden, fürchterlich aus dem Flow reißen, ist halt so. Wenn man ihn hat, muss man ihn halt einbauen, auch wenn die Szenen so aussehen, als hätte man Seagal in seinen Drehpausen abgefilmt).

Ergo: auch Fred Olen Ray schafft es nicht, Seagal anno 2016 etwas zu entlocken, das man mit zugekniffenen Hühneraugen „performance“ nennen könnte, was an und für sich schon für mich wieder lustig genug ist (ich bin wohl eine verwandte Seele – mit schierer Arbeitsverweigerung nicht nur durchzukommen, sondern gutes Geld zu verdienen, ist einer meiner Träume, und der Dicke lebt ihn). Der Rest ist solides Handelklasse-B-Minus-Geballer, bei dem erfreulicherweise der „USA! USA! HARR!!!“-Faktor praktisch non-existent ist (Trump wird das wohl nicht gefallen) – braucht man nicht, tut aber auch nicht übermäßig weh.

2/5
(c) 2016 Dr. Acula


mm
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