Snakes on a Plane

 
  • Deutscher Titel: Snakes on a Plane
  • Original-Titel: Snakes on a Plane
  •  
  • Regie: David R. Ellis
  • Land: USA
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Samuel L. Jackson (Neville Flynn), Julianna Margulies (Claire Miller), Nathan Phillips (Sean Jones), Rachel Blanchard (Mercedes), Flex Alexander (Three G’s), Kenan Thompson (Troy), Keith Dallas (Big Leroy), Lin Shaye (Grace), Byron Lawson (Eddie Kim), Sunny Mabrey (Tiffany), Bruce James (Ken)


Vorwort

Verbrecher können echt nachtragend sein – weil Gangsterboss Eddie Kim es irgendwie nicht gut findet, dass Staatsanwalt Hayes gegen ihn ermittelt, folgt er ihm in den Urlaub nach Hawaii und tötet ihn dort persönlich auf eher rustikale Art. Dumm nur, dass der junge Surfer und Motocrosser Sean die Exekution zufälligerweise beobachtet. Da sein Spähen nicht unbemerkt bleibt, steht Sean schnell auf Kims Abschussliste ganz weit oben. Und auch das FBI in Person von Agent Flynn interessiert sich für einen möglichen Belastungszeugen. Es gelingt Flynn, Sean zur Aussage in L.A. zu überreden, doch da muss man erst mal per Flieger hin…
Der lange Arm des Verbrechens reicht aber auch an den Airport von Hawaii – raffiniert lässt Eddie Kim eine ganze Fuhre tödlicher Giftschlangen an Bord des Linien-Jumbos, dessen komplette Erste Klasse das FBI requiriert hat, schmuggeln und vergisst nicht, diese durch einen kleinen, aber feinen biologischen Trick ultraagressiv zu machen. Der Plan geht auf – kaum ist die Mühle in der Luft, befreien sich die Schlangen aus dem Frachtraum, schließen einige wichtige elektrische Systeme kurz und infiltrieren die Passagierkabine, die vom üblichen Katastrophenfilm-Ensemble besetzt wird. Nach einem ersten leichenintensiven Gemetzel sieht sich Agent Flynn einem gewaltigen Problem gegenüber – wie bringt man einen schlangenverseuchten Jumbo und seine Passagiere heil nach Los Angeles? Die Überlebenden verschanzen sich zunächst im Vorderteil des Flugzeugs, doch wärend Flynns Kollegen in L.A. nach den diversen Gegengiften fahnden, gelingt dem Natterngezücht der Durchbruch…


Inhalt

Okay, ich gestehe – mir ging’s nicht anders als den tausenden anderen Internet-Nerds; als ich den Titel „Snakes on a Plan“ zum ersten Mal hörte, war ich verliebt. Ein großes Studio (New Line) dreht mit dicker Kohle und einem Star wie Samuel L. Jackson einen Film, dessen Synopsis nach einem SciFi-Channel-Monster-of-the-Week-Heuler Marke „Komodo vs. Cobra“ anhört? Da bin ich aber sowas von dabei (und Jim Wynorski und Fred Olen Ray ärgern sich wahrscheinlich heut‘ noch grün und blau, dass sie sich nie getraut haben, diese Prämisse zu bringen. Flugzeugkatastrophenthriller ja, Schlangenhorror ja, aber doch nicht beides in einem)… Der Internet-Hype, der sich schnell um „Snakes on a Plane“ entwickelte, schien selbst New Line zu überraschen. Man beugte sich den Wünschen potentieller Fans und beauftragte Nachdrehs, um den als PG-13 konzipierten Streifen mit zusätzlicher Härte auf ein R zu trimmen (schön, dass das auch umgekehrt geht); dabei wurde auch die viel zitierte Catchphrase „I’ve had it with motherfuckin‘ snakes on this motherfuckin‘ plane“ (im Deutschen leider nicht halb so cool) ins Script eingebaut.

Gut, an den US-Kinokassen musste New Line realisieren, dass Internet-Nerds allein nicht für Gazillionen Dollar sorgen – Schiffbruch ist sicherlich was anderes, als was dem Film am Box Office widerfuhr, aber nach dem Vorabgedöns war das Einspielergebnis milde enttäuschend (oder wie sich New-Line-Vertreter ausdrückten: Der Streifen performte normal für einen Horrorfilm, man hatte aber mehr erwartet). Aber das soll uns ja nicht davon abhalten, mit diesem Werk Spaß zu haben, oder?

Und, bei meiner Seel, Spaß hatte ich mit diesem Film. Eins ist klar – „Snakes on a Plane“, da können wir keine griechischen Tragödien oder tiefschürfende Charakterstudien erwarten (das machte auch der wunderbare, beinahe text-only Teasertrailer schon klar). Was wir hier brauchen, sind funktionierende Klischees – der Film bedient sich mit beinahe schon Dreistigkeit zu nennender Offenheit im Zitatenschatz des Katastrophenfilms; die Charaktere könnten allesamt aus einem beliebigen „Airport“-Sequel stammen: die Flugbegleiterin auf ihrem letzten Flug, das Ehepaar mit Flugangst, die junge Mutter mit Baby, den miesgelaunten Businessman, dem alles und jeder auf den Keks geht, die allein fliegenden Kinder, die blasierte Modepüppi mit Kuschel-Chihuahua und, dieses eine eher moderne Ergänzung, der mit Bodyguards reisende Rapstar (übrigens wunderbar als eine Art Mischung aus Will Smith und P. Diddy interpretiert von Flex Alexander, im wahren Leben übrigens KEIN Rapper). Das sind erprobte Genre-Archetypen, alles andere als originell, aber sie funktionieren halt immer wieder – jede Figur verhält sich so, wie wir als Zuschauer es erwarten (und bitterlich enttäuscht wären wir, wenn dem nicht so wäre).

Die vorgeschobene Thrillerhandlung, wenn man so will, eine Art Hommage an den Film-Noir-Klassiker „Narrow Margin“ (seinerseits von Peter Hyams 1990 neu aufgelet), sorgt dafür, dass wir anstelle einer langwierigen Setup-Phase gleich mit Action (dem Mord am Staatsanwalt und einem zünftigen Shoot-out) beginnen können und sorgt auch für die Ausrede, Schlangen an Bord des Flugzeugs zu bringen. Okay, der Plan sieht auf den ersten (auch auf den zweiten und dritten) Blick ziemlich dämlich aus, der Film bemüht sich immerhin, einen halbwegs plausible Erklärung für diesen Umstandskrämer-Mordversuch zu bieten (in der Post-9/11-Welt ist’s halt nicht mehr so einfach, eine Höllenmaschine in einen Flieger zu schmuggeln; Schlangen als Kaltblütler lassen sich auch von Wärmesuchgeräten nicht aufspüren). Aber wie sicher inflationär in Reviews zu diesem Film angeführt: it’s „Snakes on a Plane“. Was erwarten wir? Genau.

Und das, was wir erwarten, nämlich killwütige Schlangen, die sich durch eine Flugzeugbelegschaft beißen, liefert der Film en gros. David R. Ellis („Final Destination 2“, „Final Call“), der das Projekt vom ursprünglich vorgesehenen Ronny „Bride of Chucky“ Yu übernahm, setzt auf Tempo, Energie und viel viel Screentime für seine Schlangen. Ohne zu verleugnen, im tiefsten seiner Seele „camp“ zu sein, ist der Streifen zupackend inszeniert, ist sich weder für full-scale-Mörder-Rampage (die Schlangen legen zwei große Metzelorgien ein, die den Body Count in erstaunliche Höhe treiben), jump scares noch gross-out-Schockeffekte zu schade, vergisst aber dabei nie das ironische Augenzwinkern, trockenen Humor und den ein oder anderen one-liner; die perfekte Mischung für einen Popcorn-Actionhorror-Rollercoaster-Ride, wie man (zumindest ich) ihn gerne sieht, aber viel zu selten wirklich zu sehen bekommt. Ab Minute 30 oder so gibt’s keine Atempause mehr, da geht’s nur noch nach vorne – man kann gar nicht mehr darüber nachdenken, ob das, was sich auf der Leinwand abspielt, nun in irgendeiner Form logisch oder sinnvoll ist; „Snakes on a Plane“ ist so adrenalingeladen, dass einem mal wieder so richtig klar wird, was für ein großer Haufen Langeweile „Anaconda“ doch war (um’s anders auszudrücken: „Snakes on a Plane“ frißt „Anaconda“ nebst besserem Sequel aber so was von ungewürzt und am Stück zum zweiten Frühstück).

Handwerklich ist an der Arbeit des Regisseurs und seiner Crew nichts auszusetzen – Ellis braucht keine größeren visuellen Mätzchen als schick grüngefilterte Schlangen-POV. Effektseitig ist „Snakes on a Plane“ trotz R-Rating keine Gore-Schlachtplatte geworden, aber wohltuend härter als der gewöhnliche weichgespülte Hollywood-Horror ist’s dann schon (und auch angemessen fies – keine Körperöffnung, kein Körperteil – inklusive männlicher Genitalien – ist vor den Zudringlichkeiten der Biester sicher); die „härteste“ Szene ist aber trotzdem mal wieder eine solche, in der einem Schlangenopfer die Bisswunde zwecks Aussaugung aufgeschnitten wird. Nach hiesigen Maßstäben geht die 16er-FSK völlig klar. Die Schlangen sind übrigens größtenteils echt, nur für die größeren Brummer und in Szenen, in denen die Kriechtiere sich nicht regiegemäß verhalten wollten, wird gut gelungene CGI verwendet. Auch an gratitious nudity (mit der im Horrorgenre verdienten, auf dem Fuße folgenden Strafe) wird gedacht.

Klar, dass „Snakes on a Plane“ (ein Film, der seine Existenz der Legende nach übrigens einem lustigen Bar-Meeting diverser Hollywood-Produzenten verdankt, in dem sich die Herrschaften mit den „most awful movie pitches“ gegenseitig unterhielten) nicht gerade Oscar-Kino ist. Aber das Ensemble erfüllt seine Aufgabe mit Bravour. Samuel L. Jackson, die personifizierte Coolness auf zwei Beinen, liefert hier quasi den Gegenpol zu seinem Auftritt in „Deep Blue Sea“ ab (wird aber wenigstens nicht zur Filmmitte gefressen). This guy rocks. „ER“-Krankenschwester Julianna Margulies (durch „Ghost Ship“ mit lebensgefährlichen Transportmitteln schon vertraut) als Flynns Verbündete im Schlangenkampf, Flugbegleiterin Claire, und „Wolf Creek“-Newcomer Nathan Phillips (der irgendwie witzig von der nominellen Haupt- zur realen Nebenfigur degradiert wird) als Sean sind likeable und gut aufgelegt, Rachel Blanchard („Clueless – Die Serie“, „Trouble ohne Paddel“) spielt überzeugend das Paris-Hilton-Imitat Mercedes und natürlich brachte New-Line-Boss Robert Shaye auch seine jüngere Schwester Lin („2001 Maniacs“) unter. Schon erwähnt habe ich Flex Alexander (schon für Pro 7 in „Eis – Wenn die Welt erfriert“ am Start gewesen) als Rap-Superstar „Three G’s“.

Fazit:
Endlich mal ein Film, der allen Erwartungen gerecht wird und sie – je nach Standpunkt des Betrachters – vielleicht sogar noch übertrifft. Ich rezitierte auf dem Weg zum Kino das Mantra „das wird rocken, das muss rocken, da wird rocken, da muss rocken“ und siehe da – „Snakes on a Plane“ rockt tatsächlich gewaltig. Hundert Punkte für Themenerfüllung, Enthusiasmus und Energie. Möglicherweise (ah was, sicher) ist der Film keine große Kunst, aber er ist das, was er sein will und sein kann, nahezu perfektes Popcorn-Entertainment, das sich am ehesten mit „Deep Rising“ („Octalus“) vergleichen lässt. Wer nur die geringste Liebe für’s Genre verspürt und mal wieder so richtig Spaß im Kino haben will, der muss sofort eine Eintrittskarte lösen und zum Lichtspieltempel des Vertrauens pilgern. Da braucht keiner billige Imitate wie „Snakes on a Train“. One thing’s for sure – it’s the best film ever about Snakes on a Plane!


mm
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