Slasher

 
  • Deutscher Titel: Slasher
  • Original-Titel: Slasher
  •  
  • Regie: Frank W. Montag
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Christiane Imdahl (Erin), Christian Stock (Danny), Sebastian Badenberg (Mike), Michael Eisenburger (Chris), Heiko Lange (Tom), Maja Makowski (Maya)


Vorwort

Der Filmausstoß der Amateurfilmer hierzulande ist, bedingt durch den Preisverfall der Videotechnik, in den letzten zehn Jahren dramatisch angestiegen. Unter dem Riesenberg an Material finden sich dabei die Werke einiger echter Talente. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis mal einem deutschen Amateurstreifen der Sprung in die Kinos gelingt, und jetzt ist es tatsächlich passiert: SLASHER startet am 9. August auf 46 Leinwänden. Die große Frage ist natürlich, ob das Ding damit per Definition noch ein Amateurfilm ist. Immerhin zahle ich den selben Eintritt wie für jeden anderen Kinofilm auch, auch das Werbematerial und die Lobbycards sehen professionell aus – der Verleih Mondaymovie will offensichtlich weg vom Image der von Zuhältertypen auf DVD-Börsen gehandelten Strong-Uncut-limitiert-auf-666-Stück-Hartboxen.

Leider enden diese Bemühungen ab dem Punkt, ab dem der Zuschauer seine Kohle an der Kinokasse gelassen hat und in den Saal gelockt wurde. SLASHER unterscheidet sich qualitativ keinen Deut von den Filmen eines Andreas Bethmann, Andreas Schnaas oder, dem Vernehmen nach, Marcel Walz. Der Regisseur Frank W. Montag war mir bislang aus der Amateurszene unbekannt, aber die beiden Szenegängern geläufigen Namen Timo Rose (Musik) und Thomas Kercmar (Produktion) dürften dem Kenner bereits andeuten, dass man nicht unbedingt ein Werk dargeboten bekommt, dass vor Selbstironie, Charme und Logik nur so trieft. Wohlan:


Inhalt

Erin und ihre Kommilitoninnen (die ebenfalls allesamt Ami-kompatible Namen tragen, obwohl sie augenscheinlich in Bochum studieren) sind, sofern sie überhaupt einen distinguierbaren Charakter haben, total crazy Party-People, deren größte Sorge es ist, mit wem sie am Wochenende die Matratze teilen werden. Weil das Studium ach so sehr stresst, wollen diese unsere Heldinnen nebst ihren jeweiligen öligen Macho-Gegenstücken zum Campen an einen nahe gelegenen See. Dort wird in der Zwischenzeit ein Pärchen (das nach dieser Szene nie wieder Erwähnung finden wird) von einem Unbekannten gekillt. Ihrerseits am See angekommen, baut die Studentenbrut ein Zelt auf. Dann baden sie alle im See. Dann erklärt einer der Jungs am Lagerfeuer, was ein Slasherfilm ist und wie er funktioniert (also der Slasher, nicht der Typ). Dann gibt es eine minutenlange Sexszene für eines der Pärchen. In einer für Erin und die Anderen irrelevanten Nebenhandlung rennt ein Bauernhofmädchen vor ihrem inzestbegeisterten Vater weg. Sie läuft zum Grab ihrer Mutter (zwei zu einem Kreuz zusammengebundene Äste) und raucht dort einen Joint. Dann taucht der Killer auf und bringt sie um. Eines der Mädchen und ihr Macker rennen derweil giggelnd durch den Wald, offenbar auf der Suche nach einem Ort, an dem sie den geschlechtlichen Verkehr vollziehen können. Sie kommen zu einem Schwarzwald-mäßigen Haus. Der Typ wird getötet, sie landet im Haus, gefesselt an einem Stuhl. Der stumme, maskierte Killer, dessen Wohnstätte dies ist, steckt ihr ein Fleischermesser zwischen die Beine, sticht mehrfach zu und bewirkt dadurch den Exitus. Überhaupt bringt der Killer im Folgenden so ziemlich alle um, zerkettensägt herzlich unmotiviert zwischendurch noch seine eigene Küche (!) und liefert sich dann mit Erin, dem Final Girl, ein anderthalb Tage (!!) andauerndes Wettrennen durch den Wald. Zwischendurch gibt es zwei jeder Logik entbehrende Plottwists und dann ist der Film vorbei.

Es ist grundsätzlich nicht einfach, die Handlung eines Slasherfilms nachzuerzählen, weil dem Genre die Handlungsreduktion bis hin zur bloßen Alibi-Funktion auf der Fahne geschrieben steht. Dass der obige Versuch einer ungefähren Zusammenfassung sogar dafür aber außergewöhnlich lustlos und zerfahren anmutet, liegt einfach daran, dass SLASHER selbst grundlegendste erzählerische Mittel über Bord wirft, seien es nun kohärente Figuren oder auch die simpelste aller dramaturgischen Regeln, dass aus einer Handlung eine andere erwächst, dass sich eine Geschichte entwickelt.

Für den durchschnittlichen Kinogänger dürfte sich SLASHER damit schon disqualifiziert haben. Er ist aber auch darüber hinaus ein Mistfilm, was nicht mal an seinen zahlreichen technischen Unzulänglichkeiten liegt, die in anderen Reviews schon ausgiebig beschimpft wurden (in aller Kürze: Der Kameramann war offenbar mit den vielen Knöpfen an seinem Gerät restlos überfordert und der Tonmixer hatte definitiv einen Hörschaden), und auch nicht an dem Drehbuch, das, wie oben bereits angedeutet, zwar Kappes ist, aus dem man aber nichtsdestotrotz und gerade im Slasher-Genre irgendwas leidlich Unterhaltsames hätte machen können. SLASHER scheitert daran, dass sein Regisseur haarsträubend untalentiert ist, und das ist nichts, was sich durch das niedrige Budget oder die Eigenheiten des Genres rechtfertigen ließe.

Die Regisseure der Friday the 13th – Serie, aus der Montag mindestens eine Szene eins zu eins kopiert, haben ihr Publikum fest im Griff und sorgen dafür, dass ich auch noch beim dämlichsten Fake Scare vor Schreck tiefer in den Kinosessel rutsche. Montag fehlt diese Souveränität. Seine (ohnehin rar gesäten) Schreckmomente kündigen sich lange vorher an und schlittern dann so unmotiviert und lachhaft vorbei, dass man sich erst hinterher fragt, ob das nun eine Stelle war, an der man kreischend hätte zusammenzucken sollen.
Genausowenig funktioniert SLASHER als Splatter-/Terrorfilm im Stil der Texas Chainsaw – Saga, die bis zum Exzess zitiert wird. Sieht man einmal davon ab, dass zwar viel mit Kunstblut herumgesaut wurde, die eigentlichen Effekte aber eher erbärmlich sind, dann fehlt den Gore-Szenen trotzdem jede orgiastische Härte, weil es ihnen an Dynamik mangelt, an ernsthaftem Sadismus, an Kreativität. Um den immer wieder gerne herangezogenen Vergleich zwischen Splatterfilm und Porno zu bemühen: Die Gewalttätigkeiten in SLASHER sind das Äquivalent zu schlechtem Sex, ein deprimierend ödes Rein-Raus-Spiel mit Messer und Kettensäge (übrigens guckt sich der Film ohnehin wie ein Softporno – Die Kamera klebt geradezu im Bikini-Schritt der Aktricen und versucht, jeden halbwegs steifen Nippel einzufangen. Selten so was Notgeiles gesehen). Das ist eindeutig nichts, was auf dem Fantasyfilmfest und ähnlich gelagerten Veranstaltungen Szenenapplaus bekäme.
Bliebe noch ein drittes Sub-Genre, an das sich Montag schon dem Titel nach anbiedert, das der postmodernen, selbstreferenziellen Meta-Slasher-Komödie á la Scream (die Definition eines Slasherfilms auf dem offiziellen Kinoposter ist übrigens Wort für Wort aus der Wikipedia abgeschrieben – ohne dass das Zitat kenntlich gemacht wäre. Peinlicher geht’s eigentlich kaum noch). Und in der Hinsicht ist SLASHER schlichtweg eine Mogelpackung. Es gibt die eine bereits erwähnte Szene am Lagerfeuer, auf die im ganzen Film nie wieder Bezug genommen wird, und das war’s in Sachen Metaebene. Komisch ist der Film, ja, aber sicherlich nicht freiwillig. Was die Macher unter Humor verstehen, vermitteln sie in pubertätsfeuchten dumpf-dämlich-Dialogzeilen wie „Ladies und Gentleman, dieser Mann hat seinen Kopf nur als Periskop für seinen Schwanz.“ In der mit Abstand behämmertsten Szene des Films steigt Erin aus ihrem liegen gebliebenen Auto aus und will die Karre mittels Ersatzkanister auftanken – während der Killer keine 10 Meter vor ihr mit laufender Kettensäge auf der Straße steht. Solche atmosphärischen Brüche sind entweder das Ergebnis einer anarchischen Punk-Attitüde oder völligen Unvermögens, und ich würde eine Niere auf letzteres verwetten.

Fazit, kurz & knapp:
Das Ironische an SLASHER ist, dass schon jetzt allüberall die Gorebauern angesprungen kommen und dem Film seinen faktischen Amateurstatus zugute halten, von dem Montag und Co sich eigentlich ganz offensichtlich abheben wollten. Nein, SLASHER ist nicht „gut, dafür, dass er ein Amateurfilm ist.“ Selbst bezogen auf das Niveau deutscher Amateursplatterfilme ist er maximal unterdurchschnittlich, als Kinofilm dagegen ein Fiasko von einigen Gnaden. Der Film macht alles, aber auch wirklich alles falsch, und das hat nichts mit dem kleinen Budget zu tun (10.000€), auch nicht mal unbedingt was mit der vermasselten Technik oder dem idiotischen Drehbuch oder den Schauspielern (Freispruch aus Mangel an Beweisen), das liegt einzig und allein an den vollkommen talentlosen Gestalten im Hintergrund, allen voran Regisseur Frank W. Montag. Die Entscheidung, das Ding trotzdem mit großem finanziellem Aufwand (ist zwar nur HD-Beam, kostet aber trotzdem was) in die Kinos zu bringen, zeugt von maßlosem Selbstbetrug.

Selbst als Party-Trashfilm bekommt der Streifen von mir nur eine halbherzige Empfehlung. Wer ein wenig gehässig ist, könnte eventuell aufgrund der zahllosen unfreiwillig komischen Peinlichkeiten an diesem lieb- und schamlos zusammengestümperten Haufen bodenlosen Schwachsinns seine gröhlende Freude haben. Letztendlich obsiegt aber die Langeweile, die innere Leere und Wut angesichts der vergeudeten Lebenszeit.

-Lari


mm
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