Sinners

 
  • Deutscher Titel: Sinners
  • Original-Titel: Sinners
  •  
  • Regie: Charles T. Kanganis
  • Land: USA
  • Jahr: 1990
  • Darsteller:

    Joe Palese (Al), Sabrina Ferrand (Sophie), Joey Travolta (Jerry), Wendy MacDonald (Fran), Lou Calvelli, Angie Daglas, Robert Gallo


Vorwort

Schauplatz: die Bronx – weil die Polizei sich schon gar nicht mehr in die Nachbarschaft traut, gründen die italo-amerikanischen Brüder Gino und Al mit ihrem Cousin Nino eine Selbsthilfetruppe, die auf wenig zimperliche Art und Weise die Kleinkriminellen aus der Nachbarschaft zu vertreiben beabsichtigen. Für alle drei Männer ist dieser Zeitvertreib aber nur Ablenkung von ihren eigenen persönlichen Problemen… Al ist Priester und leidet nicht nur darunter, dass er Mary nicht von den Gewalttätigkeiten ihres trunksüchtigen Ehemanns Jerry schützen kann, sondern auch noch unter gar lästerlichen Träumen, in denen er es sich von einer Prostituierten besorgen läßt. Nino ist in lieblosen (dafür aber sexintensiven) Ehe mit der ebenfalls dem Trunk und der Gewalt zuneigenden Fran gefangen und Gino ist der schlimmste von allen – der läßt sich nämlich von seiner unbemannten Schwester Sophie versorgen und verschwendet gar keinen Gedanken daran, dass sein Geschwisterchen vielleicht auch ganz gern ein eigenes soziales Leben hätte. Und so denkt sich Gino natürlich auch nix dabei, als Sophie gern mal einen Ausflug machen möchte, er aber keine Lust dazu hat, Nino als Anstandswauwau zu rekrutieren. Es kommt, wie’s kommen muß: Nino und Sophie verlieben sich schlagartig ineinander und teilen – für beide Parteien augenöffnende – intime Momente. Dösbattel Nino hat nix besseres zu tun, als das Techtelmechtel brühwarm Gino zu erzählen und der versteht das nicht nur alles völlig falsch, sondern auch als persönliche Infamie und dreht durch…


Inhalt

Holla, das ist mal was ganz was anderes aus den sonst für verläßlichen (und hin und wieder sogar ansehnlichen) B-Action-Schotter zuständigen Werkstätten von PM Entertainment. Anstelle preiswert produzierter und (wie bei PM normalerweise üblich) weitgehend sinnfreier Stunt- und Geballer-Orgien beglücken uns Joseph Merhi und Richard Pepin mit „Sinners“ mit einem, hüstel, seriösen Familiendrama. Gut, PM wäre nicht PM, wenn sich nicht auch hier Gelegenheit finden ließe, den ein oder anderen mit dem Restfilm eigentlich nicht wirklich was zu tun habenden semispektakulären Stunt einzufiedeln (was hier allerdings ganz besonders beschränkt wirkt, da der Film nun wirklich alles andere als ein Action-Film ist und die entsprechenden Stunteinlagen daher ausgesprochen deplaziert wirken), aber das Schwergewicht des Films liegt eindeutig auf den persönlichen Problemen und Problemchen der vier zentralen Charaktere (die Selbstjustiz- und Vigilanten-Nummer, auf der Film, so sieht’s zumindest zunächst aus, aufzubauen scheint, verkommt relativ rasch zum bloßen McGuffin und als Ausrede für ein paar moralisierende Gardinenpredigten gen Ende). Könnte potentiell gar nicht mal so uninteressant sein, wenn… naja, und es sind einige Wenns, die sich hier anbieten. Zum ersten ist der ganze Schmonzes nicht wirklich neu – ähnliches Terrain haben sprichwörtlich schon hunderte Filme, TV-Movies und Serien abgeklappert, als das es ausgerechnet der Billigklitsche PM gelingen könnte, Neuland auszuloten (vielleicht auch deswegen der Kunstgriff mit der „Thriller“-Rahmenhandlung mit der Selbstjustiz-Nummer). Zum zweiten fehlt es dem Streifen an einer wirklichen Identifikationsfigur, für die sich der Zuschauer interessieren könnte – als übertrieben sympathisch outet sich keiner der Hauptcharaktere (nicht mal der Pfaffe, aber das wundert mich nun wieder weniger) – ich möchte eigentlich keiner der wichtigsten Figuren des Films im richtigen Leben beenden (und am allerwenigsten Gino, aber bei dem ist die Unausstehlichkeit wenigstens beabsichtigtes Programm – immerhin, ist recht leicht, den Kerl zu hassen), und im Zusammenhang dazu, PM scheint auch keine Kosten und Mühen gescheut zu haben, sich ganz speziell für die männlichen Rollen unansehnliche bis unappetitliche Darsteller ausgekuckt zu haben (Sexszenen mit einem übergewichtigen Dork wie Nino stehen nicht gerade ganz oben auf der Liste, die ich unbedingt und sofot noch mal sehen muß).

Ein weiteres Problem des Streifens ist, daß Regisseur Charles T. Kanganis eine ziemliche Niete ist – der Film ist über weite Strecken einfach himmelsturzlangsam und läßt einem die eigentlich recht knappe Spielzeit von 87 Minuten wie einen soliden Dreistünder von „Herr der Ringe“-Ausmaßen vorkommen – das Prozedere zieht sich wie ein drei Wochen alter Orbit ohne Zucker, telegrafiert seine Plot-Punkte an und bietet am Ende nicht mal einen richtigen pay-off (gerade das Ende wirkt irgendwie so, als wäre Kanganis mitten in seiner Story aufgefallen, dass ihm das Filmmaterial ausgeht und er grad noch zwei Minuten für einen hastigen wrap-up übrig hat).

Was den Film vor dem eigentlich angezeigten Totaldesaster rettet, ist ein gelegentlich durchschimmernder recht erfreulicher Humor, der sich in zwei-drei schon fast slapstickhaften Comedy-Szenen und einigen wirklich schmunzelauslösenden Dialogen äußert, bei denen man fast glauben könnte, Kanganis hätte ursprünglich eine Komödie im Sinn gehabt (den ganzen Krempel konsequent auf lustig getrimmt hätte ich wesentlich besser goutieren können). So ist ein bewährtes und erstaunlich wirksames humoreskes Mittel, dass die Charaktere die Dialoge des öfteren beharrlich wiederholen (kurzes Beispiel, Dialog zwischen Sophie und Nino: „Es kann so nicht weitergehen!“ – „Kann es nicht?“ – „Kann es nicht!“ – „Kann es nicht!“ Wirkt geschrieben saudoof, ist im Film aber tatsächlich wirksam). Solche witzige Szenen finden sich quasi als Rosinen alle paar Minuten mal im Film versteckt, kontrastieren aber verdammt stark mit anderen, unnötig „brutalen“ Szenen wie der (letztendlich tödlichen) Mißhandlung einer Frau durch ihren Ehegatten und den – wie erwähnt – eher unappetitlichen Sexszenen. Dem Film fehlt es irgendwie an einer durchgehaltenen Linie, ob er denn nun ernst, als Komödie oder (Gott bewahre, denn dann ist’s wirklich ein Fall für den grünen Punkt) gar parodistisch gemeint ist.

Da mir die Darsteller schon mal rein optisch kaum gefallen, wundert es mich auch nicht, dass mich auch ihre schauspielerischen Leistungen nicht wirklich beeindrucken. Prominentestes Ensemblemitglied ist, aber auch nur seines Nachnamens wegen, Joey Travolta (Bruder des einstigen Zappelphillips und jetzigen Scientologen), der hier eine Nebenrolle als Arschloch vom Dienst gibt, daneben agieren größtenteils talentfreie Pappnasen wie Joe Palese, Lou Calvelli oder Sabrina Ferrand. Trash- bzw. Horrorfreunde könnten sich immerhin noch an Wendy MacDonald erinnern, die im ganz ansehnlichen „Dark Side of the Moon“ zum Opfer des Luzifer persönlich wurde und hier als haushaltswarenzerdeppernde Masochistin (don’t ask) wenigstens ein wenig Verve in die Plotte einbringt.

Da sich die neue DVD-Version von Best mit dem hübschen „Neue Version“-Sticker ziert, dürfte der Streifen zugunsten einer FSK-16-Freigabe leicht gekürzt sein, wobei ich da hauptsächlich eine Szene im Verdacht habe.

Bildqualität: Der Vollbildtransfer aus dem Hause Best bietet so in etwa das übliche, was man von einem Release dieses nicht gerade leibhaftig für Qualität stehenden Labels erwarten darf. Die Bildauflösung ist eher mäßig bis bescheiden, die Kantenschärfe gerade noch im erträglichen Bereich und die Farben nicht wirklich überwältigend. Sicher steht bei einem PM-Low-Budget-Klopper von 1990 auch nicht das allerbeste Master zur Verfügung, aber ein wenig mehr Mühe könnte man sich auch für eine preiswerte Budget-Disc immer wieder geben (vor allem, wenn man eh schon bei den Fans einen nicht gerade sensationellen Ruf genießt).

Tonqualität: Best spendierte der (einzig vorliegenden) deutschen Tonspur einen (unnötigen) 5.1.er-Mix – unnötig deswegen, weil der Streifen akustisch kaum etwas zu bieten hat, was in der Lage wäre, eine Dolby-Anlage adäquat zu beanspruchen. Immerhin ist die deutsche Synchronisation klar und deutlich verständlich, wenngleich ausgesprochen lieblos und steril durchgeführt – und die Tonspur ist mächtig LAUT (ich mußte meinen standardmäßig auf volle Power eingestellten DVD-Player von Lautstärke „16“ auf „3“ runterregeln, um keinen Ärger mit meinen Nachbarn zu riskieren). Insgesamt rechtfertigt die Tonspur ein guten Gewissens vertretbares „befriedigend“.

Extras: Wie mittlerweile bei Best Entertainment liebgewonnene Tradition, findet man die auf dem Cover angemerkten „Filmographien“ höchstens in der Fantasie des Covertexters (oder zur Not in der IMDB), aber ganz bestimmt nicht auf der DVD. Unter dem Stichwort „Trailershow“ verbergen sich zwei (in Worten: 2) ausgesprochen abgewrackte Trailer auf „The Fog“ und „Dune“, die uns schon von zigtausend anderen Best-Releases sattsam bekannt sind.

Fazit: „Sinners“ ist ein weiterer Kandidat für die beliebte Reihe „Filme, die die Welt nicht braucht“ bzw. „Filme, bei denen es ein Rätsel bleibt, warum sie auf DVD erscheinen, während wir auf ‚Die Nacht der Creeps‘ noch bis zum St.Nimmerleins-Tag warten müssen“. Selbst Hardcore-PM-Enthusiasten (sollte es die tatsächlich geben) dürften sich bei diesem Streifen gepflegt zu Tode langweilen, da die Trademarks des Studios (Pyrotechnik und Stunts) größtenteils abwesend (und wenn vorhanden, dann deplaziert) sind. Bis auf den gelegentlich durchschimmernden Humor, der mich einige Male (zu meiner eigenen Überraschung) grinsen ließ, ein ziemlicher Totalversager von Film, den man getrost im Regal stehen lassen kann, so er einem über den Weg läuft.

1/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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