Silent Hill

 
  • Deutscher Titel: Silent Hill
  • Original-Titel: Silent Hill
  •  
  • Regie: Christophe Gans
  • Land: Usa/Japan/Frankreich
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Radha Mitchell (Rose DaSilva), Sean Bean (Christopher DaSilva), Laurie Holden (Cybil Bennett), Deborah Kara Unger (Dahlia Gillespie), Kim Coates (Off. Thomas Gucci), Tanya Allen (Anna), Alice Krige (Christabella), Jodelle Ferland (Sharon/Alessa)


Vorwort

Super Mario Brothers wurde verfilmt. Tomb Raider wurde verfilmt. Resident Evil wurde verfilmt. House Of The Dead wurde verfilmt. Alone In The Dark wurde verfilmt. Gott schütze uns, sogar Double Dragon wurde verfilmt. Wie lange konnte es also dauern, bis sich irgendjemand findet, der das kultigste Plot-Computerspiel verfilmen würde, dass jemals dem (offenbar nah an der Grenze zum Wahnsinn liegenden) Gehirn eines Programmierers (namentlich: Akira Yamaoka) entsprungen ist: Silent Hill.

Eine lebende Legende: Dämonendimensionen, körperlose Stimmen, endlose Gänge, kompromisslose Dunkelheit, ein bei Monsternähe rauschendes Radio, eine depressive Story, deren Sinnhaftigkeit sich nicht sofort erschließt… es ist grandios. Heulende Geister, die rein durch ihre Anwesenheit schon Lebenspunkte kosten, gab’s leider erst in Teil 4, aber mein Gott, man kann nicht alles haben.

Klar, es war nur eine Frage der Zeit, bis man zur Verfilmung schreitet. Prinzipiell froh, dass es nicht Uwe Boll war, der sich die Rechte sicherte, und vom ganz nett gemachten Trailer gnädig gestimmt hockt der Mann, der auf der Suche nach einem neuen Internetnickname ernsthaft „SilentHillogist“ oder „Samael“ in die nähere Auswahl gezogen hatte, auch schon im Kino, neugieriger als auf Ice Age 2, Fluch der Karibik 2 und Sin City 2 zusammen.


Inhalt

Nun denn, alsdern, Harry Mason hat eine Geschlechtsumwandlung hinter sich und heißt Rose DaSilva. Soll sein. Rose ist verheiratet mit Seit-Herr-der-Ringe-Berufsselbstverheizer Sean Bean. Harry Masons Frau im Spiel war tot, doch die Anwesenheit eines Ehepartners tut dem Plot keinen Abbruch, da die tote Frau im PS-Spiel nur in der Anleitung erwähnt wurde und wohl nur ein Vorwand war, weil man keine zwei Spieler steuern konnte (In Teil 1 wohlgemerkt, in Teil 2 sieht die Sache etwas anders aus. Da heißt die Figur aber auch nicht Harry Mason…). Sheryl heißt Sharon – macht auch nix, die Figur ist wichtig, nicht der Name. Sharon jedenfalls schlafwandelt und quasselt in diesem Zustand ständig davon, sie will „nach Hause nach Silent Hill“. Papa ist dagegen, Mama macht’s trotzdem. Klar, man kann keinen Silent Hill – Film ohne Silent Hill drehen (obwohl: In House Of The Dead gibt’s auch kein wirkliches HOUSE Of The Dead… sei’s drum).

Bevor man in Silent Hill aber überhaupt erst ankommt, tritt SIE aus: Cybil Bennet, Lack- und Ledercop und bis jetzt die erste Figur, die – zumindest namentlich – 1:1 übernommen wurde. Rose DaSilva, auf der Suche nach Silent Hill, sagt zu ihr „Wir brauchen nichts“, fährt ab… und gibt Vollgas, als Cybil hinter ihr am Moped auftaucht. Warum fährt Cybil ihr hinterher? Warum rast Rose davon? So halt…

Gut, das Folgende kennen wir noch aus dem Spiel: Rose sieht ein Mädchen auf der Straße, baut einen Unfall, wacht alleine wieder auf, es regnet Asche, frau sieht Sharon, läuft nach, landet in einer Dämonendimension (auch hier angekündigt durch eine Sirene), steht vor einem aufgehängtem Fleischetwas, wird von Monstren überfallen und gekillt… und wacht anderswo wieder auf. Soweit so nah an der Vorlage. Der Versuch, die Stadt zu verlassen, scheitert daran, dass die Straße in einem gewaltigen Graben endet. Hier begegnen wir erstmals auch einer zerlumpten Dame, von der ich jetzt annehmen muss, sie soll Deliah Gillespie darstellen. Wenn dem so sein soll (und vorausgegriffen: Das IST Deliah Gillespie !!!), muss ich leider mal sagen: Was soll das? Dieses zerlumpte Penneroutfit haut nicht wirklich hin.

Cybil ist wieder da, Rose wird verhaftet… doch da, wo die Ausfahrt aus der Stadt war, ist… na ja, ein Graben, das wissen wir ja schon. Erster Monsterangriff, Madam Rose büxt aus, Cybil stellt sich einem Vieh im Kampf, dass eigentlich erst in Teil 2 auftaucht. Naja, wenn man meint… Bis dahin alles soweit noch einigermaßen erträglich, wenn man Abstriche macht, was die Monsteranimation angeht. Aber dazu komm ich ohnehin noch.

Via Zeichnung ihrer Tochter wird Rose in Richtung Schule geleitet. Auch das erkennen wir noch aus dem Spiel (und die Idee, die Schule via Busstationen zu suchen, erzeugt durchaus einen „Hoppla, da hat jemand mitgedacht: Rose kennt Silent Hill ja nicht…“ – Effekt.). Dort wird uns ein Flashback präsentiert, der zeigt, wie Alessa Gillespie von ihren Mitschülerinnen als Hexe gehänselt wird. Hä? Was bitte soll das? Gut, hier spricht im Moment der Vorlagenfan, warten wir lieber ab, was passiert. (Hätt‘ ich das bloß nicht gemacht, auch wenn man berücksichtigt, dass eine Kinokarte Geld kostet…).

Also weiter: In der Schule steht man einer Art „Sonderkommandosoldaten“ und nach Alarmsirene und Dämonenwechsel anschließend dem aus SH2 – bekannten Pyramidenkopf inkl. Käfergeschwader gegenüber. Hä? Was macht der hier? Der sollte doch in Teil 2 [SPOILER AUFS PS-SPIEL] die Sünder richten und damit die Menschenopfer tätigen, die gebraucht werden, um Samael früher wiedererwecken zu können. [SPOILER ENDE] Wurde hier etwa gepanscht? Oje… Ungefähr hier war der Punkt, an dem meine – bisher noch ziemlich positive – Stimmung dem Film gegenüber langsam umschlug.

Gut, auf ins Hotel, zu dem man einen Hinweis gefunden hat. Dort steht man einer gewissen Anna und erneut Deliah Gillespie gegenüber. Nach Durchsicht der Rollen auf imdb habe ich Anna für das Pendant von Lisa gehalten, issie aber nicht: Anna ist ein Teenager mit dem Gemüt eines Kindes. Eine auf dem Boden gepinselte komische Kreuzabwandlung, die schon in der Schule aufgetaucht ist, wird als „Zeichen unseres Glaubens“ erklärt (das Siegel Samaels ??? *hoff*). Alessa erscheint Rose, Alessa beginnt zu brennen… soweit so schön. Alarmsirene – Jau !!! – und Anna führt ihre neuen Freundinnen in Richtung Kirche.

So, und hier ist der Punkt, an dem der Film endgültig, unwiderruflich und total in sich zusammenbricht: In der Kirche – auf deren Dach übrigens die Sirenen postiert sind *headbang* – versammelt sind die Anhänger der Religion von einer Figur namens Christabella, dargestellt von Alice Krige, Spezialistin dafür, Bösewichtrollen absolut farblos zu gestalten. Und der weitere Plot sieht folgendermaßen aus: Silent Hill ist eine Stadt, die von Hexenjägern gegründet wurde. Christabella, nach wie vor christliche Fundamentalistin der reinsten Form, ließ Alessa verbrennen, da alleine die Tatsache, dass Alessa unehelich war, sie zur Hexe stempelt. Doch eine zum steineerweichen dämliche Szene zeigt uns, dass die Verbrennung leider schief und der Untergrund der Stadt in Flammen aufging. Alessa überlebte, versetzte die Stadt in eine „Vorhölle“… und Christabella verkündet seither, die Apokalypse sei geschehen und habe Silent Hill als Stadt der Gläubigen verschont. Doch Alessa müsse leider noch immer geopfert werden. Ihre Mutter Deliah Gillespie darf weiterleben, denn „wir bekämpfen die Sünde, nicht jedoch den Sünder.“ Oder in einem Wort: AUA !!!

Irgendwie aber gab es noch Sharon, eine „Schwester“, die aus der Vorhölle gerettet und vor einem Waisenhaus ausgesetzt und von den DaSilvas adoptiert wurde.

Ende des Filmes: Christabella wird von Alessa, die Rose geleitet und genützt hat, um endlich ihre Rachegelüste stillen zu können, in zwei Teile gespalten, in genüsslichen Splatterszenen wird auch der Restkult eliminiert und Rose kann ihre Tochter befreien. Problem: Alessa übernimmt Sharon noch, wodurch Rose und ihre Tochter in der Parallelwelt bleiben. Sean Bean, der in der realen Welt den ganzen Film über versucht, seine Frau zu finden, und dem dabei der Polizist zur Seite steht, der Sharon seinerzeit vor dem Waisenhaus platziert hat, wird seine Familie wohl so schnell nicht mehr sehen. Ende. Fortsetzung? Hoffentlich nicht…

Nur um allen, die die Vorlage nicht kennen, nahe zu bringen, wie die Geschichte um Silent Hill WIRKLICH aussieht (natürlich gespoilert, für alle, die gerade daran spielen): [SPOILER ZUM SPIEL] Deliah Gillespie (ebendie, die in der Verflimung das – ich heul gleich los – OPFER darstellt) ist Anhängerin des Dämons Samael. Sie will ihn heraufbeschwören und benötigt für ihn ein Gefäß in Form eines Kindes: Alessa. Für diese wird eine Dämonendimension vorbereitet, um Samael zunächst in vertrauter Umgebung zu halten. Alessa ist die zentrale Figur, die diese Welt aufrecht erhält und wahrscheinlich auch steuern kann. Diese Dämonenwelt ist eine Parallelwelt zu unserer. Alessas Pflegerin jedoch, die Krankenschwester Lisa, ist Gegnerin des Planes, entführt Alessa noch in der realen Welt und setzt sie aus. Die Masons finden sie, adoptieren sie und nennen sie Sheryl. Sheryl zieht’s aber nach Silent Hill.

Ihrer habhaft geworden hat Deliah nun das Problem, dass Alessa/Sheryl nicht Samaels Gefäß sein will und sich vor Deliah versteckt. Sie treibt daher Harry Mason (den Spieler) an, seine Tochter Sheryl zu finden, ohne dass der Spieler ahnt, dass er eigentlich für Deliahs sinisteren Plan arbeitet. Deliah hofft, dass Alessas Liebe zum Ziehvater ihr Problem wird. Nachdem sich Deliah als Bösewicht outet und Harry seine Tochter vor der Nase wegschnappt, muss er nun Deliah finden… und findet sich in einer Welt wieder, die – da Alessa nicht mehr da ist – zusammenbricht. Zumindest sind das die Punkte, die herauskommen, bei Silent Hill läuft ein großer Teil des Plots zwischen den Zeilen. Außerdem ist es auch schon wieder ein Zeitl her, seit ich das Spiel gespielt habe. [SPOILER ENDE]

Kenner des Spieles werden schon anhand der oberen Angaben erkennen, wie viel dieser Film mit der Vorlage gemein hat, nämlich: NICHTS. Prinzipiell bin ich ein Gegner der 1:1 – Verfilmungen, und so nehme ich dem Film nicht einmal übel, dass man Silent Hill eine weitere Dimension, nämlich das nebelige Silent Hill, in dem sich Rose die meiste Zeit aufhält, hinzugefügt hat, aber ich möchte doch zumindest die STORY wieder erkennen. Doch hier ist einfach folgendes passiert: Man hat die ersten Szenen des Spieles ungefähr nachgefilmt… und dann eine vollkommen andere Story angeklebt, in der man die Gebäude verwendet, die auch im Spiel schon wichtig waren (Schule, Hotel – wenn erst in SH2 – Klinik). Die Charaktere wurden im Falle Deliah Gillespie total verdreht, Dr. Kaufman kommt gleich gar nicht vor und Lisa – eine der wichtigsten und besten Figuren des Spieles – bleibt eine Anspielung in Form einer blonden Krankenschwester, die einfach mal durch’s Bild läuft oder heulend mit dem Rücken zur Kamera steht. Da aber eben schon die Grundgeschichte eine völlig andere ist, nämlich eine simple und – wie ich finde – ziemlich blödsinnige Rachestory, ist dieser Film ohnehin verloren.

Nun war ich prinzipiell geneigt, die Alleinschuld dafür dem Drehbuchautor Roger Avery anzulasten, allen voran deswegen, weil der Film einige wenige Szenen und Shots enthält, die wirklich gut sind (Beispiel: Die Szene, in der Alessa Sharon übernimmt.). Leider musste ich in der imdb-Trivia lesen, dass Regisseur Christophe Gans darum gekämpft hat, den Film zu machen, weil er ein absoluter Fan von Silent Hill ist. Wenn das den Tatsachen entspricht, frage ich mich ernsthaft, wie er diese Story zulassen konnte, und muss ihm leider eine Mitschuld aufdrängen. Könnte natürlich auch sein, dass er nur wieder einen Job brauchte, Silent Hill einmal ANgespielt hat und keine Ahnung hat, wie die Story wirklich aussieht. Das würde zumindest erklären, warum die erste halbe Stunde ziemlich nahe an der Vorlage liegt und es dann plötzlich zum totalen Storybruch kommt.

Entfernen wir uns nun von der Vorlage und untersuchen, ob Silent Hill als Horrorfilm an sich funktionieren würde. Leider muss die Antwort auch hier „Nein“ lauten. Der prinzipielle Fehler besteht darin, dass Christophe Gans „Schauer“ mit „Ekel“ und „Horror“ mit „Splatter“ verwechselt. Das manifestiert sich vor allem in den Animation der Monster: Die Biester sehen zwar fast 1:1 wie im PS-Spiel aus, nur waren die Monster erstens da schon nicht immer ganz glücklich und zweitens nie aus der Nähe zu sehen. Die gifthauchigen Wackelfiguren, die eigentlich erst in Teil 2 des Spieles auftauchen, stackseln in der Vorlage im Nebel auf Dich zu und sind nie wirklich scharf zu sehen, doch wenn die Kamera die (natürlich computeranimierten) Biester genüsslich abfährt, wirken diese Monster einfach nur noch lächerlich. Die Meute an Kindermonstern, die Rose am Beginn des Spieles „killen“, sind hart an der Grenze, der Rudel Krankenschwestern, denen Rose in der Klinik begegnet ist zu Schreien schlecht, und der eingerollte „Mensch“, dessen Fußsohlen am Kopf ruhen, spottet jeder Beschreibung. Einzig der Pyramidenkopf (der aber eben eigentlich auch erst in Teil 2 auftaucht, und da nicht in der Höllendimension, die [SPOILER ZUM SPIEL] in Teil 2 nicht vorkommt. [SPOILER ENDE]) kommt als „ganz nett“ weg, wirklich überzeugen konnte mich aber auch er nicht.

Ein wesentlich leidigerer Punkt des Filmes an sich liegt aber darin, dass Silent Hill sich durch ziemliche Längen hindurch ewig einem plottechnischen Höhepunkt zusteuert, der dann aber nie kommt. Am Ende passiert nichts weiter, als dass Alessa mit ihren Tentakeln alles killt, was sich bewegt und nicht Deliah, Rose oder Sharon heißt. Das endgültige Finale (Alessa übernimmt Sharon und Rose bleibt dadurch in der Vorhölle gefangen) sollen wir wohl für tragisch halten, ruft aber nicht mehr als ein schulterzuckendes „Ja, und?“ hervor.

Fazit: KEINE Verfilmung von Silent Hill, sondern ein X-beliebiger, schlechter Horror-B-Movie, der einen zugkräftigen Namen missbraucht. Finger weg, Herr Gans, DAS hätte Uwe Boll auch noch hingekriegt.

(c) 2008 Poes Rabe


mm
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