Sheriff of Tombstone

 
  • Deutscher Titel: Sheriff of Tombstone
  • Original-Titel: Sheriff of Tombstone
  •  
  • Regie: Joseph Kane
  • Land: USA
  • Jahr: 1941
  • Darsteller:

    Roy Rogers (Brett Star), George „Gabby“ Hayes (Judge Gabby Whittaker), Elyse Knox (Mary Carson), Addison Richards (Mayor Luke Keeler), Sally Payne (Queenie Whittaker), Harry Woods (Shotgun Cassidy), Zeffie Tilbury (Granny Carson), Hal Taliaferro (A.J. Slade), Jay Novello (Joe Martinez), Jack Ingram (Bill Starr)


Vorwort

Brett Starr hat in Dodge City ganz schön aufgeräumt – aus der gesetzlosen Westernstadt ist ein vorbildliches Örtchen geworden, in dem Recht und Gesetz geachtet werden und sogar Outlaw Shotgun Cassidy höflich Starrs Klepper anleint. Sein Werk getan, zieht Starr weiter Richtung Tombstone, um seinen Bruder zu besuchen. Auf dem Weg trifft er erstens seinen alten Kumpel, den Revolverhelden-slash-Anwalt Gabby Whittaker und zweitens Shogtun Cassidy, der dem überraschten Brett vermittelt, in Tombstone auf besonderen Wunsch des Bürgermeisters das Amt des Sheriffs zu übernehmen. Nachdem Gabby den Schrotflintenmann noch beim Pokern ausnimmt und dafür beinahe von dem erschossen wird, kann die Reise weitergehen – und Starr in Tombstone (weil er dort gleich mal energisch einschreitet, als ein paar lokale Tunichtgute die attraktive Textilwarenhändlerin Mary belästigen) für den neuen Sheriff gehalten werden.

Brett und Gabby vermuten, dass Bürgermeister Keeler, Saloonbesitzer Slade und dessen mexikanischer Geschäftspartner Martinez nicht ganz koscher sein können, wenn sie ausgerechnet einen berüchtigten Gesetzlosen als Sheriff verpflichten, und entscheiden sich spontan, die Scharade aufrechtzuerhalten – erst recht, als Gabby herausfindet, dass Bretts Bruder kürzlich gewaltsam in den Präriestaub beissen musste – , auch wenn das dazu führt, dass Mary Brett-cum-Cassidy spontan nicht mehr leiden mag. See, „Cassidy“ soll nämlich Oma Carson von ihrem Land – auf dem rein zufällig ein wertvolle Silberminenclaim liegt – vertreiben, weil die alte Dame ihre Steuern nicht bezahlt. Ohne die Granny würde das Land an die Stadt fallen und die könnte es in Person von Keeler an Slade verhökern, alle würden reich, glücklich etc. pp. Da wittert ein aufrechter Held wie Brett natürlich Foulspiel – nicht zu Unrecht, denn Granny (deren Tochter übrigens niemand anderes als Mary ist) gibt zu Protokoll, ihre Abgaben brav zu bezahlen, nur dass seltsamerweise just immer die Wells-Fargo-Geldtransporte, mit denen die Penunze befördert wird, überfallen werden…
Dass „ihr“ Sheriff unbefohlenerweise in sämtliche Richtungen ermittelt, fällt Keeler und seinen Partnern rasch auf, seine Beseitigung wird beschlossen. Dass der echte Shotgun Cassidy auftaucht und seinen Job einfordert, macht die Situation für Brett und Gabby nicht einfacher.


Inhalt

Und mal wieder einer dieser ollen s/w-B-Western mit „singing Cowboy“ Roy Rogers – wir hatten das Thema ja schon mit Billy the Kid kehrt zurück, in dem Rogers auch schon mal in die Rolle eines Outlaws schlüpfte, um Verbrechen aufzuklären (offensichtlich 30er-B-Western-Plot Nr. 21/d); die filmhistorische Einordnung der ganzen singende Kuhtreiberei bitte ich im entsprechenden Review nachzuschlagen.

In unserem heutigen Exemplar spielt Roy Rogers mal ausnahmsweise nicht „sich selbst“, sondern den Charakter „Brett Star“ (der sich selbstredend in exakt *nichts* von Rogers‘ üblicher Screen-Persona unterscheidet), der ein Jahr später noch mal in dem Streifen „Bad Man of Deadwood“ wiederverwendet wurde (und, wenn ich nach den spärlichen Informationen gehe, die ich zu dem Titel auftreiben konnte, auch dort scheint Brett eine andere Persönlichkeit anzunehmen) – so ganz klar ist mir dieser Schachzug, zwischen sprichwörtlich hundert Filmen, in denen Roy Rogers als ebenjender auftritt, mal zwei einzufiedeln, in denen er zumindest nominell eine andere Figur spielt, nicht; zumal die Brett-Star-Filme ebenso wie praktisch alle anderen Rogers-Filme für Republic Pictures und unter der Regie von Joseph Kane entstanden, also auch irgendwelche Studio-Animositäten keine Rolle spielen sollten, ebensowenig wie etwaige Story-, Setting- oder anderweitige inhaltliche Unterschiede.

Wie so viele der hastig herunterprogrammierten Billigreißer nimmt sich „Sheriff of Tombstone“ ein paar feststehende Begriffe der Wildwestwelt, in diesem Falle eben Dodge City und Tombstone (das sind Orte, mit denen jeder, der sich auch nur ein wenig mit Western-Historie befasst hat, etwas anfangen kann), schmeißt den singenden Cowboy und seinen Sidekick in die Landschaft und entwickelt einen schmalen, bloß nicht zu komplexen Plot, der sich in einer knappen Stunde abhandeln lässt und Platz für ein paar Gesangsnummern und Shoot-outs hat. Das kann man despektierlich schlicht gestrickte Unterhaltung für ein schlicht gestricktes Publikum nennen, aber dabei darf man eins nicht vergessen: diese Filme sind das Äquivalent zu dem, was später Fernsehserien sein würden; schnell hergestellt, mit formelhaften Geschichten und archetypischen Charakteren. Bei 60 Minuten Laufzeit hat man als Autor keine Chance, großartige Charaktere zu etablieren, Szenarien aufzubauen, kurz gesagt, Experimente zu wagen, man muss das nehmen, was bewährt ist – simple, übersichtliche Geschichten, die die notwendigen Plotpunkte abhaken, niemanden überfordern und das Publikum, das vor sechs Wochen den letzten Roy-Rogers-Film gesehen hat (und der typische B-Western-Star kam ungefähr auf diesen Schnitt; berücksichtigt man, dass es neben Rogers noch Gesellen wie Gene Autry, Hopalong Cassidy, Ken Maynard, Bob Steele oder den noch jungen John Wayne hab, hatte der Western-Fan viel zu kucken).
Unter der Maßgabe macht Auftragsautorin (!) Olive Cooper vieles richtig – sie stellt die Hauptfiguren effektiv vor, etabliert den persönlichen Konflikt zwischen Starr und Cassidy, verpasst Starr eine direkte familiäre Motivation (den Tod seines Bruders, den sie allerdings umgehend wieder aus den Augen verliert) und dann durch die üblichen Verwickl- und Verstrickungen des Genres. Das ist gerne mal etwas hastig (Keeler und die seinen beschließen beim ersten Verdachtsmoment, Starr alias Cassidy könnte nicht völlig auf ihrer Seite sein, seine Eliminierung), verschwendet anderswo wieder etwas Zeit (z.B. durch das Auftauchen von Gabbys Tochter, die als Sängerin in Slades Saloon anheuert – für die Story hat sie keine Relevanz, aber es gibt zwei Musicalnummern her) und kommt mit dem schon fast genretypischen, durch nichts vorbereiteten Liebes-Happy-End für Mary und Starr (dem Film selbst können wir maximal entnehmen, dass sie sich nicht völlig unsympathisch sind, aber die Konvention erfordert es, dass der Held am Ende das Mädchen kriegt, ob die beiden nun wollen oder nicht…).

Der Plot selbst ist recht unspektakulär (und hätte 30 Jahre später, womit sich der Kreis irgendwie ja auch wieder schließt, ’ne passable „Bonanza“-Folge abgegeben); die, eh, weibliche Perspektive macht sich durch für das Baujahr 1940 erstaunlich progressive Frauenfiguren bemerkbar. Gabby Hayes darf zwecks comic relief ein paar Kostproben seines „authentic frontier gibberish“ (wie Mel Brooks es später in „Blazing Saddles“ in einer expliziten Gabby-Hayes-Hommage ausführte) zum Besten geben.

Kanes routinierte Inszenierung treibt das muntere Spiel flott voran – da ist natürlich kein Hauch von Innovation oder Inspiration zu finden, was sich vor allen in den zwei größeren Action-Szenen, die der „random shooting“-Schule angehören, bemerkbar macht, aber mei, damals wussten’s sie halt nicht besser, gell? Sonderlich spektakuläre Stunts sind nicht zu bewundern; Leerlauf ist nicht zu verzeichnen, selbst die insgesamt vier Musikeinlagen (zwei bestreitet Rogers, eine davon im Duett mit Hayes, zwei steuert Sally Payne mit einem Barbershop-Quartett als Backing bei) halten den Betrieb nicht sonderlich auf – man könnte sicher argumentieren, dass eine Payne-Nummer gereicht hätte, um den Punkt zu machen, aber auch hier muss man sich vergegenwärtigen: die Singerei war eben duchaus produzentenseits gewollter und publikumsseitig angenommener und gewünschter selling point dieser B-Western, die das Crossover-Potential von Schallplattenveräufen durchaus einkalkulierten (auch Rogers kam ursprünglich von der musikalischen Seite).

Auf der Darstellerseite kann man vermelden, dass Roy Rogers zwei Jahre nach „Billy the Kid“ deutlich an Routine gewonnen hat – er ist immer noch ein elendes Babyface vor dem Herrn, aber – Dutzende Filme später – deutlich selbstbewusster im Umgang mit der Kamera und seinen Co-Stars. Klar, die schiere Präsenz eines John Wayne sollte Rogers nie erreichen, aber für die leading-man-Rolle in B-Western ist das mittlerweile absolut ausreichend.
Gabby Hayes, einer der zahlreichen professionellen Helden-Sidekicks der B-Western-Geschichte und wie so viele seiner Zeit- und Genregenossen in der Frühzeit des US-Fernsehens eine (kurzlebige) eigene Westernshow moderierte, ist, wie gesagt, für den Humor zuständig und dabei für die Verhältnisse eines 1940er-comic-relief-Charakterdarstellers sozialverträglich (zumal das Script ihm abseits des „gibberish“-Redens durchaus Kompetenz als Revolvermann zubilligt).
Elyse Knox („The Mummy’s Tomb“ und in den späten 40ern in der Filmserie um den Boxer „Joe Palooka“ beschäftigt) hat als Rogers‘ love interest praktisch nichts zu tun; Sally Payne (immerhin mal Calamity Jane in „Young Bill Hickok“) bleibt zumindest durch ihre charmant vorgetragene Gesangseinlage „Two-Gun Pete“ im Gedächtnis. Zeffie Tilbury („The Werewolf of London“, „Dick und Doof werden Papa“, „Die letzten Tage von Pompeji“ und mit signifikanter Rolle in John Fords „Früchte des Zorns“) macht sich als geplagte Witwe ganz passabel.
Die Schurkenfraktion wird vertreten von Addison Richards („Flying Tigers“, „The Walking Dead“ und später Stammgast im US-Fernsehen), Harry Woods („Die Marx Brothers auf See“) sowie Hal Taliaferro und Jay Novello, die bis auf den munter chargierenden Novello etwas zu zurückhaltend amtieren, um memorabel zu bleiben (andererseits sollten die Schurken ja auch den Helden in solchen Serien-Reißern nicht die Schau stehlen).

Bildqualität: Ich sollte mich schämen, ich habe Great Movies‘ „Mega-Western-Box“-Blu-Ray gekauft. Auf der finden sich insgesamt 27 Filme – bei einem Preis von 5 Euro entspricht das 18 Cent pro Film und das ist dann auch ungefähr die Marke, bei der mir völlig wurst ist, ob auf der Scheibe die „25 langweiligsten kirgisischen Bergbauerndramen“ oder „die 30 unverständlichsten Schweizer Militärkomödien“ zu finden sind. Für Jäger und Sammler wie moi geht’s da einfach um’s Prinzip. Logisch ist, dass Great Movies für diese Super-Releases nichts anderes tut, als die eh schon bei Mill Creek & Co., eh, „entliehenen“ Prints irgendwelcher Public-Domain-Heuler (die unverschämterweise aber für richtig teuer Geld auch als stand-alone-DVDs vertickt werden) unbürokratisch und bis auf’s Drüberklatschen einer neuen Synchro unbearbeitet auf BluRay zu kopieren (die ersten Auflagen dieser Boxen trugen dann immerhin noch den verschämten Hinweis, dass solche Veröffentlichungen nicht dem gewohnten BluRay-Standard entsprechen könnten und nicht für Qualitäts-, sondern Quantitätsfanatiker, sprich Sammler, aufgelegt würden). Will sagen, wir bekommen einen 4:3-Print, der sich auf einer Mill-Creek-DVD schämen müsste – pixelig, unscharf, mit dem schon von „Billy the Kid“ gewohnten lila Einflimmern. Einen BluRay-Player (den ich dazu auch noch erst mal per Firmware-Update dazu bringen musste, die Scheibe überhaupt abzuspielen) und den Flachbildfernseher kann man mit dem Ding hauptsächlich erschrecken… Wie schon bei „Billy the Kid“ wird das vom US-Publisher eingeblendete Wasserzeichen/Logo mit einem eigenen „Western-Klassiker“-Logo überdeckt.

Tonqualität: Die deutsche Tonspur sollte man meiden – eine vermutlich in Echtzeit erstellte Pornsynchro plus ein neuer Score, der nur für die Original-Songs unterbrochen wird und vermutlich unter Androhung körperlicher Gewalt von einem arbeitslosen Alleinunterhalter auf ’nem Bontempi-Keyboard eingeklimpert wurde, das regt nur zum Selbstmord an. Die englische Tonspur ist erfreulicherweise vorhanden, zwar recht leise und sehr verrauscht, aber noch brauchbar.

Extras: Are you kidding me?

Fazit: Wenn man zwei oder drei dieser streng formulaischen Serien-B-Western gesehen hat, weiß man, was man erwarten darf und wird selten überrascht. Wie schon oben dargestellt – das letzte, was Produzenten und Publikum zeitgenössisch von diesen Filmen erwarteten, waren irgendwelche Experimente. „Sheriff in Tombstone“ macht da keine Ausnahme – es ist ein handwerklich wie schauspielerisch routinierter „Western von Gestern“. Wer’s das Sub-Genre mag, wird zufrieden sein, und sonst wird sich eh niemand mit dieser Sorte Film befassen mögen…

3/5
(c) 2012 Dr. Acula


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