Shark – Das Grauen aus der Tiefe

 
  • Deutscher Titel: Shark - Das Grauen aus der Tiefe
  • Original-Titel: Great White
  • Alternative Titel: Shark |
  • Regie: Zac Reeder
  • Land: USA
  • Jahr: 2000
  • Darsteller:

    Richard Keats (Steven Miller), Stephanie Rose Allen (Nancy Miller), R.J. Collins (David Miller), Terry Arrowsmith (Sheriff Ross), C.J. Morrow (The Sergeant), Crockett Maricle (Deputy), Ryan Moe (Sam), Drew Wood (Joe), Michael Main (Jake), Sherri Williams (Leslie)


Vorwort

Professor Steve Miller (some people call him the space cowboy, some people call him Maurice [ja, er heißt SteveN, aber ich lass mir doch von einem lausigen Buchstaben keinen guten schlechen Gag verderben]), Meeresbiologe, der allerdings durch einen unseligen Kindheitszwischenfall (sein Vater, ein Fischersmann, wurde zum Opfer der Umstände, äh, des Ozeans) eine ungesunde Aquaphobie sein Eigen nennt (da hat er sich ja dann den idealen Beruf ausgesucht), geht einem Rudel gelangweilter Studenten in einer langweiligen Kleinstadt im langweiligen US-Bundesstaat Missouri (wenig überzeugend gemimt von Nevada und Arizona) auf den Keks, ditto seinem Sohn David, der – obwohl offenkundig alt genug, um mehrere Irak-tour-of-duties hinter sich zu haben – von ihm mit strikten Ausgangssperren, Umgangs- und Wasserverboten gemaßregelt wird. Hätte er mal seinem Lieblingsstudenten Joe ähnlich restriktive Verhaltensregeln mit auf den Lebensweg gegeben, dann wäre der, der Lebensweg nämlich, nicht so kurz ausgefallen… Beim Fischen in einem stehenden Gewässer, aus dem ich nicht mal ’nen toten Stiefel ziehen möchte, wird Joe zerfleischt. Es herrscht allgemeine Ratlosigkeit – die Hypothese des Sheriffs, wonach ein Berglöwe einen Ausflug ins Wasser gemacht hat und dabei Joe verhackstückt hat, wird von Miller für gut befunden. Aber Joe ist nicht die letzte Leiche in wässrigem Zusammenhang und als der stadtbekannte Süffel „Sarge“ zu üblichem Gelächter und Gejohle auskunftet, er habe einen Hai im Fluss gesehen, fällt bei Miller der Groschen. Könnte tatsächlich ein Hai die freie Meereswildbahn gegen Süßwasserschleckerei getauscht haben? Der Sheriff findet die Theorie begreiflicherweise eher doof, zumal Miller keinerlei Beweis beibringen kann. Nachdem aber zwei Jetski-Fahrer (zur Freude des Killerhais nicht gerade Bulimiker…) zu Haichappi werden und Miller die verunstalteten Kadaver zwanglos als Werk eines Großen Weißen (’n Großer Alter wäre mir lieber) diagnostiziert, ist der Sheriff überzeugt. Nur zu David hat sich irgendwie nicht rumgesprochen, dass die Gewässerphobie seines alten Herrn ausnahmsweise momentan mal berechtigt ist – hinter dem Rücken seiner Erzeuger schreitet er mit ein paar Jungs zu einer „Rafting“-Tour…


Inhalt

Zu meinen charmanten und liebenswerten Schwächen gehört es, grundsätzlich jeden Spielfilm, der sich auch nur am Rande mit Haien, Haiverwandten und -mutationen und ihren Freßgewohnheiten beschäftigt, diskriminierungsfrei in meine Kollektion aufzunehmen. Diese vorurteilslose Herangehensweise bedingt zwangsläufig, dass man neben kulturell wertvollen Lichtspielwerken wie „Der weiße Hai 3“ oder „Hai-Alarm auf Mallorca“ auch Kroppzeuch mindererer Güte ins Regal stellen darf. Wie z.B. „Shark“ von einem gewissen Zac Reeder, ein Film, der hierzulande von VZM vertrieben wird (was dem Viel- bis Allesseher schon einen mehr oder weniger wohligen Schauer über den Rücken laufen lässt) und ganz offensichtlich SO toll ist, dass er gleich zwei IMDb-Einträge braucht – einer firmiert unter dem Titel „Shark“ mit Baujahr 2000, der andere mit dem Namen „Great White“ (die Band bedankt sich, die sind doch gestraft genug) datiert von 1998. Zur Komplettierung der Verwirrung trägt meine DVD auf dem Cover den Titel „Shark“, behauptet on-screen aber die „Great White“-Inkarnation des Werks zu sein.

Verantwortlich für den ganzen Schmu ist, wie gesagt, ein gewisser Zac Reeder – ein Typ, der seit 1990 an den Ecken und Kanten des Hollywood-Betriebs rumhängt und vermutilch begeistert wäre, wenn man ihn in einem Atemzug mit Größen wie Philip J. Roth & Co. nennen würde. In seiner zwanzigjährigen „Karriere“ hat er immerhin EIN Drehbuch an den Mann gebracht, einmal Regie geführt und drei Produzenten-Credits abgestaubt (zulezt für den SyFy-Klopper „Alligator X“, viel früher für den aus dem David-A.-Prior-Umfeld kommenden SF-Heuler „The P.A.C.K.“). Ein großer Künstler und Filmstratege also, der offenbar eines schönen Nachmittags über eine „Jaws“-Wiederholung stolperte und sofort daran ging, der Welt seinen eigenen Epigonen zu bescheren und sich nicht dadurch aufhalten zu lassen, nur Locations in der Wüste Nevadas oder Arizonas greifbar zu haben. Wo geringere Geister jetzt halt die Schultern zucken und „dann eben kein Hai, sondern ein Grizzly oder was weiß ich denn“ murmeln würden, sagt sich ein Mann vom Schlage Zac Reeders „wo ein Wille ist, ist ein Weg“ und macht ’nen Großen Weißen zum Süßwasserfischli.

Nun soll es in der Tat schon vorgekommen sein, dass ein vorwitziger Hai mal einen Flußlauf hinaufgeschwommen ist und ein bisschen Schabernack trieb (Reeder bezieht sich in sienem „based-on-a-true-story“-Texttäfelchen auf einen Vorfall aus dem Jahr 1916), und die „Glyphis“ (Flusshaie) sind eine eigene Familie im Kreis der Selachii (allerdings ausschließlich im indopazifischen Raum ansässig), aber selbst die hausen eher in großen Flüssen wie dem Ganges – will sagen: ich kaufe die Prämisse nicht. Gut, gewisse andere Filme versichern uns glaubhaft, dass Haie eine Art kollektive Familienvendetta planen und durchziehen können, da ist’s ja schon leichter zu glauben, ein 20 Fuß langer weißer Hai könnte in einem Fluss, der nicht mal ’nen Meter tief ist, überleben, geschweige denn über Tage unbemerkt Opfer reißen… Aber was will man auch von einem Drehbuch verlangen, dessen Held ein wasserscheuer Meeresbiologe ist – wohlgemerkt ein Meeresbiologe, der sich diesen Job aussucht, obwohl er bereits als Kind wasserphobisch traumatisiert wurde (andersrum würd’s ja glatt Sinn machen, wenn Miller, durch ein berufliches Ereginis ins Bockshorn gejagt, nunmehr auf sicherem trockenen Land doziert)? Bzw. ein Drehbuch, das unter „Rafting“ versteht, dass man sich im Taucheranzug auf einen dieser aufblasbaren Riesenreifen hockt und auf einem praktisch stehenden Gewässer herumplätschert (ja, der „Fluss“, in dem unser Riesenhai wildert – dem man übrigens in der engl. Originalfassung gerüchteweise mal versehentlich eine Größe von „10 Fuß“ andichtet, was einen IMDb-Reviewer zu der launigen Bemerkung veranlasste, dass das dann ein reichlich… durchschnittlicher Hai wäre – ist nix anderes als ein trauriger, langweiliger, zivilisiert-einbetonierter Kanal).

Auf dem Weg zu diesem, hihi, hochdramatischen Finale (das man schon irgendwie, irgendwo mal gesehen haben sollte, und sei’s der „schönsten“ Hai-Explosion seit „Der weiße Hai IV – Die Abrechnung“ wegen) stolpert Reeder bzw. sein Script im Tempo einer flossenamputierten Schildkröte von Plotpunkt zu Plotpunkt, im Bestreben, all das, was Reeder durchaus korrekt als wesentliche Bestandteile und Erfolgsgeheimnisse der Spielberg-Fischsuppe identifiziert hat, abzuhaken, mit dem feinen Unterschied, dass Spielberg ein (überschätzter) Top-Regisseur und Reeder ein nulpiger Nichtskönner ist. Ja, er hat durchaus begriffen, dass die zerrissene Brody-Familie und ihre Wieder-Zusammenführung ein zentrales Element des Spielberg-Films ist und versucht mit seinen unbeholfenen Mitteln, mit Miller und seinem seinen alten Herrn für mittelschwer verkalkt haltenden Sohn (der aber ungefähr so rebellisch ist wie eine Tüte H-Milch und seinen Akt des Ausbruchs – die, harhmpft, „Rafting“-Tour – mit erheblich schlechterem Gewissen als badmovie-Kater Pucki, wenn er mir in die Sockenschublade kotzt, absolviert), dieses Familiendrama nachzuvollziehen – geht natürlich in die Binsen, weil die Sorgen und Nöte des Miller-Clans erheblich weniger interessant ist als das Balzverhalten eines durchschnittlichen Bauchnabelfussels (Miller ist ein weinerliches Vollbrot und sein Sohn ein retardierter Gütepansen, als Ausgleich dafür ist Mama Miller eine totale Non-Entität, die ungefähr zwei Szenen hat, sich dafür aber gefällt, als Professorengattin in zerrissenen Jeans rumzulaufen. Progressiv!). Auch hat Reeder davon gehört, dass eine widerspenstige Autoritätsfigur gut für „Drama“ ist und hat deswegen den Sheriff an Bord gebracht, gegen den jeder fünftklassige Bedenkenträger aus einem italienischen Billig-„Jaws“-Rip-off wie eine moralische Instanz wirkt. Die Figur des „Sarge“, des obdachlosen versoffenen Kriegsveteranen (Gesellschaftskritik!!1ELF!) muss Reeder direkt aus dem Geheimnis der fliegenden Teufel geklaut haben (dort geringfügig eindrucksvoller gespielt vom späteren Oscar-Rezipienten Martin Landau) – dort machte die Nummer aber auch noch zumindest ein klein wenig Sinn… Apropos „Sinn“ – über selbigen der Flashback-Sequenz, in der wir klein Steven mit seinem bald-von-der-See-verschlungenen-Papa (aus Geheimnisgründen nur als „Schattenmann“ zu sehen), beiwohnen, lässt sich auch trefflich streiten.

Aber wurscht, dass wir in einem billigen Rip-off nicht das große Drama eines Spielberg bekommen, war uns von Anfang an klar – stimmt dann wenigstens der Horrorgehalt? Nun, es hält sich schon mal der Body Count in Grenzen (wenn ich richtig mitgezählt habe, gibt’s ein halbes Dutzend Leichen) und bis auf, naja, zwei (und selbst darüber lässt sich streiten) sind’s drehbuchmäßige Nullnummern, weil es „random victims“ sind, die wir nicht kennen, die uns mit Müh und Not zwei Minuten vor ihrem Ableben vorgestellt werden, und deren Schicksal als Haifutter uns nicht sonderlich tangiert. Könnte auch noch egal sein, wenn der ganze Kram dann wenigstens blutig ist, ne? Ich darf auf die oben vermerkte FSK-Freigabe hinweisen und hinzufügen, dass die in keiner Weise unangemessen ist.

Das hat natürlich auch einen Grund – Zac Reeder hatte zwar vor, einen Haihorrorfilm zu drehen, aber natürlich weder einen echten Killerhai am Start noch Zeit und Lust, ein Modell zu bauen oder einen CGI-Fuchs anzuheuern, auf dass er ein schickes 3D-Modell rendered. Mehr als in eine grau angestrichene Holz-Rückenflosse, die dann auch ungefähr genau so aussieht, wie sich das anhört, wollte Mr. Reeder nicht investieren (dass man in ein paar Shots mit verbundenen Augen sieht, dass hinter dem kreischenden Opfer wirklich nichts anderes als eine durch’s Wasser gezogene Rückenflosse her ist, hilft der Illusion nicht wirklich weiter, genauso wenig der Umstand, dass die Produktionshelfer die Flosse in Ufergefilde zerren, in denen ein echter Hai in rapportierter Größe bereits in Tunneln operieren müsste). Da so eine Rückenflosse an und für sich niemanden überzeugend angreifen kann, und die bei National Geographic o.ä. geklauten Archivaufnahmen unterschiedlicher (und unterschiedlich großer) Haie ebenso schwerlich mit den eigenen Darstellern interagieren können, sind die Kills dementsprechend aufregend: Archivaufnahme Hai/Schnitt/strampelndes Opfer/Schnitt/Archivaufnahme Hai/Schnitt/Nachaufnahme Opfer, rinse, repeat. Nicht mal den aus Italo-Werken beliebten Blutsprudel kann Reeder sich leisten. An „FX“ gibt’s eine „Leiche“, die man mit ein wenig Ketchup bespritzt hat (und angeblich so übel zugerichtet aussieht, dass Miller sich an Ort und Stelle übergeben muss) und ein Opfer, dass „Blut“ spucken darf. Keine Frage, praktisch jede Trickserie aus dem RTL-2-Nachmittagsprogramm ist blutiger.

Den einzigen (und vermutlich den Löwenanteil des FX-Budgets ausmachenden) CGI-Shot hat Reeder sich für die finale Hai-Explosion aufgehoben und die sieht so „gut“ aus, dass sie allein praktisch die Investition in die Scheibe wert ist, so man himmelschreiend missglückte CGI-„money shots“ sammelt. Muss man gesehen haben.

Auf dem erfreulichen Gebiet der Schauspielerei haben wir es mit einem Ensemble erlesenster Flachzangen zu tun, deren kombinierte thespische Kompetenz kaum dazu ausreicht, einem GZSZ-Beleuchter die Frühstücksbrote servieren zu dürfen. Richard Keats, einziger Mitwirkender mit etwas, was mit zwei zusammengekniffenen Hühneraugen ansatzweise nach etwas ähnlichem wie dem Schatten einer Karriere aussieht, spielte einst di Hauptrolle in Philip J. Roths „A.P.E.X.“ und greift gelegentlich bessere Komparsenrollen wie „Helicopter Pilot #1“ in „Der Tag an dem die Erde still stand“ ab; mit seiner aufreizenden Hölzernheit ist er tatsächlich noch der beste Schauspieler, im Vergleich zu Totalausfällen wie Terry Arrowsmith (hin und wieder Wasserträger in Serien wie „First Wave“ oder „Sentinel“), dem von der Tatsache, vor einer Kamera agieren müssen zu dürfen, offensichtlich gewaltig überraschten R.J. Collins und der vermutlich selbst mit einer Waschmittelwerbung überforderten Stephanie Rose Allen befleißigt er sich zumindest einer messbaren schauspielerischen Anstrengung… je kleiner die Rolle, desto grauenvoller das Spiel, ist die Faustregel, an der wir uns (aber besser die Akteure) aufhängen können.

Bildqualität: VZM (im Übrigen das einzige Label, dass es an hässlichem Coverartwork mit Pidax aufnehmen kann, allerdings nicht hinsichtlich Qualität der dargebotenen Filme) präsentiert den Film in wohl intendiertem 4:3-Vollbild von miserabler Qualität – die auffasernden Kanten lassen sich schon auf kleinem Bildschirm bewundern und werden auf größerem Equipment nicht gerade unauffälliger; sehr schwammig-matschig und einer DVD-Präsentation, speziell eines nun nicht gerade vorsteinzeitlichnen Films nicht würdig.

Tonqualität: Die deutsche Synchro (Dolby 2.0), die wir ausschließlich anhören dürfen, tut dem Film – mit Ausnahme des oben erwähnten Dialoggoofs der Originalassung – auch keinen Gefallen und ist mit „lustlose Pornsynchro“ mal wieder treffend umschrieben. Auf technische Aspekte einzugehen, verbietet sich da…

Extras: Als sogenannte Extras gibt’s eine „Info“-Tafel, die lediglich die vom Frontcover abgepinnten Credits rezitiert, und eine Bildergalerie.

Fazit: Ich respektiere ja grundsätzlich, wenn Leute ihren Arsch in Bewegung setzen und einen FILM machen. Täte das niemand, wäre ich arbeitslos. Und ich bewundere richtiggehend, wenn sich Low-Budget-Filmemacher an Themen ranwagen, von denen sie mit Fug, Recht und Kontoauszug her die Finger lassen sollten, und trotzdem ein Endresultat auf die Beine stellen. Zac Reeder „bewundere“ ich aber so wie einen leicht zurückgebliebenen Sechsjährigen, der endlich nicht mehr ins Bett pinkelt und dafür gelobt werden will. Es ist eine Leistung, aber eine, die nur die engsten Familienangehörigen würdigen können. Da ich meines Wissens mit Mr. Reeder nicht verwandt bin, klopfe ich ihm metaphorisch einmal freundlich auf den Rücken und drehe mich leicht peinlich berührt weg. „Shark“ ist jedenfalls der wohl langweiligste Killerhaifilm, der jemals gedreht wurde.

1/5
(c) 2012 Dr. Acula


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