Sexworld

 
  • Original-Titel: Sexworld
  •  
  • Regie: Anthony Spinelli
  • Land: USA
  • Jahr: 1978
  • Darsteller:

    Lesllie Bovee (Joan Rice), Kent Hall (Jerry Rice), Kay Parker (Millicent), Jack Wright (Ralph), Sharon Thorpe (Lisa), John Leslie (Roger), Desiree West (Jill), Annette Haven (Dale), Peter Johns (Lisas Anruf), Amber Hunt (Linda), Abigail Clayton (Jo), Joey Silvera (Phil), Maureen Spring (Ann), Chris Cassidy (Alex), Johnnie Keyes (als er selbst)


Vorwort

Wer im Alltag seine sexuellen Wünsche, Bedürfnisse und Fantasien nicht ausleben kann, weil sie ihm peinlich sind, der Partner kein Verständnis zeigt oder vielleicht erst gar kein potentieller Begattungspartner greifbar ist, für den ist Sexworld die Lösung – ein Luxus-Resort, das für einen beachtlichen Preis ein Wochenende purer sexueller Hingabe und Leidenschaft anbietet. Motto: „Wenn Sie es sich vorstellen können, können wir es arrangieren“. Für jede auch noch so abseitige Fantasie ist man in Sexworld gerüstet – Bondage, Inzest, Wassersport. Sexworld verurteilt nicht, Sexworld erfüllt Wünsche, Diskretion ist garantiert: so darf man die Anlage nur einmal besuchen, und Verbrüderung mit anderen Gästen ist unerwünscht (und wenn sie doch vorkommt, wird gebeten, das Management zu informieren, damit das entsprechend in das Vergnügungsprogramm eingearbeitet werden kann).

Für das aktuelle Wochenende wird eine Busladung neuer Gäste angekarrt, die den Bewerbungsprozess erfolgreich überstanden haben, nun noch einen ausführlichen Fragebogen ausfüllen müssen und in einem persönlichen Gespräch mit einem Berater Art und Umfang der sexuellen Erlebnisse, die sie in den nächsten drei Tagen und Nächten genießen wollen, abklären.

Die Gäste sind höchst unterschiedlich – da wäre z.B. Roger, der eigentlich gar nicht so recht weiß, was er von Sexworld erwartet. Die Besatzung des Sexworld-Kontrollraums kennt ihre Pappenheimer allerdings und identifiziert Roger zutreffend als einen „ich-bin-kein-Rassist-aber!“-Heuchler und führen ihm in purer Absicht eine schwarze Partnerin zu. Roger hält sie, being an asshole, zunächst für eine Reinigungskraft. Das Mädel muss ihm ihre Möpse schon direkt vor die Nase halten, bis Roger zumindest ansaztweise akzeptiert, dass auch eine dunkelhäutige Frau unter Umständen fickbar ist, ohne dass einem der arische Pimmel abfällt. Sobald der Groschen aber mal gefallen ist, findet Roger ebensolches, nämlich Gefallen, an „dark meat“…

Das Ehepaar Joan und Jerry Rice, auf der anderen Seite, scheint eine glückliche Ehe zu führen, dennoch schlug Joan, eine angehenden Akt-Malerin, den Sexworld-Trip vor. Während Jerry mit schlechtem Gewissen, aber ohne echte Widerstandsmöglichkeit, in einen Dreier mit zwei bisexuellen Girls gezwungen wird, offenbart Joan ihrem Berater ihren geheimstes Verlangen – ihre Nachbarin und Modell mit der „schönsten Pussy der Welt“. Klare Sache, dass Sexworld das einrichten kann.

Ein ganz anderer Fall sind Millicent und Ralph. Ralphie schleppt nicht nur einen Mt.-Everest-großen Ödipus-Komplex mit sich rum, auf den Millicent nun schon seit Jahren keinen Bock mehr hat, dazu noch bekommt er keinen hoch, und das ist für Millie absolut kein Zustand mehr. Sie wünscht sich einen richtigen Kerl, der sie mit Schmackes auf die Matratze wirft und durchnagelt, ob sie nu will oder nicht. Ihr Wunsch ist Sexworld Befehl, und Ralph, der zunächst darauf versteift (hähä) ist, den Akt seiner Frau heimlich zu beobachten, wird von einer hübschen Blondine so lange bearbeitet, bis sich unnerum tatsächlich was regt…

Dale ist auch eine besondere Pflanze. Sie schämt sich ihres sexuellen Verlangens und hat deshalb bislang nur kostenpflichtigen Telefonsex (als Kundin) gehabt und selbst dafür musste sie sich eine Ersatz-Identität mit Perücke und verstellter Stimme zulegen. Was aber nichts an der Scham für erlebte Orgasmen ändert. Ihr Wunsch ist daher nichts anderes als ein ganz normaler junger Mann. Sexworlds Macher entscheiden sich dafür, ihr einen heißen Latino-Burschen zuzuführen.

Und da wäre noch Jill – die hat „Behind the Green Door“ gesehen und verspürt nun den unstillbaren Wunsch nach „big black cock“. Auch hierfür hat Sexworld das Passende im Repertoire.

Nachdem alle Wünsche befriedigt sind, manches Leben dadurch wieder auf die Spur gebracht wurde, manch anderes aber zerstört, beglückwünscht sich die Sexworld-Crew zu einem weiteren erfolgreichen Wochenende und schaltet sich ab…


Inhalt

Bei manchen Porno-Versionen legitimer Filme fragt man sich, wer sie mal für eine gute Idee hielt, andere dagegen lassen grübeln, warum nicht schon früher jemand auf den Gedanken gekommen war – und wieder andere lassen einen darüber nachdenken, warum die nicht schon VOR dem „richtigen“ Film rausgekommen sind. „Sexworld“ ist so ein Fall.

Anthony Spinellis Streifen vom „tail end“ des Porno-Chic (1978) hängt sich, wofür man weder Porno- noch Filmexperte sein muss, an Michael Crichtons Klassiker „Westworld“ an. In „Westworld“, wir erinnern uns, machten wir Urlaub in den roboterbevölkerten historischen Areas von Delos und konnten in die Haut eines Revolverhelden im Wilden Westen, eines römischen Adlingen am Hof des Kaisers oder eines Kreuzritters der Tafelrunde schlüpfen. Wenngleich der Film sich primär darauf festlegte, die Abenteuer-Elemente in den Vordergrund zu stellen, also gegen Roboter-Gunslinger anzutreten und sich dabei darauf verlassen zu können, dass der bestimmt nicht zurückschießt, wurde mehr als nur mit der Blume darauf herumgeritten, dass ein weiterer erheblicher selling point von Delos der ebenso hemmungs- wie folgenlose Sex mit robotischen GespielInnen, gleichzeitig der ultimative safe sex als auch (in Zeiten von #metoo schier undenkbar) die totale Unnötigkeit von „consent“, weil die Roboter auf „Nein“ sagen nicht programmiert sind. Eine Hardcore-Version des Themas lag daher auf dem Penis, äh, der Hand. Dass es trotzdem fünf Jahre dauerte (und zwischendurch sogar „Westworlds“ eigenes Sequel „Futureworld“ herauskam), ist schon überraschend (immerhin wurde „Sexworld“ wie folgt beworben. „Westworld was for kids. Futureworld for teenagers. Sexworld is for adults!“ Ich weiß nicht, ob ich den ersten beiden Behauptungen vorbehaltlos zustimme…).

Jedenfalls ist es sehr naheliegend, auf der Prämisse, die eh schon sexuell aufgeladen ist, eine Hardcore-Variante folgen zu lassen. Spinelli („Suckula“, „The Seduction of Lyn Carter“) versammelte dafür ein ziemliches who is who an 70er-Jahre-Pornstars und schrieb gemeinsam mit seinem frequenten Kollaborateur Dean Rogers das Drehbuch. Und zwar ein Drehbuch, von dem nach einigen Stunden Nachdenken immer noch nicht so recht weiß, ob ich damit zufrieden bin oder nicht (und das wohl den Umstand eingerechnet, dass Pornos auch in den 70ern selten wirklich gute Bücher hatten).

Ehrlich gesagt bleibt nämlich von „Westworlds“ Prämisse und Vorbildfunktion nicht sehr viel übrig. Zum einen liegt das natürlich daran, dass „Sexworld“ als Hardcore-Film schlicht nicht die finanziellen Möglichkeiten einer Majorproduktion hat, um unterschiedliche „Welten“ aufzubauen, sondern sich halt zwangsläufig darauf beschränken muss, in den Zimmern einer Hotelanlage zu spielen, was auch mit sich bringt, das nicht mit historischen Epochen, Kostümen, Requisiten gespielt werden kann, also haben wir hier keine Orgien am Hofe Neros oder Gangbang mit der Clanton-Gang am OK Corral, alles muss in dem Bereich bleiben, der sich mit relativ geringem Aufwand und Umdekorationen gestalten lassen kann (wobei ich trotzdem immer noch respektvoll bezeuge, dass „Sexworld“, was Sets, Kostüme, Kameraarbeit etc. angeht, durchaus auf dem Niveau einer mittelprächtigen 70er-US-TV-Produktion liegt).

Ebenso gibt es keine durchgängige Storyline, sondern nur durch das „Sexworld“-Konzept aneinandergereihte Einzelepisoden, und, das ist vielleicht das größte Manko, „Sexworld“ selbst, der Hintergrund der ganzen Unternehmung und die Umsetzung derselben, bleibt praktisch völlig ausgeblendet. Ja, wir haben hin und wieder einen Schnitt in den Kontrollraum, in dem wichtig wirkende Weißkittel wuseln, und wir dürfen einem ganzen Rudel der „Beratungsgespräche“ beiwohnen, was der Nummer fast schon einen semidokumentarischen Touch gibt, aber es gibt keinen Hinweis darauf, wie die Sexworld-Macher die Wünsche ihrer Klienten wirklich erfüllen – sind es Roboter? Führt man doch nur wunschtechnisch kompatible Gäste zusammen? Hat man einfach ein Rudel Sexarbeiter im Keller und lässt die jeweils passenden raus? Es gibt ein klein wenig Technobabble um „Phasen“, die eingeleitet werden, irgendetwas nachvollziehbares, in das man als Zuschauer die virtuellen Zähne beißen könnte, um zu verstehen, was vor sich geht, wird aber nicht kredenzt (und klar, das war auch nicht unbedingt das, worauf die zeitgenössische Zielgruppe aus war, aber wenn man jetzt mit vierzig Jahren Abstand aus filmhistorischer Sicht einen Blick riskiert und nicht primär am Herumgeföckel interessiert ist, fällt’s freilich auf).

„Sexworld“ drückt sich um eine durchgängige Geschichte und ist weniger an den Möglichkeiten der Prämisse interessiert ist denn an den „Einzelschicksalen“ der Sexworld-Gäste, von deren Macken wir zumindest zum Teil bereits durch Flashback-Sequenzen während des Bus-Transfers zum Hotel hören und sehen, die dann im Filmverlauf bearbeitet, entwickelt und vielleicht gelöst werden. Realistischerweise macht Spinelli sich nicht die einfache Rechnung „Sex löst alle Probleme“ auf, sondern weist im Dialog sogar darauf hin, dass es – entgegen der Küchenpsychologie so manchen sogenannten Sex-Experten – einer Beziehung schaden kann, wenn man seine geheimen Verlangen offen ausspricht (was in-universe eben die Existenzberechtigung von Sexworld ist). „Sexworld“ mag der Weg zur ultimativen sexuellen Befriedigung sein, aber es ist keine ultimative Lösungsmaschine für Beziehungsprobleme. Ironischerweise ist es sogar die vorab am besten zu funktionieren erscheinende Beziehung, die von Joan und Jerry, die nach dem Wochenende vermutlich in Trümmern liegt (und den Ausschlag hierfür gibt Joan, deren Idee der Trip überhaupt erst war). Und während Ralph und Millie, nachdem aus Ralph ein „echter Mann“ geworden ist, wieder ein intaktes Verhältnis zu haben scheinen, ahnen wir, dass eine Beziehung, die mehr oder minder nur auf dem dominanten Verhalten des Männchens basiert, wohl auch keine lange Halbwertsdauer haben wird. Roger mag zwar erfolgreich auf black beauty umprogrammiert sein, aber er geht fälschlich davon aus, dass er diese Erfüllung nur in Sexworld finden kann. Es bleibt also aus psychologischer Sicht so – Sexworld kann helfen, die eigene Psyche und Sexualität zu erkunden, aber wie man damit im Alltag zurecht kommt, bleibt jedes Gastes eigenes Problem.

Handwerklich-technisch ist „Sexworld“ trotz des geringen Budgets offenkundig einer der besseren Hardcore-Pornos. Auch wenn nur ein-zwei Sets „futuristischen“ Anspruch erfüllen, müht sich Spinelli um visuelle Abwechslung, die verschiedenen Sets unterscheiden sich deutlich, und Kameramann Robert Marksman (womöglich ein Pseudonym eines im „richtigen“ Filmbereich tätigen D.P.s) liegt merklich über dem Hardcore-Durchschnitt – da gibt’s zeitgenössische TV-Filme, die erheblich statischer und einfallsloser abgefilmt aussehen. Das Ohr umschmeichelt ein angenehmer funkig-souliger Score mit einem sogar recht spektakulären Titelsong von „Toni McVey“.

Zum Sexgehalt – im Gegensatz zu modernen Gonzo-Pornos legt Spinelli auch nicht gesteigerten Wert darauf, einen Beischlaf von erster Berührung bis zum Cumshot auszuwalzen, sondern arbeitet auch in den Sexszenen mit Fokus auf dramaturgische Höhepunkte (hihi), schneidet schon mal aus einer Hardcore-Szene weg zu einem Dialog und zeigt auch einen gewissen Sinn für Ästhetik. Logisch, bei den nicht verhandelbaren genitalen Großaufnahmen ist mit Ästhetik dann vorbei, und eine gewisse Resistenz gegen „hairy pussy“ einerseits und Porno-Schnäuzer andererseits ist mitzubringen, aber ich hab 70er-Hardcore gesehen, der wesentlich, eh, sagen wir mal, vorspulfreundlicher ist… Beim Ankucken kam mir der Gedanke, dass es nicht sonderlich schwer sein sollte, eine Softcore-Fassung zusammenzuschneiden, da der Film auch ohne cumshots und bildschirmfüllende Vaginas „funktioniert“. Auf die Idee kam man offenbar auch damals, zumindest sind im Netz Spuren einer Softcore-Fassung zu finden.

Spinelli hat auch einen namhaften Cast versammelt. Lesllie Bovee war u.a. in dem Klassiker „A Coming of Angels“, „Take-off“, „Sensual Encounters of Every Kind“ oder „Blue Ecstasy in New York“ zu sehen, Kay Parker erlangte ewigen Branchenruhm durch den 1980er-Knaller „Taboo“ nebst Fortsetzungen und prägte sicher das klassische MILF-Bild, Sharon Thorpe gab sich in Gassenhauern wie „Baby Rosemary“ und „Overnight Sensation“ die Ehre, und Annette Haven („A Coming of Angels“, „Liebling, du beißt so gut“, „Baby Blue“) ist eh eine Legende im Business. Mit Desirée West hat der Streifen auch den ersten großen schwarzen weiblichen Porn-Star am Start. Den Mädels ist gemein, dass sie alle einen natürlichen Look aufweisen – wem beim heutigen Porn stört, das alles Weibliche nur noch aus Silikon und Botox zu bestehen scheint, findet hier eine erfreuliche Alternative.

Auch die Herren der Schöpfung sind durchaus Branchenstars – John Leslie war einer der meistbeschäftigten „studs“ des Goldenen Pornozeitalters, Joey Silvera (der in seiner Sexszene mit Kay Parker ihr wirklich eine schallende Ohrfeige verpasste) ist heute noch im Biz tätig (in non-sex-Rollen oder als fleißiger Regisseur), Johnnie Keyes (der sich hier selbst spielt) bzw. sein Schwengel wurden Stars durch „Beyond the Green Door“. Jack Wright (Ralph) war ein legitimer Bühnenschauspieler, der mit einer JFK-One-Man-Show Erfolge feierte.

Vinegar Syndrome – wer sonst – hat „Sexworld“ einen 4K-Transfer (!) für die Blu-Ray spendiert. Die Bildqualität ist daher verdammt gut, weist aber auch noch ordentlich Körnung für die Filmpuristen auf (1.85:1). Der Ton ist okay, als Extras gibt’s leider nur Teaser und Trailer. Die Scheibe ist codefrei.

Also – „Sexworld“ ist ein durchaus unterhaltsamer und seriös zusammengebauter und gearbeiteter Porno, der aus seiner Prämisse allerdings zu wenig entwickelt. Wer nun wirklich eine Porno-Variante von „Westworld“ erwartet, wird enttäuscht sein, es ist doch mehr ein psychologisches „Drama“, das von seinem Vorbild nur das grobe Konzept des luxuriösen SF-Resorts übernimmt, an den technisch-fantastischen Möglichkeiten, die dieses Konzept auch für einen Hardcore-Film anbieten würde, aber nicht sonderlich interessiert ist. Dennoch – für Freunde des 70er-Porn-Chic essentiell.

© 2018 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 6


mm
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Diamond Bentley
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Diamond Bentley
25. September 2018 18:22

Kann man also sagen, dass das Konzept der „Dirty Jokes“ in dieser Welt existiert?