Serial Killer

 
  • Deutscher Titel: Serial Killer
  • Original-Titel: Postmortem
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  • Regie: Albert Pyun
  • Land: USA
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    James MacGregor (Charlie Sheen)
    Inspector Balantine (Michael Halsey)
    Gwen Turner (Ivica Milicevic)
    George Statler (Stephen McCole)
    Wallace (Gary Lewis)
    Captain Moore (Dave Anderson)
    Leo (Stephen Docherty)
    Jane St. John (Leigh Biagi)
    George Statler Sr. (Phil McCall)
    Theodore Symes (Ian Hanmore)


Vorwort

Wenden wir uns, nachdem wir in letzter Zeit doch verstärkt (und entgegen meines eigentlichen Willens zur Ausgewogenheit… ich glaub, ich bin zu leicht zu beeinflussen) wieder obskurem Horror- und Asienkram gewidmet haben, dem erfreulichen Thema Albert Pyun zu (he, nicht fluchtartig den Cyberspace verlassen, hiergeblieben!) Mit unser aller Lieblingshawaiianer haben wir uns ja schon lang nicht mehr beschäftigt, aber der Doc vergißt seine speziellen Freunde nicht.

Da ich immer noch keine vernünftige DVD von Cyborg in Händen halte (geschweige denn überhaupt eine ansehbare Fassung desselben), muss es halt die Grabbeltischware tun, und da hab ich in letzter Zeit zweimal zugeschlagen. Weil Serial Killer, wie sich unser heutiger Film in Deutschland nennt, aber schon ein paar Monate länger im Regal fläzt als der andere auf Halde liegende Pyun und mir irgendwie heute auch nicht nach Zeug zumute war, bei dem ich vermutlich rekordverdächtige Notizen machen muss, durfte der Herr Serienmörder bzw. die Silberscheibe mit seinen vermeitnlichen Erlebnissen heute in den Player wandeln.

Postmortem, so nennt sich der Film im Original, stellt in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit in Pyuns Ouevre dar. Erstens haben wir hier einen Film, in dem weder Cyborgs noch Gangsta-Rappa auftreten, zweitens einen, der darüber hinaus ohne seine üblichen Spezis Nicholas Guest, Vince Klyn oder Norbert Weisser auskommt, drittens einen, der nicht in einer Fabrikhalle in Tschechien, sondern im schönen Glasgow/Schottland gedreht wurde, viertens einen, in dem ein echter, staatlich geprüfter und nach allen Regeln der Filmkunst für einen solchen zu haltender STAR mitspielt (gut, in Ticker gibt´s Seagal, Sizemore und Hopper, das sind schon drei Namen), nämlich Charlie Sheen (der sich hier übrigens seriös-gereift als „Charles Sheen“ kreditieren lässt), und, fünftens und besonderstens, einen, den sogar manch einer, der beim Namen Pyun in epileptische Zuckungen verfällt, als „gar nicht so schlecht“ klassifiziert. Da besteht ja das Risiko, dass der Film für den Trashgourmet und Pyun-Fan Doc deutlich unspaßiger als ein normaler Pyun-Fetzer werden könnte… Aber naja, wir haben drei Euro für den Film bezahlt (kein Wunder, dass Karstadt pleite geht, hehe), da wollen wir uns nicht beschweren. Und schon gar nicht im voraus…

Disclaimer: Ich bemühe mich mal wieder (und bestimmt wieder vergeblich), mich kurz zu fassen, da Future Doc mich schon mal unterrichtet hat, dass es tatsächlich gar nicht so viele Möglichkeiten gibt, sich über den Film lustig zu machen. Also erwartet keine Perlen hysterischen Humors (schätze ich mal, wer weiß, was sich ergibt), dafür aber die üblichen Spoiler.


Inhalt

Wir beginnen mit einer erstaunlich stilsicheren Kamerafahrt durch die unterirdischen Gänge und Korridore eines obskuren alten schottischen Gemäuers (mit Kirchturm), die ziemlich programmatisch am Heizkessel im Keller endet. Sieht ´n bißchen aus wie Nightmare on Elm Street und kann das auch sein, weil´s in der Tat ein Alptraum ist. Der mit den schlechten Träumen ist Charlie, verzeihung, Charles Sheen selbst in seiner Rolle als James MacGregor. Und wir erkennen sofort – der hat schon bessere Zeiten gesehen. Die Wohnstube ist chaotisch, der Meister selbst fix und alle, unrasiert, mittelmäßig versifft und nach dem Aufwachen unmittelbar reif für den ersten Kanten Hochprozentiges und Chemisches in Tablettenform. Ein wahres Vorbild also (allerdings gefällt mir schon jetzt die mittelalterlich-keltisch angehauchte Musik des Films), auch, was „Rauchen im Bett“ bzw. „Rauchen, während man gleichzeitig auf der Couch pennt“ angeht.

Doch Jimmy muss aufstehen, ob´s ihm paßt oder nicht. Zunächst führt in der Weg in seine schottische Stammpinte, wo er weiterhin den mitleidserregenden Depressiven mimt, ehe es ins TV-Studio geht. Denn Jimmy ist ein Star, oder sowas ähnliches. Jedenfalls nicht nur mürrischer Ex-Cop, sondern auch Bestsellerautor, der einen Wälzer über die Abgründe der seelischen Untiefen von fiesen Serienmördern verfaßt hat und Kontroversen durch seine „mitfühlende“ Art erregt, in der er z.B. die schlimme Kindheit eines betialischen Kindermörders analysiert und zu einem gewissen „Verständnis“ für die Übeltuer kommt. Der leicht angetütelte Jimmy fühlt sich von der Fernsehmoderatorin auf den Schlips getreten, beleidigt sie und verlässt das Studio.

Wir sehen schon – Jimmy mag vielleicht mal ein toller Bulle gewesen sein, ist jetzt aber ein 1-A-mit-Gütesiegel-Arschloch zum Knuddeln. Aber immerhin eins mit Restintelligenz – die bringt ihn dazu, von daheim aus (er lebt übrigens in einer schick renovierten alten Bude auf´m Land) die Moderatorin anzurufen, sich zu entschuldigen und sie erfolgreich für den gleichen Abend auf´n Date einzuladen (woran man wieder merkt: Frauen sind doof). Das führt sogar zu unerwarteten (und offensichtlich überfälligen) Aufräumaktivitäten, wohingehen ein eingehendes Telefax, eine Art Nachruf-Traueranzeige, als offensichtlicher Irrläufer zerknüllt wird.

Der Abend mit der Fernsehtante könnte sich, nach Jimmys Ansicht, durchaus erfreulich entwickeln, er ist jedenfalls in alkoholunterstützter Besamungsstimmung, das Objekt seiner Begierde zieht aber ersichtlich Geschlechtsverkehr mit nüchternen Partnern vor (die treffen auch besser, hüstel) und entwindet sich elengant seinen Zudringlichkeiten. Da kann man sich natürlich nur noch frustriert aufs Sofa knallen, ein weiteres einehendes Fax (seines Agenten, der ihn sehnlichst zu kontaktieren wünscht) ignorieren und den Schlaf der Ungerechten schnorcheln. Der sich pflichtschuldigst einfindende Hangover am nächsten Morgen verhindert leider, dass Jimmy mitbekommt, wie sein Gärtner panisch davonrennt. Nun, das erklärt ihm die in ordentlicher Kompaniestärke eintreffende schottische berittene Gebirgsmarine, eh, Polizei, die ihn festnimmt. Jimmy fragt sich warum, aber so recht auskunftswillig sind die Schotten nicht, eher miesepetrig drauf und gewillt, dem prominenten Amerikaner mit Freuden eins reinzuwürgen: „Einen Bestseller geschrieben und schon glauben sie, sie können sich alles erlauben!“ Z.B. ein junges Mädchen killen und tot sowie nackt an den eigenen Gartenzaun lehnen – ok, persönlich würde ich das nicht wirklich für clever halten (so dämlich ist doch normalerweise nicht mal der besoffenste Affektkiller. Leiche an den Zaun lehnen und dann drinnen aufs Ohr hauen), aber das mysteriöse Todesanzeigenfax spricht gegen unseren Helden.

Jedenfalls wird Jimmy vom ermittelnden Inspektor Balantine (Erfinder des gleichnamigen Gesöffs? Ist das schottisch? Dachte, das wäre mehr US-Südstaaten-Zeuch… JA, ich weiß, das schreibt sich anders. Gönnt mir halt einen schlechten Witz oder zwölf pro Review) im Verhör schon mal nett angemacht: „Möchten Sie jemanden anrufen? Ihren Agenten? Ihren Anwalt? Einen Schnapsladen?“ Im Verlaufe des Interviews erfahren wir als geneigter Zuschauer, dass Jimmy zwar wirklich mal Superbulle war, aber vor ein paar Jahren den Büttel hingeworfen („ich hab eine Leiche zuviel gesehen), seine Familie verlassen hat und nach Schottland, ins Land seiner Ahnen, gezogen ist, um „meine Wurzeln zu finden“.

Sei´s drum, noch ist Jimmy Verdächtiger Numero Uno, zumal die Tote identifiziert und, peinlicherweise für Jimmy, die Namen aus der Traueranzeige (der übliche Schmu, „es trauern Vater Theodore, Mama Hastenichtgesehen und Schwester Soundso“) exaktemento auf die Zwangsverblichene passen. Glück aber wiederum für den Yankee – die Leiche weist keine Anzeichen von Gewaltanwendung auf, nur Nadelstiche und eine „Einbalsamierungspunktion“ (darauf kommen wir noch, auch wenn das momentan noch niemanden so richtig tangiert), die ein Besoffski wie Jimmy mit Sicherheit nicht hinbekommen hätte, ausserdem verschafft ihm die Fernsehschnepfe ein Alibi für den Todeszeitpunkt. Schweren Herzens müssen die Gesetzeshüter Jimmy also mangels akuter Beweise freilassen. Jimmy nutzt die wiedergewonnene Freiheit gleich mal dazu, der TV-Moderatorin deutlich zu verstehen zu geben, nichts von ihr wissen zu wollen.

Kaum daheim kann Jimmy ein neues Fax aus dem Gerät ziehen, wieder eine Todesanzeige, mit neuen Namen (nur Vornamen, versteht sich, sonst wär´s zu einfach). Er benachrichtigt die Polizei, aber zu spät – der Killer entführt bereits sein neues Opfer, dieweil die Cops wenigstens anhand der Rufnummernspeicherung feststellen, dass der Faxabsender ein „illegales mobiles Fax“ verwendet (ein Schuft aber auch, dass er das nicht von seinem offiziell gemeldeten Heimanschluß aus tut). Jimmy bekommt die Faxe, so räsoniert man, weil´s der Mörder auf die dadurch bedingte Publicity abgesehen hat. Man stellt ihm einen Aufpasser und Faxbewacher zur Seite, was Jimmy nicht juckt, er geht sich lieber besaufen. Während die Polizei anhand der vom Killer dankenswerterweise übermittelten Vornamen und der Vermißten-Kartei das zukünftige Opfer namentlich identifizieren (kann man wenigstens schon mal den Zehenanhänger vorbeschriften), muss sich Jimmy in seiner Stammspelunke einen aufdringlichen Schnöselreporter schlagkräftig vom Leib halten (nicht ohne zuvor einige ethisch-moralische Allgemeinplätze zum besten gegeben zu haben, da der Reporter selbstredend nur die „Story“ wittert und tiefere moralische Implikationen außer Acht lässt. Das war offensichtlich die Abteilung Gesellschafts- und Medienkritik).

Das zweite Opfer wird tot und nackt in einer Seitenstraße aufgefunden. Der Oberpolizeibrandmeister spekuliert, dass der Täter ein Fan von Jimmy sein könnte, was unser Held rundheraus verneint. Hm, ja, das ist alles sicherlich sehr sehr spannend… nein, isses nicht – weil wir bis jetzt als arme Zuschauer noch nicht wissen, ob das ganze jetzt ein Serienkillerthriller im Schweigen der Lämmer-Gefolge, ein ernsthaftes Cop-Procedure-Drama wie Task Force Police oder doch lieber die Psychostudie eines traumatisierten Alkis wird. Das fällt an dieser Stelle auch Mr. Pyun ein, der einen ersten Anlauf unternimmt, diese drei Handlungsstränge zu kombinieren – Jimmy wird vom Oberpolizisten als „Berater“ zwangsverpflichtet; er fühlt sich dazu zwar seelisch-moralisch nicht wirklich in der Lage, aber zefix, der schottische Oberbulle lässt sich nicht erweichen. Und so darf er gleich der Obduktion des zweiten Opfers beiwohnen, da freut er sich richtig. Sharon, so heißt das arme Opfer, ist (schwacher Trost) nicht sexuell mißbraucht worden, wurde dafür einer Ganzkörperreinigung unterzogen und letztendlich nahezu gewaltlos durch eine Kaliuminjektion und nachfolgende Lungenembolie terminiert. Jimmy wird in der Leichenhalle eher grünlich und erweist sich als zu nichts zu gebrauchen.

Klare Sache – der Junge braucht einen Motivationsschub. Kann er haben. Er wird nämlich privat vom Erzeuger des seinerzeit bei ihm entsorgten ersten Mordopfers aufgesucht. Wer nun – wie ich auf Anhieb – erwartet, dass Papachen ein schweres menschliches Problem mit Jimmy bzw. diesen sogar ungeachtet der polizeilichen Ermittlungen als Täter ansieht und selbstjustiziären Ärger anzettelt, sieht sich getäuscht. Der Ex-Vater wünscht sich von Jimmy nur, anderen Familien ähnliches Leid zu ersparen, mit den Cops zu kooperieren und den Mörder dingfest zu machen. Rather reasonable für jemanden, der gerade seine Lieblingstochter verloren hat. Noch allerdings führt das nicht zum Durchbruch in der selbstauferlegten Mentalblockade Jimmys – er packt sich in seinen Sportflitzer, fährt durch die schottischen Highlands und stiefelt in Burgruinen rum, während sein Faxgerät den nächsten Nachruf ausspuckt.

Mit Opfer Nummer 3 gibt´s aber kein großes Gedöns. Das hockt einfach nach Verrichtung der Tat im Schlafzimmer seiner Mutter (?) rum (warum sollte man auch Suspense erzeugen wollen? Und wie zum Geier will der Killer das angestellt haben??). Jimmy, der sich immer noch ermittlungstechnisch verweigert, erfährt von der dritten Leiche beim Schnapskaufen (für Glenfiddich reicht die Kohle noch) und der Verkäuferin frommer Wunsch, man möge das killende Schwein doch baldmöglichst unschädlich machen, DAS läutert unseren Helden (ich seh schon, der ist Amerikaner, dem muss man es simpel und in einfachen Worten erklären. Umständliche Moralpredigten versanden da) – schon taucht er rasiert, gebadet und allgemein wieder als zivilisiertes Mitglied der menschlichen Rasse erkennbar im Polizei-HQ ein und drängt seine wertvolle Mitarbeit auf. Bevor´s die tumben Schotten um Banister sich versehen haben, hat Jimmy, in ungefähr fünf Sekunden, ein Täterprofil erstellt und die Schlußfolgerung gezogen, dass der Killer seine Opfer bereits vor der Tat trifft. „Woher wollen sie das wissen?“, fragt Banister (und ich mich auch). Jimmy: „Ich bin der Experte! Ich war im Fernsehen!“ (Das * soll * vermutlich ironisierend darauf abstellen, dass Banister Jimmy nicht leiden kann, kommt aber leider nur arrogant-überheblich rüber).

Der neue und verbesserte Jimmy kann sich auch unfallfrei eine Leiche betrachten. Er verlangt Gewebeproben und kombiniert anhand ätherbedingter Verätzungen an Mund und Nase des Opfers, dass der Täter es über längeren Zeitraum immer wieder betäubt hat. Nach der Leichenbesichtigung profiled Jimmy weiter wild herum und kommt zu dem Schluss, dass der Killer zwischen 20 und 30 Jahre alt sein muss, gebildet ist, aus der oberen Mittelschicht kommt und biologisch und /oder forensisch interessiert ist. Ich halte nicht für ausgeschlossen, dass man nach Würdigung der vorliegenden Beweise etc. zu dieser Erkenntnis kommen kann, aber INNERHALB VON FÜNF MINUTEN? Ich hab mir sagen lassen, selbst Profi-Profiler brauchen dafür´n Weilchen…

Die undankbaren Schotten glauben Jimmy natürlich erst mal nicht wirklich, sondern ziehen ihn lieber auf. „Warum hat man Sex mit bewegungsunfähigen Partnern?“ – „Fragen wir seine Ex-Frau!“ (Ha-ha, ein Brüller). Jimmy überzeugt seine Skeptiker weiterhin mit schierer Kompetenz – ein nebensächlich dahingenuschelter Satz der Mutter von Opfer Nr. 2 führt zu einem spontanen Geistesblitz, der sofortiger Überprüfung standhält. Alle Opfer hatten einige Zeit vor ihrem eigenen einen Todesfall in der Familie zu beklagen und die entsprechenden Nachrufe in den lokalen Käseblättchen sind beinahe identisch mit denen, die der Killer freundlicherweise Jimmy zukommen lässt. Aus etwas unerfindlichen Gründen sind Banister und Jimmy sofort einer Meinung – der Täter macht sich also in Bestattungsunternehmen an seine Opfer ran (das ist natürlich vollkommen richtig, aber auch nur, weil´s im Drehbuch steht. Einen logischen Grund dafür gibt´s nicht, schließlich kann der Täter genauso gut nur die Todesanzeigen gelesen und das Opfer beim Bäcker aufgelesen haben – schließlich verliert von den Polizisten keiner mehr ein Wort über die vorhin angesprochene „Einbalsamierungspunktion“. Im Zusammenhang mit einem „Bestattungsunternehmen“ könnte das doch ein wertvolles Indiz sein). Was ich aus der (auch nicht gerade suspensefördernd) eingespielten Szene, die den Killer, ein bleiches Jüngelchen biederstem Zuschnitts (das sind ja bekanntlich die Gefährlichsten) eben dabei zeigt, wie er sich bei einer Trauerfeier eher unkompliziert an ein Mädel und potentielles Opfer ranmacht, machen soll, weiß ich nicht. Ist das aktuelles Geschehen? Ein exemplarischer Flashback? Lediglich die Visualisierung der kriminalistischen Theorie? I don´t know.

Jedenfalls hat die Glasgower Sonderkommission jetzt eine nette Beschäftigungstherapie. Da die Theorie „Todesanzeigen“ ohne weiteres als richtig erkannt wurde, muss nun eine Datenbank derselben angelegt werden, um zukünftige Nachruf-Faxe zeitnah zuordnen und das beabsichtigte Opfer retten zu können. Leider werden Todesanzeigen von den Zeitungen nicht aktiviert, was bedeutet, dass unsere bedauernswerten Polizeifreunde den Kram per Hand einscannen müssen. Azubi-erstes-Lehrjahr-Arbeit, nennt man sowas wohl. Aber auch Beamten schadet ein wenig hochgeistige Arbeit nicht, würd´ ich sagen.

Aus dramaturgisch vollkommen unerfindlichen Gründen liest Jimmy in seiner Stammkneipe über Nekrophilie (schließlich ist fest etabliert, dass der Täter keine sexuellen Handlungen an den Opfern vornimmt) und lässt seinen Agenten, der bereits von der Mordserie und Jimmys Verstrickung in selbige unterrichtet ist und auf einen neuen Bestseller hofft, auflaufen.

Banister und Jimmy klappern die Bestattungsinstitute, in denen die Angehörigen der bisherigen Opfer bearbeitet wurden, ab und erkundigen sich, ob dort Personal oder seltsames Gesindel bei Trauerfeiern auffällig wurde. Endlich trudelt ein neues Fax bei Jimmy ein – dank der neuen Datenbank ist das ausersehene Opfer schnell identifiziert, aber nicht schnell genug; als die Polizei bei einer gewissen Gayle klingelt, ist nur deren WG-Partnerin dar. Das eigentliche Ziel der Operation ist bereits spurlos verschwunden. Dieses erneute polizeiliche Versagen nimmt Jimmy zum Anlaß für eine schwere Psychokrise – die ganze Schlechtigkeit der Welt belastet ihn. Banister verpaßt ihm Motivationstalk: „Sie sind ´ne Pfeife, aber ein guter Bulle!“ Außerdem vertraut Banister ihm seine Philosophie an: „Wir sind nicht da, um uns gut zu fühlen,“ sondern vielmehr, um die Drecksarbeit zu machen. Obwohl seine Worte mich jetzt nicht wirklich tief im Innersten berühren, verfehlten sie ihre Wirkung bei Jimmy nicht. Zumal auch der Gerichtsmediziner die gewünschten Gewebeproben liefern kann, denen aber nicht viel zu entnehmen ist, was nicht eh schon bekannt war, außer, dass der Täter seine Opfer chemisch reinigt, was, ta-daa, auf einen Leichenbestatter hindeutet. Jimmy theoretisiert, dass der Täter an „einem perversen Ort“ lebt (was bitte ist ein „perverser Ort?“), der groß genug ist, um die Autos der Opfer zu verstecken (ein Plotpunkt, den der Film fürderhin leider total ignoriert), und an dem die Opfer dazu gezwungen wären, dem Täter bei der Erfüllung seiner verkommenen sexuellen Fantasien zu assistieren. Und damit wir auch wissen, dass Jimmy ein Superbulle ist und selbstverständlich richtig liegt, wird selbiges uns auch bildhaft dargestellt. Nachdem der Killer mit Gayle (die ist´s ja wohl) seine Spielchen gespielt hat (viel mehr als „sich halbnackt daneben legen“ isses aber nicht. Die Perversen waren schon mal einfallsreicher), killt er sie und deponiert sie in einem leeren Schwimmbad, wozu er per Voiceover irgendwelchen Schwachfug über die Verlogenheit und Heuchelei bei Trauerfeiern absondern darf.

Ein neues Fax trifft ein – die Datenbank identifiziert das potentielle Opfer diesmal rasch, Jimmy grummelt irgendwo im Hintergrund; seiner Meinun nach hat man nur eine Chance, den Killer zu fassen, wenn man Sheryl, so heißt die Auserwählte, als Köder benutzt, was aber nicht wirklich auf Gegenliebe bei den schottischen Bullen stößt. Okay, den Namen haben die Cops jetzt, aber wo ist das Opfer zu finden?

Wir entern den größten Kopfpatsch-Moment des Films – war der Film bislang durchaus bemüht, die Polizisten glaubhaft, überzeugend und kompetent zu schildern, so wirft er dieses hehre Ansinnen nun über Bord, denn was JETZT kommt, spottet jeder Beschreibung. Anstelle nämlich einfach mit der Autorität des Gesetzeshüters bei Sheryls Eltern anzurufen und Auskunft zu verlangen, verfällt man auf den Dümmlingsplan, dass sich Bullette Turner telefonisch als Sheryls Freundin ausgibt und sich von deren Mama die Arbeitsstelle geben lässt, worauf ein anderer Bulle als Kunde getarnt eben da (einer Kilt-Boutique. Scotland-Flair!) anruft und sich versichern lässt, dass Sheryl dort bis halbe achte schafft. Ende vom Lied – kaum hat der Cop aufgelegt, gibt Sheryls Chefin ihr für den Rest des Tages frei. Bätsch. Wenn das schief geht (d.h. Sheryl ins Gras beißt), dann hat sie das der Inkompetenz und Geheimniskrämerei der Bullen zu verdanken. Sollte mir irgendjemand einen halbwegs vernünftigen Grund nennen können, warum die Cops die „Kontaktaufnahme“ SO durchgezogen haben, leiste ich gern Abbitte, aber mir zumindest fällt keiner ein. Was würde die Polizei sich daran hindern, spätestens bei Sheryl unter „richtigen Namen“ aufzutreten und eine Warnung loszuwerden?

Sheryl wird auch prompt von einem der Suspense halber nicht deutlich gezeigten Männeken abgeholt – Jimmy und die schottischen Cops stürmen die Boutique und nehmen, von der Chefin über den vorzeitigen Abgang der Angestellten instruiert, die Verfolgung auf, speziell Jimmy, der sich persönlich herausgefordert fühlt und den Unbekannten per Football-Tackle zu Fall bringt. Der Knabe wird festgenommen und gewisser gut gemeinter Polizeibrutalität zugeführt. Banister nimmt Sheryl beiseite, was Jimmy auffällt (für einen Moment dachte ich schon, Banister sei der Killer!), und erfährt von ihr (an ihrem Auto), dass der soeben Verhaftete ein alter Schulfreund sei. Tja, der echte Killer hockt nämlich auf dem Beifahrersitz von Sheryls Kleinwagen und jagt Banister eine tödliche Spritze in den Rücken, bevor er die Beine in die Hand nimmt. Jimmy spurtet hinterher – im Gewimmel des naheliegenden Bahnhofs verliert er den Mörder aber aus den Augen, stürzt sich auf einen unschuldigen Passanten, wird von dort patrouillierenden Streifenbullen aufgegriffen, dieweil der wahre Killer unbedrängt per Zug abreist (Jimmy unternimmt übrigens interessanterweise keine Anstalten, den Streifencops zu vermitteln, dass er auf Mörderjagd ist. Nicht, dass sie ihm vermutlich glauben würden, aber ich bin schon ein bissl enttäuscht von seiner Dedication).

Der Killer blättert, knapp entkommen, in seinem Hideout im Album der bisherigen Opfer (schön, dass er sich ein Erinnerungsalbum angelegt hat) und denkt sich eine neue böse Schelmerei aus: das nächste Fax, das sich aus Jimmys Maschine würgt, ist ein Nachruf ohne Namen, sozusagen zum Selberausfüllen und Mitraten. Das ist jetzt natürlich gemein. Jimmy rumpelt in Banisters Büro rum (vermutet er, dass der Killer Banisters Familie aufs Korn nimmt, wo die Bedingung „anderweitiger Todesfall“ ja jetzt erfüllt wäre? Wäre aber ein bissl billig, oder?), dieweil ermittlungstechnisch das Opferprofil auf die Vermißtendatenbank losgelassen wird und tatsächlich drei Mädels übrigbleiben, die a) länger auf der Vermißtenliste stehen als die Mordserie „offiziell“ läuft, aber b) hervorragend ins Schema passen würden. Demzufolge geht man davon aus, dass auch diese drei Grazien bereits dem Wahnsinnigen zum Opfer gefallen sind. Jimmy, Amerikaner und demzufolge Denker, kalkuliert, dass das erste Opfer verhältnismäßig nahe am Wohnort des Killers selbigem vor die Flinte gekommen sein müsste. Tatsächlich kristallisiert sich die Info heraus, dass das wahrscheinliche erste Opfer seine Verwandschaft von einem Bestatter namens Statler unter die Erde hat bringen lassen.

Tja, nu tut sich endlich was, so rein ermittlungstechnisch, da wird Jimmy von der Obrigkeit der Stecker gezogen. Nun, wo ein echter aufrechter Schottenbulle ins Gras gebissen hat, ist man bei den einschlägigen Behörde aufmerksam geworden. Der pragmatische Polizeichief, der Jimmy angeheuert hat, fürchtet Prügel, wenn rauskommen sollte, dass er ein Zivilisten, Ex-Cop UND Amerikaner einfach so hat mitermitteln lassen und setzt den verblüfften Yankee vor die Tür.

Klare Sache, dass Jimmy sich das nicht bieten lassen kann (schließlich kann man sich ja auch nicht darauf verlassen, dass die hilflosen Schotten die Sache alleine regeln könnten, newa) und auf eigene Faust weiter ermittelt. Das Bestattungsinstitut Statler gibt´s nicht mehr, das ist, wie ein hilfsbereiter Penner im Tausch gegen eine Zigarette verrät, der Rezession zum Opfer gefallen. Der Junior des Statler-Clans sei aber ein „seltsamer Kerl“ gewesen. Na, wenn ihn das nicht automatisch auf der Verdächtigenliste auf die Pole Position schiebt…

Der Killer versorgt sich indes mit einem neuen Opfer, einem rothaarigen Mädel. Jimmy hat inzwischen Statler Senior ausfindig gemacht und interviewt ihn. Den mißratenen Sohnemann hat der Alte schon zwei Jahre nicht mehr gesehen. Okay, der Film macht kein großes Geheimnis drum, also ich auch nicht – Statler Junior IST der Killer, er wurde nach Ableben seiner Mama etwas seltsam und kann, so sein Dad, nicht mit Menschen umgehen, zumindest nicht mit lebendigen, und das gehört im Bestattergewerbe halt durchaus auch dazu. Und weil das so ist, hat Papa ihm den Laden nicht vererbt, sondern gleich ganz zugesperrt. Außerdem gibt´s noch ´ne Schwester, die ist aber noch schlimmer dran, die hockt nämlich in einer Klapsmühle.

Während Statler Junior die Rothaarige in bewußtloser Form durch die Gänge seines Geheimverstecks schleppt, sucht Jimmy seine Schwester auf. Die ist katatonisch und daher nicht wirklich auskunftsfreudig, aber irgendwie schafft es unser Held, eine Reaktion zu erzeugen oder zumindest ein kurzes Zucken in Richtung eines Fotos an der Pinnwand der Gestörten als solche zu interpretieren. Zwischendurch bleibt noch Zeit für eine kleine „Moral-von-der-Geschicht“, indem eine Krankenschwester verrät, dass das arme Mädel noch nie Besuch von der Verwandschaft bekommen habe: „Viele Leute empfinden das [solche Besuche, Anm.d.Red.] als unangenehm!“ Also, liebe Leser mit Angehörigen in der Nervenklinik – besucht sie ab und zu, bitte!

Also gut, Showdown, Finale, usw. Das ominöse Gemäuer auf dem mysteriösen Foto ist wohl soetwas wie eine verlassene Kirche mitten in Glasgow (? Und gemeinerweise auch noch genau DA, wo Jimmy schon zwanzig Filmminuten vorher war, als er mit dem Penner sprach) und könnte Jimmy aus seinen Alpträumen bekannt vorkommen. Statler entkleidet sein Opfer und erzählt ihr aufmunternde poetische Worte über die nahe Verwandschaft von Schlaf und Tod, dieweil Jimmy durch die Gänge huscht (und vorsichtshalber, man glaubt es nicht, tatsächlich Bullette Turner alarmiert hat. Heute mal kein Einzelkämpfer). Gerade will Statler sein Opfer mit der bewußten Kaliumspritze tilten, als Jimmy ins Kellerareal springt. „Ah, eine neue Letzte-Sekunde-Rettung?“, lästert Statler unter Anspielung auf Jimmys letzten Fall (ok, also ist er informiert, aber WARUM Statler nun eigentlich Jimmy zum Mitwisser seiner Taten machte, ist mir bis jetzt noch nicht klar). Statler ist einer von diesen immer wieder gern genommenen „nur-im-Tod-ist-die-Vollkommenheit“-Typen, lässt sich aber für einen oberfiesen Megapsychopathen etwas zu leicht aus der Ruhe bringen, einmal „Georgie“ genannt (so nämlich nannte Papa seinen Filius) und schon hat der Mörder die Palme bestiegen. Da liegt nämlich der Hase der Motivation im Pfeffer der Erklärung (oder so ähnlich): Junior hat´s nicht verwunden, dass Papa ihm den Bestattungsladen nicht vererbt hat: „Das war kein Geschäft für mich, das war mein Leben!“ (Die deutsche Sprachfassung könnte das ein wenig, naja, betonter darbieten. So gleichmütig wie das gemurmelt wird, hab ich´s erst nach dem zweiten Mal anhören verstanden, wie´s gemeint war). Turner taucht im Hintergrund auf, was den Bösmann ein wenig irritiert, was wiederum sein mal wieder bei Bewußtsein befindliches Opfer dazu nutzt, sich vom Behandlungs“tisch“ zu rollen und gerettet zu sein. Statler ergreift die Flucht, Jimmy die Verfolgung auf den Friedhof. Jimmy bringt den Killer zu Fall, der erleidet ein paar mysteriöse Flashbacks (solche haben uns schon öfter im Film behelligt, ich hab sie aber, da irrelevant für die Handlung, ignoriert) in seine Kindheit, wo er als Knirps schon nackte Frauen auf Papas Arbeitstisch begutachtet hat [da muss man ja ´ne Klatsche kriegen] und seine Schwester auch mit dabei ist, alles sicherlich hoch püschologisch, aber relativ undurchschaubar, was das jetzt eigentlich aussagen soll) und beschließt spontan, sich mit der immer noch umklammerten Kaliumspritze selbst zu richten. Und das tut er dann auch.

Wenig später wird Banister unter die Erde gebracht (und ja, natürlich spielt ein Dudelsackspieler im Kilt „Amazing Grace“. Why´d you ask?), was Jimmy aus sichererer Entfernung vom nächsten Hügel aus beobachtet. Ende und Abspann.

Irgendwie tut´s mir in der Seele weh, was ich gleich schreiben muss – ich habe mich bei einem Albert-Pyun-Film gelangweilt. Das ist mir, bei allem angebrachten Disrespekt, den manch einer dem guten Albert entgegenbringt, noch nie passiert. Selbst Knights aka Cyborg Warriors, den Ultra-Dummfug, den ich nach wie vor für eine der übelsten Zelluloidverschwendungen der Filmgeschichte halte, hat mich zumindest tierisch aufgeregt (und, jaaa, der sabbernde Lance Henriksen, ja, den sollte man mal gesehen haben, geschenkt). Postmortem dagegen plätscherte einfach an mir vorbei. Und warum? Das tut mir ja fast noch mehr weh – weil´s vermutlich, rein objektiv betrachtet, des Meisters bester Film ist.

Wie krieg ich das jetzt auf die Reihe, den Film einerseits für seine objektiv meßbaren Qualitätsmerkmale loben, ihn aber gleichzeitig wegen subjektiver Langeweile, naja, nicht verreißen, aber zumindest nicht weiterempfehlen? Das wird schwierig, aber ich gebe mir wie immer Mühe.

Ein wesentlicher Faktor dafür, dass Postmortem objektiv gesehen „gut“ (d.h. besser als Nemesis 4, Adrenalin oder Corrupt) ist, liegt schon mal darin, dass Albert Pyun nichts mit dem Drehbuch zu tun hatte. Wir erinnern uns – das Schreiben schlüssiger Scripts ist Pyuns Sache nicht und immer, wenn ein externer Autor zugezogen wird, besteht zumindest eine berechtigte Chance, dass eine einigermaßen plausible Geschichte auf die Leinwand gebracht wird (dass Albert es dann meistens schafft, die trotzdem in seinem Sinne zu, äh, veredeln, steht auf einem anderen Blatt). Postmortem verfügt über ein ausgesprochen ernsthaftes, seriöses, weitestgehend unspekulatives Drehbuch ohne Trash-Ambiente – was in zweierlei Hinsicht auch wieder genau das Problem des Films ist, denn erstens – es ist nicht Albert Pyuns Metier: unser Freund kann passable Action-Szenen inszenieren und filmt gerne in leerstehenden Fabrikhallen, aber psychologisch fundierte Thriller, nö, das ist nicht das, was wir von Pyun gewohnt sind und das ist sicher auch nicht das, was er slebst als seine Spezialität bezeichnen würde (dazu aber mehr in der Regie-Kritik). Zweitens ist das Script fast schon ZU ernsthaft, ZU seriös. Wie schon oben im Text angesprochen macht bereits das Drehbuch den Fehler, sich nicht genügend auf die Thrillerhandlung zu konzentrieren, sondern, sicherlich gut gemeint, aber eben nicht wirklich interessant ausgearbeitet, die Psychoprobleme von Jimmy (die aber viel zu undeutlich bleiben – was genau ihn dazu veranlaßt hat, seinen Job an den Nagel zu hängen und die Familie zu verlassen, kommt viel zu kurz) und die sicherlich einem löblichen Bemühen um Realismus geschuldete Polizei-Ermittlungsarbeit zu ausführlich darzustellen. Kurz gesagt – der Story mangelt es am nötigen kinematischen Drive; gerade bei den beinahe endlosen Debattierrunden in der Ermittlungskommission fühlte ich mich wirklich an Glanzlichter des britischen TV-Entertainments wie die irgendwie wieder kultige Uralt-Krimiserie Task Force Police erinnert; Postmortem hat weder vom Potential der Geschichte noch vom „Look & Feel“ Kino- bzw. „Film“-Format, sondern kraucht auf dem Niveau einer mittelmäßigen Tatort-Folge daher. Die Geschichte ist viel zu unspektakulär, hat keine wirkliche Action und dann helfen halt auch ein nackte Leichen nicht mehr wirklich (außer der FSK, die eine 16er-Einstufung so wenigstens begründen kann).

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Story nicht auch ihre inhaltlich-logischen Macken hat. Die Motivation des Killers ist ebenso dünn wie seine Beziehung zu Jimmy (wenn ich mir das richtig zusammenreime, kommt Statler auf die Idee, Jimmy „einzuweihen“, nachdem er ihn in der TV-Talkshow sieht), interessieren würde mich auch, wie Statler die Autos der von ihm gekillten Frauen entsorgt; auch einige der Schlußfolgerungen Jimmys sind zumindest zweifelhaft (ich hab´s oben angesprochen und mag mich jetzt nicht noch mehr wiederholen). Etwas übel stößt auch auf, dass die schottische Polizei als dezent unfähig hingestellt wird, die die Hilfe eines aufrecht-echten amerikanischen Gütebullen braucht. Und ein Problem hab ich auch mit der Figur Jimmy selbst, dessen überragende Profiler-Fähigkeiten für mich verdammt nach „informed attribute“ aussehen (sprich: das ergibt sich nicht aus der Story bzw. aus den Handlungen des Charakters, sondern wird einfach als gegeben vorausgesetzt), was aber auch an der noch zu würdigenden Performance von Charlie Sheen liegen kann. Dafür, dass der Film mit Taglines wie „um Serienkiller zu fangen, muss man wie sie denken“ um sich wirft, fällt dieser Aspekt ziemlich unter den Tisch – Jimmys Erkenntnisse kommen aus dem Nichts, sind nicht durch nachvollziehbare, schlüssige Gedankengänge unterfüttert, es ist „einfach so“.

Insgesamt, um das Kapitel Drehbuch abzuschließen, ist das Script letztlich einfach zu dünn, um 100 Minuten (das ist für Pyun-Verhältnisse eh episch) Film zu füllen – es dauert zu lange, bis die Story in die Puschen kommt und auch WENN der eigentliche Plot mal läuft, ist das Prozedere viel zu gemächlich, viel zu unaufgeregt und zu unspektakulär.

Und das kommt nun mal auch dem Regiestil von Albert Pyun nicht wirklich entgegen. Es ist nicht sein „Turf“, auf dem Pyun hier ackert, und obwohl er sich wirklich Mühe gibt und handwerklich seinen mit Sicherheit reifsten Film abliefert (um so erstaun- wie auch bedenklicher, dass direkt danach die filmtechnischen Schlachtfelder Urban Menace, Corrupt, The Wrecking Crew folgten), obwohl auch Postmortem finanziell und drehzeitmäßig (ich hab was von 12 Tagen gehört) nicht auf Rosen gebettet war. Formal-handwerklich macht Pyun sicher nichts falsch und profitiert besonders von der stellenweise ausgezeichneten Kameraführung seines Stamm-DOP George Mooradian. Manch einer bemängelt, dass die Steadicam zu oft eingesetzt wird, aber, da oute ich mich mal wieder, ich mag Steadicam-Shots und demzufolge habe ich hier einen „field day“; Steadicam rult hier und sorgt für dringend notwendige Bewegung innerhalb des Bilds, wenn die Szenen selbst schon größtenteils arg statisch sind. Weiteres Plus: die wirklich gute Filmmusik von Pyuns Stamm-Composer Tony Riparetti mit nettem keltischen Flair und schließlich hilft auch die dem gemeinen Filmpublikum nicht schon zu den Ohren raushängende, da im Genrefilm kaum genutzte Kulisse Glasgows, gepaart mit ein paar hübschen Landschaftsaufnahmen der schottischen Highlands, den Streifen rein optisch wohltuend von Pyuns Wasteland-Endzeit-Cyborg-Schinken abzuheben.

Dennoch – es bleibt anzumerken, auch wenn Pyun seinen handwerklichen Höhepunkt erreicht, es ist nicht * sein * Film, nicht seine * Art * Film. Pyun ist nun mal ein Actionregisseur und hier hat er ein Script vor sich, dass null Action beinhaltet. Er ist nicht derjenige, der eine Charakterszene packend inszenieren kann, der einen Monolog mitreißend auf die Leinwand bringt, und der allergrößte Thrill- und Suspense-Erzeuger ist er nun auch nicht und das wären so ungefähr genau die Eigenschaften, die ein Regisseur mitbringen müsste, um aus dem sicher ambitionierten, aber etwas lahmarschigen Script einen spannenden Film zu machen. Wenn man sich normalerweise bei einem Pyun-Film darauf verlassen kann, dass es, wenn sich auch sonst nix tut, wenigstens ordentlich rumpelt, kann man sich bei Postmortem wirklich entspannt zurücklehnen und einschlafen, es wird einen kaum was davon abhalten. Schade drum…

Da man ja heutzutage bei einem Killer-Thriller ja durchaus auch auf den ein oder anderen knackigen Effekt spekulieren darf – wie schon oben angedeutet, nix gibt´s. Mehr als ein paar nackte Frauen in bewußtlosem oder totem Zustand hat der Film an „Exploitation“ nicht zu bieten. Der Film ist völlig unblutig.

Dass der Streifen einfach beim Zuschauer einfach nicht klickt, liegt – auch hier ein leider, weil ich den Jungen eigentlich auch durchaus schätze – zu einem gewissen Teil sicher auch an Charlie Sheen. Nicht nur, dass er rein grundsätzlich etwas fehlbesetzt wirkt (man nimmt ihm nie ab, dass er an einem schweren Trauma laboriert, er wirkt einfach zu Beginn wie ein x-beliebiger Alki; und genauso unglaubwürdig kommt und spielt sich dann auch seine „Wandlung“ zur Filmmitte hin), er legt auch eine verdammt eindimensionale Performance aus der Steven-Seagal-Schule der Mimik hin. Wo das Script, das verdammtnochmal nun völlig auf den Charakter des Jimmy abzielt und dem entsprechenden Akteur die Bilderbuchchance auf eine eindrucksvolle One-Man-Show liefert, große Emotion und eine gewisse Bandbreite verlangt, bleibt Charlie hingebungsvoll „one-note“. Charlie wacht mit einem Hangover auf – Standard-Gesichtsausdruck. Charlie begutachtet angewidert eine Leiche – Standard-Gesichtsausdruck. Charlie hat eine grandiose Ermittlungsidee – Standard-Gesichtsausdruck. Es mag schon seine Gründe haben, warum Charlie Sheen einerseits nicht als der ganz große dramatische Schauspieler gehandelt wird und folgerichtig andererseits hauptsächlich durch seine komödiantischen Rollen im Gedächtnis bleibt. Immerhin, es ist ein anerkennenswerter Versuch, „mal was anderes“ zu spielen, als man von Sheen gewohnt ist, aber es ist halt auch ein gescheiterter Versuch.

Ein Problem des Films ist sicher auch, dass es keinen wirklich charismatischen Killer gibt – ich will ja hier nicht von einem Hannibal träumen, aber eine gewisse Identität, etwas, was dem Killer eine gewisse „persönliche Note“ gibt, wäre sicher nicht schlecht gewesen. Ein etwas charismatischerer Darsteller hätte allerdings vielleicht auch gereicht. Stephen McCole hat allerdings auch einen undankbaren Part – das Script bietet ihm wenig Gelegenheit, seinen Charakter tiefschürfend anzulegen (die Motivation des Gesellen hab ich ja eh schon bemängelt), jedoch hätte ich mir trotzdem eine etwas engagiertere Vorstellung gewünscht. McCole war später in der britischen Channel-4-Comedyserie The Young Person´s Guide To Become A Rock Star und der bekannten Miniserie Band of Brothers zu sehen.

Mit Michael Halsey als Balantine findet ein einziges Mitglied von Pyuns einigermaßen regelmäßiger Troupé seinen Weg in diesen Film. Halsey agierte bereits in Dollman und Mean Guns (plus als Erzählerstimme in Nemesis 2), gab sich danach noch in Pyuns Ticker die Ehre, ist aber auch viel gefragter TV-Serien-Schauspieler, der Gastrollen in allen möglichen US-Serien von Matlock über Magnum bis Angel spielte. Halsey deutet an, mit einem besseren Script Potential für größere Leistungen zu haben, seine Momente, in denen er Charlie Sheens Charakter an den Karren fährt bzw. ihn später „moralisch aufbaut“, sind die schauspielerischen Höhepunkte (was aber soviel auch nicht heißt). In weiteren Nebenrollen: Ivana Milicevic, vielleicht bekannt aus Vanilla Sky (nicht gerade meine Top-Besetzung für eine waschechte schottische Polizistin, but what do I know) sowie die britischen Schauspieler Gary Lewis (Billy Elliot – I Will Dance) und Dave Anderson (Local Hero) als einheimische Polizisten.

Die DVD aus dem Hause Planet Media bietet das, was man von einer Budget-Disc verlangen kann und bildmäßig vielleicht sogar ein bisschen mehr, denn einen anamorphen 1.85:1-Widescreen-Transfer kann man bei Discs der 3-Euro-Grabbeltisch-Preisklasse sicher nicht voraussetzen. Bevor man jetzt aber in unangemessene Begeisterung verfällt, sei angemerkt, dass der Print etwas grobkörnig und vor allem etwas zu dunkel wirkt. Detail- und Kantenschärfe sowie Kompression entsprechend gutem Durchschnitt.

Akustisch gibt´s den deutschen Ton wahlweise als Dolby-5.1- bzw. 2.0-Mix, die Originalfassung hat sich leider nicht auf den Datenträger verirrt (was angesichts einer dem Vernehmen nach ausgesprochen unmotivierten Nuschelei Sheens und vielfältig variierender Akzente vielleicht gar nicht so schlecht ist). Die Tonspuren genügen den Ansprüchen, die man an eine Budget-Disc stellt, allemal (sprich: besser als Best oder Madison).

Als Extras gibt´s ´ne Trailershow und Kurzbiographien für Charlie Sheen und Ivana Milicevic.

Fazit: Es tut mir ja wirklich leid, aber ich kann Postmortem/Serial Killer nicht wirklich weiterempfehlen. Obwohl Albert Pyun zweifelsfrei seine beste Leistung als Regisseur abruft und beweist, dass er durchaus auch das solide Handwerk beherrscht (unterstützt natürlich von einem gut aufgelegten Kameramann), fehlt dem Film selbst der Schwung. Die Story bemüht sich um Realismus, vergißt aber dabei Spannungserzeugung und das kann Pyun bei einer Geschichte, die ihn nicht seine Stärken als Regisseur (und das ist nunmal singulär die akzeptable Inszenierung von Action) ausspielen lässt, nicht kompensieren. Da dem Film auch das trashige Flair eines „normalen“ Pyun-Streifens fehlt, bleibt nur anzumerken, dass der Film zwar gut aussieht, aber leider langweilt. Kann man zwar auch Pyun-Hassern vorführen, um sie zu ärgern und ihnen zu beweisen, dass der Knabe durchaus handwerklich was kann (und diesen Eindruck dann mit The Wrecking Crew z.B. – es ist mir nach wie vor unbegreiflich, welch himmelweiter handwerklicher Unterschied zwischen dem grundsoliden bis stilsicheren Postmortem und den Gesamtkatastrophen der sich anschließenden Ghetto-Trilogie liett – wieder revidieren), aber wirklich unterhaltsam ist´s nicht – zwanzig Minuten kürzer und vielleicht wenigstens ein-zwei kleine Anflüge von Actin oder Suspense, und es hätte was werden können…

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 4


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