Second in Command

 
  • Deutscher Titel: Second in Command
  • Original-Titel: Second in Command
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  • Regie: Simon Fellows
  • Land: USA/Rumänien
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Jean-Claude van Damme (Sam Keenan), Julie Cox (Michelle Whitman), Alan McKenna (Baldwin), William Tapley (Gaines), Razaaq Adoti (Gunnery Sgt. „Gunny“ Darnell), Velibor Topic (Tavarov), Ian Virgo (Butler), Serban Celea (Amirev)


Vorwort

Die Lage ist gespannt in der kleinen Balkanrepublik Moldawien – zwar hat der pro-amerikanische Politiker Amirev recht souverän die demokratischen Präsidentschaftswahlen gewonnen, doch die Anhänger seines urnentechnisch geschassten streng kommunistischen Vorgängers Kamirov, allen voran die Milizen unter der Fuchtel von Freischärlerführer Tavarov, sehen sich an Lappalien wie ordentliche demokratische Wahlvorgänge nicht gebunden und veranstalten unredlichen Zinnober. Grund genug für den amerikanischen Botschafter Norland, sich mit Elite-Soldat und kampferprobtem harten Knochen Keenan einen neuen Militärattaché einzubestellen, falls die Lage brenzlig wird. Keenan nimmt den Job gerne an, schon allein weil seine Flamme, die Reporterin Michelle, vor Ort für die Welt berichtet. Und so wird ein kleiner vordienstlicher Koitus gleich zur Ouvertüre für blutige Auseinandersetzungen, weil ein von Tavarov gedungener Attentäter sich in ebenjenem Hotel durch das internationale Journalistenkorps metzelt – zumindest bis Keenan ihn seinerseits gemeuchelt hat.

Das ist aber nur der Anfang – Tavarov orchestriert bei Protesten vor dem Präsidentenpalast die Erschießung einer Anti-Amirev-Demonstrantin (wäre das nicht vor der „Grünen Revolution“ im Iran passiert, hätte ich spekuliert, Tavarov sucht seinen Neda-Moment) und motiviert dadurch den Mob zum Sturm des Palasts. Es gelingt Keenan mit Müh und Not, den Präsidenten in die amerikanische Botschaft zu schleusen, doch Tavarov ist ein Übeltuer von der Sorte, den das Konzept „exterritoriales Gelände“ nicht sonderlich anficht. Eine Panzerfaustattacke später hat das amerikanische Außenministerium einen Botschafter weniger auf der Gehaltsliste und Keenan, von Norland kurz zuvor noch zum Vizebotschafter ernannt, ist auf einmal Entscheidungsträger.

Amirevs reguläre Armee, die gerade dabei war, ein Rebellennest in den Bergen auszuheben, braucht einige Stunden in die Hauptstadt – ungefähr gleich lange wie die angeforderte Marine-Unterstützung aus dem Mittelmeer. Obwohl CIA-Mann Gaines eine umgehende Evakuierung der Botschaft fordert, entscheidet sich Keenan, in Sachen Evakuierungen gebranntes Kind, weil sein Papa beim Airlift aus Saigon in den vietnamesischen Asphalt biss, dafür, die Botschaft zu halten. Es gelingt ihm sogar, einige Geiseln, die Tavarov zur demonstrativen Exekution, falls ihm Amirev nicht ausgeliefert wird, vorgesehen hat, zu befreien, darunter Melissa.

Tavarovs Miliz belagert aber weiterhin die Botschaft und so ziemlich allen Beteiligten ist klar, dass der Rebellenchef zum Angriff blasen wird, bevor die Regierungstruppen eintreffen. Mittels einer politisch-rechtlichen Formalie gelingt es Gaines, Keenan das Kommando zu entziehen (seine Ernennung zum Vize-Botschafter wurde nie offiziell durchgegeben) und seinen Evakuierungsplan in die Tat umzusetzen. Doch die Flucht durch unterirdische Katakomben entwickelt sich zum totalen Fiasko…


Inhalt

Zur kinematischen Karriere unser aller Lieblingsbelgiers (hey, wer hat da „Und was ist mit Dutroux?“ gesagt?) hab ich mich ja gerade erst ausgelassen. Nach einer Serie ziemlich kolossaler, dafür aber recht üppig budgetierter Flops gesellte sich Jean-Claude zu den Kollegen Lundgren und Seagal in die Riege verdienter Ex-Action-Stars, die sich mit preiswert und schnell im Ostblock heruntergekurbelter DTV-Stangenware über Wasser halten mussten. Aber, was mir gerade heute irgendwie aufgefallen ist, die meisten DTV-Produkte van Dammes sind (gelegentliche Ausreißer mal ausgenommen) sorgfältiger und etwas aufwändiger produziert als die Werke seiner Genossen – und van Damme selbst erweckt zumindest den Eindruck, als wäre ihm der Unterschied zwischen einer 50-Mio-Major-Produktion a la „Timecop“ und einem für sechs Mio. in Rumänien abgedrehten Schnellschussproduktion egal – und schon allein deshalb wirken viele seiner DTV-Werke einfach „seriöser“ als die von Lundgren (der ja zeitweise tief genug gesunken war, um in Stock-Footage-Orgien aus dem Hause Royal Oaks oder Phoenician mitwirken zu müssen) oder Seagal (dem ja irgendwann mal alles wurscht war, solange es seine Miete bezahlte).

„Second in Command“ hat sogar in a roundabout way Major-Studio-Power im Rücken, alldieweil die Heimvideoabteilung von Sony Pictures den Vertrieb übernahm – die eigentliche Produktion allerdings übernahm die hochtrabend benamset Klitsche „Motion Picture Company of America“ von Donald Kushner. Moment – Donald Kushner? Of Kushner-Locke „fame“? In der Tat – hinter „MPCA“ steckt tatsächlich Donald Kushner, Charles Bands „partner in crime“ während der späten 90er, als Charlie unter dem vorgeschobenen Banner von Kushner-Locke den Markt mit gefühlt Millionen für el cheapo in Rumänien gedrehten Kinder- und Jugendfilmen überschwemmte. Kein Wunder, dass in den Credits daher noch ein paar andere Full-Moon-Fans vertraute Namen auftauchen, allen voran Vlad und Oona Paunescu (in ihren üblichen Rollen als Co-Prouduzent respektive Kostümdesignerin), die für Charlie in seiner Romania-Phase das Tagesgeschäft stemmten – und gedreht wurde dann auch in den Castel Film Studios, den ehemaligen rumänischen Full-Moon-Einrichtungen. Darf man „Second in Command“ einen Full-Moon-Film ehrenhalber nennen?

Jedenfalls aber einen eher untypischen van-Damme-Film, denn was das Autorentriumvirat Jonathan Bowers (sonst keine Credits), David Corley („Solo“, „Tod im weißen Haus“) und Jayson Rothwell („Malice in Wonderland“) sich ausgedacht hat, ist weniger die klassische muckibepackter Einzelkämpfer-Nummer, in dem der Held sich auf eigene Fausst durch legionen finsterer Mordbuben killt, sondern orientiert sich eher am „Ensemble“-Modell a la Helden USA – klar, JCVD ist die Hauptfigur, doch er ist nicht im klassischen Action-Hero-Sinne dominant. Dazu passt auch, dass es sich bei „Second in Command“ um einen typischen Belagerungsfilm handelt – John Waynes guten alten „Alamo“ referenziert der Streifen selbst, aber natürlich darf man sich auch an „Rio Bravo“ oder „Assault on Precinct 13“ erinnert fühlen (an den Carpenter-Classic vielleicht sogar noch stärker, weil auch „Second in Command“ ein klares Zeitlimit, wie lange die Belagerung und der Angriff dauern kann, ehe die Angreifer sich zurückziehen müssen, etabliert).

Klar, in Tüten abgefüllte Originalität sieht anders aus, aber ich bin für jede Abweichung von der hinlänglich bekannten B-Actionformel dankbar und wenn man so will, kann man „Second in Command“ mit seiner politisch-militärisch motivierten Belagerung (für die ausnahmsweise auch mal der Ostblock-Backdrop Sinn macht) als eine Art ideologischen Vorgänger von „Olympus Has Fallen“ und „White House Down“ in kleinerem Maßstab sehen. Der Plot ist geradlinig – ein paar Verschränkungen gibt’s eigentlich nur durch das Kompetenzgerangel zwischen Keenan und Gaines, das letztlich zum desaströsen Evakuierungsversuch führt -, die Love Story (wir erinnern uns: JCVD ist von den großen Actionhelden der, der auch Zeit für Gefühle hat…) ist verhältnismäßig unaufdringlich un wird auch plotrelevant genutzt, und insgesamt ist die ganze Nummer angenehm humor- und ironiefrei.

Weltbewegende Einfälle, Ideen oder Charakterisierungen sollte man nicht erwarten – die Figuren sind überwiegend sehr eindimensionale Baukastengestalten (und wenn mal das Script tatsächlich eine interessante Schublade aufmacht – z.B. als Journalistin Melissa klar wird, dass sie unwissentlich für das Massaker bei der Evakuierung verantwortlich ist -, wird das flink durch ein paar salbungsvolle Worte Keenans abgehandelt, ehe noch der popcornmampfende Actionjunkie vor der Glotze durch unerwartetes character development verschreckt wird); das Script vermeidet größere Dussligkeiten (auch wenn ich konstatiere, dass der moldawische General der weltbeste Stratege sein muss, wenn er tatsächlich mit der GANZEN Armee aufbricht, um Rebellenstützpunkte zu vernichten, und in der Hauptstadt nicht mal drei Idioten mit ’ner Kalaschnikow zurücklässt) – da oder dort möchte man fast sogar ein Anerkenntniskärtchen verteilen (z.B. für den Gedanken, dass Tavarov sich seine öffentlichkeitswirksame Märtyrerin selber strickt), aber insgesamt ist die ganze Nummer dann doch recht simpel und überraschungsfrei konstruiert.

Die Dialoge sind nicht der Rede wert – gelegentlich neigt der Streifen etwas dazu zu nerven, wenn quasi nach jeder (eh schon im Zehn-Minuten-Takt vorkommenden) Einblendung der Ankunftszeiten von Armee und Marines spätestens einen Schnitt später die Charaktere sich fragen „Wann kommt die Armee?“ – „In drei Stunden!“.

Regisseur Simon Fellows, der ein Jahr später auch den van-Damme-Klopper „Until Death“ inszenierte, scheint in der Tat so etwas wie ein künstlerisches Konzept zu haben, nur leider eines, das zumindest mir schnell auf den Keks ging. Er wechselt stets extrem orange-/braun-farbgefilterte Aufnahmen (die im Filmsinne die eigentliche Story transportieren) mit verwaschen-„raw“aussehenden (dafür aber Farbechten) auf „Dokumentaraufnahmen“ getrimmten Sequenzen ab. Während der „Doku“-Part nicht wirklich authentisch wirkt (was schon allein daran liegt, dass der wütende Mob, der den Präsidentenpalast stürmt, aus vielleicht 50 mittelmäßig motivierten Statisten besteht und, wenn er den wollte, aber es nicht tut, schlicht an den schludrig aufgestellten Absperrungen *vorbeilaufen* könnte), macht er durch den starken Kontrast mit den gefilterten „Handlungs“-Aufnahmen nur die Künstlichkeit offensichtlich – anstatt dass die „Doku“-Passagen den ganzen Film „realistischer“ machen (wofür die Voraussetzungen aufgrund der location shoots und der glaubwürdigen Sets durchaus gegeben wären), sorgen sie nur dafür, dass man (bzw. ich wenigstens) nie wirklich in die „Handlung“ reingezogen wird, weil der Look einfach unecht, gezwungen artifiziell ist.

Während Fellows trotz der eigentlich Dringlichkeit erzeugenden Beschränkung der Handlung auf wenige Stunden die Inszenierung nie wirklich in den, na, sagen wir, vierten Gang schaltet, versucht er wenigstens, seinem alternden Star gerecht zu werden: überwiegend wird aus allen Rohren geballert, die gesetzlich vorgeschriebenen mano-a-mano-combat-Szenen sind sehr limitiert (drei), sehr kurz und dann auch noch in slow-motion gehandhabt. Wohl aus Dankbarkeit darüber, mal eine relativ ruhige Kugel schieben zu dürfen, verzichtet JCVD großzügigerweise auf jeglichen Spagat.

Die Action selbst ist okay – es fehlen vielleicht ein paar richtig reinknallende set pieces, wie sie selbst Nu Image in seinen sicher nicht teureren „Operation Delta Force“-Fetzern immer wieder hinbekam, aber zumindest werden ordentlich Leichenberge aufgetürmt (auf FSK-16-kompatibler Basis) und wenn tatsächlich handgemachter Budenzauber abgebrannt wird, ist das auch ganz nett anzukucken – weniger, wenn die Pixelschieber am Rechner ein paar ziemlich traurige CG-Effekte hinzuhexen versuchen.

Der Score von Mark Sayfritz (Dead Man Running, „Darktide“) versucht die üblichen Tasten auf der hurra-patriotischen Militärklaviatur zu treffen und bleibt dabei herzlich unmemorabel.

Jean-Claude himself scheint nicht traurig zu sein, mal wieder eine Rolle zu spielen, die nicht ausschließlich auf seine physische Präsenz ausgelegt ist (hence die relativ wenigen Martial-Arts-Szenen) und gibt insgesamt eine recht gute Figur als Organisator des Verteidigungskampfes ab (allerdings vermeidet der Film den eigentlich mit seiner deutschen Tagline „Zeit, Verantwortung zu übernehmen“ angedeuteten Konflikt, wonach van Dammes Figur damit ein Problem haben könnte, vollständig).

Seine Co-Stars sind verhältnismäßig unbeschriebene Blätter – Julie Cox, als Melissa relativ blass, was aber auch daran liegt, dass das Script nicht sehr viel mit ihr anzufangen weiß, spielte immerhin mal Prinzessin Diana (im 96er-Biopic „Diana – Ein Leben für die Liebe) und gab in der 2000er-TV-Neuauflage von „Dune“ die Prinzessin Irulan (ha, ein Muster!). Freunden des Neo-Giallo könnte sie 2008 in „The Oxford Murders“ von Alex de la Iglesia aufgefallen sein.

Alan McKenna debütierte 1997 als Werwolf in „American Werewolf in Paris“ und trieb sich in der Folge in vergleichsweise unbedeutenden Rollen im Briten-TV zurück (u.a. in „EastEnders“) und erregt hier als 08/15-Uniformträger wenig Aufsehen. William Tapley (als CIA-Schnösel Gaines ganz brauchbar) ist in kleinen Rollen in „V wie Vendetta“ und „The Contract“ zu sehen. Der Bosnier Velibor Topic gibt einen praktikablen, aber nicht sonderlich einprägsamen Schurken ab. Ihn kann man u.a. in „Snatch“, „Cargo“ (dem Daniel-Brühl-Thriller), „Königreich der Himmel“, Ridley Scotts „Robin Hood“ und „Outpost: Rise of the Spetsnatz“ bewunder.

Bildqualität: Ein summa summarum solider 1.85:1-Transfer (anamorph), manchmal, speziell in den extrem farbgefilterten Szenen, etwas körnig.

Tonqualität: Deutscher und englisher Ton in Dolby 5.1. Könnte im Bass-Bereich etwas mehr krachen, ist aber insgesamt auch brauchbar.

Extras: Nur der Trailer.

Fazit: Solide Action-Hausmannskost der B-Klasse, die keine Bäume ausreißt, aber dezent unterhält. Vielleicht nicht das, was man gemeinhin erwartet, wenn man sich einen JCVD-Film zuführt (da rechnet man doch mit mehr Kampfsport-Gefechten) und daher als Vehikel für seinen Star möglicherweise ein wenig fragwürdig (zumal van Damme seine vorhandenen acting skills trotzdem nicht so flexen kann wie vielleicht von ihm selbst erhofft), doch wer darüber hinweg sehen kann, dass Jean-Claude nicht das tut, was man gemeinhin von ihm erwartet (Gegnern seine Fußsohlen in die Fresse treten), bekommt einen akzeptablen Balleraction-Film ungefähr auf dem Level von Nu Image. Kann ja manchmal auch für ’nen verregneten Nachmittag reichen.

3/5
(c) 2013 Dr. Acula


mm
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