Schlappe Bullen beißen nicht

 
  • Deutscher Titel: Schlappe Bullen beißen nicht
  • Original-Titel: Dragnet
  •  
  • Regie: Tom Mankiewicz
  • Land: USA
  • Jahr: 1987
  • Darsteller:

    Dan Aykroyd (Joe Friday), Tom Hanks (Pep Streebek), Harry Morgen (Capt. Gannon), Christopher Plummer (Rev. Jonathan Whirley), Alexandra Paul (Connie Swail), Dabney Coleman (Caesar)


Vorwort

Los Angeles stöhnt (naja, nicht wirklich, fällt vermutlich kaum wirklich auf) unter einer scheinbar zusammenhanglosen Verbrechenswelle – eine Galgenvogelorganisation namens PAGAN („Privatarmee gegen Anstand und Normalität“) klaut Feuerwehr- und Polizeiautos, ganze Auflagen von Sexmagazinen, Zootiere sowie giftige chemische Substanzen und läßt dabei stets ihre Visitenkarte (im Wortsinne) zurück. Die Polizei setzt ihren besten Mann auf den Fall an – Joe Friday, ein wandelndes Dienstvorschriftenverzeichnis, dem sein neuer Partner, der, äh, unorthodoxe Pep Streebek ganz gehörig auf die Nerven geht. Nichtsdestotrotz gelingt es den tapferen Ermittlern, eine PAGAN-Vollversammlung zu infiltrieren und dabei die Jungfer Connie Swail zu retten. Die erfolgreiche Jungfrauen-Rettung führt aber nicht zu Ruhm und Ehre, sondern zu Schimpf und Schande für die Cops – denn die Beweislage sieht eher fürchterlich aus. Was hat Reverend Whirley, der Chef der „Moralischen Anstandsmarschierer Amerikas“ (MAMA) mit der Sache zu tun?


Inhalt

„Schlappe Bullen beißen nicht“ ist nicht nur ein weiteres Exemplar für deutsche Filmtitel, die in einen Hinterhof geführt, an die Wand gestellt und erschossen werden sollten, sondern auch das Quasi-Sequel einer legendären US-Fernsehserie, die in zwei Inkarnationen über zehn Spielzeiten absolvierte – „Dragnet“, vielleicht die erste „ernsthafte“ Krimiserie der Welt überhaupt, die höchstes Augenmerk auf Realismus legte und ausschließlich wahre Geschichten ins Bild setzte („Dragnet“ wurde so immens populär, daß es in den 60er Jahren sogar zu einem eigenständigen deutschen Ableger, „Stahlnetz“, reichte). Und als solches Quasi-Sequel (als „ties“ zum Original fungieren Aykroyds Rollengestalt, der „Neffe“ des originalen Joe Friday und Harry Morgan, der seine Serien-Rolle als Bill Gannon, mittlerweile zum Polizeicaptain befördert, wieder aufgreift – TV-Fans kennen ihn auch aus „M.A.S.H.“) erweist sich „Dragnet“, der Film, als eine charmante, gelungene Buddy-Komödie, die mit zum besten zählt, was Hollywood im Fahrwasser von „Beverly Hills Cop“ und den daraufhin großflächig auf die Kinos dieser Welt losgelassenen formulaischen „unpassende-Partner-müssen-zusammenarbeiten“-Comedies fabrizierte.

Wie paßt das zusammen, ernsthafte „true-crime“-Serie und flapsige Komödie? Besser als man denkt… Co-Autor Aykroyd widerstand nämlich als „Dragnet“-Fan alter Schule der Versuchung, eine hirnlose Trottel-Parodie zu gestalten, sondern blieb dem Geist der Serie treu – anstelle billiger Verhohnepiepelung setzen Aykroyd und seine Mitstreiter auf satirische Überhöhung, jede Menge Wortwitz und, was vielleicht das wichtigste ist, auf stilsichere „Rekreation“ der TV-Show, angefangen von ständigen voice-overs bis hin zur detailfreudigen Darstellkunst Aykroyds als quasi wiederauferstandener Original-Friday. Ergebnis: statt einer platten Parodie wird „Dragnet“ zur liebevollen Hommage. Die eigentliche Story spielt dann schon fast eine untergeordnete Rolle – die Idee ist zwar ganz lustig, aber nicht weltbewegend (und drüber nachdenken sollte man tunlichst auch nicht, alas, it IS a comedy), aber nicht zentral – wichtig sind die für eine vergleichsweise simple Komödie ausgefuchsten Charaktere und die hohe Gag-Frequenz (mit einer erstaunlich hohen Trefferquote, selbst in der gelegentlich etwas simplifizierenden deutschen Synchronfassung), wobei diese Gags nicht mit der groben (aber ebenfalls wirkungsvollen) Kelle einer ZAZ-Produktion gezündet werden, sondern eher leise – sicher gibt es mal den etwas plakativeren Lacher, aber die meisten (und beständigsten, wie in „kann man auch beim fünfundzwanzigsten Mal ansehen noch drüber lachen“) Späße sind einfache, aber treffende Wortwitzeleien, kleine Gesten und Blicke oder das Zusammenspiel von voice-over und unterlegter Spielhandlung. Tom Mankiewicz, ein renommierter Drehbuchautor, der an etlichen James-Bond-Scripts werkeln durfte, legte mit „Dragnet“ seinen ersten Film als Regisseur vor und outet sich als begabter Komödien-Macher – sein Gespür für Timing ist unverkennbar (Scriptwriter-Schule, fraglos), er ist in der Lage, eine komische Szene gezielt und passend aufzubauen und erläßt vor allen Dingen seinen Akteuren genügend Platz für ihre spezifische Komik – womit wir beim Thema Darsteller wären.

Dan Aykroyd, seinerzeit noch richtig „heiß“ aus Kassenknüllern wie „Ghostbuster“ & Co. erfüllte sich mit „Dragnet“ einen alten Traum – das merkt man. Der ehemalige „Blues Brother“ zelebriert eine seiner besten Performances; mit sparsamer, aber effizient eingesetzter Mimik und etlichen grandiosen Lines hat er die meisten und besten Lacher des Films, läßt aber seinem Co-Star Tom Hanks (der wenig später nicht nur die schlichten Komödien hinter sich ließ – schade drum, denn mir gefiel Hanks als comedian immer besser als als „dramatic actor“-, sondern sich auch nicht mehr mit second-fiddle-Rollen abgab) ausreichend Freiraum – Hanks und Aykroyd ergänzen sich als komisches Gespann hervorragend, beweisen gute chemistry und hätten, wenn’s nach mir geht, öfter mal als Comedy-Team zusammengespannt werden sollen.

Der renommierte Mime Christopher Plummer („Star Trek VI“) findet als fieser Reverend die richtige Mischung zwischen kontrolliertem overacting und Zurückgenommenheit, die spätere „Baywatch“-Badenixe und B-Film-Starlet Alexandra Paul (ganz offensichtlich vor gewissen schönheitsoperativen Maßnahmen im Oberweitenbereich) hat zwar nicht wahnsinnig viel zu tun, absolviert dieses aber mit Charme (der ihr in den nachfolgenden „Baywatch“-Jahren irgendwie abhanden gekommen sein muß).

Erwähnenswert wäre noch der Soundtrack, der zwar auch einiges an 80er-Peinlichkeiten (wie den schlichtweg schön-scheußlichen Rap-Song über den Closing Credits) beinhaltet, aber eben auch die grandiose Neubearbeitung des klassischen „Dam-da-dam-dam“-„Dragnet“-Themes von den kultigen Beatbox-Fetischisten The Art of Noise.

Bildqualität: Ich muß zugeben, ich bin beeindruckt – dafür, daß es sich bei „Dragnet“ sicher nicht um eine von Universals absoluten Vorzeigeveröffentlichungen handelt, ist der 1.85:1-Widescreen-Transfer (anamorph) von allererlesenster Güte: gestochen scharf, in selbst vierfach-zoom-freundlicher Hochauflösung, mit exzellentem Kontrast und schönen, lebendigen Farben. Würden nicht zweimal kurze horizontale Störblitze auftreten, möchte ich hier fast von einem perfekten Transfer sprechen (und angesichts eines mittlerweile auch schon 16 Jahre alten Films, der nicht gerade zur allerersten Reihe gehört, ist das schon sehr bemerkenswert).

Tonqualität: Mit dem Ton bin ich nicht ganz so happy – zwar macht der Dolby 2.0-Mix dem Trägermedium nicht gerade Schande, aber die deutsche Synchronfassung neigt gelegentlich etwas zum Kratzen und hat zum Ende hin sogar ein-zwei zwar sekundenbruchteilskurze, aber dennoch deutlich bemerkbare Aussetzer. Lästig: da die Disc sofort mit dem Film startet, muß ein Umschalten der Sprachfassung durch Schalten ins Menü bewerkstelligt werden (da ein Soft-Umschalten der Tonspuren durch schlichten Druck auf die Track-Taste der Fernbedienung leider nicht möglich ist).

Extras: Nicht viel, aber immerhin etwas… neben dem in englischer Sprache servierten Kinotrailer (der mindestens eine Szene beinhaltet, die’s nicht in den Endschnitt geschafft hat), gibt’s Produktionsnotizen auf vielleicht fünf Texttafeln sowie Bio- und Filmographien der wesentlichen Hauptdarsteller und des Regisseurs, die allerdings nicht zu sehr in die Tiefe gehen. Universal bietet drei Untertitelspuren (Englisch für Hörgeschädigte, Schwedisch und Holländisch) sowie neben der deutschen und englischen Tonspur auch solche in Tschechisch, Ungarisch und Polnisch (letztere nur in Dolby 1.0).

Fazit: „Dragnet“ werde ich einfach immer witzig finden – der Film schafft es IMMER, mich aufzuheitern, selbst beim nochsoundsovielten Ansehen (und da der Film ja auch recht oft im Fernsehen läuft, hab ich ihn schon zigmal gesehen) – eine hochunterhaltsame, sympathisch-charmante Buddy-Komödie aus den Jahren, als man noch keine Fart- und Fäkal-Jokes brauchte, um „witzig“ zu sein – es ist auch heute noch ein Vergnügen, zwei hochtalentierten und hochkarätigen Komödianten wie Aykroyd und Hanks in einer absolut gelungenen Hommage an einen ganz großen TV-Klassiker agieren zu sehen – grandiose Sprüche, viele witzige Ideen und eine DVD, die für recht kleines Geld ein fantastisches Bild und zumindest zufriedenstellenden Ton liefert. I’m happy!

4/5
(c) 2002 Dr. Acula


mm
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