- Deutscher Titel: Scharlachroter Winter - Krieg der Vampire
- Original-Titel: Crimson Winter
- Alternative Titel: Crimson Throne |
- Regie: Bryan Ferriter
- Land: USA
- Jahr: 2011
- Darsteller:
Bryan Ferriter (Elrik), Nick Milodragovich (Dylan), Kailey Michael Portsmouth (Roxane), Ryan Pfeiffer (Guiscard), Brandon Day (Achille), Dav Noel (Will), Paulie Rojas Redding (Isabelle, als Paulie Rojas), Keith Carlson (John), Jordyn Auvil (Rohesia), Benjamin Dawley-Anderson (Kurt), Tashia Gates (Sarah), Patrick Gorman (Orakel), Nathan Mills (Auberon), Julia Porter (Pam), David Lee Smith (König Aldric)
Vorwort
Wir schreiben das 14. Jahrhundert – Vampirprinz Elrik träumt, angespornt durch eine Prophezeihung des Orakels, von einer Vereinigung von Mensch und Vampir (wie immer das funktionieren und was immer es bringen sollte). Dieweil sein Vater zwar gewisses Verständnis für die Flausen im Kopf seines Sohnes hegt, der Vision allerdings nicht zustimmt, ist Elriks Bruder Auberon beseelt vom Hass auf die Menschen und hält Elriks Einstellung, die sich darin äußert, dass er an der Seite der Franzosen in den Kreuzzügen und im hundertjährigen Krieg kämpft, für latenten Verrat am eigenen Volk. Zählen kann Elrik nur auf die Unterstützung seiner besten Freunde Guiscard und Achille.
Über die Jahrhunderte ändert sich an der Situation nicht viel – bis sich Elrik im späten 18. Jahrhundert in die Sterbliche Isabelle verliebt und die an den heimischen Hof bringt, wo Auberon mittlerweile seinen schlechten Einfluss über fast alle Vampiraristokraten inklusive Könich ausgebreitet hat…
Indes, in der relativen Gegenwart. Studi Dylan und seine schwangere Verlobte Roxane satteln ihre Kommilitonen Pam und Kurt sowie Dylans besten Freund Will als naturverbundenen Führer, um in einer abgelegenen Ecke der Berge von Montana dem rätselhaften Verschwinden von mit GPS-Sendern ausgestatteten Elchen nachzuspüren. Die Stimmung zwischen Will und Dylan ist Roxane-halber etwas gespannt – Will ist eher grundsätzlich dagegen, dass Dylan sich ne Schnalle ans Bein bindet, und das der Kumpel der Vaterschaft entgegenblickt, das aber Will bis dato nicht erzählt hat, ist aus dessen Sicht ein weiterer Schlag ins Kontor der glücklichen Männerfreundschaft. Die Truppe ermittelt, dass zumindest ein Elch von unbekannter Klaue getötet und um sein Blut erleichtert wurde. Will tippt auf einen Wolf, aber die anderen halten diese Erklärung für ausgemachten Tinnef, werden am nächsten Morgen aber schon merken, was wirklich dahinter steckt. Pam wird von einem struppigen Wahnsinnigen angefallen und getötet. Der Angreifer bringt auch Verstärkung mit und würden nicht plötzlich John und Paul, zwei mysteriöse Waidmänner, auftauchen und die Angreifer mit Blei vollpumpen, würde es den anderen nicht besser ergehen. Naja, Will wird trotzdem von den unbekannten Spinnern abgeschleppt, Kurt immerhin gebissen.
Da muss er sich aber keine Sorgen machen, denn John und Paul wissen, mit wem sie es zu tun haben – Vampire, genauer gesagt die im Aufbau befindliche und in den hiesigen Höhlen versteckte Armee Elriks. Der Vampirbiss an und für sich ist nur schmerzhaft, aber ansonsten unproblematisch. Verwandelt werden kann ein Opfer nur durch einen Vampir-Anführer und der muss das auch explizit wollen, insofern kann Kurt sich beruhigen. Tut er aber nicht. John bringt indes Dylan mit den hilfreicherweise zur Hand liegenden Memoiren Auberons auf den aktuellen Stand.
Auberon hat nämlich dafür Sorge getragen, dass Elrik über hundert Jahre von seinem Vater in einem finsteren Verlies eingesperrt wurde, bis eine Koalition der Willigen um Guiscard und Achille ihn befreite. Elrik ist dadurch erstens zum Emo geworden und hat zweitens Rache geschworen – im amerikanischen Exil bereitet er eine Armee vor, die seinen Vater und seinen Bruder im eigenen Blut ersäufen soll. John und Paul wiederum sind die letzten eines Clans professioneller Vampirjäger, die es als ihre heilige Pflicht ansehen, diesen Bürgerkrieg unter den Vampiren zu verhindern (warum auch immer). Tja, und Dylan, Roxane und Kurt sind nun leider zwischen die Fronten geraten.
Elrik ist zwar des Kampfes und des Tötens weitestgehend überdrüssig geworden und auch sein Rachewunsch köchelt mittlerweile nur noch auf Sparflamme, aber er muss dem fanatischen Guiscard insofern Recht geben, als die Sterblichen den Berg nicht lebend verlassen dürfen, soll das Geheimnis um die Existenz der Vampire gewahrt bleiben. Die Frage ist, ob die Vampirjäger die Unschuldigen retten können – oder überhaupt müssen, denn Elriks Orakel versichert ihm, dass unter den arglosen Wanderern genau der ist, der die Vereinigung von Mensch und Vampir, wie von Elrik erträumt, vollziehen könnte.
Inhalt
Vampires are alive. Das wusste schon DJ Bobo (auch wenn er mit der Nummer beim Song Contest baden ging). Nach wie vor sind die freundlichen Blutsauger aus der Gruft nebenan einer der beliebtesten Horror-Archetypen, und es ist auch verständlich, warum das so ist. Zum einen bringt der Vampir Unmengen an historischer und fiktionaler Lore mit, mit der man spielen kann, zum anderen aber ist immer noch Platz für neue Interpretationen des Mythos. Natürlich hat die Pussyfizierung des Vampirs durch die „Twilight“-Romane und -Filme dem guten alten Reißzahn nicht unbedingt geholfen, aber so ein versautes Image kann man ja auch durchaus wieder korrigieren.
Ob das aber gerade einem kleinen Low-Budget-Independetfilm aus dem Nabel der Filmwelt Montana (me, sarcastic, usw.) gelingen kann, ist die Frage, mit der wir uns hier und heute beschäftigen wollen. Writer/Director/Star Bryan Ferriter jedenfalls gibt sich mit seinem Debütfilm von 2011 (der aber zwei Jahre brauchte, bis er einen Vertrieb fand), und der ihm immerhin Mut genug machte, es mit einer Karriere in der Filmbranche zu probieren (momentan schraubt er mit seiner Stamm-Troupé an der gefühlt dreihundertfünfundachtzigsten Adaption von Emily Brontes „Wuthering Heights“. Kann man mal machen. Muss man aber nicht), alle Mühe, das, soviel vorausgeschickt, kann man ihm nicht absprechen. „Mühe geben“ allein ergibt aber noch keinen guten Film, das haben wir in jahrelanger leiderfüllter Erfahrung herausfinden müssen.
Dieweil „Scharlachroter Winter“ zunächst so beginnt, als hätten wir’s mit einem Vampirfilm im Historiengewand zu tun, wird spätestens mit dem ersten Zeitsprung klar, dass Ferriter sich strukturell (und auch philosophisch) primär bei Neil Jordans „Interview mit einem Vampir“ Inspiration sucht – eine jahrhundertelange Chronik eines leidgeprüften Vampirs und seiner tragischen Existenz, in die Ferriter, eher zu meinem Leidwesen, die übliche Seilschaft von College-Nasenbären einbaut, die irgendwie (wie tatsächlich aber im Filmverlauf sogar aufgeklärt wird, dennoch absichtlich) die Wege des Fangzahnprinzen kreuzt.
Ehre, wem sie gebührt – ich bin immer dafür, wenn Indie-Filmemacher sich etwas mehr vornehmen als „fünf Typen latschen in den Wald und werden vom bösen Waldschrat abgemurkst“. Natürlich spielt auch „Scharlachroter Winter“ primär im Wald, aber Ferriter und seine Mitstreiter breiten eine Geschichte aus, die sieben Jahrhunderte und zwei Kontinente umfasst und, beinahe folgerichtig, manchmal an der gesammelten Last seiner Backstory zu ersticken droht, ich werde allerdings keinem Indie-Film daraus einen Strick drehen, dass er sich zu viel an Story zumutet. Vieles, was anfänglich störend oder verwirrend wirkt – die ständigen Zeitsprünge und Wechsel der Erzählebene – fügt sich einigermaßen zusammen und ergibt ein Gesamtbild, das vielleicht nicht immer hundertprozentig logisch auf sich aufbaut, aber eben stets das Bemühen vermittelt, dass die Macher eben nicht nur einen run-of-the-mill-Horrorfilm runterkurbeln wollten. It’s far from perfect, but respectable.
Die Geschichte leidet ein wenig darunter, dass viele seiner Protagonisten ziemliche Heulsusen sind (insofern vielleicht wirklich ein Horrorfilm für Millenials, ähm), die im Zweifelsfall lieber in Selbstmitleid zerfließen als an ihrer Situation aktiv etwas zu ändern versuchen. Das gilt für Elrik, den Vampirprinzen mit der vagen Vision der Vermischung von Blutsauger und normalen Menschen, der sich von allen und jeden betrogen und hintergangen fühlt, Dylan, der sich nahezu ausschließlich über seine Verlobte Roxane identifiziert und Will, Dylans besten Freund, der nicht ertragen kann, dass eine Sandkastenfreundschaft auch unter Männern vielleicht nicht ewig hält. Das mag ein solides Charakterkonstrukt sein, um die die diversen Macken der Figuren gegeneinander auszuspielen (und natürlich läuft es daraus hinaus, dass Elrik in Dylan einen Seelenverwandten und den Schlüssel zur Verbindung der Rassen zu erkennen glaubt), macht den Streifen aber manchmal ein wenig anstrengend, wenn man als Zuschauer die ein oder anderen Figuren immer wieder mal am Kragen packen und durchschütteln und/oder Vernunft einprügeln möchte.
Ferriter gelingt es immerhin, für den Schlussakt einige überraschende Twists und Schlenker einzubauen (und mit Guiscard gibt es einen wirklich interessanten Charakter – kein gebürtiger Vampir, sondern ein verwandelter Mensch, fiercely loyal gegenüber Elrik, aber gleichzeitig ein sadistischer Menschenjäger… den hätte ich gern als Hauptfigur gehabt, mangelt es dem Film ansonsten doch an einem Antagonisten im klassischen Sinn, da er durchaus bewusst den „großen“ Plot um den Familien-Krieg unter den Vampiren nicht auflöst).
Zu erwähnen sei, dass die Vampirmythologie des Films sich stark von der klassischen Lore absetzt (unsere Vampire hier haben kein Problem mit Tageslicht, fließend Wasser und selbst einem Pflock ins Herz, können dafür aber auch ganz simpel erschossen werden; von der Systematik der Verwandlung von Mensch in Vampir hab ich ja schon gesprochen).
Technisch ist der Film stellenweise beeindruckend – für sein geringes Budget bringt er ein gerüttelt Man an beeindruckenden Landschaftsaufnahmen (wider Erwarten keine Drohnenaufnahmen, sondern per Helikopter gedreht). Der Haken ist daran, dass sowohl Frankreich als auch „Sub Mundus“ (die kreativ benamste Heimat der Vampire, die ich irgendwo in Osteuropa vermute) aussehen wie Montana. Tja, schwamm halt nicht in Geld, die Produktion, was man freilich auch daran merkt, dass es nur wenige echte „Sets“ oder überhaupt Interiors gibt (selbst der „Hof“ der Vampire besteht nur aus einem Steinkreis…). Dafür allerdings sind die Kostüme und Waffen recht gut, also insofern Kompliment an die entsprechenden Abteilungen.
Insgesamt legt Ferriter weniger Wert auf den Horror- und möglichen Actiongehalt als das Drama, Charaktergeflecht und -motivation. Es reicht trotzdem für ein-zwei recht saftige Splatterszenen. In den Actionszenen gelingt es Ferriter ganz gut zu tarnen, dass seine Darsteller und Stuntleute sicher nicht die allererste Garde im Schwertkampf etc. sind. Er bleibt sehr dicht an den Kämpfenden, die sich daher nicht groß Gedanken um Choreographie machen müssen (außerdem tarnt es selbstredend, dass große Schlachten in den Kreuzzügen o.ä. von einem halben Dutzend Kämpen geschlagen werden). Die Kameraarbeit ist überraschend gut, an den Schnitt gewöhnt man sich, der Score ist brauchbar für Indie-Verhältnisse.
Mit über 100 Minuten ist der Film sicher auch etwas länglich geraten – zwischendurch gibt’s schon mal Phasen, in denen man dem Streifen einen Tritt in den Hintern geben will (besonders, wenn Elrik mal wieder seinen Moralischen hat) – ein Trimming auf 90 Minuten hätte der Dynamik des Films sicher gut getan (man hätte auch die Vorgeschichte von Dylans Gruppe sicher straffen können, ohne Inhalt zu verlieren).
Wo’s ein wenig hakt, sind – nicht sooo überraschend – die darstellerischen Leistungen, da Ferriter hier wohl haupsächlich Freunde, Bekannte und Verwandte eingesetzt hat (die Auswahl an professionellen Schauspielern wird in Montana nun auch nicht überwältigend gut sein, und die, die’s gibt, haben vielleicht dann auch keinen Bock auf Indie-Horror).
Ferriter und seine nicht-professionellen Spießgesellen sind dann auch der thespische Schwachpunkt – Ryan Pfeiffer als Guiscard, der zumindest schon ein paar semiprofessionelle Rollen gespielt hat, ist unter ihnen sicher noch der Beste. Immerhin gelang es Ferriter, für einige der wichtigeren Nebenrollen einigermaßen erfahrene Akteure für einen Drehtag oder drei zu verpflichten. Paulie Rojas Redding, Elriks Geliebte Isabella, spielte immerhin die Hauptrolle in Leigh Scotts TV-Miniserie „Die Hexen von Oz“, Patrick Gorman, das „Orakel“, ist ein Veteran, der schon 1975 in „Die drei Tage des Condor“ auftrat und einige Folgen „Sleepy Hollow“ und „Teen Wolf“ zu verzeichnen hat. Als König Aldric reüssiert David Lee Smith, Hauptdarsteller von „The Man from Earth“ und Sequel „Holocene“ sowie in 34 Folgen „CSI: Miami“, der allerdings so wirkt, als hätte er für diese Produktion sicherheitshalber sein komplettes schauspielerisches Talent in Kalifornien gelassen. „Kurt“ Benjamin Dawley-Anderson hatte immerhin kleine Auftritte in „Arrested Development“ und „White House Down“.
Die Blu-Ray kommt aus dem Hause Maritim Pictures im Ascot-Elite-Vertrieb. Die Bildqualität (2.35:1) ist konstant gut, wenig erfreuliches ist aber über die Tonspuren zu berichten. Die deutsche Synchronfassung ist miserabel, die englische Originalfassung sicher deutlich angenehmer zu hören, leider gibt es einige längere Passagen auf Latein und Französisch, an deren Untertitelung keiner gedacht hat (in der Synchronfassung sind diese Szenen auf Deutsch). Extras gibt’s außer dem Trailer leider nicht.
Insgesamt – ein Film, den ich insgesamt sicher mehr für seine Ambitionen respektiere als für seine Umsetzung mögen kann; doch immerhin der Beweis, dass der semiprofessionelle Indie-Film auch ein bisschen mehr sein kann als bloßes Kunstblutgesuppe ohne Sinn und Verstand. Wer ein bisschen mehr Toleranz gegenüber Amateur-Level-Schauspiel, das sich an großer Tragödie versucht, aufbringt, wird wahrscheinlich mehr Freude am Film haben als ich. It’s not entirely bad, und für einen „Erstversuch“ zumindest Anerkenntnis wert.
© 2018 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 7
BIER-Skala: 4
Review verfasst am: 13.10.2018