Scharfe Küsse für Mike Forster

 
  • Deutscher Titel: Scharfe Küsse für Mike Forster
  • Original-Titel: City of Fear
  • Alternative Titel: Scharfe Küsse für Mike Foster | Agent FN - Der Mann ohne Gesicht |
  • Regie: Peter Bezencenet
  • Land: Großbritannien/BR Deutschland
  • Jahr: 1965
  • Darsteller:

    Paul Maxwell (Mike Forster), Terry Moore (Suzan), Marisa Mell (Ilona Kovac), Albert Lieven (Dr. Paul Kovac), PInkas Braun (Ferenc), Helga Lehner (Eva), Zsuzsa Banki (Magda), Brigitte Heiberg (Zsu Zsu), Maria Rohm (Zimmermädchen), Maria Takacks (Marika), Jack Bondy


Vorwort

Wir befinden uns in “Wien” (Anführungszeichen authentisch. Ist also offensichtlich nur ein Fake-Wien, das für Touristen und Filmproduktionen aufgebaut wird…), wo ein Yankee namens Mike Forster (oder Foster – niemand scheint eine verbindliche Aussage abgeben zu können, ob das „r“ im Namen nur auf dem Mist des deutschen Vertriebs gewachsen ist oder nicht, jedenfalls gespielt von Paul Maxwell, ALIENS – DIE RÜCKKEHR, DIE BRÜCKE VON ARNHEIM, INDIANA JONES UND DER LETZTE KREUZZUG) durch die dunklen nächtlichen Gassen stromert. As it usually happens stolpert dem Ami ein attraktives Frauenzimmer mit gebrochenem High-Heel-Absatz vor die Füße. Eva (Helga Lehner, ICH BETONE OBEN OHNE – DAS GO GO GIRL VOM BLOW UP, IN BEIRUT SIND DIE NÄCHTE LANG) kann natürlich mit dieser gravierenden Behinderung unmöglich aus eigener Kraft nach Hause hatschen, also offeriert der formvollende Casan-, äh, Gentleman Mike die Teilung eines Taxis (Metallsäge mitgebracht?). Die Taxifahrt dauert offenkundig lang genug, um Eva dazu zu veranlassen, Mike auf einen Drink oder fünf in ihre Bude einzuladen, und der alte Schwerenöter sagt zu einem Freischnaps und potentiellem Beischlaf nicht nein, auch wenn er eigentlich morgen in aller Herrgottsfrüh nach Budapest jetten muss. Eva kündigt an, sich in etwas komfortablere Klamotten zu schmeißen, nutzt die dadurch gewonnene Pause aber, um einen gewissen Ferenc anzurufen und dem auf die Nase zu binden, einen geeigneten Kandidaten gefunden zu haben.  Nach dem Telefonat erscheint sie in den bewussten bequemeren Klamotten wieder vor Mike – diese gestalten sich als praktisch durchsichtiges Babydoll (das wir leider leider nur von hinten bewundern dürfen), also sollte es uns nicht sonderlich überraschen, dass Mike erst am nächsten Morgen seinen Koffer aus dem Hotel holt und zum Flughafen gondelt…
 
Bis zum Aufruf seines Fluges hat Mike noch Zeit, um sich eine Zeitung zu holen – der er und wir entnehmen, dass die Amerikaner einen russischen Spion zu satten 25 Jahren Haft verurteilt haben. Beunruhigt, wie sich die daraus sicherlich resultierende Abkühlung der Ost-West-Beziehungen auf sein Visum auswirkt, ruft er im staatlich ungarischen Reisebüro an und lässt sich versichern, dass er als US-Bürger nicht gleich bei der Einreise auf Sicht erschossen wird. Dann bestellt er sich noch einen kleinen Braunen mit Schlagobers (also wenigstens einen Kaffee, und *mich* beunruhigt, dass der Kellner den tassenfertig abgefüllt anderthalb Sekunden nach der Bestellung auf Mikes Tisch abstellt. *Frisch* aufgebrüht kann der doch gar nicht sein. Andererseits haben’s Kaffeetrinker meiner bescheidenen Ansicht nach auch nicht besser verdient). Es kann der Frömmste nicht in Schwechat seine lauwarme Koffeinsuppe süffeln , wenn es Pinkas Braun (PERRY RHODAN – SOS AUS DEM WELTALL, DER BUCKLIGE VON SOHO) nicht gefällt. Der setzt sich nämlich ungefragt an den Tisch und stellt sich als ein gewisser Ferenc (aha!) vor, und ihm wäre es sehr recht, wenn Mike ihm einen klitzekleinen Gefallen tun würde, wo er doch nach Budapest usw. Dieweil Mike sich berechtigterweise fragt, warum ihn das interessieren sollte, tischt Ferenc einen rührselige tearjerker-Geschichte auf. In Budapest liege ein kleines Mädchen im Sterben und das notwendige heilende Serum gäbe es nur im Westen. Er habe es besorgt, nun müsse es aber dringend nach Ungarn und als elender Republikflüchtling kann er es, wofür Mike doch sicher Verständnis habe, nicht persönlich überbringen. Auf die Post könne man sich bedauerlicherweise auch nicht verlassen, also müsste eine vertrauensselige, äh, -würdige Person das Medikamentenpaket einschmuggeln, und das wäre dann Mikes Job, von dem er außer dem Gefühl, eine gute Tat getan zu haben auch nicht weiter hat. Mike findet die Geschichte sehr sehr traurig, hat aber nun auch keinen Bock, irgendwelche undeklarierten Gegenstände unbekannten Ursprungs durch den eisernen Vorhang zu schmuggeln und lehnt daher entschieden die Mitwirkung an der Unternehmung ab. Ferenc ignoriert diesen Einwand, kritzelt vielmehr Namen und Telefonnummer der Kontaktperson in Budapest (mutmaßlich der Mutter des siechen Seuchenvogels) auf einen Zettel und verdünnisiert sich, das vielleicht taschenbuchgroße Päckchen zurücklassend. Mike, so seine letzten Worte, wird schon das Richtige tun.

Das „Richtige“ ist filmlogischerweise das Dümmste. Achselzuckend steckt Mike das Päckchen und den Zettel ein und muss sich dann auch schon sputen, um den wartenden Flattermann der Austrian Airlines noch zu erwischen. Als Nächstes erfahren wir, dass Regisseur Peter Bezencenet und Producer Harry Alan Towers (TOWERS! Yeah!!) irgendwie nicht so ganz verinnerlicht haben, wie das mit der Suspense so funktioniert. Es ist doch eigentlich die einfachste und auf der Hand liegendste Sache der Welt, dass wir jetzt eine Sequenz bekommen, in der Paul bei der Einreisekontrolle in Budapescht ins Schwitzen kommt. Aber nööö….  Unbedrängt, unbehelligt und ohne filmreife Ereignisse spaziert Mikey Mike in der Ungarnmetropole aus dem Flughafengebäude und scheitert dort daran, eine Mietdroschke zu chartern, weil – keine da (alles rar im Kommunismus). Da er auch den Bus in die Stadt verpasst hat, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich in eine Touristengruppe zu schmuggeln, die mit einem Cabrio-Bus und mit einer entzückenden Fremdenführerin der staatlichen Tourismusagentur in die City kutschiert wird. Dem Maderl fällt durchaus auf, dass Mike nicht zu ihren staatlich anvertrauten Schützlingen gehört, aber Mike ist bekanntlicherweise unwiderstehlich – seinem ranzigen Charme kann keine Ostblockbraut widerstehen… Mike darf also mitfahren und am Hotel der Touris lässt sich auch ein Taxi auftreiben. Progressiv-fortschrittlich, wie man im kommunistischen Ostblock nun einmal ist, wird das Taxi von einer leibhaftigen Frau gesteuert, der mittelältlichen Magda (Zsuzsa Banki, UM MITTERNACHT, SIE STARBEN ZU ZEIT), die, wie ersichtlich jedes mit Eierstöcken ausgestattetes Wesen in diesem Universum, direktemang und sofort auf Mike abfährt (hier ist das aber zumindest mal wenigstens altersmäßig glaubwürdig, sind doch beide im echten Leben zur Drehzeit 44 Jahre jung). Mike lässt sich in sein  Hotel droschken, doch vorher einen Boxenstopp an einer Telefonzelle einlegen. Er will die Kontaktperson anrufen, eine gewisse Ilona Kovacs. Magda ist  dem Yankee bereits so verfallen, dass sie ihm aus eigener Tasche ein paar Münz-Forint für den Fernsprecher zusteckt. In Ungarn ist aber offenbar sogar das Telefonieren in öffentlichen Telefonzellen SO begehrt, dass Mike gerade mal dazu kommt, die Nummer zu wählen, bevor ein ungeduldiger Eingeborener gegen die Scheibe trommelt und die sofortige Freigabe der Zelle beansprucht. Mike legt zähneknirschend auf, vergisst aber als dööfster Doofmann unter der Sonne den Zettel mit Namen und Nummer seiner Kontaktfrau. Wenigstens hat er Magda so beeindruckt, dass sie sich mehr oder minder als seine persönliche Chofföse für die Dauer seines Aufenthalts in Buda und Pest aufdrängt. Beim Check-in im Hotel fällt Mike tatsächlich sein Fauxpas mit der Telefonnummer auf – Magda wartet zum Glück mit laufendem Motor vor der Tür und kann ihn zur Teflonzelle zurückfahren. Der Zettel ist allerdings weg (wir Zuschauer durften sehen, dass der Ungeduld-Ungar auf dem ein Doodle seines Augensterns gemalt und das große Kunstwerk dann eingesteckt hat). That’s rather inconvenient. Wenn man’s nicht so machen würde wie ich, ein „shit happens“ in den Dreitagebart murmeln und das geheimnisvolle Päckchen im nächsten Mülleimer versenken…
 
Nein, vielmehr brainstormen Magda und Mike gemeinschaftlich, wie man die bewusste Person denn auf Mike aufmerksam machen könnte – Torfkopp Mike hat sich nämlich nicht mal den NAMEN gemerkt (angeblich soll er Reporter sein. Für einen echten Lügenpresse-Dschornalisten ist das schon ein trauriges Bild. Wie will der jemals einen Artikel schreiben, wenn er sich von jetzt auf gleich nicht mal einen verfickten Namen merken kann?). Das Powerdenker-Duo verfällt auf einen brillanten (read: vollkommen idiotischen) Einfall – auf zum ungarischen Dudelfunk und eine Radiodurchsage in Auftrag geben. Das ist gewisse VOLL KOM MEN UN VER DÄCH TIG in einem kommunistischen Land. Mike gelingt es tatsächlich, sich ins Nachrichtenstudio vorzuarbeiten (so leicht komm ich nicht mal beim hiesigen Utzutzmusik-Sender ins Studio, geschweige denn beim VERDAMMTEN SYSTEMFUNK EINER KOMMUNISTISCHEN DIKTATUR. DA KANN SICHER JEDER DEPP VERLANGEN, DASS SEINE IDIOTISCHE BOTSCHAFT IN DEN VERDAMMTEN NACHRICHTEN DURCHGEGEBEN WIRD. Herrgott, und ich wollte mich doch heute nicht aufregen. Wo sind die Valium?).  Okay, zugegeben, die Tussen, die im Studio für den Betrieb zuständig sind, sind auch nicht schlauer, denn die geben Mikes Botschaft, sich im Fall einer todkranken Tochter, die dringend auf ein Serum wartet, bei ihm Hotel Duna zu melden, unbefangen und ohne sich die Erlaubnis eines KP-Funktionärs zu holen, sofort durch.
 
Später, im Hotel. Weil Mike erst mal nichts wesentlich Besseres zu tun hat, mischt er sich unters Publikum einer im Hotelrestaurant stattfindenden Modenschau. Things I’ve learned: kommunistische Modenschauen sind nicht NUR für die einheimische Bevölkerung, die eh nehmen muss, was man in der Kaufhalle kriegt, interessant, sondern auch für ein internationales, westliches Publikum. Mike parkt seinen Astralkörper am Tisch einer attraktiven Brünetten, die sich – förderlich für die Unterhaltung – als Landsfrau des Yankees entpuppt – Suzan (Terry Moore, PANIK UM KING KONG, DER EINZELKÄMPFER) ist wie Mike beruflich bedingt hier, ihr Job ist es, für eine amerikanische Modekette die Neuerscheinungen der sozialistischen haute couture zu begutachten. Mike kunftet auch den Grund seines Hierseins aus – er ist beauftragt, einen hohen Bonzen im ungarischen Tourismusministerium zu interviewen, ein Job, auf den Mike, loyaler Arbeitnehmer, der er  ist, so richtig überhaupt keinen Bock hat, und, weil er, wie gesagt, auch ein diplomierter Volltrollo ist, nagelt er ihr auch die Geschichte vom kranken Kind, dem Serum und der Radiodurchsage vors Knie. Ich wünsche mir langsam, aber sicher, Mike würde einfach nur aus Prinzip von der ungarischen Geheimpolizei erschossen.. Bevor Suzan und Mike aber zur näheren Festlegung der sichtlich geplanten Beischlafmodalitäten kommen, wird Mike vom Portier abberufen. Eine junge Dame wäre da und möchte ihn sprechen. Das dürfte ja dann wohl die betreffende Ilona Kovac (Marisa Mell, TROLL 3. TEIL, GEFAHR: DIABOLIK!) sein, und das ist sie dann auch. Die ist dann auch ganz hibbelig, das Serum in ihre gierigen Finger zu bekommen, der kranke Sohn hat’s dringend nötig. Mike ist zwar mal wieder sehr angetan von der äußeren Form der Holden, aber – völlig unerwarteterweise – hat er tatsächlich die plötzliche Geschlechtsumwandlung des fast schon toten Nachwuchses mitbekommen. Er lässt Ilona darum im Foyer warten und projiziert sich in sein Zimmer, um nun doch mal nachzukucken, was in dem geheimnisvollen Päckchen überhaupt drin ist. Serum ist es jedenfalls keins, es sei denn, Seren werden neuerdings in der Form von nigelnagelneuen US-Reisepässen verabreicht. Die zwei Reisedokumente sind ausgestellt auf ein Girl, das dem unten sitzenden ungarischen Feger erstaunlich ähnlich sieht, und einen älteren Herrn. Dies deucht Mike nun doch einigermaßen ungewöhnlich. Er verstaut die Pässe in seinem Koffer und klebt das Paket wieder zu.
 
Im Foyer wartet Ilona sich ungeduldig nicht nur ein Loch in den Bauch, sondern auch sprichwörtlich eins in die Hand, weil sie ihr Weinglas zerdeppert und sich daran bös blutig schneidet. Der zurückgekehrte Mike entwickelt sofort Samaritergefühle, lädt sie in sein Zimmer ein, lässt sie dort die vollgeblutete Bluse waschen (Haushaltstipp von hinter dem eisernen Vorgang: Blutflecken gehen am besten mit kaltem, klarem Wasser wieder raus). Mike versucht als staatlich geprüfter Baggerführer in ihre Unterwäsche zu beamen (was aus seiner Sicht wohl dringlicher ist als die Klärung der ganzen Pass-oder-Serum-Frage), aber Ilona ist dahingehend ausweichend, und als Mike kurz ein Telefonat mit Suzan führt, die sich besorgt bei ihm meldet, was denn nun los ist, bildet sie spontan ein steiler-Zahn-förmiges Luftloch – das Päckchen (um seine wesentlichen Inhalte entkernt) ist ebenfalsl weg. Mike setzt sich wieder zu Suzan und setzt sie, ich wiederhole mich, verblödet , wie er ist, über die neusten Entwicklungen in Kenntnis. Erneut werden Gehirnzellen in Verbundschaltung gesetzt (was nötig ist, weil Mike allein, wie erschöpfend dargestellt, im thinking department ein ziemlich hoffnungsloser Fall ist). Ich meine zwar, eigentlich könnte Mike die ganze Sache jetzt ja endgültig wurscht sein, aber als amerikanischer Held will er ANTWORTEN auf seine brennenden Fragen. Immerhin hat sich Mike jetzt den Namen Kovac gemerkt, aber der hilft natürlich nur eingeschränkt weiter, weil’s in Ungarn Kovace gibt wie im heimischen Amiland Smiths, und für die Terminator-erprobte Methode, das Telefonbuch durchzugehen, hat Mike nicht die Zeit. Aber da erinnert sich Mike an etwas – Ilona trug einen Anstecker, und der glich dem, den seine erste ungarische Freundin, die Touristenbetreuerin vom Flughafen, auch am Revers stecken hatte. Könnte es sein, dass auch Ilona für das staatliche Reisebüro arbeitet? Man sattle Magda! Am Reisebüro angekommen erfährt Mike, dass Ilona in der Tat dort angestellt ist, heute aber schon frei hat. Mich hätte bei diesem Film und der generellen treudoofen Vertrautheit, die alle Figuren an den Tag legen, nicht gewundert, wenn man dem fremden Yankee gleich noch Adresse, Geburtsdatum und Sozialversicherungsnummer der Gesuchten mitgeteilt hätte, aber Mike muss sich mit der Auskunft begnügen, dass Ilona auch private Führungen veranstaltet und höchstwahrscheinlich auf einer ebensolchen unterwegs sei (andererseits – wozu macht er den ganzen Aufwand? Ilona will schließlich die Pässe, die sind nicht im Päckchen, und wenn sie nicht dummheitstechnisch nach Mike kommt, wird sie sich zusammenreimen, dass er die noch hat und sich bei ihm auf die eine oder andere Weise melden).
Der einzige erfolgversprechende Ansatz erscheint Mike – und das ist für meine Begriffe ein SEHR WEITER Schuss -, sich ins Budapester Nachtleben zu stürzen und darauf zu hoffen, dass ihm Ilona während einer ihrer Touristenführungen (wieso er davon ausgeht, dass die auch das Nachtleben beinhalten, weiß auch wieder keiner)  in irgendeinem Restaurant oder einer Bar über den Weg läuft. Ich ahne, warum Mike von seinem Boss zu so hochgradig interessanten Einsätzen wie Interviews mit kommunistischen Tourismusfunktionären abkommandiert wird. Da kann er am wenigsten Schaden anrichten. Suzan hält die Idee für töfte und lädt sich unbürokratisch als Begleit- und Aufsichtsperson ein, will sich aber dafür noch in einen etwas eleganteren Fummel werfen. Auch Mike wechselt den Zwirn und stößt in seiner Kemenate auf ein dort herumschnüffelndes Zimmermädchen (Maria Rohm, MARQUIS DE SADE: JUSTINE, DER HEISSE TOD). Schnell wird geklärt, dass das Mädchen von Ilona, die sie selbstverfreilich nie zuvor auch nur von Weitem gesehen habe, beauftragt wurde, Mike eine Botschaft zu überbringen – er möge sie später in einem bestimmten Restaurant treffen.
 
In jenem bestimmten Restaurant (zu dem sie selbstredend Magda gefahren hat) genießen Suzan und Mike Speis + Trank und Mike räumt ein, dass die Suche nach Ilona nicht mehr ganz so zufällig ist wie ursprünglich angedacht. Und schon schreitet Ilona in Begleitung einiger Herren in den Speisesaal. Nach einer Weile begibt sich Ilona in einen Nebenraum und Mike folgt ihr, nun Antworten haben wollend. Ilona allerdings ist weiterhin abwehrend –hier ist es zu gefährlich, man ist ihr wohl gefolgt (dann macht es großartigen Sinn, dass ihr euch hier konspirativ unterhaltet). Man wird sich später an anderem Ort wieder treffen. Mike schlägt, geleitet von seinen Geschlechtsorgangen, einen Nachtclub vor. Ilona kennt nur einen, das „Budapest“ (meine oberste Regel für Nachtclubbesuche wäre, nie in Clubs zu gehen, die so heißen wie die Stadt, in der sie stehen. And btw, zu diesem Nachtclub wird dich niemand verfolgen, Ilonchen, weil…?). Ilona dampft ab, Mike wartet noch einen Moment und erlebt eine Schrecksekunde, als zwei uniformierte Sowjetoffiziere den Raum betreten. Aber die sind, haha, nur auf der Suche nach dem Lokus.
 
Also, auf ins „Budapest“. Das gibt uns die Möglichkeit, ein-zwei Minuten mit einer Revuenummer minderaufregenden Zuschnitts totzuschlagen, während Mike für sich und seine Begleitung eine Flasche Wein bestellt (und zwar genau so: „eine Flasche Wein“. Ob Pennerglück von ALDI  ausm Tetrapack oder einen 1927er Chateau Rothschild ist Mike, dem alten Sommelier, ersichtlich einerlei). Der Kellner apportiert das Gesöff und kommt aber wenig später noch mal, um Mike backstage zu bitten. Mike erwartet verständlicherweise, dass ihn hinter der Bühne Ilona erwartet, aber nein, man führt in die Garderobe der exotischen Tänzerin Zsu Zsu (Brigitte Heiberg, DAS MÄDCHEN MIT DEM SEXTEN SINN, SAMSON UND DER SCHATZ DER INKAS), die dort zwischen ihren Auftritten gerade beim Kostümwechsel und dafür sehr spärlich bekleidet ist. Zsu Zsu teilt mit, eine Freundin von Ilona zu sein, die sich aus Sicherheitsgründen nicht hier mit ihm treffen möchte, sondern an einer Adresse Platte JWD. Mike bemerkt, dass vor der Tür ein handlicher Gorilla im Wandschrankformat lauert. In einer gerechten Welt und einem guten Film wäre das natürlich ein feindlicher Agent, hier ist es aber nur Zsu Zsus krankhaft eifersüchtiger Boyfriend, und um dem zu entgehen, muss sich Mike, welch schweres Opfer das für ihn sein muss, hinter dem Mädel in der Dusche verstecken. Nun, der vierschrötige Koffer, der ungerechterweise ein heißes Stück Weib abgegriffen hat, scheint einigermaßen zu kaufen, dass sich kein anderer Sackträger unberechtigt in der Garderobe aufhält und zieht Leine. Mike kehrt in den Gastraum zurück und bemerkt, dass Suzan sich ungeduldig verabschiedet (okay, das Treffen mit Zsu Zsu hat ungefähr drei Minuten gedauert. Weiber…) und sogar schon die Rechnung bezahlt hat. Eine andere Rechnung ist allerdings noch offen, meint zumindest der Gorilla, der erkennbar nach Mike sucht, um ihm rein vorsorglich die Schnauze zu polieren (ein Unterfangen, dem ich, wie es sicher niemanden überraschen wird, ausgesprochen aufgeschlossen gegenüber stehe). Mike lässt sich nach einer Ehrenrunde durch die Gaststätte vom Maitre D‘ zum Hinterausgang dirigieren. Der Weg dahin führt durch ein sehr umfängliches Lager von Bühnenteilen, Requisiten und Kulissen (da hat man vermutlich einfach im Studio-Lager gedreht), und dem Gorilla gelingt es tatsächlich, zu Mike aufzuschließen, auf dass wir (Future Doc unterrichtet mich) unsere einzige faustkämpferische Auseinandersetzung des Films geliefert bekommen.  Natürlich eine höchst unrealistische, denn der nicht gerade durchtrainiert wirkende Schreibtischtäter Mike fährt mit dem Muskelprotz, der vermutlich unerwünschte Rivalen auf täglicher Basis ungespitzt in den Boden rammt, Schlitten und erreicht Magdas rettendes Taxi.
 
Die Fahrt führt aufs Land, zu einem wenig einladend wirkenden verlassenen Landhaus, wo er von einer auf seinen Zinken gerichteten Pistole erwartet wird. Am anderen Ende der Pistole findet sich Ilona, die zu Protokoll gibt, Mike sicherheitshalber für einen ihrer fiesmorcheligen Verfolger gehalten zu haben. Aber da das nun geklärt ist, kann Butter bei de Fische gegeben werden, und Ilona ist jetzt auch gewillt, die Beans zu spillen. Ja, die ganze Geschichte mit dem Serum war eine Finte, um einen vertrauensseligen Trottel zum Einschmuggeln der Pässe zu überreden (sie drückt sich womöglich nicht exakt so aus, ähm), Ferenc sei aber wirklich ihr vor Jahren geflüchteter Bruder und die Papiere sind für sie und ihren Vater, Dr. Paul Kovac (Albert Lieven, DIE KANONEN VON NAVARONE, TODESTROMMELN AM GROSSEN FLUSS), einen vom System nicht wohlwollend, da politisch unzuverlässigen, betrachteten Kernphysiker, der schon die Annehmlichkeiten ungarischer Justizvollzugsanstalten kennenlernen durfte, weswegen ein regulärer Ausreiseantrag nicht in Betracht kommt. Das Landhaus sei im Übrigen der ehemalige Kovac-Familienbesitz, der vom Staat beschlagnahmt wurde. Das ist eine traurige Geschichte, stimmt Mike zu und ist auch so frei, die gewünschten Reisepässe zu übergeben, zumal sich auch der liebe Doktor in voller Lebensgröße zeigt. Allerdings fällt auch Mike ein Schwachpunkt in dem ganzen Plan (welchem Plan?) auf. Pässe schön und gut, aber trotzdem dürften die ungarischen Behörden auf Zack genug sein, um Flughäfen und Bahnhöfe u.ä. zu überwachen. Ilona stimmt dem zu – die sicherste Möglichkeit, das Land zu verlassen, wäre es, mit dem Auto über die Landstraße einen der kleineren Grenzübergange zu benutzen, am besten mit einem Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen…. Das Auto von jemandem wie Suzan z.B., die mit einem in Österreich zugelassenen Mobil unterwegs ist. Mike weiß auch, dass Suzan am nächsten Tag zurück nach Wien fahren will und geistig sitzen Paul Kovac und Tochter bereits auf dem Rücksitz. Nun steht Mike allerdings auf dem Standpunkt, dass die Kovacens durchaus Probleme haben, jedoch solche, die nicht seine und schon mal ganz gewiss nicht die Suzans sind, und die fellow Landsfrau wird er zweifelsohne nicht in eine Affäre hineinziehen, die für alle Beteiligten langjährigen schweren Kerker bedeuten können. Dieweil Dr. Paul Kovac seinen traurigen, aber verständnisvollen Blick aufsetzt, stichelt Ilona weiter, wohl wohl wissend, dass Mike ein riesengroßer Dummvogel ist.  Und es ist wirklich so – Mike lässt sich, auch unter der Maßgabe, dass Kovac‘ Forschungsergebnisse für die Westmächte durchaus interessant seien (Mike ist die Sorte Universaljournalist, der über Kernphysik ebenso berichtet wir über Ostblock-Tourismus), soweit breitschlagen, dass er bei Suzan inquirieren will, ob die vielleicht ihren Leihwagen gegen Mikes Rückflugticket tauscht, so dass er, sofern er nach ner drübergeschlafenen Nacht zu dem Schluss gekommen ist, den Kovacs zu helfen, den Chauffeur spielen könnte. Für Ilona ist das praktisch eine feste Zusage – man vereinbart, dass man sich, falls überhaupt, in einem kleinen Kaff 30 Kilometer vor der Grenze trifft.
 
Mike gondelt mit Magda zurück zum Hotel, wo er in seinem Zimmer überraschend Suzan vorfindet (vielleicht sollte er seine Zimmertür mal probehalber absperren). Die hat in Sorge auf ihn gewartet (mir persönlich käme das alles sehr verdächtig vor, aber dieser Film ist nicht intelligent genug, um daraus noch einen Twist zu drehen), was jetzt natürlich sehr praktisch ist, weil er ihr brühwarm berichten und den bewussten Tausch offerieren kann. Suzan erklärt sich bereit, ihr Fahrzeug der guten Sache leihweise zur Verfügung zu stellen, unter einer (sicherlich niemanden außer Mike sonderlich überraschenden) Bedingung, die Leihe gilt entweder für Auto plus Suzan oder für gar nix. In einem seltenen Aufwallen von gesundem Menschenverstand hält Mike das für eine eher so mittelokaye Idee, aber Suzan ist unerbittlich, und wir wissen ja alle, welch sinnloses Unterfangen ist, einer Frau eine dusslige Idee, die sich mal ins Köpfchen gesetzt hat, auszureden (Sexist! Chauvi! Alter Weißer Mann! – Die badmovies.de-GleichstellungsbeauftragtX) (Hey, hab ich nicht den männlichen Protagonisten oft genug als Vollpfosten dastehen lassen? – Der frauenverstehende Autor).
 
Also, klare Sache – am nächsten Tag, nachdem Mike ohne filmreife Ereignisse sein Interview mit dem Parteibonzen durchgezogen hat (auch das wieder die verschenkte Möglichkeit zu einer Suspense-Sequenz, wenn Mike buchstäblich in die Höhle des Löwen marschiert), wird Suzans Cabrio angeworfen und die Brünette setzt sich auch ans Steuer. Der geneigte Zuschauer wird also mit Impressionen der schönsten ungarischen ländlichen Gegenden unterhalten (ich weiß nicht, wie Harry Alan Towers, der alte Halunke, das eingefädelt hat, aber SCHARFE KÜSSE FÜR MIKE FORSTER ist wirklich zu einem Gutteil on location in Ungarn, teilweise sogar mit ungarischen Schauspielern, gedreht worden. Ich trau dem Lümmel durchaus zu, dass er die kommunistischen Behörden mit einem falschen Drehbuch o.ä. übers Ohr gehauen hat. Towers war zeitlebens nichts heilig, auch nicht das Spiel mit den Geheimdiensten) und im vereinbarten Kuhdorf warten brav auch Papa Kovac und sein Töchtling auf die Mitfahrgelegenheit. Die Kovac packen sich auf den Rücksitz und Mike nimmt nun persönlich hinterm Volant Platz. Nach einer Weile fällt unserer sympathischen Viererbande allerdings auf, dass ein eher ungemütlich wirkender schwarzer Wolga formatfüllend in den Rückspiegeln auftaucht. Und ungemütlich wirkende schwarze Wolgas wurden im Ostblock eher selten von freundlichen Menschen, die anderen Leuten nur gute Reise wünschen wollen, bewegt. Der Verfolger lässt sich nicht abschütteln, auch nicht, als Mike, der glücklicherweise eine Landkarte gefrühstückt hat und nun über Schleichwege im ungarischen Grenzland Bescheid weiß, auf einen Feldweg abbiegt, der ein paar Kilometer weiter zur Hauptstraße zurückführen soll. Der Wolga lässt sich nicht lumpen und biegt ebenfalls ab – das Kapitel „unauffällig verfolgen“ haben die ungarischen Schurken bewusst übersprungen. Intimidation is everything). Die nicht gerade als High Speed Pursuit zu klassifizierende Verfolgungsjagd findet ein jähres Ende, als Mike einem hinter einem die Sicht ungünstig verstellenden Bauernhaus hervortuckernden Traktor ausweichen muss und Suzans Auto in einem Heuhaufen parkt. Der Blechschaden ist auf den ersten Blick nur gering, aber bis Mike den abgesoffenen Motor wieder in Gang kriegt, hat der Wolga den Fluchtweg bereits abgeschnitten und sind dem auch ein paar unfreundliche Gesellen mit nicht minder unfreundlichen Kanonen entstiegen – an deren Spitze steht… badadadumm… Ferenc!!!11DankeMerkel!!11!
 
Da fallen natürlich alle Beteiligten als allen Wolken, bis auf eine. Ilona nämlich, die sich schmusig an Ferenc‘ Seite gesellt. Das verlangt natürlich nach Aufklärung. Ilona ist, wie Ferenc und die Holde redselig erklären, wirklich Kovac‘ Tochter, aber im Gegensatz zu ihrem alten Herrn ist sie systemtreu. Dass der alte Knacker Republikflucht begehen wollte, war den Behörden klar. Mike weist darauf hin, dass der Geheimdienst es sich ja wesentlich einfacher hätte machen können als eine derart abstruse Geschichte zu konstruieren, aber Ferenc klärt auf – Kovac ist als begnadeter Eierkopf nicht blöd, und wenn man ihm einfach eine Ausreisegenehmigung erteilt hätte, hätte der gemerkt, dass das alles zu faul ist und er wahrscheinlich an der Grenze einkassiert wird. Je umständlicher und komplizierter der Plan ausfalle, desto glaubhafter sei er gewesen, und, nun ja, der Erfolg gibt ihm ja irgendwo auch Recht. Mike bittet resigniert lediglich darum, dass Suzan aus der Sache rausgelassen wird, aber da spielt Ferenc nicht mit, die wird im Zweifelsfalle als wichtige Zeugin im Schauprozess gegen Mike gebraucht, zumal man sich östlicherseits auch die Option offen halten will, die Yankees für einen zünftigen Austausch, z.B. mit einem gewissen gerade in den USA verknackten Russki, auf Halde zu legen (you see? Das war FORESHADOWING!) Dumm gelaufen (aber verdient).
 
Nun, auf dieser depressiven Note wird uns der Film sicherlich nicht in unser weiteres Leben entlassen. Die Geheimdienstler hasseln ihre Gefangenen zum Wolga, was Mike die Gelegenheit bietet, seinem Bewacher eins auf die Schnauze zu geben und den Wagen der Mistkäfer zu kapern. Die Ungarn ballern zwar ein paar blaue Bohnen hinterher, und Kovac fängt sich ein Luftloch in der rechten Schulter ein, aber die Flucht gelingt – und weil Suzans Cabrio offenbar doch stärker beschädigt ist als zunächst gedacht (der Heuhaufen war über einem wohl stabilen Gatter angelegt), ist auch Essig mit weiterer Verfolgung.
 
In banger Stimmung nähert sich das Klaumobil mit den drei lustigen Zweien dem Grenzübergang. Der Chefgrenzer sammelt die Ausweise ein, um sie einer peinlichen Überprüfung zu unterziehen, und ausnahmsweise mal schwitzen unsere Helden tatsächlich Blut und Wasser (bei Paul Kovac ist das mit dem Blut auch wörtlich gemeint, aber zum Glück sind ungarische Grenzsoldaten keine Adleraugen und bemerken nicht, wenn auf dem Rücksitz jemand mit schwerer Schussverletzung sieht). Nach einer Weile kommt der Herr Obergrenzwachtmeister zurück – auf halbem Weg zum Auto klingelt allerdings sein Diensttelefon. Nach kurzer Überlegung drückt er die Pässe einem seiner Unterlinge in die Hand, der sie den Amerikanern und dem, der einer werden will, aushändigt. Sein Kollege ist schon am Schlagbaumhochkurbeln, als der Chef aus seinem Büro stürzt. Mike kennt jetzt keine Verwandten mehr und brettert volle Kanne durch den Schlagbaum, ungeachtet des MG-Feuers, das von den Grenzern eröffnet wird.
 
Ein paar hundert Meter und zwei Kurven weiter steht die österreichische Gegenstation, und da wird die Sache naturgemäß deutlich lockerer gehandhabt. Der Ösi-Grenzer kunftet in breitestem Ösi-Slang auch bereitwillig aus, wo sich ein Medizinmann für Kovac, dem „schlecht geworden“ sei, finden lässt, und auf des Ösis bange Frage, ob die Einreisenden denn etwas von der Schießerei bemerkt hätten, antwortet Mike nur mit großen Augen: „Da wurde geschossen?“ HAPPY END (sofern man von „Happy End“ reden will, wenn jemand nach Österreich reist, har-har) (Jaja, verscherz dir’s nur mit einem nicht unbeträchtlichen Teil deiner Leserschaft. Wirst schon sehen, was du davon hast – Der Setzer). Doch eine Frage bleibt ungeklärt – was wird Magda ohne ihren besten Kunden nun machen??


Inhalt

First things first. Natürlich hätte SCHARFE KÜSSE FÜR MIKE FORSTER es herzlich gern, wenn man ihn, dem Titel nach, für einen klassischen James-Bond-Nachzieher-Eurospy-Hobel halten würde (wenn ich der Wikipedia glauben darf, wurden die österreichischen Kinobesucher, die den Film als erste sehen durften, sogar noch derber aufs Glatteis geführt, dort nannte sich der Film wohl AGENT FS – DER MANN OHNE GESICHT, was in keinem Zusammenhang whatsoever auch nur ein Fitzelchen Zitron von Schale Sinn ergibt). Wie Ihr auf den vorhergehenden 7 A4-Seiten (das meint zumindest Word) sicherlich sinngemäß erfassen konntet, hat der Streifen mit den üblichen Eurospy-Tropes null bis gar nichts zu tun, das gerät, wenn man schon irgendwelche Vergleiche anstellen will, schon eher nach Hitchcock-Filmen wie DER MANN, DER ZUVIEL WUSSTE oder  DER UNSICHTBARE DRITTE, will sagen, ein „everyman“ wird, ohne eigentlich arg viel dafür zu können (in diesem Fall sicherlich nur „eigene Blödheit“) in ein gefährliches Cold-War-Ränkespiel verwickelt und muss kucken, wie er da irgendwie mit heiler Haut wieder raus kommt.

Second things second. SCHARFE KÜSSE FÜR MIKE FORSTER ist schon ein entzückend doofer Film. Etwas wohlwollender ausgedrückt – es ist ein sehr naiver Film, in dem die Protagonisten dumme Entscheidungen treffen, ohne, dass ihnen ernstliche Konsequenzen drohen. Würde der Film auch nur einen Funken Realismus (bzw. einen Drehbuchautor, who actually gives a crap) hätte, wäre er spätestens nach Mikes Landung in Budapest zu Ende… Aber für Kurzfilme, auch wenn sie pädagogisch wertvoll wären (mit der Moral: „Du sollst nicht für fremde Leute Pakete, deren Inhalt du nicht kennst, in totalitär regierte Länder schmuggeln“), gibt’s nun mal nicht wirklich einen kommerziellen Markt. Dass die Geschichte so ist, wie sie ist, liegt fraglos an Harry Alan Towers, der wie üblich unter seinem Autorenpseudonym Peter Welbeck das Script verfasste, und dem hat ein halbherzig hingearschtes Drehbuch zeitlebens gereicht, weil er, in der Zeit, in der ein beauftragter Schreiberling einen besseren second draft geschrieben hätte, schon längst mit der Produktion befasst war. Sicher, Ungarn war – vielleicht mit Ausnahme der paar Monate des Prager Frühlings, und die sollten erst noch kommen – immer das offenste Land des Ostblocks und stellte nicht von ungefähr für viele Ostblockbürger, die sich nach der Freiheit sehnten, das Tor zum Westen dar, aber dennoch – so, wie Mike Forster sich anstellt, sollte er aller-aller-ALLERspätestens zehn Minuten nach der Radiodurchsage in seinem Namen in irgendeinem Geheimdienstkeller sitzen und gewaterboardet werden o.ä. (und ich würde das feiern…).

Es ist halt so, Welbecks Plot steht und fällt mit dem Umstand, dass Mike Forster der dümmste Mensch des Universums ist (hätte jemand in den 80ern ein Remake produziert, ich hätte Brent Huff für die Rolle vorgeschlagen – would be right up his ally) und sich mit Fleiß und Freude in eine Bredouille bringt, in die er nie im Leben reinrutschen müsste, wenn er mal zwei Sekunden lang nicht mit seinem Schniepel, sondern mit seinem unterbenutzten Brägen denken würde. Okay, natürlich ist auch die Gegenseite nicht besser – einen so bescheuerten Plan zu entwickeln, der ausschließlich davon abhängt, einen Deppen von Mikes Kaliber zu finden, der dann auch bei der fröhlichen Schnitzeljagd nicht irgendwann mal „fuck you, I’m outta here“ sagt UND dann auch noch ZUFÄLLIG eine Landsfrau trifft, die GENAUSO bescheuert ist wie er, sollte für den Entwickler des Vorhabens eine Beförderung ins nächste Gulag wegen offensichtlich durch westliche Feindmedien verursachten Hirnschaden bedeuten. Jaja, ich weiß, Eurospy-Filme und ihre Drehbücher, das ist ein Kapitel für sich, und nur selten kann man in dem Genre plottechisch eine gerade Linie von Startpunkt A zu Ziel B ziehen, aber vergessen wir zweierlei nicht – Eurospy-Filme sind generell dazu da, um einen Haufen Actionsequenzen rudimentär sinnvoll miteinander zu verbinden und, wichtiger noch, SCHARFE KÜSSE FÜR MIKE FORSTER ist KEIN Eurospy-Film. Der Streifen will, hab ich zumindest ein Eindruck, einen seriöseren, ernsthafteren Blick auf die Konsequenzen des Kalten Kriegs werfen. Kovac mag ein Kernphysiker sein, dessen Forschungen for some reason or another für die eine oder andere Seite nicht unwichtig sein könnten, aber das ist absolut nicht der zentrale Punkt des Scripts (wäre es eine rein humanitäre Frage, den Kovacs zu helfen, würde Mike sich sicherlich auch früher oder später breitschlagen lassen) – zumal auch der ganze Film auf das Versteckspiel Ilonas und den großen Twist hininszeniert ist; die einzige echte „Actionszene“, die Schlägerei von Mike und dem grobschlächtigen Freund der Nachtclubtänzerin, hat mit dem Plot absolut nichts zu tun!

Also gut – vergessen wir das Script bzw. tun wir einfach mal so, als wären sowohl Prota- als auch Antagonisten keine gehirnamputierten Intelligenzallergiker, sondern als hätte das alles seine Richtigkeit. Taugt der Film dann denn was? Klassische Radio-Eriwan-Antwort. Im Prinzip ja, aber auch nein. Man kann dem Streifen nicht vorwerfen, dass er nicht in einem ordentlichem Tempo voranschreiten würde – die ganze Handlung kapriziert sich ja auf ungefähr 36 Stunden, und die meiste Zeit davon ist Mike Forster im Sinne der Sache irgendwo unterwegs, recherchiert oder spürt der elusiven Ilona nach (dass der Streifen zwei potentielle Suspense-Sequenzen verschenkt, hab ich ja oben im Text schon angemerkt), das ist im positiven Sinne ziemlich fettfrei, da gibt’s kaum Überflüssigkeiten, und die einzige Sequenz, die nicht direkt mit dem Problem, das sich Mike stellt, zu tun hat, ist die bereits erwähnte Schlägerei, die aber dann eben für Action sorgt. Das ist von Peter Bezencenet (der hat schon mal den passenden ungarischen Namen, ist aber gebürtiger Brite), eigentlich gelernter Cutter, für den dieser Film der letzte von vier Filmen als Regisseur war (halbwegs bekannt ist aus seinem restlichen Ouevre nur noch IN BEIRUT SIND DIE NÄCHTE LANG, der im gleichen Jahr entstand) schon ziemlich flüssig inszeniert. Sicher nicht Hitchcock, aber da gibt’s fraglos Leute (auch und gerade im Stall von Towers), die das schlechter hinbekommen hätten. Ein Coup sind fraglos die Location-Drehs in Budapest, von denen ich mich nach wie vor frage, wie Towers die bewerkstelligt bekommen hat. Das wäre wieder so ein Fall für die schmerzlich vermisste Biographie des alten Schlitzohrs gewesen, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sich allein hinter dieser Frage wieder eine filmreife Anekdote oder fünf verbirgt. Natürlich ist das anno 2020, wo jeder, der gern mal sehen will, wie Viktor Orban eine hoffnungsvolle Jungdemokratie ohne große Widerrede in eine Autokratie verwandelt, hinfahren kann, nicht mehr so extrem spektakulär, aber für anno 1965 ist das bemerkenswert, erst recht, wenn man eben bedenkt, dass es sich hier um einen Kalten-Krieg-Thriller handelt, der die schwarzen Hüte eindeutig den dort ansässigen Kommunisten aufsetzt. Aber das bringt mich auch zu einem nicht wegzudiskutierenden Schwachpunkt des Films – es ist einer von den Filmen, dem die preisgünstigere s/w-Fotografie nicht gut tut. Ich bin bekanntlich kein s/w-Verächter und z.B. auch durchaus der Ansicht, dass man den Qualitätsabfall der Rialto-Edgar-Wallace-Krimis ziemlich punktgenau am Wechsel von s/w auf Farbe festpinnen kann, und vielleicht war es ja auch wirklich eine bewusste künstlerische Entscheidung, durch die s/w-Fotografie ein paar Noir-/DRITTER MANN-Anklänge einzubringen (was schrieb ich da gerade? „Künstlerische Entscheidung“? Bei einer Harry-Alan-Towers-Produktion? Die keinen anderen Sinn hatte, als „on time and under budget“ – damit Harry ordentlich Kohle für sich selbst abzweigen konnte – fertiggestellt zu werden? Who am I kidding?), aber SCHARFE KÜSSE hätte – gerade auch weil Budapest eine damals eben für die meisten Kinogänger exotische und einigeramaßen unerreichbare Metropole war – von Farbfotografie deutlich profitiert, das hätte den Film deutlich lebendiger gemacht (und auch ein wenig „heiterer“. Es ist schon, wenn man von der generellen Hirnigkeit der Handlung absieht, ein sehr ernsthafter Film, und diese Diskrepanz zwischen dem geballten Dummfug, denn das Script uns als gegeben vorsetzt und der stoischen Seriösität, mit der selbiger umgesetzt wird, wäre vielleicht nicht mehr gar so groß). Wobei ich generell wohl auch einen anderen Kameramann eingesetzt hätte – Martin Curtis, der hier die Kamera schwang, war hauptamtlich für die Kamera bei Dokumentationen tätig, und das merkt man, der Film ist einfach ein bisschen zu matter-of-factly eingefangen, ein bisschen zu steril, ein bisschen zu langweilig.

Die Musik von Johnny Douglas (ein Papst der Easy-Listening-Szene der 60er und 70er) ist okay, aber nicht sonderlich bemerkenswert oder einprägsam.

Gewalt ist die Sache des Films nicht. Wie gesagt, wir haben eine Prügelszene und in zwei Szenen wird geschossen (aber nur einmal getroffen). Die Damenwelt gewährt nach der oh-la-la-Helga-Lehner-im-durchsichtigen-Negligé-Szene gleich zu Beginn nur noch in Form von Brigitte Heiberg tiefere Einblicke. So scharf sind die Küsse dann halt auch wieder nicht.

Jetzt aber zu meinem Hauptproblem mit SCHARFE KÜSSE FÜR MIKE FORSTER. Das heißt Paul Maxwell und spielt die Hauptrolle. Ich bin, zugegeben, heterosexuelles Mannsbild, mithin kein weibliches Wesen und somit sind meine Ansichten über männliche Attraktivität sicherlich nur von eingeschränkter allgemeiner Validität, aber in welchem Universum Paul Maxwell, ein irgendwie schwammig aussehender, physisch unbeeindruckender Typ mit einem Gesicht, das jeden einzelnen der 44 Jahresringe, die sein Eigentümer auf dem Buckel hat, deutlich sichtbar zeigt (und ein paar Bonus-Ringe zusätzlich), und einer eher anwidernden Brusthaartierfarm als attraktives Mannsbild durchgeht, dem jede Frau sofort und auf der Stelle verfällt, ist eine Frage, die ich eigentlich gar nicht geklärt haben will. Sure, auch ein Sean Connery zu besten 60er-Jahre-Bond-Zeiten war sicherlich nicht das Idealbild eines liebreizenden Adonis, aber dass Sean Frauen auf der rein primalen Ebene ansprach (nach dem Motto – das ist ein KERL, der notfalls einen Säbelzahntiger mit einem Fuß erwürgen kann, um dich zu beschützen), verstehe ich vollkommen, das sind evolutionäre Grundinstinkte, die auch frau sich nicht abtrainieren kann. Aber Maxwell? Der ist, dare I say it, just plain ugly. Und der kriegt in 24 Stunden mehr Pussy ab als manch heutiger Popstar in seinem ganzen Leben (klar, Ilona will ihn nur linken, und Eva sicher ursächlich auch, aber die hätte ja keinen durch den Plan begründeten Grund dazu, ihn NACHDEM sie Ferenc von seiner Tauglichkeit berichtet hat, auch noch zu beschlafen. Was sie aber tut). Nope, Sir, I don’t buy it.

Ein nettes Wiedersehen ist das mit Terry Moore, die nie wirklich einen zweiten Hit von der Substanz von PANIK UM KING KONG hatte, und wenn auch ihr Charakter nicht arg viel glaubwürdiger ist als der von Maxwell, so behält sie doch einigermaßen ihre Würde. Marisa Mell als femme fatale Ilona ist okay, aber nicht sonderlich memorabel. Pinkas Braun spielt eine Rolle wie die von Ferenc natürlich im Schlaf – natürlich ist es für den Twist wesentlich, dass er nur zu Beginn und am Ende auftaucht, aber ein konkreter Gegenspieler/ständiger Verfolger Mikes vom Schlage Brauns hätte dem Film auch nicht geschadet. Die deutschsprachige Fassung setzt überigens total auf Lokalpatriotismus und billt Mell an erster und Braun an zweiter Stelle…

Albert Lieven ist zuverlässig, Maria Rohms Kurzauftritt lässt nicht auf spätere Glanztaten in Jess-Franco-Filmen schließen, Helga Lehner und Brigitte Heiberg sind in ihren kleinen Rollen zumindest hinkuckenswert.

Pidax, wer sonst, hat den Streifen für die DVD-Veröffentlichung entrümpelt. Der 4:3-Print ist mittelmäßig – es gibt einige kleinere Sprünge aufgrund kurzer fehlender Sequenzen, besonders störend in der Szene, in der Zsu Zsus Gorillafreund Mike in ihrer Garderobe sucht. Der deutsche Ton ist zweckmäßig, englischer Originalton wird leider nicht mitgeliefert. Als „Extra“ gibt’s wie üblich bei Pidax einen Nachdruck des zeitgenössischen Filmprogramms.

Wie lautet also das Endurteil, Euer Gnaden? Letztendlich überwiegt, glaub ich, zumindest bei mir, der augenrollende Spaß, den ich über die abstrus-hirnverbrannte Story und ihre Winkelzüge hatte (und natürlich macht es einem Trashfreund auch Laune, einen so konsequent fehlbesetzten Hauptdarsteller mit großem Selbstbewusstsein agieren zu sehen. In Metalkreisen nennt man das „larsulrichen“), als dass ich mich über die sterile s/w-Kamera oder die Unglaubwürdigkeiten geärgert hätte. Wer ein Faible für lustig-doofe, aber todernst gemeinte 60er-Unterhaltung hat, die dann aber doch völlig andere Wege beschreitet als der übliche Agentenkrams aus Italien oder Spanien, der wird hier schon auf seine Kosten kommen.

© 2020 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 7


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